Urteil des VG Cottbus vom 05.12.2002

VG Cottbus: satzung, stadt, gemeinde, deckung, zweckverband, entwässerung, abwasserentsorgung, wasserversorgung, willkürverbot, zahl

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Gericht:
VG Cottbus 4.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
4 K 512/03
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 19 Abs 1 KomGArbG BB, § 23
Abs 5 StrG BB, § 6 Abs 2 S 8
KAG BB, § 64 Abs 1 WasG BB, §
42 VwGO
Verbandsumlage bemessen anhand des
Einwohnerzahlmaßstabs
Tenor
Der Bescheid des Beklagten vom 5. Dezember 2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 10. März 2003 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kostenschuldner darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung oder Hinterlegung
in Höhe des zu vollstreckenden Betrages abwenden, sofern nicht der Kostengläubiger
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe geleistet hat.
Tatbestand
Die Klägerin ist mit ihrem Ortsteil (der früheren gleichnamigen amtsangehörigen
Gemeinde) Drieschnitz-Kahsel Mitgliedsgemeinde eines Wasser- und
Abwasserzweckverbandes und wendet sich gegen einen Bescheid des beklagten
Verbandsvorstehers, durch den sie zu einer "Umlage über Niederschlagswasser" für das
Jahr 2002 herangezogen wurde.
Mit Feststellungsbescheid vom 22. Dezember 2000 stellte der Landrat des Landkreises
Spree-Neiße fest, dass der Abwasserzweckverband (SWAZ) nach den Vorschriften des
Gesetzes zur rechtlichen Stabilisierung der Zweckverbände für Wasserversorgung und
Abwasserbeseitigung (StabG) als entstanden gilt. Der Bescheid enthält neben den
Angaben zu Entstehungszeitpunkten und der Rechtsnachfolge des am 1. Januar 1998
entstandenen Neuverbandes SWAZ für den gleichnamigen Altverband die
Gründungssatzung, deren Änderungssatzungen, die Neugründungssatzung, die
Änderungs-satzung sowie die zur Zeit des Erlasses des Bescheides geltende
Verbandssatzung in der nach dem StabG geltenden Fassung. In der unter 5.9. des
Bescheides festgestellten aktuellen Fassung der Verbandssatzung des SWAZ finden sich
u. a. folgende Regelungen: § 2 bestimmt, dass Verbandsmitglieder für den Bereich
Abwasserbehandlung neben der Stadt Spremberg mit 27 Stimmen 14 weitere
Gemeinden mit jeweils einer Stimme sind: Lieskau, Türkendorf, Groß Luja, Haidemühl,
Proschim, Graustein, Drieschnitz/Kahsel, Wadelsdorf, Bagenz, Bohsdorf, Klein-Loitz,
Reuthen, Bloischdorf und Hornow; für den Bereich der Wasserversorgung ist zusätzlich
die Stadt Welzow mit 5 Stimmen Mitglied. § 4 Abs. 1 b) bezeichnet es als Aufgabe des
Verbandes im Bereich Abwasser, die schadlose Abwasserableitung und –behandlung
entsprechend den Vorschriften des Brandenburgischen Wassergesetzes vorzunehmen;
dazu gehöre der Betrieb vorhandener Anlagen sowie die Planung und der Bau neuer
Anlagen. Die Satzung enthält ferner folgende Regelung:
Nachdem die sächsische Gemeinde Spreetal, Ortsteile Spreewitz-Siedlung und Zerre,
dem Verband für den Bereich Wasserversorgung beigetreten war, beschloss die
Verbandsver-sammlung am 20. Dezember 2001 die Satzung zur Änderung der
Verbandssatzung, die unter dem 15. Januar 2002 ausgefertigt wurde. Das Ministerium
des Innern genehmigte die Neufassung der Verbandssatzung mit Bescheid vom 26. April
2002 und machte den Bescheid sowie die Satzung im Amtlichen Anzeiger Beilage zum
Amtsblatt für Brandenburg Nr. 21 vom 22. Mai 2002, S. 943 ff, bekannt. In § 2 der
Satzung war unter 1. b) die Mitgliedschaft für den Bereich Abwasserbehandlung
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Satzung war unter 1. b) die Mitgliedschaft für den Bereich Abwasserbehandlung
gleichlautend mit der vorgenannten, in dem Feststellungsbescheid enthaltenen Satzung
bestimmt, während unter 1. a. für den Bereich der Wasserversorgung zusätzlich die
Gemeinde Spreetal Ortsteile Spreewitz-Siedlung und Zerre, mit einer Stimme
verzeichnet war. Die Satzung enthielt u. a. ferner folgende Regelung:
§ 6 Abs. 4 Satz 3 der Satzung lautet: „Fallen Gemeinden, die Verbandsmitglieder sind,
durch Zusammenschluss mit einer anderen Körperschaft oder aus einem sonstigen
Grunde weg, so tritt die Körperschaft des öffentlichen Rechts, in die das
Verbandsmitglied eingegliedert oder zu der es zusammengeschlossen wird, an die Stelle
des wegfallenden Verbandsmitgliedes.“
Der SWAZ führt die Abwasserentsorgung für die Stadt Spremberg und die vorgenannten
14 Gemeinden durch. Der Anschlussgrad an das öffentliche Kanalnetz lag im Jahr 2001
bei 60 %; nach der Angabe in der „Gebührenkalkulation für die Abwasserentsorgung“
vom Februar 2001 für den Leistungszeitraum 2001, 2002 und 2003 war eine wesentliche
Erhöhung des Anschlussgrades in den nächsten Jahren nicht vorgesehen. Die Abwässer
von Grundstücken, die noch nicht an das Kanalnetz angeschlossen sind, werden mittels
Entsorgungsfahrzeugen eines beauftragten Entsorgungsunternehmens zu einer
Fäkalannahmestelle abgefahren. Darüber hinaus wird im Stadtgebiet Spremberg
Niederschlagswasser von befestigten Flächen von Privatgrundstücken und öffentlichen
Flächen zur Kläranlage Spremberg Nord abgeleitet. Nach einer von dem Verband im Jahr
1999 vorgenommenen Ermittlung derjenigen Flächen, von denen Niederschlagswasser
abgeleitet wird, beläuft sich deren Gesamtfläche auf 650.000 m², wovon 289.436 m²
öffentliche Flächen sind.
Der Beklagte nahm mit Bescheid vom 5. Dezember 2002 die Gemeinde
Drieschnitz/Kahsel zu einer „Umlage über Niederschlagswasser für das Jahr 2002“ in
Höhe von 2.715,26 Euro in Anspruch. Dem Bescheid war eine „Berechnung der
Niederschlagswasserumlage 2002“ beigefügt. Der Beklagte wies den gegen diesen
Bescheid erhobenen Widerspruch durch Widerspruchsbescheid vom 10. März 2003 als
zwar statthaft und zulässig, aber unbegründet zurück; gemäß der aktuellen Fassung der
Verbandssatzung erhebe der Zweckverband von den Verbandsmitgliedern eine Umlage,
soweit seine sonstigen Einnahmen nicht ausreichen, um seinen Finanzbedarf zu decken;
die Umlage werde pro Kopf der Einwohner erhoben; da die Verbandssatzung darüber
hinaus keine weiteren Bestimmungen über den Umlageschlüssel enthalte, könne
lediglich eine Aufteilung der Umlage nach der Zahl der Einwohner erfolgen.
Die Klägerin lässt zur Begründung der am 21. März 2003 erhobenen Klage im
Wesentlichen vortragen: § 20 der Verbandssatzung biete lediglich die Rechtsgrundlage
für die Erhebung einer allgemeinen Verbandsumlage zur Deckung des Finanzbedarfes
des Verbandes. Vorliegend werde jedoch eine spezielle Verbandsumlage zur Deckung
der Aufwendungen für die Entwässerung öffentlicher Flächen erhoben. Eine
Satzungsregelung, die zur Erhebung einer derartigen Umlage ermächtige, finde sich in
der Verbandssatzung des Beklagten nicht. Deshalb sei der Beklagte auch nicht
berechtigt, gegenüber den Verbandsmitgliedern eine Umlage zur Deckung der
Aufwendungen für die Entwässerung öffentlicher Flächen zu erheben. Selbst wenn man
in der Satzungsregelung eine Art Generalermächtigung zur Erhebung einer Umlage auch
für die Aufwendungen für die Entwässerung von auf öffentlichen Flächen anfallendem
Niederschlagswasser sehe, verstoße die Umlageregelung gegen das
Bestimmtheitsgebot. Die Rechtsprechung stelle an die Bestimmtheit der
Umlageregelung in einer Verbandssatzung strenge Anforderungen, denen die in der
Verbandssatzung getroffene Regelung nicht genügten. Darüber hinaus verstoße die in
der Verbandssatzung getroffene Regelung zur Deckung des Finanzbedarfes gegen § 19
Abs. 1 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit im Land Brandenburg. Da
auf dem Gemeindegebiet der Klägerin keine Schmutzwasserkanalisation vorhanden sei,
in die das auf öffentlichen Flächen anfallende Niederschlagswasser eintrete und
abgeführt werde, könnten dem Verband keine Aufwendungen für die Entwässerung
öffentlicher Flächen im Gemeindegebiet der Klägerinnen entstehen. Mithin fehle es
bezüglich des Gemeindegebietes der Klägerinnen an einem entsprechenden
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bezüglich des Gemeindegebietes der Klägerinnen an einem entsprechenden
umlagefähigen Aufwand, welcher eine Inanspruchnahme der Klägerinnen im Wege einer
Niederschlagswasserverbandumlage rechtfertigen würde.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid des Beklagten vom 5. Dezember 2002 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 10. März 2003 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung lässt er im Wesentlichen ausführen: Zum Abwasser, dessen
Beseitigung der SWAZ als kommunale Pflichtaufgabe seiner Mitgliedsgemeinden von
diesen übernommen habe, gehöre nach der wasserrechtlichen Definition neben dem
Schmutzwasser auch das Niederschlagswasser. Ein großer Teil des in die
Mischwasserkanalisation der Stadt Spremberg fließenden Niederschlagswassers werde
zusammen mit dem Schmutzwasser der Kläranlage zugeführt und dort gereinigt,
wodurch dem Verband eine finanzieller Aufwand entstehe. Die Kosten, die für die
Ableitung und Aufbereitung des Niederschlagswassers von den öffentlichen Straßen,
Wegen und Plätzen entstünden, könne der Verband jedoch nicht über Gebühren
refinanzieren; auch sei die Stadt Spremberg als Trägerin der Straßenbaulast
straßenrechtlich nicht verpflichtet, die laufenden Betriebskosten der
Straßenentwässerung zu tragen. Die beim Verband verbleibenden Kosten seien weder
durch Fördermittel noch durch Abgaben zu refinanzieren und müssten somit von der
Solidargemeinschaft aller Mitglieder getragen werden. Die Höhe der Kosten, die auf die
Entwässerung der öffentlichen Straßenflächen entfielen, habe der Beklagte durch die
vorgelegte Kalkulation ermittelt und von den übrigen Kosten der Abwasserbeseitigung
abgegrenzt. Der Beklagte sei berechtigt und verpflichtet, eine Umlage von den
Verbandsmitgliedern zu erheben, wenn die sonstigen Einnahmen zur Deckung des
Finanzbedarfs nicht ausreichten. Die gemäß der Verbandssatzung vorzunehmende
Verteilung der Umlage nach dem Verhältnis der Einwohnerzahlen begegne keinen
rechtlichen Bedenken. Zwar solle die Umlage in der Regel nach dem Verhältnis des
Nutzens bemessen werden, den die einzelnen Verbandsmitglieder aus der
Aufgabenerfüllung des Zweckverbandes haben; dies sei jedoch keine zwingende
Vorschrift, es könne nach dem freien Ermessen der Verbandsmitglieder auch ein
anderer Maßstab gewählt werden. Das Verhältnis der Einwohnerzahlen stelle einen
zulässigen Umlageschlüssel dar.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte sowie der beigezogenen und in das Verfahren eingeführten
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen, die Gegenstand der mündlichen Verhandlung
und Beratung gewesen sind.
Entscheidungsgründe
Die Anfechtungsklage ist zulässig und begründet. Der angefochtene Umlagebescheid ist
jedenfalls deshalb rechtswidrig und verletzt die Klägerin als Rechtsnachfolgerin der in
Anspruch genommenen Gemeinde in ihren Rechten (§ 113 Abs. 1 Satz 1 VwGO), weil es
an einer gemäß § 19 Abs. 1 Satz 3 des Gesetzes über kommunale Gemeinschaftsarbeit
im Land Brandenburg (GKG) erforderlichen rechtmäßigen Bestimmung des Maßstabs für
die Bemessung der Verbandsumlage in der Verbandssatzung des
Abwasserzweckverbandes (SWAZ) fehlt, soweit die Mitgliedgemeinden zu einer „Umlage
über Niederschlagswasser“ herangezogen werden. Der in § 20 Abs. 1 Satz 2 der
Verbandssatzung des SWAZ in der Fassung des Beschlusses vom 20. Dezember 2001
enthaltene Einwohnerzahl-Maßstab verstößt insoweit gegen den Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit in Verbindung mit dem dem Rechtsstaatsprinzip entstammenden
Willkürverbot.
Gemäß § 19 Abs. 1 Satz 1 GKG erhebt der Zweckverband von den Verbandsmitgliedern
eine Umlage, soweit seine sonstigen Einnahmen nicht ausreichen, um seinen
Finanzbedarf zu decken. Bei der Verbandsumlage handelt es sich um ein Instrument des
Finanzausgleichs zwischen öffentlich-rechtlichen Körperschaften, das in § 19 Abs. 1 Satz
1 GKG als subsidiäres - gegenüber den sonstigen Einnahmeerzielungsmöglichkeiten
nachrangiges - Deckungsmittel ausgestaltet ist (Pencereci, Kommunalverfassungsrecht
Bbg, GKG, § 19 Anm. 1). Der Maßstab für die Bemessung der Verbandsumlage ist in der
Verbandssatzung zu bestimmen (§ 19 Abs. 1 Satz 3 GKG). Die Umlage soll in der Regel
nach dem Verhältnis des Nutzens bemessen werden, den die einzelnen
Verbandsmitglieder aus der Erfüllung der Aufgaben des Zweckverbandes haben (§ 19
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Verbandsmitglieder aus der Erfüllung der Aufgaben des Zweckverbandes haben (§ 19
Abs. 1 Satz 4 GKG); ein anderer Maßstab kann zu Grunde gelegt werden, wenn dies
angemessen ist (§ 19 Abs. 1 Satz 5 GKG). Aus diesen Formulierungen folgt, dass der
Satzungsgeber bei der Bestimmung des Umlagemaßstabes ein weitgehendes
Gestaltungsermessen hat (Oberverwaltungsgericht für das Land Brandenburg, Urteil
vom 14. Juli 2004 – 2 D 2/02.NE - zitiert nach juris; vgl. ähnlich OVG Thüringen zum
dortigen Gesetz, Beschluss vom 16. Dezember 2002 – 4 ZEO 4/02 -, LKV 2003, 290;
Pencereci, Kommunalverfassungsrecht Bbg, GKG, § 19 Anm. 2). Dass für die
Bemessung der Umlage (auch) auf den Maßstab der Einwohnerzahl des einzelnen
Verbandsmitgliedes im Verhältnis zur Zahl der Einwohner aller Verbandsmitglieder
abgestellt wird, ist grundsätzlich zulässig: Die Zahl der Einwohner spiegelt regelmäßig
generalisierend und typisierend den Nutzen i. S. des § 19 Abs. 1 Satz 4 GKG wider, den
eine verbandsangehörige Gemeinde aus der Erfüllung der Aufgaben des
Zweckverbandes hat; das auf ihrem Gebiet zu liefernde Wasser und anfallende und zu
beseitigende Abwasser dürfte nämlich typischerweise um so größer sein, je mehr
Einwohner die Gemeinde hat (OVG für das Land Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 2004,
a.a.O.).
Das Ermessen bei der Bestimmung des Umlagemaßstabes ist durch höherrangiges
Recht begrenzt: So verbietet der Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Verbindung mit dem
rechtsstaatlichen Willkürverbot eine Umlegung der Kosten eines Zweckverbandes auf die
verbandsangehörigen Gemeinden, bei der eine Gemeinde gegenüber den anderen
Gemeinden offenbar sachunangemessen und damit unverhältnismäßig benachteiligt
wird (BVerwG, Beschluss vom 21. Oktober 1987 – 7 B 64.87 -, Buchholz 401.64 § 3
ABWAG Nr. 1; vgl. auch BVerwG, Beschluss vom 8. Februar 2006 - 8 BN 3/05 -, RNr. 12,
zitiert nach juris). Da eine Verbandsumlage im Unterschied zu Gebühren und Beiträgen
nicht den Charakter eines Entgeltes für einen dem Abgabenpflichtigen gebotenen Vorteil
hat, ist zwar das Äquivalenzprinzip auf sie nicht ohne weiteres anwendbar; allerdings ist
dieses Prinzip eine Ausprägung des rechtsstaatlichen Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes,
der nicht nur die Rechtsbeziehungen zwischen dem Staat und dem Bürger, sondern -
ebenso wie das gleichfalls dem Rechtsstaatsprinzip entstammende Willkürverbot - auch
diejenigen zwischen verschiedenen Hoheitsträgern bestimmt (BVerwG, Beschluss vom
21. Oktober 1987, a.a.O., m.w.N.).
Die „auf Grundlage der konkreten Verhältnisse im Verbandsgebiet" (vgl. OVG für das
Land Brandenburg, Urteil vom 14. Juli 2004, a.a.O.) vorzunehmende Beurteilung führt
hier unter Berücksichtigung dieser in der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten
Grundsätze zu dem Ergebnis, dass die Heranziehung des Einwohnermaßstabes zur
Bemessung der „Umlage über Niederschlagswasser“ gegen den
Verhältnismäßigkeitsgrundsatz in Verbindung mit dem rechtsstaatlichen Willkürverbot
verstößt, da durch ihn die anderen Mitgliedsgemeinden des Verbandes gegenüber der
Stadt Spremberg offenbar sachunangemessen und damit unverhältnismäßig
benachteiligt werden. Eine offenbar sachunangemessene und damit unverhältnismäßige
Benachteiligung ergibt sich daraus, dass ein ausschließlich aus der Erfüllung der
Teilaufgabe der Niederschlagswasserentsorgung, die vom Verband bisher und künftig
allein auf dem Gebiet der Stadt Spremberg erledigt wurde und wird, herrührender
jährlich wiederkehrender und vorhersehbarer besonderer Umlagebedarf nach einem
diesen strukturellen Besonderheiten nicht Rechnung tragenden Maßstab auch den
anderen Mitgliedsgemeinden angelastet wird, die dem Verband die Aufgabe der
Abwasserentsorgung übertragen haben.
Die mit der "Umlage über Niederschlagswasser" geschlossene Einnahmelücke des
Trägers der Abwasserentsorgung folgt aus der Zusammenschau der Regelungen des §
23 Abs. 5 des Brandenburgischen Straßengesetzes (BbgStrG) und des § 6 Abs. 2 Satz 8
des Kommunalabgabengesetzes für das Land Brandenburg (KAG). Die Kosten der
Straßenentwässerung für klassifizierte Straßen werden sowohl Gemeinden als auch
Zweckverbänden, die die Aufgabe der Niederschlagswasserentsorgung durchführen,
nicht im vollen Umfang erstattet (s. Pencereci, a. a. O., § 19 GKG Anm. 2). Gemäß § 23
Abs. 5 Satz 1 BbgStrG werden zwar durch die Straßenbaulastträger Investitionskosten
für die Niederschlagswasserentsorgung dieser Straßen übernommen, nicht jedoch die
laufenden Betriebskosten. Diese dürfen gemäß § 6 Abs. 2 Satz 8 KAG auch nicht auf die
Kommunalabgabenpflichtigen umgelegt werden. Da diese Kosten zudem nicht über
Erschließungs- und Ausbaubeiträge zu decken sind, müssen sie durch die jeweilige
Gemeinde getragen werden. Sind diese Mitglieder eines Zweckverbandes und haben
diesem die Aufgabe der Niederschlagswasserentsorgung übertragen, ergibt sich ein
vorhersehbarer besonderer Umlagebedarf (so Pencereci, a. a. O., § 19 GKG Anm. 2). In
der Literatur wird es als zulässig angesehen, diesen besonderen Umlagebedarf nach der
Länge der jeweiligen Straßenkanalisation oder auch nach der entwässerten
Straßenflächen zu verteilen (Pencereci, a. a. O.). Eine Bemessung nach dem Verhältnis
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Straßenflächen zu verteilen (Pencereci, a. a. O.). Eine Bemessung nach dem Verhältnis
der Einwohnerzahlen der verbandsangehörigen Gemeinden ist dem gegenüber jedenfalls
dann offenbar sachunangemessen und damit einzelne Gemeinden unverhältnismäßig
benachteiligend, wenn die Aufgabe der Niederschlagswasserentsorgung nur auf dem
Gebiet einzelner verbandsangehöriger Gemeinden erfüllt wird und auf den Gebieten der
anderen verbandsangehörigen Gemeinden nicht anfällt (vgl. auch Cromme, LKV 1998,
161, 166 f. für den ähnlichen Sachverhalt, dass Gemeinden auf absehbare Zeit keine
Aussicht auf Anschluss an ein Kanalnetz haben). Dies ist hier der Fall. Im Verbandsgebiet
wird lediglich in der Stadt Spremberg Niederschlagswasser von befestigten Flächen von
Privatgrundstücken und öffentlichen Flächen gesammelt und zu einer Kläranlage
abgeleitet; eine beabsichtigte Ausweitung des Kanalnetzes zur Ableitung von
Niederschlagswasser ist weder dargetan noch ersichtlich. Das nicht einer
Abwasserkanalisation zugeführte Niederschlagswasser der übrigen
verbandsangehörigen Gemeinden ist nicht Gegenstand der von dem Zweckverband
übernommenen Aufgabe der Abwasserentsorgung. Denn Abwasser im Sinne der auch
hier maßgeblichen Definition des § 64 Abs. 1 des Brandenburgischen Wassergesetzes
(BbgWG) ist das durch häuslichen, gewerblichen-landwirtschaftlichen und sonstigen
Gebrauch in seinen Eigenschaften veränderte und das bei Trockenwetter damit
zusammen abfließende und gesammelte Wasser (Schmutzwasser) sowie das von
Niederschlägen aus dem Bereich von bebauten oder befestigten Flächen gesammelt
abfließende Wasser (Niederschlagswasser); eine Sammlung abfließenden
Niederschlagswassers in diesem Sinne wird jedoch nur im Bereich der Stadt Spremberg
durchgeführt.
Da der Maßstab für die Verbandsumlage nach den konkreten Verhältnissen im
Verbandsgebiet nicht sachunangemessen sein darf, kann der Einwohneranteilmaßstab
jedenfalls in Bezug auf den sich aus dem Fehlbetrag der
Niederschlagswasserentsorgung ergebenden Umlagebedarf auch nicht unter Hinweis auf
einen die Verbandsmitglieder umfassenden allgemeinen Grundsatz der
Verbandssolidarität gerechtfertigt werden.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf § 167 VwGO i.V.m. §§
708 Nr. 11, 711 der Zivilprozessordnung.
Beschluss
Der Streitwert wird auf 2.715,26 Euro festgesetzt.
Gründe
Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 13 Abs. 2 des Gerichtskostengesetzes in der bis
zum 30. Juni 2004 geltenden Fassung.
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