Urteil des VG Braunschweig vom 26.03.2014

VG Braunschweig: feuerwehr, geschäftsführung, gefahr im verzug, auflage, polizei, öffentlich, amtsblatt, gehweg, kreis, abgabe

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--- kein Dokumenttitel vorhanden ---
Die Inanspruchnahme für Kosten freiwilliger Leistungen der Feuerwehr setzt
eine willentliche Inanspruchnahme voraus.
Keine Geschäftsführung ohne Auftrag bei freiwilligen Leistungen der
Feuerwehr auf Grundlage des Nds. BrandSchG vom 18.7.2012.
VG Osnabrück 6. Kammer, Gerichtsbescheid vom 26.03.2014, 6 A 184/13
§ 29 Abs 2 S 1 Nr 3 BrandSchG ND
Tatbestand
Die Kläger wenden sich gegen den „Gebührenbescheid der Feuerwehr“ vom
24.10.2013 der Beklagten.
Mit diesem Bescheid werden die Kläger zu den Kosten eines Einsatzes der
Feuerwehr vom 26.5.2013 herangezogen. Bei diesem Einsatz war Polizei vor
Ort anwesend. Ausweislich des Einsatzberichts wurde „ein abgebrochener Ast,
…der auf dem Gehweg zur H. ragte, von der RW-2 Besatzung abgesägt und
auf einer angrenzenden Brachfläche zwischengelagert“. Die Kläger wurden als
Eigentümer des Grundstücks ermittelt, von dem der Ast auf den Gehweg ragte.
Nach Anhörung vom 1.10.2013 und Einlassung der Kläger vom 14.10.2013
nahm die Beklagte die Kläger mit Bescheid vom 24.10.2013 in Anspruch; auf
vorgenannte, im beigezogenen Verwaltungsvorgang enthaltene Schriftstücke
wird wegen der Einzelheiten Bezug genommen. Im angefochtenen Bescheid
heißt es:
„Gem. § 4 Abs. 2 der Gebührensatzung Feuerwehr beabsichtige ich Sie
als Gebührenschuldner für den Einsatz heranzuziehen.
Gebührenschuldner ist demnach u.a. derjenige, in dessen Interesse
diese Leistung erbracht wurde.“
In der nachfolgenden Begründung wird unter Bezugnahme auf § 4 Abs. 2
Satz 1 der Gebührensatzung begründet, warum nicht ein neben den Klägern in
Betracht kommender „Auftraggeber“, dem die Beseitigung mit eigenen Mitteln
nicht möglich gewesen sei, sondern die Kläger herangezogen würden. Da die
Kläger Eigentümer des Grundstücks seien, hätten die Einsatzkräfte deren
„Interesse an diesem Einsatz vorausgesetzt“. Die Inanspruchnahme der
Polizei oder des Auftraggebers als Gebührenschuldner erscheine nicht
sachgerecht, da diese ebenfalls im Interesse der Kläger tätig geworden seien.
Nach Abwägung aller Umstände würden die Kläger als Gebührenschuldner in
Anspruch genommen.
Gegen den Gebührenbescheid haben die Kläger am 13.11.2013 Klage
erhoben, zu deren Begründung sie u.a. geltend machen, sie seien zu keinem
Zeitpunkt zur Abhilfe aufgefordert worden. Eine Gefahr oder Gefahr im Verzug
habe nicht vorgelegen. Sie hätten keine Kenntnis von einem abgebrochenen
Ast gehabt. Erst vier Monate später seien sie angehört worden. Die
Maßnahme habe an einem Sonntagmorgen stattgefunden, an dem sie zu
Hause gewesen seien. Niemand habe geklingelt und sie zur Beseitigung
aufgefordert. Der Einsatz sei unverhältnismäßig gewesen.
Die Kläger beantragen,
den Bescheid der Beklagten vom 24.10.2013 aufzuheben.
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Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie hält an ihrem Bescheid fest und vertieft anhand § 3 Satz 2 Nr. 10 und § 4
Abs. 2 ihrer Gebührensatzung dessen Begründung. Insbesondere macht sie
geltend: Gemäß § 683 BGB sei auf das objektive Interesse des
Geschäftsherrn abzustellen. Zum Zeitpunkt des Einschreitens habe nicht
davon ausgegangen werden können, dass die Kläger umgehend und ebenso
effektiv wie die Einsatzkräfte zur Beseitigung der Gefahr in der Lage waren.
Dagegen spreche, dass die Kläger nach eigenem Vortrag von der Gefahr
keine Kenntnis hatten, wie auch der Umstand, dass auch der Auftraggeber
nicht in der Lage gewesen sei, den Ast zu entfernen, und deshalb die
Feuerwehr gerufen habe. Die Kläger hätten auch nicht zuvor zur
Gefahrbeseitigung aufgefordert werden müssen; es gebe keine Anhaltspunkte
für einen „Vorrang der Selbstvornahme“.
Das Gericht entscheidet im Einvernehmen mit den Beteiligten ohne mündliche
Verhandlung durch Gerichtsbescheid. Die Kammer hat den Rechtsstreit nach
Anhörung der Beteiligten auf den Berichterstatter als Einzelrichter übertragen.
Wegen des weiteren Vortrags der Beteiligten wird auf deren Schriftsätze,
wegen des Sachverhalts im Übrigen wird auf die Gerichtsakten sowie die
beigezogenen Verwaltungsvorgänge Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
Die Anfechtungsklage ist begründet. Der Gebührenbescheid ist rechtswidrig
und verletzt die Kläger in ihren Rechten.
Es fehlt an einer Rechtsgrundlage für die Heranziehung der Kläger zu den
Einsatzkosten auf der Grundlage des Nds. Brandschutzgesetzes -
NBrandSchG - vom 18.7.2013 i.d.F. d. Änd. v. 12.12.2013 i.V.m. der
Gebührensatzung der Beklagten vom 27.9.2011 (Amtsblatt 2011, 53) i.d.F. d.
Änd. v. 13.11.2012 (Amtsblatt 2012, 57) und 7.5.2013 (Amtsblatt 2013, 35).
Da die Beklagte - soweit sich der Sachverhalt anhand der dem Gericht
zugänglich gemachten Informationen erschließen lässt wohl zutreffend - einen
„freiwilligen Einsatz“ der Feuerwehr und „freiwillige Leistungen“ im Sinn von § 3
Satz 1 und Satz 3 Nr. 10 ihrer Gebührensatzung angenommen hat, ist § 29
Abs. 2 Satz 1 NBrandSchG einschlägig. Danach können die Kommunen für
freiwillige Einsätze Gebühren nach dem Nds. Kommunalabgabengesetz -
NKAG - erheben. Gemäß § 2 Abs. 1 NKAG dürfen kommunale Abgaben nur
aufgrund einer Satzung erhoben werden, die den Kreis der
Abgabenschuldner, den die Abgabe begründenden Tatbestand, den Maßstab
und den Satz der Abgabe sowie die Entstehung den und Zeitpunkt der
Fälligkeit der Schuld bestimmt.
Sieht man § 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3 NBrandSchG i.V.m. § 3 Satz 1 und 3 Nr. 10
der Satzung als einen diesen Anforderungen genügenden Haftungstatbestand
an, so kommt ausweislich der Gebührensatzung der Beklagten vorliegend
allein § 4 Abs. 2 der Gebührensatzung zur Bestimmung des Kostenschuldners
in Betracht. Diese Bestimmung lautet:
„Gebührenschuldner ist bei Leistungen nach § 3 dieser Satzung der
Auftraggeber oder derjenige, der eine Leistung nach § 3 der Satzung
willentlich in Anspruch nimmt.
Wird der Auftrag durch die Polizei oder einen sonstigen Dritten erteilt, so
kann derjenige mit den Gebühren belastet werden, in dessen Interesse
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die Leistungen erbracht wurden. Die §§ 677 bis 683 BGB gelten
entsprechend.“
Dieser satzungsrechtlichen Bestimmung des Kostenschuldners steht zunächst
nicht entgegen, dass § 29 Abs. 4 NBrandSchG verbindlich vorgäbe, in welcher
Rangfolge Kostenerstattungspflichtige heranzuziehen sind, und mit § 29
Abs. 4 Nr. 1 und 2 NBrandSchG eine die Rangfolge der Pflichtigen
bestimmende, dem § 29 Abs. 4 Nr. 3 NBrandSchG vorgehende und das
Auswahlermessen der Beklagten ausschließende Regelung träfe (so aber
Scholz/Runge, Niedersächsisches Brandschutzgesetz, 8. Auflage, B Erl. zu §
29 zu Abs. 4, S. 340 f.). Dieses im Gesetzgebungsverfahren zunächst
verfolgte Regelungsziel (vgl. LT-Drucks. 16/4451, S. 45) hat der Gesetzgeber
nachfolgend unter Wegfall der entsprechenden Regelungsvorschläge
ausdrücklich aufgegeben (vgl. LT-Drucks. 16/5023, S. 18) und es insoweit bei
dem bisherigen Rechtszustand belassen. Deshalb haben die kommunalen
Aufgabenträger „für den Bereich der von den Trägern der Feuerwehr freiwillig
übernommenen Aufgaben … alle Regelungsmöglichkeiten“ im Rahmen des
Kommunalrechts und des NKAG (so noch Scholz/Runge, Niedersächsisches
Brandschutzgesetz, 6. Auflage, B Erl. zu § 26 Anm. 5 zu Abs. 4, S. 202).
Die anders gelagerte Frage, ob der Satzungsgeber bei der Bestimmung des
Kostenschuldners das verbleibende Auswahlermessen unter Ausblendung
des Regelungsgehalts von § 29 Abs. 4 Nr. 1 und 2 NBrandSchG und damit der
Verhaltens- und Zustandsverantwortlichkeiten für Gefahrenquellen auf den von
§ 4 Abs. 2 der Satzung erfassten Personenkreis beschränken konnte, obwohl
er insbesondere in der vorliegend einschlägigen Bestimmung des § 3 Satz 3
Nr. 10 der Satzung ausdrücklich auf den Aspekt der Gefährlichkeit von Sachen
abhebt, kann vorliegend dahingestellt bleiben. Jedenfalls ist die
satzungsrechtliche Regelung, anstelle des „Auftraggebers“ (§ 4 Abs. 2 Satz 1
der Satzung) für die Kostentragung in Fällen einer Auftragserteilung durch die
Polizei „oder einen sonstigen Dritten“ denjenigen heranzuziehen, „in dessen
Interesse“ die Leistungen erbracht wurden, worauf die Beklagte vorliegend
ihren Bescheid stützt, nicht tragfähig.
Mit dieser Regelung stellt die Beklagte, indem sie zur Bestimmung des
Kostenschuldners auf dessen „Interesse“ an der Erbringung ihrer freiwilligen
Leistung abhebt, auf die Grundsätze einer - öffentlich-rechtlichen -
Geschäftsführung ohne Auftrag ab, wie auch die nachfolgende Inbezugnahme
der §§ 677 bis 683 BGB verdeutlicht. Denn an einer speziellen Regelung eines
entsprechenden Haftungstatbestands fehlt es im NBrandSchG; hierauf hat der
Gesetzgeber in Ansehung in Rechtsprechung und Literatur erörterter
widerstreitender Rechtsstandpunkte bewusst verzichtet und selbst die sog.
„Unberührtheitsklausel“ aus § 26 Abs. 1 Satz 2 NBrandSchG nicht
übernommen, sondern ausdrücklich auf den Fall der Gefährdungshaftung in
§ 29 Abs. 1 Satz 1 NBrandSchG beschränkt (vgl. LT-Drucks. 16/5023, S. 17,
zu § 33; LT-Drucks. 16/4451, S. 16, 43, zu § 33; Scholz/Runge, a.a.O.,
8. Auflage, B Erl. zu § 29 Anm. 1, S. 325). In Anbetracht dessen stellt auch die
bereits in § 26 Abs. 4 Nr. 3 NBrandSchG enthaltene und mit § 29 Abs. 4 Satz 1
Nr. 3 NBrandSchG fortgeschriebene, in erster Linie für die vom Gesetz
übertragenen Pflichtaufgaben einschlägige Bestimmung zum Kreis der
Kostenschuldner keinen solchen Haftungstatbestand dar.
Auf satzungsrechtlicher Grundlage kann auf die Auftragserteilung bzw.
(zumindest) „willentliche“ Inanspruchnahme der Leistung der Feuerwehr indes
nur verzichtet werden, soweit die Feuerwehr Pflichtaufgaben wie die
Hilfeleistung bei Unglücksfällen wahrgenommen hat, nicht aber bei freiwilligen
Leistungen. Insoweit fehlt es an einer ausreichenden gesetzlichen
Ermächtigung, durch ortrechtliche Satzungsbestimmung - entsprechend den
Voraussetzungen einer Geschäftsführung ohne Auftrag - ein
Benutzungsverhältnis zwischen dem Träger der Einrichtung und dem durch
die Leistungserbringung Begünstigten entstehen zu lassen (VGH München, B.
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v. 8.4.1991 - 4 CS 90.3790 -, NVwZ-RR 1992, 103; ders., U. v. 8.12.1978 -
164 IV 76 -, Kommunale Steuer-Zeitschrift 1980, 13; OVG Münster, U. v.
23.2.1987 - 2 A 2394/85 -, DÖV 1987, 1115; ders., B. v. 14.2.1985 - 2 B
2655/84 -, NVwZ 1985, 673). Anders als bei den durch das NBrandSchG
übertragenen Pflichtaufgaben (§ 1 Abs. 1 NBrandSchG; vgl Thomas/Runge,
a.a.O., B Erl. 1 zu § 29, S. 325) bedarf es bei den gesetzlich nicht
vorgegebenen freiwilligen Leistungen eines solchen Benutzungsverhältnisses.
Zwar können nach § 29 Abs. 2 NBrandSchG auf satzungsrechtlicher
Grundlage nach dem NKAG Gebühren erhoben werden, denn die Feuerwehr
ist eine öffentliche Einrichtung der Kommunen und kann im Rahmen ihrer
widmungsgemäßen Zweckbestimmung für „freiwillige Leistungen“ der
Kommune in Anspruch genommen werden, doch entsteht ein
Benutzungsgebührenanspruch nur, sofern der Ortsgesetzgeber eine den
übrigen gesetzlichen Anforderungen entsprechende Gebührenregelung
getroffen hat. So erheben die Kommunen Benutzungsgebühren als
Gegenleistung für die Inanspruchnahme ihrer öffentlichen Einrichtungen (§ 5
Abs. 1 Satz 1 NKAG) und gebührenpflichtig ist, wer die mit der öffentlichen
Einrichtung gebotene Leistung in Anspruch nimmt (§ 5 Abs. 6 Satz 1 NKAG).
Damit sind abgesehen von den Fällen eines Anschluss- und
Benutzungszwangs satzungsrechtliche Anknüpfungen an die Erteilung eines
Auftrags oder ein sonstiges willentliches In Anspruch nehmen von Leistungen
erfasst (vgl. Scholz/Runge, a.a.O., 8. Auflage, Erl. 4 und 5 zu Abs. 2 des § 29,
S. 335, 339 - Auftrag des Mieters -), nicht aber die ohne jede Mitwirkung des
Begünstigten erfolgende Leistungserbringung in dessen gemutmaßtem
Interesse. Die in erster Linie auf die Kostentragungspflicht hinsichtlich der
übertragenden Pflichtaufgaben ohne Begründung
eines Benutzungsverhältnisses (Thomas/Runge, a.a.O., B Erl. 1 zu § 29,
S. 325) abzielende und unverändert fortgeschriebene Bestimmung des § 29
Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 NBrandSchG (§ 26 Abs. 4 Nr. 3 NBrandSchG a.F.)
beinhaltet gerade keine von § 5 Abs. 6 Satz 1 NKAG abweichende Regelung
zur Begründung eines Benutzungsverhältnisses.
Unabhängig davon geht im Übrigen auch die konkrete Ausgestaltung in § 4
Abs. 2 Satz 2 der Satzung zu weit, wenn bei der Beauftragung durch einen
durch die Satzungsbestimmung in keiner Weise eingegrenzten Personenkreis,
nämlich den „sonstigen Dritten“, gerade nicht dieser Dritte als Auftraggeber
nach § 4 Abs. 2 Satz 1 der Satzung, sondern stattdessen nach den
Grundsätzen der Geschäftsführung ohne Auftrag ein „Interesse“ für die
Bestimmung des Kostenpflichtigen maßgebend sein soll. Eine solche
Regelung verkehrt das Rangverhältnis der von Auftrag bzw. Geschäftsführung
ohne Auftrag begründeten Rechtsbeziehungen und erhebt den Ausnahmefall
einer Geschäftsführung ohne Auftrag zur vorrangigen Kostentragungspflicht.
Dabei geht diese Satzungsbestimmung insoweit selbst über den
Regelungsgehalt des § 29 Abs. 4 Satz 1 Nr. 3 NBrandSchG (§ 26 Abs. 4 Nr. 3
NBrandSchG a.F.) hinaus.
Danach ist aufgrund der Entscheidung des Gesetzgebers, einerseits von einer
Regelung bezüglich einer - öffentlich-rechtlichen - Geschäftsführung ohne
Auftrag bewusst abzusehen, andererseits die Ermächtigung der Kommunen
zur Gebührenerhebung auch „für freiwillige Einsätze“ (§ 29 Abs. 2 Satz 1 Nr. 3
NBrandSchG) an die Voraussetzungen nach dem NKAG zu binden, darüber
hinaus davon auszugehen, dass eine Inanspruchnahme als Kostenschuldner
nach den Grundsätzen einer öffentlich-rechtlichen Geschäftsführung ohne
Auftrag für die Erbringung von freiwilligen Leistungen nicht (mehr) in Betracht
kommt. So kann vorliegend auch die für das NBrandSchG a.F. (noch)
bedeutsame Frage, ob eine Inanspruchnahme durch Verwaltungsakt
ausgeschlossen und nur eine Verfolgung des Anspruchs durch
Leistungsklage möglich ist (vgl. Nds. OVG, U. v. 28.10.1998 - 13 L 4668/96 -,
juris), dahingestellt bleiben. Gleiches gilt für die Frage, inwieweit die
Kommunen bei entsprechender satzungsrechtlicher Ausgestaltung neben
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einer im Übrigen öffentlich-rechtlich ausgestalteten Gebührenerhebung für
freiwillige Leistungen im Fall einer Geschäftsführung ohne Auftrag ein
privatrechtliches Entgelt erheben können (§ 29 Abs. 2 Satz 3 NBrandSchG;
vgl. Scholz/Runge, a.a.O., 8. Auflage, Erl. 1, 5 und 6 zu Abs. 2 des § 29,
S. 326, 335, 339)
Auch der von der Beklagten im Laufe des gerichtlichen Verfahrens wegen von
dem Ast ausgehender Behinderungen bei der Benutzung des Gehwegs in den
Vordergrund gerückte Gesichtspunkt einer Gefahrenlage im
ordnungsrechtlichen Sinn rechtfertigt kein anders Ergebnis. Die eingangs offen
gelassene Frage, ob der Satzungsgeber bei der Bestimmung des
Kostenschuldners das verbleibende Auswahlermessen unter Ausblendung der
Verhaltens- und Zustandsverantwortlichkeiten für Gefahrenquellen
beschränken konnte, auch wenn er für die Leistungserbringung auf den
Aspekt der Gefährlichkeit von Sachen abhebt, bedarf auch hinsichtlich des
Aspekts keiner Beantwortung, ob der kommunale Satzungsgeber - anders als
bei Hilfeleistung in Unglücksfällen - bezüglich der Erbringung freiwilliger
Leistungen nach dem NBrandSchG auf die Gesichtspunkte der
Gefahrverantwortlichkeit abstellen darf, was die Beklagte ausweislich ihrer
Gebührensatzung unter Ausklammerung des Regelungsgehalts von § 29
Abs. 4 Nr. 1 und 2 NBrandSchG aber gerade nicht getan hat. Gefahrenabwehr
durch freiwillige Leistungen hat das NBrandSchG den Kommunen und deren
Feuerwehren nicht - als Aufgabe des eigenen Wirkungskreises (§ 1 Abs. 2
NBrandSchG) - übertragen (§ 1 Abs. 1 NBrandSchG). Insoweit sind vielmehr
die Kommunen im übertragenen Wirkungskreis nach den Bestimmungen des
Nds. SOG als allgemeine Gefahrenabwehrbehörden berufen, ohne dass dabei
indes eine Heranziehung der Rechtsfigur der Geschäftsführung ohne Auftrag
in Betracht zu ziehen wäre. Vielmehr treffen die §§ 7 bis 9 und 64 ff Nds. SOG
spezielle Regelungen bezüglich der Inanspruchnahme sowohl zur
Gefahrbekämpfung als auch zur Kostentragung, ohne dass für eine
Geschäftsführung ohne Auftrag Raum bliebe. Als allgemeine
Gefahrenabwehrbehörde ist die Feuerwehr der Beklagten vorliegend indes
nicht tätig geworden. Inwieweit die Beklagte ihre Feuerwehr mit der
Wahrnehmung von Gefahrenabwehraufgaben nach dem Nds. SOG betrauen
kann, darf deshalb vorliegend ebenfalls offen bleiben (vgl. Scholz/Runge,
a.a.O., 8. Auflage, zur „Amtshilfe“ der Feuerwehr für die „Gemeinde als
allgemeine Gefahrenabwehrbehörde“ B Erl. 5 zu Abs. 1 des § 1, S. 33 ff, 36
einerseits, zum Straßengesetz andererseits B Erl. 3 zu Abs. 1 des § 2, S. 48).
Allein das Vorliegen einer ordnungsrechtlichen Gefahrenlage „unterhalb“ und
damit ohne Vorliegen eines zur Hilfeleistung verpflichtenden Unglücksfalls
i.S.d. NBrandSchG begründet kein Benutzungsverhältnis i.S.d. §§ 2 Abs. 1
Satz 1, 5 Abs. 1 Satz 1, Abs. 6 Satz 1 NKAG aufgrund bloßen „Interesses“ an
der Erbringen freiwilliger kommunaler Leistungen durch die Feuerwehr nach
den Grundsätzen einer Geschäftsführung ohne Auftrag. Vielmehr bedarf es
einer Willensentschließung des Verantwortlichen, freiwillige Leistungen der
Feuerwehr zur Gefahrbeseitigung in Anspruch zu nehmen. Diese
Willensentschließung kann durch hoheitliche Anordnungen von Polizei und
Ordnungsbehörden nach den Regeln des Ordnungsrechts, in erster Linie des
Nds. SOG, irrelevant werden, nicht aber ist es Sache der Feuerwehr auf
satzungsrechtlicher Grundlage über ein kostenpflichtiges Einschreiten
aufgrund einer angenommenen Interessenlage zu befinden.
Hingegen dürfte der Bescheid nicht bereits wegen der sprachlichen
Formulierung der Regelung wegen Verletzung des Bestimmtheitsgrundsatzes
(§ 37 BVwVfG) rechtswidrig. Die wörtlich mit dem vorhergehenden
Anhörungsschreiben übereinstimmende Formulierung „beabsichtige ich Sie“
stellt dem Wortlaut nach zwar eine reine Absichtserklärung dar, die für sich
genommen nicht erkennen lässt, dass eine Regelung getroffen werden soll.
Aufgrund der einleitenden Bezeichnung als „Gebührenbescheid“, einer
nachfolgenden Begründung, die damit schließt, die Beklagte habe sich „daher
entschieden“ die Kläger „als Gebührenschuldner in Anspruch zu nehmen“, und
der mit einer Fristsetzung verbundenen Zahlungsaufforderung mit
Gebührenberechnung sowie der abschließenden Rechtsbehelfsbelehrung
meint das Gericht sich in Übereinstimmung mit der herrschenden
Verwaltungsrechtsprechung zu befinden, wenn es den sprachlich
verunglückten Festsetzungstenor als hinreichend auslegungsfähig betrachtet,
zumal die Kläger das Schreiben der Beklagten als Gebührenbescheid
aufgefasst haben und sich mit ihrer Klage gegen eine sie belastenden
Gebührenfestsetzung zur Wehr setzen.