Urteil des VG Berlin vom 24.06.2008

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Gericht:
VG Berlin 3. Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
3 A 758.07
Dokumenttyp:
Gerichtsbescheid
Quelle:
Normen:
§ 8 Abs 2 HSchulZulG BE, § 32
Abs 3 Nr 3 HRG
Vergabe eines Studienplatzes innerhalb und außerhalb der
Aufnahmekapazität
Tenor
Die Klage wird abgewiesen.
Der Kläger hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Tatbestand
Der Kläger bewarb sich zum Wintersemester 2007/2008 an der Beklagten um einen
Studienplatz im 1. Fachsemester im Studiengang Grundschulpädagogik (Abschluss:
Bachelor of Arts). Die Beklagte lehnte den Zulassungsantrag mit Bescheid vom 8.
Oktober 2007 mit der Begründung ab, dass der Kläger sowohl nach der
Durchschnittsnote seiner Hochschulzugangsberechtigung und nach seiner Wartezeit als
auch innerhalb des (ebenfalls ganz überwiegend aufgrund der Durchschnittsnote der
Hochschulzugangsberechtigung durchgeführten) Auswahlverfahrens der Hochschule nur
sehr weit von der Zahl der zu vergebenden Studienplätze entfernte Rangplätze erhalten
habe. Mit diesem Bescheid lehnte die Beklagte zugleich den vom Kläger gestellten
Antrag auf Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der festgesetzten
Aufnahmekapazität ab.
Mit am 18. Oktober 2007 bei Gericht eingegangenen Schriftsatz hat der Kläger sowohl
Klage erhoben als auch im Wege des Erlasses einer einstweiligen Anordnung seine
vorläufige Zulassung zum Studiengang Grundschulpädagogik beantragt. Zur
Begründung hat er vorgetragen, dass nach seiner Auffassung weitere freie Studienplätze
vorhanden seien, da die Beklagte die vorhandene Aufnahmekapazität nicht
ausgeschöpft habe. Außerdem sei das Auswahlverfahren nicht ordnungsgemäß
durchgeführt worden. Für das Auswahlverfahren seien zu wenige Studienplätze zur
Verfügung gestellt worden. Aufgrund seiner Qualifikation, seiner Wartezeit, seiner
persönlichen Neigungen, aufgrund der Ergebnisse des fachspezifischen
Studierfähigkeitstests bzw. nach dem Ergebnis eines persönlichen Gesprächs habe er
ausgewählt werden müssen.
Der Kläger hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die Beklagte zu verpflichten, ihn unter Aufhebung des Bescheides der Beklagten
vom 8. Oktober 2007 zum Wintersemester 2007/2008 für das 1. Fachsemester im
Studiengang Grundschulpädagogik (Bachelor) zum Studium zuzulassen.
Die Beklagte hat schriftsätzlich beantragt,
die Klage abzuweisen.
Dazu hat sie im Wesentlichen auf den angefochtenen Bescheid Bezug genommen.
Die Kammer hat durch Beschluss vom 17. Januar 2008 (VG 3 A757.07) die Beklagte
verpflichtet, im Studiengang Grundschulpädagogik sechs weitere Studienplätze für
Studienanfänger nach dem Ergebnis eines insoweit durchzuführenden Losverfahrens
unter den Bewerbern, die – wie der Kläger – Anträge auf einstweiligen Rechtsschutz
gestellt hatten, zu vergeben. In dem daraufhin von der Beklagten durchgeführten
Losverfahren entfiel auf den Kläger keiner der zusätzlich zu vergebenden Plätze; diese
wurden vielmehr an Mitbewerber vergeben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte,
die das vorliegende Klageverfahren und das Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes
(VG 3 A 757.07) umfasst, und den Verwaltungsvorgang der Beklagten, die bei der
Entscheidung vorgelegen haben, Bezug genommen.
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Durch Beschluss vom 30. Mai 2008 hat die Kammer den Rechtsstreit dem
Berichterstatter als Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Entscheidungsgründe
Der Einzelrichter konnte gemäß § 84 Abs. 1 VwGO durch Gerichtsbescheid entscheiden,
weil die Sache keine besonderen Schwierigkeiten tatsächlicher oder rechtlicher Art
aufweist und der Sachverhalt geklärt ist. Die Beteiligten hatten Gelegenheit, hierzu
Stellung zu nehmen.
Die Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet. Der Kläger hat keinen Anspruch auf
Zuweisung eines Studienplatzes im begehrten Studiengang zum Wintersemester
2007/2008.
Soweit der Kläger die Zuweisung eines Studienplatzes außerhalb der von der Beklagten
festgesetzten Aufnahmekapazität begehrt, wird auf den Beschluss der Kammer vom 17.
Januar 2008 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren VG 3 A 757.07 Bezug genommen,
aus dem sich ergibt, dass in dem begehrten Studiengang weitere sechs Studienplätze
als die von der Beklagten zunächst vergeben worden waren, zur Verfügung standen,
sowie darauf, dass diese Studienplätze nach dem Ergebnis der insoweit von der Kammer
entschiedenen einstweiligen Rechtsschutzverfahren, in denen die Beklagte zur Verlosung
dieser „aufgedeckten“ Studienplätze verpflichtet wurde, inzwischen an – gemeinsam mit
dem Kläger um Rechtsschutz nachsuchende – Mitbewerber vergeben wurden. Der Kläger
hat das dem im einstweiligen Rechtsschutzverfahren ergangenen Beschluss
zugrundeliegende Berechnungsergebnis der Kammer in keiner Weise in Frage gestellt.
Es liegen auch unabhängig davon keine Anhaltspunkte dafür vor, dass über die in
diesem Verfahren ermittelten zusätzlichen Studienplätze hinaus weitere „unentdeckte“
Studienplätze vorhanden wären, von denen der Kläger einen für sich beanspruchen
könnte.
Erfolglos bleibt die Klage auch insoweit, als der Kläger einen Zulassungsanspruch
innerhalb der festgesetzten Aufnahmekapazität geltend macht. Sein Hinweis, das
Auswahlverfahren sei nicht ordnungsgemäß durchgeführt worden, ist unsubstantiiert.
Soweit sich der Kläger darauf beruft, er hätte aufgrund des Ergebnisses eines
fachspezifischen Studierfähigkeitstests zugelassen werden müssen, ist nicht erkennbar,
worauf sich dieser Einwand bezieht; denn dass er – im Rahmen des Auswahlverfahrens
der Hochschule – einem solchen Studierfähigkeitstest unterzogen wurde, hat er weder
behauptet, noch ist dies aus dem Verwaltungsvorgang der Beklagten oder aus dem
ablehnenden Bescheid vom 8. Oktober 2007 ersichtlich. Soweit der Kläger meint, er
hätte zu einem persönlichen Auswahlgespräch geladen und nach dem Ergebnis dieses
Gesprächs ausgewählt werden müssen, greift er offenbar die zur Konkretisierung des in §
8 Abs. 2 Nr. 1 des Berliner Hochschulzulassungsgesetzes erlassene „Satzung zur
Regelung der Vergabe von Studienplätzen in den Bachelor-Studiengängen
Erziehungswissenschaft und Grundschulpädagogik des Fachbereichs
Erziehungswissenschaft und Psychologie der Freien Universität Berlin“ vom 10. Mai 2007
(Amtsblatt der Beklagten Nr. 31/2007 vom 21. Juni 2007, S. 306) an, nach der in der
Quote gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 1 des Berliner Hochschulzulassungsgesetzes 95 % der
Studienbewerber nach dem Grad der in der Hochschulzugangsberechtigung
ausgewiesenen Qualifikation (und nicht aufgrund von Auswahlgesprächen) ausgewählt
werden. Insoweit zeigt er jedoch keine durchgreifenden Einwände gegen die Gültigkeit
dieser Satzung auf. Das Gericht geht demgegenüber – der Rechtsprechung des
Bayerischen VGH folgend – davon aus, dass die Frage, ob eine effektive Vielfalt von
Zugangsmöglichkeiten zum beabsichtigten Studium besteht, sich nur auf Grund einer
bundesweiten Betrachtung beantworten lässt. Das öffentliche Hochschulwesen der
Bundesrepublik stellt ein zusammenhängendes System dar, das eine Nutzung der
Ausbildungskapazitäten über die Ländergrenzen hinweg erfordert (BVerfG vom 18. Juli
1972, BVerfGE 33, 303/352). Soweit die Auswahlkriterien gemäß § 32 Abs. 3 Nr. 3 des
Hochschulrahmengesetzes von den Landesgesetzgebern bzw. – nach der Entscheidung
– von den einzelnen Hochschulen festgelegt werden, sind diese von Verfassungs wegen
nicht verpflichtet, bereits innerhalb des eigenen Landes bzw. für den einzelnen
Studienort sicherzustellen, dass jedem hochschulzugangsberechtigten Bewerber eine
realistische Zulassungschance gewährt wird. Erst aufgrund einer Gesamtschau aller auf
Länder- und Hochschulebene getroffenen Regelungen kann beurteilt werden, ob in Fällen
eines bundesweiten Bewerberüberhangs für alle Interessenten zumutbare Möglichkeiten
zum Studium bestehen (vgl. Bay. VGH, Beschluss vom 20. März 2006, Az. 7 CE
06.10175, ). Unabhängig davon ergibt sich aus dem Vorbringen des Klägers nicht, dass
er – die Unwirksamkeit der genannten Satzung unterstellt – einen Zulassungsanspruch
hätte. Dass und warum der Kläger auch innerhalb der Quote gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 des
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hätte. Dass und warum der Kläger auch innerhalb der Quote gemäß § 8 Abs. 2 Nr. 2 des
Berliner Hochschulzugangsgesetzes, in der die Auswahl zu gleichen Teilen nach
Qualifikation und Wartezeit vorzunehmen ist, nicht erfolgreich war, hat die Beklagte
durch den dem Kläger in dem angefochtenen Bescheid insoweit jeweils zugewiesenen
Rangplatz, den er aufgrund seiner Durchschnittsnote von 2,6 und aufgrund seiner
Wartezeit von zwei Semestern erlangt hat, hinreichend zum Ausdruck gebracht.
Substanzielle Einwände dagegen hat der Kläger nicht erhoben.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
Beschluss
Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß §§ 39 ff., 52 f. des Gerichtskostengesetzes
(Art. 1 des Kostenrechtsmodernisierungsgesetzes vom 5.5.2004, BGBl. I S. 718) auf
5.000,-- Euro festgesetzt.
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