Urteil des VG Berlin vom 02.04.2017

VG Berlin: elektronische signatur, form, erlass, link, quelle, sammlung, hauptsache, besitz, anschluss, bekanntgabe

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Gericht:
VG Berlin 12.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 L 253.10
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 58 VwGO, § 81 VwGO
Fehlender Hinweis auf Möglichkeit der Klageerhebung in
elektronischer Form
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird zurückgewiesen.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Wert des Verfahrensgegenstandes wird auf 5.000,- Euro festgesetzt.
Gründe
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Sinne von § 123 Abs. 1
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO), mit dem der Antragsteller die Zulassung zum
Sommersemester 2010 zum Studium im 1. Fachsemester im Studiengang Soziale
Arbeit an der Antragsgegnerin außerhalb der festgesetzten Zulassungszahl begehrt, hat
keinen Erfolg.
Der Antrag ist unzulässig, weil das Rechtsschutzbedürfnis entfallen ist, nachdem die
Antragsgegnerin den außerkapazitären Antrag des Antragstellers mit Bescheid vom 26.
März 2010 bestandskräftig abgelehnt hat. Der Antragssteller hat es versäumt, den mit
einer ordnungsgemäßen Rechtsbehelfsbelehrung versehenen Bescheid, der ihm bereits
am 29. März 2010 zugegangen ist, innerhalb der gesetzlichen Frist von einem Monat
nach Bekanntgabe im Wege der verwaltungsgerichtlichen Klage anzufechten (vgl. § 74
VwGO). Sein Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ersetzt die Klage nicht.
Die Frist für die Klageerhebung ist demnach gemäß § 58 Abs. 1 VwGO mit dem 29. April
2010 abgelaufen. Aus § 58 Abs. 2 Satz 1 VwGO folgt nichts anderes, denn die
Rechtsbehelfsbelehrung ist nicht unrichtig erteilt worden. Zwar belässt es die von der
Antragsgegnerin erteilte Rechtsbehelfsbelehrung dabei darauf hinzuweisen, dass die
Klage schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten einzulegen ist; einen
Verweis auf die Möglichkeit der Klageerhebung in elektronischer Form enthält sie nicht.
Gleichwohl folgt daraus nicht die Fehlerhaftigkeit der Rechtsbehelfsbelehrung (anders VG
Trier, Urteil vom 22. September 2009 - 1 K 365/09.TR, Juris RdNr. 23 und im Anschluss
OVG Berlin-Brandenburg, Beschluss vom 22. April 2010 – 2 S 12.10, Juris RdNr. 3). Denn
die Belehrung im ablehnenden außerkapazitären Bescheid entspricht den gesetzlichen
Anforderungen; sie gibt den Wortlaut des § 81 Abs. 1 VwGO wieder, wonach die Klage bei
dem Gericht schriftlich zu erheben ist und bei dem Verwaltungsgericht auch zur
Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftstelle erhoben werden kann. Ferner
enthält sie Informationen zu Beginn und Dauer der Rechtsbehelfsfrist. „Eine
Rechtsbehelfsbelehrung, die – wie im Streitfall – den Wortlaut der einschlägigen
Bestimmung wiedergibt und verständlich über allgemeine Merkmale des Fristbeginns
informiert, ist ausreichend“ (BFH, Beschluss vom 2. Februar 2010 – III B 20/09, Juris
RdNr. 5 m.w.N.).
Die Kammer ist im Übrigen nicht der Auffassung, dass die Nichterwähnung der
elektronischen Form dem Betroffenen die Rechtsverfolgung in einer vom Gesetz nicht
gewollten Weise erschwert (so aber VG Trier, a.a.O. RdNr. 28; OVG Berlin-Brandenburg
a.a.O.). Denn einerseits dürfte es – vor dem Hintergrund, dass „Verfahrensvorschriften
nicht Selbstzweck sind“ (GSOGB BVerwGE 58, 359, 365) – im Hinblick auf die
gesteigerten technischen Anforderungen, die die elektronische Form an den Anwender
stellen (elektronische Signatur), eher fernliegen, dass sich ein rechtssuchender Bürger,
der über diese technischen Mittel verfügt, durch den fehlenden Hinweis auf die
elektronische Form verwirren lässt und ihm so die fristgerechte Klageerhebung erschwert
wird. Andererseits ist seit Jahren anerkannt, dass eine Klage auch per Telefax oder
Computerfax erhoben werden kann (vgl. nur BVerfG NJW 1987, 2067; VG Wiesbaden NJW
1994, 537). Gerade diese Formen der wirksamen Klageerhebungen, die (insbesondere
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1994, 537). Gerade diese Formen der wirksamen Klageerhebungen, die (insbesondere
beim Computerfax) auch durch eine bloße Datenübermittlung erfolgen und damit der
elektronischen Form durchaus ähneln, vereinfachen in ganz erheblichem Maße die
Klageerhebung in praktischer Weise für jeden Kläger, also nicht lediglich für die Kläger,
die über eine elektronische Signatur verfügen. Denn unabhängig davon, ob der Kläger im
Besitz eines eigenen Telefaxgerätes oder Computers ist, kann er z.B. in einem
öffentlichen Copy-Shop seine Klage per Telefax übersenden. Ein Verweis auf diese
Formen der wirksamen Klageerhebung wird – nach Kenntnis der Kammer – aber gerade
nicht in den Rechtsmittelbelehrungen verlangt. Warum etwas anderes für den bloß
zusätzlichen Übermittlungsweg der Klage per elektronischer Form gelten soll, erschließt
sich deshalb nicht.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO. Die Streitwertfestsetzung folgt
aus §§ 39 ff., 52 f. GKG, wobei wegen der faktischen Vorwegnahme der Hauptsache im
Eilverfahren nunmehr entsprechend der Spruchpraxis des Oberverwaltungsgerichts
Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 12. August 2005, OVG 5 L 36.05) der volle
Auffangwert angesetzt wird.
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