Urteil des VG Braunschweig vom 19.02.2014

VG Braunschweig: aufschiebende wirkung, wiedereinsetzung in den vorigen stand, grundsatz der öffentlichkeit, einstweilige verfügung, subjektives recht, direktor, verwaltungsakt, durchsuchung

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Zu den Anforderungen an ein Hausverbot für
Gerichtsgebäude in einem Einzelfall
VG Osnabrück 6. Kammer, Beschluss vom 19.02.2014, 6 B 4/14
Tenor
Die in dem mit Klage vom 22.1.2014 - 6 A 17/14 - angefochtenen Bescheid
des Antragsgegners vom 13.1.2014 unter Ziffer 2 angeordnete sofortige
Vollziehung wird mit der Maßgabe aufrechterhalten, dass der Antragsteller
1. anberaumte Termine wahrnehmen kann, zu denen ihm als
Verfahrensbeteiligten oder Bevollmächtigten eines Verfahrensbeteiligten
Zutritt zu gewähren ist;
2. zur Abgabe von Erklärungen zur Niederschrift beim Antragsgegner als
Verfahrensbeteiligter oder Bevollmächtigter eines Verfahrensbeteiligten
nach vorheriger telefonischer Terminsvereinbarung die ihm hierfür vom
Antragsgegner zu benennende Räumlichkeit aufsuchen kann.
Die aufschiebende Wirkung der Klage vom 22.1.2014 wird hinsichtlich der mit
Bescheid vom 13.1.2014 unter Ziffer 3 ausgesprochenen
Zwangsgeldandrohung angeordnet.
Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
Die Kosten des Verfahrens trägt der Antragsteller zu 3/4, der Antragsgegner
zu 1/4.
Der Streitwert wird auf 2500 € festgesetzt.
Dem Antragsteller wird für das Verfahren im ersten
Rechtszug Prozesskostenhilfe bewilligt. Ihm wird aufgegeben, an die
Landeskasse monatlich 93 € zu zahlen. Die Verpflichtung zur Zahlung
beginnt, sobald der anwaltliche Antrag auf Zahlung eines Vorschusses oder
Festsetzung der Gebühren bei Gericht eingegangen ist, bzw. nach Fälligkeit
der Gerichtskosten. Mit den Zahlungen ist nach besonderer Aufforderung
durch das Gericht zu beginnen. Die Folgeraten sind jeweils bis zum 1. eines
jeden Monats zu zahlen, solange das Gericht nichts anderes bestimmt.
Gründe
I.
Der Antragsteller wehrt sich gegen ein ihm unter Anordnung der sofortigen
Vollziehung erteiltes Hausverbot.
Mit „Antrag auf einstweilige Verfügung“ - 6 B 90/13 - hat sich der Antragsteller
am 27.12.2013 unter Beifügung seines Schreibens vom 19.12.2013 zum
Aktenzeichen - 20 F 1175/13 SO - gegen ein Hausverbot seitens des Direktors
des Antragsgegners gewandt; auf die Gerichtsakte des Verfahrens - 6 B
90/13 - wird Bezug genommen.
Mit Bescheid vom 13.1.2014 hat der Direktor des Antragsgegners dem
Antragsteller ein Hausverbot für im Einzelnen aufgeführte Räumlichkeiten und
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Außenanlagen des Antragsgegners erteilt und hierfür Ausnahmen für
bestimmte Anlässe vorgesehen, hinsichtlich derer weitere Modalitäten der
Zutrittsgewähr geregelt werden. Wegen der Einzelheiten wird auf den
angefochtenen Bescheid Bezug genommen.
Mit Telefax vom 22.1.2014 hat der Antragsteller Klage erhoben und unter
Betonung der Eilbedürftigkeit die Gewährung einstweiligen Rechtschutzes
sowie von Prozesskostenhilfe beantragt. Er macht unter Bezug auf weitere
anhängige Verwaltungsrechtsstreitigkeiten geltend, das Hausverbot sei wegen
Befangenheit des Direktors des Antragsgegners formal ungültig. Jedenfalls sei
die vorgesehene „Durchsuchung und Begleitung durch einen Wachmann“
nicht ausreichend begründet; Sicherheitskontrolle sei nicht automatisch
Durchsuchung. Zu „meiner angebliche Gefährdung“, die der Direktor
wahrheitswidrig begründet habe, verweist der Antragsteller „auf weitere beim
Verwaltungsgericht laufende Verfahren“. Vor einer Klärung sei ihm eine
Durchsuchung und Begleitung nicht zuzumuten, weil es ihn unzulässig
diffamiere. Der Direktor des Antragsgegners habe „ja schon immer gern
Steuergelder verschwendet“ und sei „als Lügner und Betrüger bekannt, sei
aber „vermutlich … auch psychisch krank“, weshalb er eine Untersuchung
dessen Geisteszustands durch einen Psychiater beantrage.
Er setzt sich im Einzelnen mit dem Vorbringen des Antragsgegners
insbesondere zu ihm zugerechneten Telefaxen und Flugblättern und seiner
Behinderung bei Abgabe von Postsendungen beim Antragsgegner - der
„derzeitige Briefkasten befindet sich etwa 50 m weg von dem Gelände“,
welches er betreten dürfe, „nämlich mitten auf dem Gelände des Amtsgerichts“
- auseinander; hierauf wird Bezug genommen.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
die aufschiebende Wirkung seiner Klage wiederherzustellen bzw.
anzuordnen.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Er macht geltend, wie in der Hausverbotsverfügung dargelegt sei es durch den
Antragsteller seit vielen Jahren zu Straftaten, zu schwerwiegenden
Persönlichkeitsrechtsverletzungen von Gerichtsangehörigen und zu
erheblichen und nachhaltigen Beeinträchtigungen des Dienstbetriebs
gekommen. Er nimmt auf von ihm beigefügte Kopien/Ausdrucke, auf
Strafverfahrensakten sowie zu den Vorfällen am 18.12.2013 auf vorgelegte
Vermerke von diesem Tage und vom 23.12.2013 Bezug. Ausweislich einer
Vielzahl von Schreiben des Antragstellers auch in diversen
verwaltungsgerichtlichen Verfahren überziehe dieser Angehörige des Gerichts
mit Beleidigungen und Verleumdungen. Der Antragsteller respektiere weder
Gesetze noch Rechte Anderer, gehe dabei mit großer Beharrlichkeit und
Raffinesse vor und fertige z.B. illegale Gesprächsmitschnitte. Dass der
Antragsteller nicht selbst Post in den Gerichtsbriefkasten einwerfen könne,
stelle nur eine geringe Einschränkung dar. Bislang habe der Antragsteller
seine Post durchweg per Fax übermittelt. Aufgrund seines Verhaltens sei es
erforderlich, ihn vom Amtsgerichtshof, auf dem sich auch der
Fahrradunterstand für die Mitarbeiter befinde, und vom Gerichtsparkplatz
fernzuhalten.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze,
wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten des
vorliegenden und des Verfahrens - 6 B 90/13 - Bezug genommen.
II.
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Der Antrag hat überwiegend keinen Erfolg.
Seine von ihm als „Klarstellung“ verstandene Erklärung mit Schreiben vom
10.2.2014 wertet die Kammer entsprechend seinem erkennbaren
Rechtsschutzinteresse nicht als Antrags- und/oder Klagerücknahme. Eine
nachträgliche Umdeutung seines unmissverständlich als Antragstellung und
Klageerhebung zu verstehenden Schreibens vom 22.1.2014 in ein „isoliertes“
Prozesskostenhilfeverfahren kommt indes nicht in Betracht.
Der Rechtsweg zu den Verwaltungsgerichten nach § 40 Abs. 1 Satz 1 VwGO
ist eröffnet. Für die Frage, ob für ein Hausverbot das öffentliche Recht oder das
Privatrecht gilt, ist mangels eines öffentlich-rechtlichen Sonderrechts
maßgeblich darauf abzustellen, welche Rechtsnormen die
Rechtsbeziehungen der Beteiligten und damit das Hausverbot prägen. Davon
ausgehend ist das hier ausgesprochene Hausverbot öffentlich-rechtlicher
Natur. In einem Gerichtsgebäude steht das Hausrecht dem Behördenleiter als
einem Organ der Justizverwaltung zu.
Ein öffentlich-rechtliches Hausverbot stellt einen Verwaltungsakt i.S.d. § 35
Verwaltungsverfahrensgesetz (VwVfG) dar, der mit der Anfechtungsklage
angefochten werden kann. Einstweiliger Rechtsschutz kann daher gegen eine
solche Maßnahme nach den Bestimmungen des § 80 VwGO in Anspruch
genommen werden.
Gemäß § 80 Abs. 5 VwGO kann das Gericht die aufschiebende Wirkung einer
Klage anordnen oder wiederherstellen. Diese Entscheidung beruht auf einer
Abwägung der öffentlichen Interessen an der sofortigen Vollziehung einerseits
mit den Interessen des Rechtsschutzsuchenden an der vorläufigen
Aussetzung des angefochtenen Verwaltungsakts unter Berücksichtigung der
Erfolgsaussichten der Klage hinsichtlich des zur Hauptsache verfolgten
Rechtsschutzzieles andererseits. Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze
überwiegen vorliegend im ausgesprochenen Umfang die öffentlichen
Interessen an der sofortigen Befolgung des Hausverbots durch den
Antragsteller, wobei dessen Interessen mit den ausgesprochenen inhaltlichen
Beschränkungen hinreichend gewahrt sind.
Das vom Direktor des Antragsgegners als Behördenleiter gegenüber dem
Antragsteller ausgesprochene Hausverbot findet seine
Ermächtigungsgrundlage in der Ausübung des gewohnheitsrechtlichen
Hausrechts. Das Hausrecht des Behördenleiters umfasst die Befugnis,
Ordnungsmaßnahmen zu treffen, um die Verwirklichung des
Widmungszwecks zu gewährleisten, Störungen des Dienst- einschließlich des
Sitzungsbetriebes abzuwenden, die Rechte der Mitarbeiter nach Maßgabe der
dienstrechtlichen Fürsorgepflicht und die Belange der übrigen Besucher der
Behörde zu wahren und dabei insbesondere auch über den Aufenthalt von
Personen in den Räumen des öffentlichen Gebäudes zu bestimmen. Ein in
einem familiengerichtlichen Verfahren gegen den Direktor des Antragsgegners
als mit der Rechtssache befassten Richter gestellter Befangenheitsantrag
hinderte diesen entgegen der Auffassung des Antragstellers nicht, auch
gegenüber dem Antragsteller seine Aufgaben als Behördenleiter
wahrzunehmen und das Hausrecht auszuüben.
Grenzen für die Ausübung des Hausrechts an Gerichtsgebäuden ergeben sich
dabei aus der behördlichen Aufgabenstellung eines Gerichts, insbesondere
der mit den subjektiven Rechten der Rechtsschutzsuchenden
korrespondierenden Verpflichtung zur Justizgewährleistung, und für
anberaumte (Gerichts-) Verhandlungen aus dem Grundsatz der Öffentlichkeit
der Verhandlung sowie den sitzungspolizeilichen Befugnissen des
Vorsitzenden des erkennenden Gerichts. Bei Erlass eines öffentlich-
rechtlichen Hausverbots sind die Grundsätze des
Verwaltungsverfahrensrechts zu beachten.
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So ist zu berücksichtigen, dass es sich bei der Ausübung des
gewohnheitsrechtlichen Hausrechts nicht um eine gebundene, gesetzlich
verbindlich vorgegebene Entscheidung handelt, sondern dass die Verhängung
eines Hausverbotes im pflichtgemäßen Ermessen der Behördenleitung steht.
Da ein Hausverbot eine freiheitsverkürzende Maßnahme präventiven
Charakters darstellt, indem sie darauf abzielt, zukünftige Störungen des
Betriebsablaufs in der Behörde zu vermeiden, bedarf es entsprechend § 28
Abs. 1 VwVfG regelmäßig der vorherigen (mündlichen oder schriftlichen)
Anhörung des Betroffenen. Ergeht ein Hausverbot nicht unmittelbar auf eine im
Gerichtsgebäude eskalierende Konfliktsituation, ist dem Betroffenen
grundsätzlich auch schriftlich der dem beabsichtigten Hausverbot
zugrundeliegende Sachverhalt zu schildern, die Verhängung des Verbots
anzukündigen und ihm Gelegenheit zu geben, sich vor dem Erlass des
Hausverbotes zu den für die Entscheidung erheblichen Tatsachen zu äußern.
Mit der Hausverbotsverfügung sind die Tatsachen zu benennen, die in
vorangegangener Zeit den Hausfrieden gestört haben. Weiter ist auszuführen,
dass und warum in Zukunft wieder mit Störungen zu rechnen und das
Hausverbot daher erforderlich ist, um erneute Vorfälle zu verhindern. Da eine
Behörde aber auch mit aus ihrer Sicht schwierigen Besuchern zurechtkommen
muss, ist ihr die Möglichkeit der Verhängung eines Hausverbotes erst dann
eröffnet, wenn es durch das Verhalten des Adressaten zu einer beachtlichen,
das heißt mehr als nur leichten und/oder vorübergehenden Beeinträchtigung
der öffentlichen Tätigkeit innerhalb der Behörde gekommen ist. Dies ist
anzunehmen, wenn der Dienstablauf nachhaltig gestört worden ist, weil
beispielsweise Bedienstete beleidigt werden oder der Besucher in nicht
hinnehmbarer Weise aggressiv reagiert und mit einer Wiederholung derartiger
Vorfälle zu rechnen ist.
Als Verwaltungsakt muss das öffentlich-rechtliche Hausverbot hinreichend
bestimmt sein (§ 37 Abs. 1 VwVfG), das heißt, der Adressat, der
Geltungsbereich, die Art und die Dauer des Hausverbots müssen genau
bezeichnet werden. Ferner bedarf es einer Begründung unter Darlegung des
sanktionierten Sachverhalts und der wesentlichen Entscheidungsgründe (§ 39
Abs. 1 VwVfG). Begründungsanforderungen erwachsen auch aus dem
Umstand, dass die Verhängung des Hausverbots dem allgemeinen Grundsatz
der Verhältnismäßigkeit unterliegt. Das Hausverbot muss auch die geeignete
Maßnahme sein, die verursachte Störung zu beenden und/oder für die Zukunft
den ordnungsgemäßen Ablauf der Geschäfte innerhalb des Gerichtsgebäudes
sicherzustellen, es muss gerade in Ansehung der für die Ausübung des
Hausrechts an Gerichtsgebäuden bestehenden Grenzen das mildeste in
Betracht kommende Mittel sein und es muss hinsichtlich des
Bezugsbereiches, für den es verhängt wird, sowie bezüglich seiner Dauer
auch insoweit angemessen sein, weshalb grundsätzlich mit der Verhängung
des Hausverbotes eine Befristung auszusprechen ist. Dabei ist zu beachten,
dass durch das Hausverbot nicht die Inanspruchnahme von gesetzlich zu
erbringenden Leistungen der Behörde verhindert wird. Zudem ist gerade bei
einer Ermessensentscheidung wie einem Hausverbot die hinreichende
Begründung von besonderer Bedeutung, weil sich nur so feststellen lässt, ob
die Behördenleitung das ihr zustehende Ermessen erkannt und von diesem in
sachgemäßer Weise Gebrauch gemacht hat.
Mangelt es an einer dieser Voraussetzungen, so ist der Verwaltungsakt
rechtswidrig und im Hauptsacheverfahren vom Gericht aufzuheben, es sei
denn die Behörde zieht zuvor aus einer erkannten Rechtswidrigkeit die
Konsequenzen und hebt ihren Bescheid auf oder ändert diesen entsprechend
den rechtlichen Erfordernissen durch weiteren Bescheid ab.
In Ansehung dieser Rechtsgrundsätze spricht nach gegenwärtiger
Erkenntnislage die Wahrscheinlichkeit eher dafür, dass sich das gegen den
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Antragsteller ausgesprochene Hausverbot - jedenfalls mit Maßgabe der
ausgesprochenen Einschränkungen - als rechtmäßig erweisen kann. Selbst
wenn man in Anbetracht des bisherigen streitigen Vorbringens und in
Ansehung der von den Beteiligten in Bezug genommenen, aber nur teilweise
in Kopie vorgelegten Vorgänge, insbesondere anderer Gerichts- bzw.
Ermittlungsverfahren, die Beurteilung der Rechtslage derzeit letztlich noch als
„offen“ ansieht, hat der Antrag keinen Erfolg. Die bei Anordnung der
aufschiebenden Wirkung zu erwartenden und auch im Fall eines späteren
Obsiegens des Antragsgegners unabänderlich hinzunehmenden
Beeinträchtigungen der öffentlichen Interessen sind bedeutsamer zu
gewichten als die vom Antragsteller auch im Fall eines späteren Klageerfolgs
zwischenzeitlich ebenfalls irreversibel hinzunehmenden Beschränkungen bei
der Wahrnehmung seiner privaten Interessen, wobei die solche Wirkungen
des Hausverbots entscheidend begrenzenden Ausnahmen seines
Anwendungsbereichs maßgeblich ins Gewicht fallen.
Ergeht die beantragte Anordnung, erweist sich der angefochtene
Verwaltungsakt indes im Hauptsacheverfahren als rechtmäßig, so ist nach
gegenwärtiger Sachlage zu erwarten, dass die vom Antragsgegner
befürchteten erheblichen Beeinträchtigungen der Funktionsfähigkeit des
Gerichts durch Störungen seines Dienst- und Sitzungsbetriebs wie auch
Beeinträchtigungen von Rechten von Mitarbeitern des Antragsgegners durch
erhebliche Beleidigungen und Nachstellungen eintreten, wobei auch damit
einhergehende Befürchtungen der Mitarbeiter und erforderlich werdende
behördliche Vorsorgemaßnahmen zur Beeinträchtigung des gewohnten
störungsfreien Dienstbetriebs beitragen dürften. Diese Einschätzung beruht
auf dem durch die vorgelegten dienstlichen Vermerke erhärteten Sachvortrag
des Antragsgegners, der eine Intensität der Beeinträchtigung fremder Belange
durch den Antragsteller und eine besondere Beharrlichkeit seines Verhaltens
wiederspiegelt, der ohne - auch wiederholte - Zuhilfenahme polizeilicher
Einsatzkräfte kaum wirksam begegnet werden kann. Die für die Mitarbeiter des
Gerichts befürchteten Beeinträchtigungen erstrecken sich dabei über die bei
Gelegenheit dienstlicher Kontakte bestehenden Einwirkungsmöglichkeiten des
Antragstellers hinaus auch auf die Privatsphäre und das persönliche Umfeld
der Mitarbeiter, wie sowohl die mit Absenderangaben des Antragstellers
versehenen verbreiteten Schriftstücke als auch die durch Vermerk
festgehaltenen Verhaltensweisen und Einlassungen des Antragstellers
bezüglich der auf dem Behördenparkplatz abgestellten Privatfahrzeuge der
Mitarbeiter zumindest nahelegen und befürchten lassen. Das sich danach
ergebende Gesamtbild wird zudem durch sprachliche Formulierungen des
Antragstellers bestätigt, wenn er im vorliegenden Verfahren behauptet, der
Direktor des Antragsgegners leide „tatsächlich auch unter Verfolgungswahn“,
sei „vermutlich … auch psychisch krank“ und sei „selbst Vorsteher einer
Verbrecherbande“, wie auch die auf die zwei Richter des Gerichts bezogene
Aussage, der Direktor „beherbergt unter seinem Dach zwei Verbrecher“.
Gleiches gilt hinsichtlich der Verbreitung des vom Antragsgegner in Kopie
vorgelegten „Flugblatts“ des Antragstellers, mit dem dieser einen Mitarbeiter
des Gerichts wiederholt als „großer Lügner“ bezeichnet, dessen Verbreitung
der Antragsteller mit Schreiben vom 10.2.2014 einräumt und als rechtmäßig,
als „notwendige Zivilcourage“ und inhaltlich „der Wahrheit“ entsprechend
bewertet. Soweit der Antragsteller wiederholt hinzufügt, nicht beleidigen zu
wollen, ist diese Verbalerklärung angesichts des eindeutigen Aussagegehalts
seiner Formulierungen jedenfalls im vorliegenden Zusammenhang
bedeutungslos. Zu dem im Flugblatt in Bezug genommenen und wohl damals
per Internet veröffentlichten heimlichen akustischen Mitschnitt eines
Gesprächs mit diesem Mitarbeiter des Antragsgegners lässt sich der
Antragsteller nicht ein, bestreitet diesen Sachverhalt nicht, will andererseits
ausweislich seines Schreibens jedenfalls sein Verlangen nach Mitschnitten
von gerichtlichen Verhandlungen damit begründen, dass derartige „Mitschnitte
bei Verhandlungen wie beim Bundesverfassungsgericht … auch in öffentlichen
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Verhandlungen nur der Wahrheitsfindung“ dienen.
Unterbleibt andererseits die beantragte Anordnung und wirkt das
ausgesprochene Hausverbot bis zu seiner Aufhebung im Klageverfahren fort,
so wird dem Antragsteller die Möglichkeit genommen, nach eigenem
Dafürhalten Grundstück und Gebäude des Antragsgegners zu betreten,
insbesondere ohne vorherige Anmeldung und Prüfung seines Anliegens die
Räumlichkeiten der Mitarbeiter oder die Sitzungsräume des Gerichts
aufzusuchen oder seine Briefpost persönlich in den (Nacht-) Briefkasten des
Gerichts einzuwerfen. Ein subjektives Recht, sich vollkommen grundlos dort
aufzuhalten, steht dem Antragsteller nicht zu und wird von ihm auch nicht
geltend gemacht. Ihm wird indes die Verfolgung seiner Anliegen dadurch
erschwert, dass er - sofern nicht bereits die Terminsbestimmung vom Gericht
erfolgte - sich zuvor anmelden und die vom Antragsgegner angekündigten
Begleitumstände wie ggf. Durchsuchung und Begleitung während seines
Aufenthalts vergegenwärtigen muss. Dabei bleibt ihm indes durch die
ausgesprochenen Beschränkungen des Hausverbots bei Hinnahme dieser
Kautelen eine in der Sache uneingeschränkte Verfolgung ihm berechtigt
erscheinender Interessen im Umfang der dem Antragsgegner obliegenden
Aufgaben möglich, ohne dass insofern eine qualitative oder quantitative
Beschränkung der Wahrung subjektiver Rechte für den Antragsteller zu
befürchten wäre, so dass auch das Gericht entsprechend seinem
Aufgabenkreis seiner besonderen Funktion auch gegenüber dem Antragsteller
in vollem Umfang entsprechen könnte. Dass der Antragsteller infolge der
räumlichen Anordnung des (Nacht-) Briefkastens im Haupteingang des
Antragsgegners und dessen Lage inmitten des vom Hausverbot umfassten
Innenhofes an dessen Nutzung zur persönlichen Abgabe von Briefpost
gehindert wird, stellt eine Beschränkung seiner Möglichkeiten zur
Rechtswahrnehmung dar, die angesichts seiner bisher auch in den
vorliegenden Verfahren erkennbar gewordenen Gepflogenheiten, mit den
Gerichten per Telefax zu kommunizieren, wie auch angesichts der
Möglichkeiten, Briefpost durch Postunternehmen oder gefällige Dritte
überbringen zu lassen, indes relativiert wird, zumal die Erreichbarkeit des
Antragsgegners für den Antragsteller auch unter Ausschöpfung von Fristen
insbesondere durch Telefax sichergestellt ist und eventuellen technischen
Ausfällen entsprechend den verfahrensrechtlichen Usancen ggf. durch
Wiedereinsetzung in den vorigen Stand Rechnung getragen wird. Dass der
Antragsteller - ohne dass das von ihm bislang geltend gemacht worden wäre -
durch das Hausverbot zugleich von dem Besuch der vom
Öffentlichkeitsgrundsatz des § 169 GVG erfassten gerichtlichen Termine
ausgeschlossen wird, stellt ebenso eine im Rahmen der Abwägung zu
berücksichtigende Beeinträchtigung dar.
In Anbetracht der bei Abwägung beider Alternativen bedeutsameren und
gewichtigeren Gefahren für die berührten öffentlichen Interessen spricht
Überwiegendes für eine Beibehaltung der angeordneten sofortigen
Vollziehung des mit inhaltlichen Beschränkungen ausgesprochenen
Hausverbots. Dabei begreift das erkennende Gericht die tenorierten
Beschränkungen als Auslegung des im angefochtenen Bescheid wohl
bewusst anstelle des zivilprozessualen Parteibegriffs verwendeten, einen
größeren Personenkreis umfassenden Beteiligtenbegriffs. Ob der Antragsteller
bei Nachweis einer Bevollmächtigung ggf. an deren Ausübung gehindert ist,
mag sich ggf. aus einer erst nach der jeweils einschlägigen
Verfahrensordnung (vgl. z.B. § 79 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 ZPO) ergehenden
Entscheidung ergeben.
Die unter Ziffer 3 des angefochtenen Bescheids ausgesprochene
Zwangsgeldandrohung ist mit der gewählten Formulierung „von bis zu“
rechtswidrig. Insoweit ist die aufschiebende Wirkung, die der Klage gemäß
§ 64 Abs. 4 Satz 1 Nds. SOG fehlt, anzuordnen. Gemäß § 70 Abs. 3 Satz 1
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Nds. SOG muss sich die Androhung auf ein bestimmtes Zwangsmittel
beziehen. Bei Androhung eines Zwangsgeldes bedeutet dies, dass das
angedrohte Zwangsgeld zu beziffern ist. Der Antragsgegner hat indes mit
seiner Formulierung nur einen noch der Konkretisierung bedürftigen und
deshalb unzureichenden Rahmen angegeben (vgl. Sadler, VwVG VwZG,
7. Auflage, § 13 VwVG Rn. 120 m.w.N.). Die Rechtswidrigkeit der
Zwangsgeldandrohung lässt jedoch den Grundverwaltungsakt unberührt und
erfordert lediglich ggf. die Wiederholung der Androhung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 155 Abs. 1 Satz 1 VwGO.
Die Streitwertfestsetzung erfolgt gemäß §§ 53 Abs. 2, 52 Abs. 2 GKG (Ziffer
1.5 Streitwertkatalog für die Verwaltungsgerichtsbarkeit 2013, Beilage 2/2013
zu NVwZ Heft 23/2013).
Die Entscheidung über den Antrag auf Gewährung von Prozesskostenhilfe
erfolgt aufgrund § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff ZPO. Aufgrund der Angaben des
Antragstellers zu seiner Einkommens- und Vermögenslage ergibt sich die
Ratenzahlungspflicht in festgesetzter Höhe. Einen beizuordnenden
Rechtsanwalt hat er nicht benannt.