Urteil des VG Berlin vom 02.04.2017

VG Berlin: prüfer, klausur, beurteilungsspielraum, quelle, sammlung, link, vergleich, unrichtigkeit, gleis

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Gericht:
VG Berlin 12.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
12 A 507.07
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 106 Abs 2 VwGO
Bewertung einer Prüfung bei Folgefehler; Beurteilungsspielraum
des Prüfers
Gründe
1. Ein Folgefehler liegt vor, wenn ein unrichtiger Ansatz in sich folgerichtig weitergeführt
wird, sei es, dass bei einer Rechenaufgabe ein falsches Ergebnis bei der Lösung weiterer
Rechenaufgaben eingesetzt und als Folge auch die weiteren Aufgaben unrichtig gelöst
werden, sei es, dass bei einer unrichtigen Weichenstellung in einer sonstigen Arbeit
danach ein folgerichtiger Lösungsweg beschritten wird (VG Sigmaringen, Urteil vom 30.
Oktober 2003 – 8 K 556/01 –, Juris RdNr. 45).
2. Nach dem Folgefehlerprinzip soll eine Leistung - trotz deren Unrichtigkeit - honoriert
werden, wenn sie in sich logisch und richtig ist und ihre Unzutreffendheit ausschließlich
darauf beruht, dass der Prüfling eine falsche Weichenstellung vorgenommen hat, also
gleichsam ‚auf ein falsche Gleis' geraten ist. Daraus folgt jedoch nicht, dass der Prüfling
Punkte für Leistungen erhält, die er gar nicht erbracht hat. Erbringt der Prüfling keine mit
der eigentlich geforderten Lösung vergleichbaren anderen Leistungen aufgrund eine
falschen "Weichenstellung", können auch keine Ersatzwertungen aufgrund des
Folgefehlerprinzips eingefordert werden (FG Hamburg, Urteil vom 28. Januar 2004 – V
138/03 –, Juris RdNr. 217).
3. Wie der Prüfer Folgefehler gewichtet, fällt in seinen Bewertungsspielraum, (VGH
München, Urteil vom 11. Februar 1998 – 7 B 96.2163 –, Juris RdNr. 36).
Dazu BVerwG, Beschluss vom 14. November 1986 – 2 CB 37/86 –, Juris RdNr. 5:
„Es ist eindeutig, daß die in der ständigen Rechtsprechung des
Bundesverwaltungsgerichts anerkannte, die gerichtliche Überprüfung von
Prüferbewertungen begrenzende fachlich-wissenschaftliche Beurteilungsermächtigung
der Prüfer (vgl. hierzu u.a. BVerwGE 38, 105 [110 f.]; Urteil vom 22. Oktober 1981 -
BVerwG 2 C 35.79 – [Buchholz 421.0 Prüfungswesen Nr. 155 = RiA 1982, 79]) auch die
Frage umfaßt, wie sog. Folgefehler (d.h. in sich folgerichtige Weiterführungen eines
unrichtigen Ansatzes) zu beurteilen sind (Beschluß vom 30. April 1984 - BVerwG 2 B
199.82 -).“
4. Mithin sind Folgefehler nicht per se nicht zu beachten. Vielmehr sind diese aufgrund
falscher Weichenstellung erbrachten Prüfungsleistungen Teil der Bewertungsgrundlage.
Auch ist vom Prüfling für die Annahme eines Folgefehlers und dessen Berücksichtigung
bei der Bewertung nicht zu verlangen, dass er bereits in seiner Prüfungsleistung auf
seinen eigenen Fehler hinweist. Wie die durch einen Folgefehler bemakelte Lösung zu
bewerten ist, unterliegt dann hingegen voll dem Beurteilungsspielraum der Prüfer.
Ergänzend weist das Gericht darauf hin, dass neben der Folgefehlerbewertung die
übrigen Bewertungsrügen keine Aussicht auf Erfolg haben dürften. Insbesondere dürfte
die Festlegung des Bewertungsmaßstabes Teil des den Prüfern zustehenden und
gerichtlich nur eingeschränkt überprüfbaren Beurteilungsspielraumes darstellen; eine
willkürliche Festlegung des Bewertungsmaßstabes dürfte vorliegend jedenfalls nicht
dargetan sein.
Daher wird gemäß § 106 Satz 2 VwGO folgender Vergleich vorgeschlagen:
1. Die Beklagte verpflichtet sich, den Prüfungsbescheid betreffend die Klausur
„Technische Mechanik 1“ im WS 2006/07 bei P. vom 13. Juli 2007, Geschäftszeichen II-
738923, aufzuheben.
2. Die Beklagte verpflichtet sich weiter, die P. als Prüfer zur Bewertung der Klausur
„Technische Mechanik 1“ im WS 2006/07 zu bestellen; diese Prüfer werden sodann die
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„Technische Mechanik 1“ im WS 2006/07 zu bestellen; diese Prüfer werden sodann die
Klausur des Klägers neu bewerten. Für die Bewertung sind die von den ursprünglichen
Prüfern vergebenen Wertungspunkte sowie deren Bewertungsergebnisse zu entfernen;
ferner sollen die Anmerkungen der ursprünglichen Prüfer so weit wie möglich entfernt
werden
3. Sollte die Bewertung durch die P. ein Ergebnis von „ausreichend“ oder besser
ergeben, verpflichtet sich die Beklagte, den Exmatrikulationsbescheid zum
Geschäftszeichen II A / 738923 vom 6. September 2007 aufzuheben.
4. Die Kosten des Rechtsstreits und dieses Vergleiches tragen die Beteiligten je zur
Hälfte.
Mit der Annahme dieses Vergleichsvorschlages durch die Beteiligten ist das gerichtliche
Verfahren erledigt.
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