Urteil des VG Berlin vom 14.03.2017

VG Berlin: koch, urheberrecht und verwandte schutzrechte, daten, eltern, geistige schöpfung, form, tagung, behörde, veröffentlichung, zugang

1
2
3
4
5
6
7
8
Gericht:
VG Berlin 2. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
2 A 29.08
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 1 IFG, § 2 IFG, § 3 IFG, § 6 IFG
Anspruch auf Informationszugang und Urheberschutz
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Kläger darf die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des auf
Grund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn nicht die Beklagte vor der
Vollstreckung Sicherheit in Höhe von 110 % des jeweils zu vollstreckenden Betrages
leistet.
Tatbestand
Der Kläger begehrt Zugang zu Informationen, die die vom Robert Koch-Institut in
Kooperation mit den Gesundheitsämtern der Länder durchgeführte sogenannte TOKEN-
Studie betreffen. Das Robert Koch-Institut führt diese Studie seit Juli 2005 unter Leitung
von Herrn Prof. Dr. med. Martin Sch. durch. Mit der Studie sollen bisher unbekannte
Risikofaktoren für einen frühen Tod von Kindern erkannt werden. Dazu werden von den
Eltern verstorbener Kinder und den behandelnden Kinderärzten durch Fragebögen Daten
erhoben. Die Fragebögen sind von Wissenschaftlern des Robert Koch-Instituts entwickelt
und entworfen worden. Die Identifikation von Todesfällen im 2. bis 24. Lebensmonat und
die Ansprache der betroffenen Eltern auf eine Studienteilnahme erfolgt durch die
Gesundheitsämter. Sofern die Eltern an der Studie teilnehmen wollen, unterschreiben
sie eine vorformulierte Einverständniserklärung. Diese lautet u. a. wie folgt:
„…Ich weiß, dass die Daten meines/unseres Kindes an Hand des Fragebogens
erfasst und pseudonymisiert wissenschaftlich ausgewertet werden…
Ich weiß, dass alle an der Studie beteiligten Personen der Schweigepflicht
unterliegen, dass keine persönlichen Informationen über mein Kind oder mich an Dritte
weitergegeben werden, und gebe meine Einwilligung nur unter dieser Voraussetzung…
Mir ist bekannt, dass ich meine Einwilligung bis zur Löschung meines Namens
und meiner Adresse jederzeit ohne Angabe von Gründen widerrufen kann, ohne dass mir
daraus Nachteile erwachsen. Die zu mir und meinem verstorbenen Kind gespeicherten
Informationen werden in diesem Fall gelöscht und nicht für die Studie ausgewertet…“
Die erhobenen Daten werden im Robert Koch-Institut pseudonymisiert, indem Namen
und Adressen von den Fragebögen getrennt und durch eine fortlaufende Nummer
ersetzt werden. Nach Abschluss der dreijährigen Studienphase sollen die Daten in
pseudonymisierter Form statistisch ausgewertet und die Ergebnisse und die
eingesetzten Fragebogen jedermann zugänglich gemacht werden.
Im Jahre 2006 hielt Prof. Dr. Sch. auf der Tagung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes
einen Vortrag über den Zwischenstand der Studie und verwendete dabei von ihm
entworfene Folien. Der Vortrag diente dazu, die Gesundheitsämter über den Verlauf der
Studie zu informieren.
Im April 2006 beantragte der Kläger beim Robert Koch-Institut, ihm Einsicht zu gewähren
in den Fragebogen der TOKEN-Studie, der den Eltern verstorbener Kinder vorgelegt wird,
in die anonymisierten Datensätze des Zwischenstands der TOKEN-Studie sowie in die
von Prof. Dr. Sch. auf der Tagung des Öffentlichen Gesundheitsdienstes im Jahr 2006
verwendeten Vortragsfolien.
Durch Bescheid des Robert Koch-Instituts vom 4. Juli 2006 lehnte die Beklagte den
8
9
10
11
12
13
14
15
16
17
18
19
20
21
Durch Bescheid des Robert Koch-Instituts vom 4. Juli 2006 lehnte die Beklagte den
Antrag ab. Zur Begründung führte sie u. a. an, der Anspruch sei ausgeschlossen, da die
Erteilung der gewünschten Information die Beratungen von Behörden beeinträchtigen
würde. Die zur Durchführung des Forschungsvorhabens auszutauschenden
Informationen bis zur Vorlage des abschließenden Berichts unterlägen der
Vertraulichkeit der behördlichen Beratungen. Auch der Vortrag des Prof. Dr. Sch. habe
allein der Kommunikation mit den projektbeteiligten Gesundheitsämtern gedient.
Hiergegen erhob der Kläger Widerspruch. Mit Schreiben vom 22. Mai 2007 teilte ihm das
Robert Koch-Institut seine Absicht mit, den Widerspruch zurückzuweisen. Der Zugang zu
den anonymisierten Datensätzen sei u. a. deswegen ausgeschlossen, weil es sich um
vertraulich erhobene und übermittelte Daten handele. Der Übermittlung des
Fragebogens und der Vortragsfolien stünde der Schutz geistigen Eigentums entgegen.
Als Schriftwerke seien sie urheberrechtlich geschützt. Eine Veröffentlichung sei bisher
nicht erfolgt.
Mit am 21. Januar 2008 zugestelltem Bescheid des Robert Koch-Instituts vom 11. Januar
2008 wies die Beklagte den Widerspruch unter Bezugnahme auf die mit dem Schreiben
vom 22. Mai 2007 angeführten Gründe zurück.
Mit der am 21. Februar 2008 erhobenen Klage verfolgt der Kläger sein Begehren weiter.
Er ist der Auffassung, dass Gründe für einen Ausschluss des Informationsanspruchs
nicht bestünden. Insbesondere stünde der Herausgabe der ausgefüllten Fragebögen der
TOKEN-Studie in anonymisierter Form keine Vertraulichkeitsabrede zwischen den
betroffenen Sorgeberechtigten und der Beklagten entgegen. Sofern eine solche
bestehe, erstrecke sie sich lediglich auf eine Weitergabe der Daten in nicht
anonymisierter Form.
Der Kläger beantragt,
die Beklagte unter Aufhebung des Bescheides des Robert Koch-Instituts vom 4.
Juli 2006 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides derselben Behörde vom 11. Januar
2008 zu verpflichten, ihm Zugang zu
a) dem Fragebogen der TOKEN-Studie des Robert Koch-Instituts, der den Eltern
von verstorbenen Kindern zum Ausfüllen vorgelegt wird,
b) die ausgefüllten Fragebögen der TOKEN-Studie in anonymisierter Form,
c) den von Prof. Sch. bei der Tagung des öffentlichen Gesundheitsdienstes im
Jahr 2006 verwandten Vortragsfolien
zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie auf die Ausführungen des Widerspruchsbescheids sowie
des darin in Bezug genommenen Schreibens vom 22. Mai 2007. Ergänzend trägt sie vor,
der 20 Seiten umfassende Fragebogen sei von Mitarbeitern des Robert Koch-Instituts
während der Planungsphase der TOKEN-Studie konzipiert, erstellt und gedruckt worden.
Die geistige Leistung bestehe darin, die Fragen, mit denen man an die erforderlichen
Daten herankomme, um sinnvolle wissenschaftliche Ergebnisse zu erzielen,
auszuwählen, zu formulieren und in einer sinnvollen Reihenfolge auf dem Fragebogen
darzustellen. Die für die Tagung des öffentlichen Gesundheitsdienstes von Prof. Dr. Sch.
erstellten und dort verwendeten Folien hätten seinen Vortrag unterstützen sollen. Die
Folien hätten Text, z.B. Stichworte, sowie Zahlen und Grafiken enthalten. Die Tagung
selbst sei eine nichtöffentliche Veranstaltung für Mitglieder des öffentlichen
Gesundheitsdienstes gewesen. Prof. Dr. Sch. sei davon ausgegangen, dass außer den
Mitarbeitern der Gesundheitsämter dort keine Öffentlichkeit anwesend gewesen sei. Die
TOKEN-Studie solle Mitte 2009 abgeschlossen werden; dann würden alle Methoden, der
Fragebogen als solcher und auch die ausgewerteten Ergebnisse öffentlich gemacht
werden.
Entscheidungsgründe
Die zulässige Verpflichtungsklage ist unbegründet. Die Ablehnung der begehrten
Informationsgewährung ist rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in seinen Rechten (§
113 Abs. 5 Satz 1 VwGO). Denn der Kläger hat keinen Anspruch auf den begehrten
Informationszugang.
22
23
24
25
26
27
28
29
Informationszugang.
Rechtsgrundlage für das Begehren des Klägers ist § 1 Abs. 1 Satz 1 des Gesetzes zur
Regelung des Zugangs zu Informationen des Bundes (Informationsfreiheitsgesetz – IFG)
vom 5. September 2005 (BGBl. I S. 2722). Nach dieser Vorschrift hat jeder nach
Maßgabe dieses Gesetzes gegenüber den Behörden des Bundes einen Anspruch auf
Zugang zu amtlichen Informationen.
Bei dem Robert Koch-Institut handelt es sich um eine Behörde (vgl. hierzu Urteil der
Kammer vom heutigen Tage – VG 2 A 60.08 –). Die in Frage stehenden Informationen
sind auch amtliche Informationen, d. h. gemäß § 2 Nr. 1 Satz 1 IFG amtlichen Zwecken
dienende Aufzeichnungen. Dies gilt auch hinsichtlich der von Prof. Dr. Sch. erstellten und
bei dem Vortrag im Jahre 2006 verwendeten Folien. Denn mit ihnen informierte das
Robert Koch-Institut die Gesundheitsämter über den Stand des gemeinsamen Projekts.
Dem geltend gemachten Anspruch stehen jedoch Ausschlussgründe nach den §§ 3 ff.
IFG entgegen. Das Gericht beurteilt dies nach den Angaben der Beklagten. Denn
Maßstab für die Prüfung von Ausschlussgründen ist, ob deren Vorliegen von der Behörde
plausibel dargelegt werden kann; dabei müssen die Angaben nicht so detailliert sein,
dass Rückschlüsse auf die geschützte Information möglich sind, sie müssen aber so
einleuchtend und nachvollziehbar sein, dass das Vorliegen von Ausschlussgründen
geprüft werden kann (vgl. Urteile der Kammer vom 31. Mai 2007 – VG 2 A 93.06 – juris,
Rn. 21, und 10. September 2008 – VG 2 A 167.06 –).
I. Soweit der Kläger Zugang zu dem Fragebogen der TOKEN-Studie und zu den auf der
Tagung des öffentlichen Gesundheitsdienstes im Jahre 2006 verwendeten Vortragsfolien
begehrt, ist der Anspruch gemäß § 6 Satz 1 IFG ausgeschlossen.Nach dieser Vorschrift
besteht der Anspruch auf Informationszugang nicht, soweit der Schutz geistigen
Eigentums entgegensteht. Dies ist hier der Fall.
Der Begriff des „geistigen Eigentums“ erfasst den gewerblichen Rechtsschutz
(Markenrecht, Patentrecht, Gebrauchs- und Geschmacksmusterrecht) und das
Urheberrecht (vgl. BT-Drs. 15/4493, S. 14). Das Urheberrecht schützt nach §§ 1 und 2
des Gesetzes über Urheberrecht und verwandte Schutzrechte (Urheberrechtsgesetz –
UrhG) jedes Werk der Literatur, Wissenschaft und Kunst. Zu den geschützten Werken
gehören insbesondere Sprachwerke, wie Schriftwerke, Reden und Computerprogramme
(§ 2 Abs. 1 Nr. 1 UrhG). Bei dem Fragebogen der TOKEN-Studie und den originalen
Vortragsfolien handelt es sich jeweils um ein solches geschütztes (wissenschaftliches)
Schriftwerk.
Ein Schriftwerk ist ein durch Zeichen äußerlich erkennbar gemachter sprachlicher
Gedankenausdruck (vgl. BGHZ 39, 306 <308>). Es genießt urheberrechtlichen Schutz,
wenn es eine persönliche geistige Schöpfung darstellt (§ 2 Abs. 2 UrhG). Der geistige
Gedankeninhalt findet seinen Niederschlag und Ausdruck in der Gedankenformung und -
führung des dargestellten Inhalts und/oder der besonders geistvollen Form und Art der
Sammlung, Einteilung und Anordnung des dargebotenen Stoffs (BGHZ 94, 276 <285>,
m. w. N.).
Bei der Beurteilung eines wissenschaftlichen Werkes, wie es hier in Rede steht, ist
allerdings zu beachten, dass die wissenschaftliche Lehre, ihr Sprachgebrauch und die
Ergebnisse, zu denen sie gelangt, urheberrechtlich frei und jedermann zugänglich sind
(BGHZ 39, 306 <311>; 94, 276 <285>; BGH, Urteile vom 27. Februar 1981 – I ZR 20/79
– MDR 1981, 822 – und 12. Juli 1990 – 1 ZR 16/89 – NJW-RR 1990, 1513 <1514>;
anschaulich OLG Hamburg, Urteil vom 31. März 2004 – 5 U 144/03 – juris Rn 25); ihrer
Darstellung und Gestaltung fehlt, soweit diese aus wissenschaftlichen Gründen in der
gebotenen Form notwendig und durch die Verwendung der im fraglichen technischen
Bereich üblichen Ausdrucksweise üblich sind, die erforderliche eigenschöpferische
Prägung (BGHZ 94, 276 <285>). Der für den Urheberrechtsschutz erforderliche geistig-
schöpferische Gehalt findet bei wissenschaftlichen Werken seinen Niederschlag und
Ausdruck daher grundsätzlich in der konkreten schöpferischen Formgebung, Sammlung,
Einteilung, Anordnung und Darstellung des Stoffs (BGHZ 94 276 <285>, m. w. N.; BGH,
Urteil vom 12. Juli 1990, a. a. O.).
Danach genießen sowohl der Fragebogen des Robert Koch-Instituts als auch die
Vortragsfolien urheberrechtlichen Schutz. Die Beklagte hat hinreichend dargelegt, dass
diese Unterlagen das Ergebnis eines geistigen Schaffensprozesses von Wissenschaftlern
des Robert Koch-Instituts sind. Der Inhalt des Fragebogens ergibt sich nicht etwa aus
den insoweit maßgebenden wissenschaftlichen Lehrsätzen oder Erkenntnissen praktisch
von selbst. Vielmehr sind hier in einer spezifischen Weise Fragen gesammelt,
angeordnet und dargestellt worden. Entsprechendes gilt für die verwendeten
30
31
32
33
34
angeordnet und dargestellt worden. Entsprechendes gilt für die verwendeten
Vortragsfolien, auf denen in spezifischer Weise Text, Zahlen und Grafiken gesammelt,
angeordnet und dargestellt worden sind.
Der Umstand, dass die streitbefangenen Unterlagen zugleich amtliche Werke sind, steht
dem Schutz des geistigen Eigentums derzeit nicht entgegen. Nach § 5 Abs. 1 UrhG
genießen bestimmte – in der Vorschrift näher bezeichnete, hier aber nicht vorliegende –
amtliche Werke keinen urheberrechtlichen Schutz. Nach § 5 Abs. 2 UrhG gilt das gleiche
für andere amtliche Werke, die im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme
veröffentlicht worden sind. Im Umkehrschluss heißt dies, dass andere amtliche Werke,
die noch nicht im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht
worden sind, urheberrechtlichen Schutz genießen können. So liegt der Fall hier. Dabei
bedarf keiner Entscheidung, ob die fraglichen Werke hier veröffentlicht worden sind,
indem sie Eltern und Kinderärzten bzw. den Teilnehmern der Tagung des öffentlichen
Gesundheitsdienstes zugänglich gemacht wurden. Denn jedenfalls sind weder der
Fragebogen noch die Vortragsfolien des Robert Koch-Instituts bisher im amtlichen
Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme veröffentlicht worden.
Die Veröffentlichung im amtlichen Interesse zur allgemeinen Kenntnisnahme setzt ein
spezifisches Verbreitungsinteresse der Behörde voraus. Das öffentliche Interesse muss
gegenüber dem Verwertungsinteresse des Verfassers des Werkes überwiegen und die
möglichst weite und von Urheberrechten freie Verbreitung erfordern. Diese
Voraussetzung ist bei amtlichen Werken ohne regelnden Inhalt nicht ohne weiteres
gegeben. Nicht ausreichend ist das allgemeine Interesse, das die Allgemeinheit an jeder
Veröffentlichung einer Behörde hat. Vielmehr muss ein besonderes Interesse vorliegen,
das nach Art und Bedeutung der Information gerade darauf gerichtet ist, dass der
Nachdruck oder die sonstige Verwertung des die Information vermittelnden Werks für
jedermann freigegeben wird (BGH, Urteil vom 20. Juli 2007 – I ZR 185/03 – NJW-RR 2007,
342 <343>). Es liegt angesichts der Absicht der Beklagten, die TOKEN-Studie (erst)
Mitte 2009 abzuschließen und erst dann alle Methoden, den Fragebogen und auch die
ausgewerteten Ergebnisse öffentlich zu machen, auf der Hand, dass ein derartiges
Interesse jedenfalls gegenwärtig nicht gegeben ist.
II. Die Übermittlung der anonymisierten Datensätze der TOKEN-Studie ist gemäß § 3 Nr.
7 IFG ausgeschlossen. Nach dieser Vorschrift besteht der Anspruch auf
Informationszugang nicht, bei vertraulich erhobener oder übermittelter Information,
soweit das Interesse des Dritten an einer vertraulichen Behandlung im Zeitpunkt des
Antrags auf Informationszugang noch fortbesteht. Erheben ist das Beschaffen von
Informationen (vgl. § 3 Abs. 3 BDSG), Übermitteln das Bekanntgeben von Informationen
in der Weise, dass die Informationen weitergegeben werden oder sie eingesehen oder
abgerufen werden (vgl. § 3 Abs. 4 Satz 2 Nr. 3 BDSG).
Bei den streitbefangenen Informationen handelt es sich um „vertraulich“ erhobene.
Nach dem natürlichen Wortsinn des Begriffs sind Informationen „vertraulich“, die für die
Öffentlichkeit bestimmt sind. Dies ist hier der Fall. Denn die Beklagte hat in der von ihr
vorformulierten Einverständniserklärung zugesichert, die Daten nicht an Dritte
weiterzugeben. Diese Erklärung haben die teilnehmenden Sorgeberechtigten
unterzeichnet. Bei objektiviertem Verständnis (§§ 133, 157 BGB) dürfen die Daten
lediglich im Rahmen der durch das Robert Koch-Institut erstellten Studie, aber nicht
außerhalb dieser Veröffentlichung, Dritten zugänglich gemacht werden. Dies gilt
unabhängig davon, ob und in welchem Umfang die bislang lediglich pseudonymisierten
(vgl. § 3 Abs. 6a BDSG) Daten anonymisiert (vgl. § 3 Abs. 6 BDSG) sind. Denn das
Interesse der beteiligten Eltern zielt erkennbar darauf ab, dass eine Verarbeitung der
sensiblen, ihre Privatsphäre betreffenden Daten allein durch das Robert Koch-Institut
erfolgt. Hierfür spricht etwa der Hinweis in der Vertraulichkeitsabrede auf die
Schweigepflicht aller „an der Studie beteiligten Personen“, die für Dritte wie den Kläger
jedoch gerade nicht besteht. Gleiches folgt aus dem vereinbarten jederzeitigen
Widerrufsrecht; wird von diesem Gebrauch gemacht, so würden die erhobenen Daten
gelöscht und nicht für die Studie ausgewertet. Auch dieser Teil der Abrede soll es den
Eltern ersichtlich ermöglichen, die von ihnen auf dem Fragebogen abgegebenen
Informationen dem Zugriff Dritter einschließlich der Beklagten (jedenfalls bis zur
Veröffentlichung der Studie) gänzlich zu entziehen. Dies wäre jedoch nicht mehr
möglich, dürfte die Beklagte die Daten – und sei es in anonymisierter Form – an Dritte
weitergeben. Demgemäß ist ein Interesse der Sorgeberechtigten an der vertraulichen
Behandlung auch nicht zwischenzeitlich fortgefallen.
Steht dem Anspruch des Klägers schon der Tatbestand des § 3 Nr. 7 IFG entgegen,
bedarf keiner Entscheidung, ob der Anspruch insoweit zudem gemäß § 5 Abs. 1 Satz 1
IFG ausgeschlossen ist.
35 Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO. Die Entscheidungen über die
vorläufige Vollstreckbarkeit und die Abwendungsbefugnis beruhen auf § 167 VwGO, § 708
Nr. 11, § 711 Satz 1 und 2 i. V. m. § 709 Satz 2 ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum