Urteil des VG Braunschweig vom 22.02.2013

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Zur Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes bei
fehlender Feststellbarkeit eines eindeutig artgerechten
Verhaltens
VG Osnabrück 6. Kammer, Urteil vom 22.02.2013, 6 A 125/12
§ 7 Abs 1 S 2 HundG ND
Tatbestand
Die Klägerin wehrt sich gegen die Feststellung der Gefährlichkeit ihres Hundes,
eines Miniatur-Bullterrier-Mix, namens „Tweety“.
Durch Polizeibericht vom 18.3.2012 erhielt der Beklagte Kenntnis davon, dass
der Hund „Tweety“ der Klägerin am 17.3.2012 deren Grundstück unbeaufsichtigt
verlassen und den Hund, einen Border-Collie, einer vorbeifahrenden
Radfahrerin K. unvermittelt angefallen und in die rechte Halsseite gebissen
haben soll. Ausweislich der polizeilichen Vorgänge machten die Geschädigte K.
sowie die Zeugin S. gegenüber der Polizei übereinstimmend entsprechende
Angaben.
Gemäß weiterem Polizeireport vom 6.4.2011 gab die Nachbarin B. der Klägerin
gegenüber den von ihr herbeigerufenen Beamten an, der Hund der Klägerin sei
während deren Abwesenheit auf ihr Grundstück entwichen und habe ihren Hund
angefallen und in den Nacken gepackt, wodurch dieser jedoch nicht oder nur
leicht verletzt worden sei.
Unter Anführung beider Vorfälle hörte der Beklagte die Klägerin mit Schreiben
vom 8.5.2012 an.
Gegenüber dem Beklagten bestätigte Frau B. ausweislich des Vermerks vom
16.5.2012 telefonisch ihre Angaben gegenüber der Polizei. Frau K. und Frau S.
übersandten dem Beklagten unter dem 14. bzw. 15.5.2012 mit ihren Angaben
gegenüber der Polizei übereinstimmende schriftliche Sachverhaltsdarstellungen.
Frau S. fügte eine Kopie ihres Schreibens vom 1.11.2011 an das Ordnungsamt
der Stadt A-Stadt bei, nach dem der Hund „Tweety“ der Klägerin am 31.10.2011
entwichen sei und sich auf ihren von ihrem Mann ausgeführten Hund „Kaya“
gestürzt habe. Ihrem Mann sei es nicht gelungen, „Tweety“ durch Fußtritte zum
Ablassen zu bewegen. Erst der Klägerin und deren Begleiter sei es gemeinsam
gelungen, sich gemeinsam auf „Tweety“ zu werfen und diesen abzuhalten. Ihr
Hund „Kaya“ habe danach Blutergüsse an der linken Schulter erlitten. Sowohl
die Klägerin als auch deren Begleiter hätten blutende Verletzungen an den
Händen davongetragen. Auf vorgenannte Schriftstücke wird wegen der
Einzelheiten Bezug genommen.
Ein tierärztliches Attest vom 16.5.2012 bestätigt eine am 17.3.2012 festgestellte
Verletzung des Hundes „Kira“ der Frau K., die sich durch eine
Umfangsvermehrung in der Größe eines Golfballs im Nacken gezeigt habe und
geringgradig druckempfindlich gewesen sei.
Unter dem 20.5.2012 erklärte Frau B. unter Angabe von vier Familienmitgliedern
als Zeugen gegenüber dem Beklagten zu dem von ihr gemeldeten Vorfall,
„Tweety“ sei über den Gartenzaun gesprungen, sei extrem aggressiv gewesen
und habe versucht, einen ihrer Hunde zu beißen. Auf ihre schriftliche Erklärung
wird ergänzend Bezug genommen.
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Mit Datum vom 18.5.2012 ging dem Beklagter ein mit „Anwohner“
unterzeichnetes Schreiben zu, dem eine elffach gezeichnete Unterschriftsliste
beigefügt war, mit Unterschriften u.a. der Frau K. und Frau S.. Darin wird
anknüpfend an den Vorfall vom 17.3. angegeben, es hätten sich mindestens
fünf Angriffe der Hündin der Klägerin zugetragen, bei denen mindestens drei
Hunde nicht unerheblich verletzt worden seien, und auf ein Einschreiten des
Beklagten gedrängt.
Nach Akteneinsicht machte die Klägerin geltend, trotz ihrer Vorkehrungen sei es
„Tweety“ am 17.3. gelungen, über den Zaun das Grundstück zu verlassen.
Zwischen den beiden freilaufenden Hunden - nämlich „Tweety“ und dem Hund
der Frau K. - sei es zu einer „Rangelei“ gekommen, wobei sich „Tweety“ jedoch
nicht in die Halsseite des Collies der Frau K. verbissen habe. Von einem Biss sei
auch in deren schriftlicher Stellungnahme nicht mehr die Rede. Auch sei
tierärztlich eine Verletzung mit geringgradig druckempfindlicher
Umfangsvermehrung festgestellt worden. Demgegenüber sei „Tweety“ durch
Bisse des Collies nicht unerheblich verletzt worden, was Lichtbilder ausweisen
würden. Die Erklärung der Anwohner entbehre jeglicher Grundlage. Die
Behauptung, es hätten sich mindestens fünf Angriffe ereignet, bei denen drei
Hunde verletzt worden seien, sei falsch. Mit der Familie B. gebe es einen
Nachbarschaftsstreit - wird näher ausgeführt -, in dessen Zusammenhang auch
die Beschwerde der Frau B. falle.
Mit Bescheid vom 13.6.2012 stellt der Beklagte fest, dass es sich bei dem Hund
„Tweety“ der Klägerin um einen gefährlichen Hund handele. Im Rahmen der
Begründung seines Bescheids hebt der Beklagte unter näherer Darlegung im
Einzelnen auf den Vorfall vom 17.3.2012 ab; hierauf wird Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid hat die Klägerin am 25.6.2012 Klage erhoben und am
29.6.2012 die Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes - 6 B 58/12 - beantragt.
Letzteren Antrag hat die Kammer mit Beschluss vom 24.7.2012 abgelehnt; das
Nds. Oberverwaltungsgericht hat durch Beschluss vom 31.8.2010 die hiergegen
erhobene Beschwerde zurückgewiesen; auf beide Entscheidungen wird Bezug
genommen. Mit Verfügung vom 28.9.2012 wurden die Beteiligten auf aus der
Beschwerdeentscheidung abzuleitende rechtliche Gesichtspunkte hingewiesen
und erhielten Gelegenheit zur Stellungnahme.
Zur Begründung ihrer Klage schildert sie unter Vorlage einer eigenen sowie
eidesstattlicher Versicherungen der Herren Sch. und O. sowie von Frau H.
insbesondere abweichende Geschehensabläufe hinsichtlich der Vorfälle vom
31.10.2011 und 17.3.2012. - Danach sei am 31.10.2011 „Tweety“ zur
nahegelegenen öffentlichen Wiese entwichen, wo er von dem nicht angeleinten
Hund der Familie S. heftig bissig attackiert worden sei. Herr S. sei trotz
Aufforderung nicht eingeschritten, so dass die Klägerin und Herr O. die Hunde
hätten trennen müssen. Dabei habe der Hund der Familie S. ungehemmt weiter
gebissen, und Herrn O., der Klägerin und „Tweety“ Bissverletzungen zugefügt. -
Die Klägerin, die - so die Klagebegründung - den Vorfall vom 17.3.2012 nicht
gesehen habe und wegen der Lebensbaumhecke auch nicht habe sehen
können, gehe davon aus, dass beide Hunde - wie es bei nicht angeleinten
Hunden regelmäßig zu beobachten sei und deren Naturell entspreche -
gleichzeitig aufeinander losgegangen seien und sich gerauft hätten. Dabei habe
sich „Tweety“ nicht in die rechte Halsseite des anderen Hundes verbissen.
Allerdings habe der Hund der Frau K. „Tweety“ zweifelsfrei gebissen. Die
Klägerin habe die Hunde getrennt. Frau K. sei sodann mit ihrem nicht
angeleinten Hund davongefahren. Wegen der Einzelheiten wird auf die
Schreiben der Antragsstellerin und die beigefügten eidesstattlichen
Versicherungen Bezug genommen. - Zum richterlichen Hinweis vom 28.9.2012
macht sie geltend, die angeführte Rechtsprechung verkenne das vom Gesetz
vorgegebene Regel-Ausnahme-Prinzip. Nach dem Gesetz rechtfertige sich eine
Einstufung eines Hundes als gefährlich erst dann, wenn sich konkrete
Anhaltspunkte für die Verwirklichung von Merkmalen aus § 7 Abs. 1 NHundG
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ergeben hätten, weshalb es der Durchführung eines ordnungsgemäßen
Beweisverfahrens bedürfe. Danach werde unstreitig keine erhöhte Aggressivität
des Hundes der Klägerin anzunehmen sein. Bei Erlass des Bescheides sei der
zuständige Sachbearbeiter von einer falschen Tatsachenannahme
ausgegangen. Der Hund der Frau K. sei nicht angeleint gewesen.
Fälschlicherweise sei der Beklagte davon ausgegangen, dass er zwangsläufig
zur Feststellung der Gefährlichkeit verpflichtet war und habe seinen
Handlungsspielraum verkannt.
Die Klägerin beantragt,
den Bescheid vom 13.6.2012 aufzuheben.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hält an seinem Bescheid fest und sieht sich durch die Rechtsprechung des
Nds. Oberverwaltungsgerichts bestätigt.
Die Beteiligten wurden zur Übertragung des Rechtsstreits auf den Einzelrichter
angehört. Die Kammer hat den Rechtsstreit auf den Berichterstatter als
Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze, wegen
des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die beigezogenen
Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Klage ist zulässig, aber unbegründet. Der angefochtene Bescheid ist
rechtmäßig und verletzt die Klägerin nicht in ihren Rechten.
Maßgebliche Rechtsgrundlage des Bescheids ist § 7 Abs. 1 NHundG.
Erhält die Behörde einen Hinweis auf eine gesteigerte Aggressivität oder eine
über das natürliche Maß hinausgehende Angriffslust eines Hundes, hat sie dem
von Amts wegen nachzugehen. Solche Hinweise hat der Antragsgegner
vorliegend ausweislich seiner Verwaltungsvorgänge insbesondere aufgrund der
polizeilichen Ermittlungsvorgänge sowie den schriftlichen Erklärungen der
Betroffenen K. und der Zeugin S. hinsichtlich des Vorfalls vom 17.3.2012
erhalten. Ergeben sich daraus Tatsachen, die den Verdacht rechtfertigen, dass
von dem Hund eine Gefahr für die öffentliche Sicherheit ausgeht, stellt die
Behörde die Gefährlichkeit des Hundes fest.
Zu diesen Voraussetzungen der Feststellung der Gefährlichkeit eines Hundes
nach § 7 Abs. 1 Satz 1 und 2 NHundG (vormals § 3 Abs. 2 Satz 1 und 2
NHundG) ist durch die Rechtsprechung des Nds. Oberverwaltungsgerichts
(Nds. OVG, B. v. 31.8.2012 - 11 ME 221/12 - ; B. v. 18.1.2012 - 11 ME
423/11 - , http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de, m. w. Nachw. aus
der Senatsrechtsprechung)
geklärt, dass schon bei einem bloßen Verdacht der Gefährlichkeit der
betreffende Hund wie ein tatsächlich gefährlicher Hund zu behandeln ist (Nds.
OVG, B. v. 12.5.2005 - 11 ME 92/05 -). Wie für die Einleitung der
Gefährlichkeitsprüfung reicht es auch für die Feststellung der Gefährlichkeit
eines Hundes aus, dass der betroffene Hund ein anderen (Haus-)Tier,
insbesondere einen anderen Hund, nicht nur ganz geringfügig verletzt hat.
Hierfür genügt grundsätzlich jede Beeinträchtigung der körperlichen
Unversehrtheit des anderen Tieres, insbesondere anderen Hundes, unabhängig
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von der Schwere; außer Betracht bleiben nur ganz geringfügige Verletzungen
wie etwa einzelne ausgerissene Haare oder sehr kleine oberflächliche Kratzer
(Nds. OVG, B. v. 3.9.2008 - 11 LA 3/08 -; B. v. 13.12.2006 - 11 ME 350/06 -; m.
w. Nachw.).
Aus Entstehungsgeschichte, Systematik und Sinn und Zweck des NHundG folgt
danach, dass unter diesen Voraussetzungen nicht die Annahme der
Gefährlichkeit, sondern Ausnahmen von diesem Grundsatz besonderer
Begründung bedürfen. Solche Ausnahmen kommen bei einem erlaubten Beißen
im Rahmen des bestimmungsgemäßen Gebrauchs etwa eines Dienst-, Wach-
oder Jagdhundes oder bei der Verletzung eines anderen (Haus-) Tieres durch
ein eindeutig und offensichtlich artgerechtes Abwehrverhalten oder ggf. auch
beim Beißen oder Töten von Mäusen oder Insekten in Betracht (Nds. OVG, B. v.
18.1.2012 - 11 ME 423/11 - , a.a.O., m. w. Nachw.). Danach spricht z.B. gegen
die Annahme eines als „eindeutig artgerecht“ wertbaren Hundeverhaltens
bereits der Umstand, dass ein Hund ein Privatgrundstück verlassen hat und auf
einen anderen, im angrenzenden öffentlichen Verkehrsraum befindlichen Hund
zugelaufen ist, bevor es zur Auseinandersetzung zwischen den Hunden kam
(Nds. OVG, B. v. 18.1.2012 - 11 ME 423/11 - , a.a.O., m. w. Nachw.).
Bedenken gegen eine ggf. „überschießende“ Kontrolle eines als gefährlich
eingestuften Hundes ist nicht bereits im Rahmen der vorstehenden, auf der
Tatbestandsseite angesiedelten Anforderungen an die Voraussetzungen für die
Feststellung der Gefährlichkeit Rechnung zu tragen, sondern auf der
Rechtsfolgenseite, d.h. bei den in § 14 NHundG geregelten Einschränkungen für
das Führen eines gefährlichen Hundes (Nds. OVG, B. v. 18.1.2012 - 11 ME
423/11 - , a.a.O., m. w. Nachw.). So hat der Gesetzgeber die Möglichkeit
geschaffen, vom Leinenzwang ganz oder teilweise abzusehen, insbesondere
wenn der Wesenstest keinerlei Hinweise auf eine tatsächliche Gefährlichkeit
eines Hundes ergibt. Anlass für eine weitergehende Regelung, etwa zur
Einführung eines gesonderten Verfahrens zur Aufhebung der Gefährlichkeit
oder zu einzelfallbezogenen zusätzlichen Einschränkungen hat der
Gesetzgeber hingegen nicht gesehen (Nds. OVG, B. v. 18.1.2012 - 11 ME
423/11 -, a.a.O.; B. v. 25.1.2013 - 11 PA 294/12 -,
http://www.rechtsprechung.niedersachsen.de). Ein bestehender Verdacht der
Gefährlichkeit eines Hundes kann danach weder durch eine nachträgliche
positive Entwicklung des Hundes infolge eines Trainings noch durch einen
nachträglich eingeholten Wesenstest in Zweifel gezogen werden (Nds. OVG, B.
v. 25.1.2013 - 11 PA 294/12 -, a.a.O.)
Insoweit ist zugleich die Amtsermittlungspflicht der Behörde von Rechts wegen
begrenzt (Nds. OVG, B. v. 18.1.2012 - 11 ME 423/11 - , a.a.O. unter Hinweis auf
den Schriftlichen Bericht zum NHundG a.F., LT-Drucks. 14/4006, S. 4 a.E.).
Danach bestimmt sich auch die Reichweite der verwaltungsgerichtlichen
Kontrolle der behördlichen Feststellung der Gefährlichkeit des Hundes, weshalb
eine Beweisaufnahme auch bei widerstreitenden Zeugenaussagen nicht
geboten erscheint, wenn die Tatsache der Verletzung eines anderen Tieres als
solche feststeht (Nds. OVG, B. v. 31.8.2012 - 11 ME 221/12 -; B. v. 27.7.2010 -
11 PA 265/10 -; B. v. 12.5.2005 - 11 ME 92/05 -). Keine Bedeutung kommt dabei
im Rahmen der Prüfung der Gefährlichkeit des betroffenen Hundes
grundsätzlich dem Verhalten des anderen Tieres / Hundes und etwaigen
Verletzungen des betroffenen Hundes selbst zu; gleiches gilt für die Frage nach
einer „Gefährlichkeit“ des anderen Tieres / Hundes (Nds. OVG, B. v. 27.7.2010 -
11 PA 265/10 -).
Nach diesen Rechtsgrundsätzen hat der Beklagte den Hund „Tweety“ der
Klägerin zu Recht als gefährlichen Hund im Sinn des NHundG eingestuft, denn
sowohl nach dem Akteninhalt wie auch dem Vorbringen der Beteiligten steht
fest, dass Tweety das Grundstück der Klägerin selbständig und unbemerkt
verlassen und die Nähe des Hundes der Frau K. gesucht und diesen Hund in
einer körperlichen Auseinandersetzung verletzt hat. Hierzu hat das Nds.
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Oberverwaltungsgericht bereits in seiner Beschwerdeentscheidung vom
31.8.2012 ausgeführt:
„Dem Beschwerdevorbringen kann im Übrigen auch nicht insoweit gefolgt
werden, als die Antragstellerin geltend macht, der vom Antragsgegner
(insoweit) seiner Entscheidung zu Grunde gelegte Sachverhalt, "Tweety"
habe am 17. März 2012 den Hund von Frau K. gebissen, entbehre
jeglicher Grundlage. Denn dies hat nicht nur Frau K. auf polizeiliches
Befragen am 17. März 2012 so angegeben, sondern am 15. Mai 2012
auch Frau S. ausdrücklich bestätigt; zudem ist tierärztlich (offenbar
rückwirkend) am 16. Mai 2012 eine zu der Angabe, der Hund sei im
Nacken gebissen worden, passende Nackenverletzung durch
"Umfangsvermehrung in der Größe eines Golfballes" attestiert worden. Auf
diese Angaben hat das Verwaltungsgericht zutreffend verwiesen. Sie
werden nicht dadurch widerlegt, dass Frau K. in ihrer schriftlichen
Stellungnahme vom 14. Mai 2012 einen Biss nicht mehr ausdrücklich
erwähnt, sondern allgemein von einem Angriff gesprochen hat, bei dem
"Tweety" zunächst nicht von ihrem Hund habe "gelöst" werden können.
Dass es auch nach den schriftlichen Angaben von Frau K. vom 14. Mai
2012 nicht bei dem bloßen Versuch geblieben ist, ihren Hund zu
"schnappen" - wie die Antragstellerin vorträgt -, ergibt sich auch aus dem o.
a. Attest, das dieser schriftlichen Stellungnahme beigefügt war. Denn
durch solche Versuche hätte ihr Hund nicht eine entsprechende
Verletzung im Nacken erleiden können. Soweit sich die Antragstellerin im
Übrigen auf die eidesstattlichen Versicherungen von Herrn O., Herrn W.
und Frau H. vom 28. Juni 2012 bezieht, ergibt sich daraus schon nicht,
dass diese überhaupt das gesamte Geschehen beobachtet haben und
dass es nicht im Rahmen der von ihnen so genannten "Rangelei" zu dem
streitigen Biss gekommen ist; zudem überzeugt die Schilderung aller drei
Personen ohnehin nicht, da sie wortgleich ist und alle drei Personen
entgegen den Angaben von Frau K. und Frau S. auch nicht vom
notwendigen Eingreifen eines Mannes berichten. Jedenfalls ist die
Schilderung aber ungeeignet, die o. a. gegenteiligen Angaben ohne
nähere Überprüfung als "grundlos" zu bezeichnen.“
Der Hund der Frau K. wurde von Tweety auch nicht nur ganz geringfügig im
Sinn vorstehender Rechtsgrundsätze verletzt, denn es genügt grundsätzlich
jede Beeinträchtigung der körperlichen Unversehrtheit des anderen Tieres,
insbesondere anderen Hundes, unabhängig von der Schwere; außer Betracht
bleiben nur ganz geringfügige Verletzungen wie etwa einzelne ausgerissene
Haare oder sehr kleine oberflächliche Kratzer. Um letzteres handelte es sich bei
der tierärztlich attestierten Verletzung des Hundes der Frau K. indes
offensichtlich nicht.
Die Verletzung des Hundes der Frau K. beruht ebenso wenig auf einem
eindeutig und offensichtlich artgerechten Abwehrverhalten Tweetys. Vielmehr
hat Tweety eigenmächtig das Grundstück der Klägerin verlassen und sich zu
dem Hund der Frau K. begeben, was in die Auseinandersetzung beider Hunde
mündete. Bereits dadurch zeigte Tweety ein nicht artgerechtes Verhalten, dass
die Annahme einer Ausnahme im Sinn vorstehender Rechtsgrundsätze
ausschließt (vgl. Nds. OVG, B. v. 18.1.2012 - 11 ME 423/11 - , a.a.O.).
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidung über
die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO i.V.m. §§ 708 Nr. 11, 711
ZPO. Gründe für eine Zulassung der Berufung (§ 124 Abs. 2 Nr. 3, 4 i.V.m. §
124a Abs. 1 Satz 1 VwGO) liegen nicht vor.