Urteil des VG Berlin vom 09.05.2006

VG Berlin: aufenthaltserlaubnis, libanon, ausreise, ausweisungsgrund, verwertungsverbot, unmöglichkeit, abschiebung, einzelrichter, zusicherung, botschaft

1
2
3
4
5
6
7
8
9
Gericht:
VG Berlin 27.
Kammer
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
27 A 180.06
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Norm:
§ 25 Abs 5 AufenthG
Voraussetzungen für die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis bei
fehlender Mitwirkung bei der Passbeschaffung, begangener
Straftaten und fehlender Sicherung des Lebensunterhalts
Tenor
Der Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheides des Landesamtes für Bürger- und
Ordnungsangelegenheiten vom 9. Mai 2006 verpflichtet, dem Kläger eine
Aufenthaltserlaubnis zu erteilen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Vollstreckung gegen Sicherheitsleistung in Höhe von 110 % des zu
vollstreckenden Betrages abwenden, wenn nicht der Kläger zuvor Sicherheit in gleicher
Höhe leistet.
Tatbestand
Der Kläger – Palästinenser aus dem Libanon – reiste Anfang August 1999 mit
palästinensischem Flüchtlingsausweis nach Berlin ein; seine Registrierung bei UNRWA
wurde von der Generaldirektion Palästinas am 16. Juni 2003 bestätigt. Sein Antrag auf
Aufenthaltsgenehmigung wurde mit Bescheid vom 9. September 1999 abgelehnt, der
weitere Aufenthalt des Klägers aber wegen Passlosigkeit geduldet.
Mit Bescheid des Landeseinwohneramtes vom 24. November 2003 wurde der Kläger
ausgewiesen, Grundlage hierfür waren folgende jugendgerichtliche Verurteilungen wegen
Drogenhandels:
Auch danach wurde der weitere Aufenthalt des Klägers geduldet, gegenwärtig bis 1.
November 2007. Den Antrag des Klägers auf Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis vom
28. Oktober 2005 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 9. Mai 2006 ab. Zur
Begründung wurde ausgeführt: Die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis sei nach § 11
Abs. 1 AufG wegen der vorliegenden Ausweisung ausgeschlossen; auf die Weisung
E.Lib.3 könne sich der Kläger aus demselben Grund nicht berufen. Er erfülle auch die
Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 AufG nicht, da er bisher nicht nachgewiesen habe, sich
nachdrücklich um ein zur Rückreise berechtigendes Dokument bzw. die für dessen
Erlangung notwendigen Nachweise bemüht zu haben.
Der Kläger hat am 15. Juni 2006 Klage erhoben, die trotz Ankündigung nicht weiter
begründet wurde. In der mündlichen Verhandlung hat er vorgetragen, Vater von zwei
Kindern zu sein, eine staatliche Heirat mit der – als Zuhörerin anwesenden –
Kindesmutter sei bisher wegen seiner fehlenden Personalunterlagen nicht möglich
gewesen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid des Landesamts für Bürger- und Ordnungsangelegenheiten vom 9.
Mai 2006 aufzuheben und den Beklagten zu verpflichten, ihm eine Aufenthaltserlaubnis
zu erteilen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
10
11
12
13
14
15
16
17
18
Er verweist auf den Ablehnungsbescheid.
Die Kammer hat den Rechtsstreit mit Beschluss vom 10. November 2006 auf den
Einzelrichter zur Entscheidung übertragen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und der den Kläger betreffenden Ausländerakte (2 Bände) verwiesen.
Entscheidungsgründe
Über die Klage konnte aufgrund des Übertragungsbeschlusses durch den
Berichterstatter als Einzelrichter (§ 6 Abs. 1 VwGO) entschieden werden.
Die zulässige Verpflichtungsklage ist begründet. Der Kläger hat einen Anspruch auf ein
Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufG (§ 113 Abs. 5 VwGO).
Der Kläger erfüllt die Voraussetzungen des § 25 Abs. 5 Sätze 1, 3 und 4 AufG (dazu
nachfolgend a)); da er seit mehr als 18 Monaten wegen tatsächlicher Unmöglichkeit der
Abschiebung geduldet ist, „soll“ dass ihm der Aufenthaltstitel nach dem Wortlaut des §
25 Abs. 5 Satz 2 AufG erteilt werden (dazu nachfolgend b)). Schließlich liegen die wegen
§ 5 Abs. 3 2. Halbsatz AufG auch für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25
Abs. 5 AufG notwendigen allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen nach § 5 Abs. 1 Nr. 1
und 2 AufG vor, da von der ersteren nach der ermessensbindenden Weisungslage der
Behörde abgesehen werden muss (dazu nachfolgend c)).
a) Die Voraussetzung des § 25 Abs. 5 Satz 1 AufG, dass dem Kläger die Ausreise aus
rechtlichen oder tatsächlichen Gründen unmöglich ist und mit dem Wegfall des
Ausreisehindernisses innerhalb absehbarer Zeit nicht zu rechnen ist, liegt vor. Zwar
setzt die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach dieser Vorschrift voraus, dass dem
Kläger auch eine freiwillige Ausreise unmöglich ist (vgl. BVerwG, Urteil vom 27. Juni 2006
– 1 C 14/05 -, juris), jedoch geht der Beklagte im Eingangssatz seiner Weisung E.Lib.3
selbst davon aus, dass „derzeit grundsätzlich von einer tatsächlichen Unmöglichkeit der
freiwilligen Ausreise und Abschiebung für palästinensische Volkszugehörige ungeklärter
Staatsangehörigkeit aus dem Libanon auszugehen ist“ und „mit dem Wegfall des
Ausreisehindernisses regelmäßig auch in absehbarer Zeit nicht zu rechnen“ ist. Der
nicht nur hinsichtlich des konkreten Personenkreises, sondern auch hinsichtlich der
konkreten Ausreiseumstände völlig unsubstantiierte Hinweis der Prozessvertreterin des
Beklagten in der mündlichen Verhandlung, dass der Libanon in verschiedenen Fällen
rückreisewilligen Palästinensern die erforderlichen Papiere ausgestellt habe, bietet keine
Veranlassung, die in der bisher unverändert gebliebenen Weisung enthaltene
Tatsachenfeststellung in Frage zu stellen.
Die Erteilung der Aufenthaltsgenehmigung ist auch nicht nach § 25 Abs. 5 Sätze 3 und 4
AufG ausgeschlossen. Die dem Kläger im Rahmen seiner Mitwirkungspflicht (§ 82 Abs. 1
AufG) zumutbaren Anforderungen zur Beseitigung der Ausreisehindernisse enden dann,
wenn erkennbar ist, dass entsprechende Handlungen von vornherein aussichtslos sind,
d.h. wenn praktisch ausgeschlossen erscheint, dass sie den gewünschten Erfolg erzielen
könnten (vgl. OVG Brandenburg, Urteil vom 1. Juli 2004 – 4 A 747.03 – Rz. 59 f zu § 30
Abs. 4 AuslG, zitiert nach juris). dass für in Deutschland lediglich geduldete Palästinenser
aus dem Libanon die Beschaffung von Heimreisedokumenten durch eigene
Bemühungen gegenwärtig ausgeschlossen ist, vielmehr nach der Praxis der
libanesischen Botschaft Heimreisescheine allein durch die Ausländerbehörde zu
beantragen sind, ist nicht nur in der angegebenen Entscheidung des OVG Brandenburg
dargelegt, sondern wird auch vom Beklagten in der Weisung E. Lib. 3 für den
gegenwärtigen Zeitpunkt faktisch anerkannt. Denn soweit nach Ziff. I der Weisung
Palästinensern, die einen Antrag auf Aufenthaltserlaubnis stellen, eine schriftliche
Zusicherung zur Vorlage bei der Botschaft des Libanon zu erteilen ist, dass bei Vorlage
eines Document de Voyage eine Aufenthaltserlaubnis erteilt wird, bedeutet dies nichts
anderes als das Eingeständnis, dass ein Antrag auf Ausstellung eines Document de
Voyage für Palästinenser aus dem Libanon nur Erfolg haben kann, wenn mit ihm die
Zusicherung der Erteilung eines Aufenthaltstitels verbunden ist. Aus diesem Grund ist
für diesen Personenkreis von vornherein auch eine Ausnahme von dem Regelfall des § 5
Abs. 1 Satz 1 AufG anzunehmen, dass die Erteilung eines Aufenthaltstitels die Erfüllung
der Passpflicht voraussetzt.
b) Bei der Sollvorschrift des § 25 Abs. 5 Satz 2 AufG handelt es sich um gebundenes
Ermessen, so dass im Regelfall ein Anspruch auf die Erteilung der
Aufenthaltsgenehmigung besteht. Vorliegend kann sich der Beklagte nicht darauf
berufen, die Bestrafung des Klägers wegen vierfachen Raubes stelle einen atypischen
19
20
berufen, die Bestrafung des Klägers wegen vierfachen Raubes stelle einen atypischen
Ausnahmefall dar, der ein Absehen von der Sollvorschrift – etwa schon aufgrund der
Weisung E. Lib. 3 - rechtfertige: Ausnahmefälle sind durch einen atypischen
Geschehensablauf gekennzeichnet, der so bedeutsam ist, dass er das sonst
ausschlaggebende Gewicht des gesetzlichen Regel(versagungs)grundes beseitigt
(BVerwG, Urteil vom 29. Juli 1993 – 1 C 25/93 – zu § 7 AuslG, juris). Ein Ausnahmefall ist
also nur dann gegeben, wenn eine Fallgestaltung vorliegt, an die der Gesetzgeber bei
Normerlass nicht gedacht hat; damit ist ein Fall gemeint, der von dem vom Gesetzgeber
bei der Typenbildung – hier bei § 25 Abs. 5 Satz 2 AufG - angenommenen Leitbild derart
stark abweicht, dass eine Anwendung des normierten Regelfalles im Hinblick auf die
Wertung des Art. 3 Abs. 1 GG nicht in Betracht kommt. Der Gesetzgeber hat mit § 25
Abs. 5 Sätze 1 und 2 AufG die Gruppe der Ausländer in den Blick genommen, die schon
langfristig geduldet werden, weil ihre Ausreise aus rechtlichen oder tatsächlichen
Gründen unmöglich ist und mit einem Wegfall des Ausreisehindernisses in absehbarer
Zeit nicht zu rechnen ist; diesem Personenkreis soll eine Aufenthaltserlaubnis erteilt
werden, um die vom BVerwG (vgl. Urteil vom 25. September 1997 – 1 C 3/97 – RdNr. 18
– juris -) bereits mit dem AuslG für unvereinbar gehaltene Praxis der Kettenduldung zu
beenden (vgl. BT-Drucks. 15/420 [80]). Demgegenüber erfasst der - in II Nr. 1 von der
Weisung E. Lib. 3 - als „Ausnahme von der Sollvorschrift des § 25 Abs. 5 S. 2 AufG“
vorgenommene Fall des Vorliegens von Ausweisungsgründen nach §§ 53 und 54 AufG
schon deswegen keinen atypischen Ausweisungsfall, weil der Gesetzgeber dieses
Problem mit der auch für die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufG
erforderlichen Einhaltung der Regelerteilungsvoraussetzung nach § 5 Abs. 1 Nr. 2, Abs. 3
AufG geregelt hat.
c) Die nach § 5 Abs. 3 AufG erforderlichen Regelerteilungsvoraussetzung des § 5 Abs. 1
Nr. 1 AufG für die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufG liegt gegenwärtig im Fall
des Klägers nicht vor, denn der – volljährige – Kläger ist nicht erwerbstätig und daher
nicht in der Lage, seinen Lebensunterhalt eigenständig zu sichern. Dies rechtfertigt
jedoch schon deshalb nicht die Ablehnung der vom Kläger begehrten
Aufenthaltserlaubnis, weil der Beklagte in den dem Kläger bisher erteilten Duldungen
jegliche Erwerbstätigkeit ausgeschlossen hat. Dieses bisherige Verwaltungshandeln
gegenüber dem Kläger bietet vielmehr Veranlassung, von der Voraussetzung der
Sicherung des Lebensunterhaltes vorübergehend im Ermessenwege abzusehen (§ 5
Abs. 3 2. Halbsatz AufG); dies hat der Beklagte für den hier vorliegenden Fall des § 25
Abs. 5 Satz 2 AufG in der ausländerbehördlichen Weisung (vgl. 25.5.2), wonach „die
allgemeinen Erteilungsvoraussetzungen des § 5 Abs. 1 Nr. 1 (Lebensunterhalt)
grundsätzlich unbeachtlich“ blieben, selbst ermessensbindend vorgesehen.
Auch die der Ausweisung des Klägers zugrundeliegenden Straftaten – sämtlich Handel
mit Haschisch betreffend - stehen der Erteilung der Aufenthaltserlaubnis gegenwärtig
nicht mehr entgegen. Die Regelvoraussetzung des § 5 Abs. 1 Nr. 2 AufG, dass „kein
Ausweisungsgrund vorliegt“, bezieht sich nicht auf die Frage, ob der Bewerber auf eine
Aufenthaltserlaubnis in der Vergangenheit Ausweisungsgründe gesetzt hat, sondern
allein darauf, ob – im für die Entscheidung über die Erteilung der Aufenthaltserlaubnis
maßgeblichen Zeitpunkt – aktuelle Ausweisungsgründe gegen ihn vorliegen (vgl. Bäuerle
in GK, RdNr. 104 zu § 5 AufG m.w.N.). Ein Ausweisungsgrund ist daher nur dann nach § 5
Abs. 1 Nr. 2 AufG beachtlich, wenn durch ihn gegenwärtig eine Beeinträchtigung der
öffentlichen Sicherheit oder Ordnung oder sonstiger öffentlicher Interessen des Staates
zu befürchten ist. Der Umstand, dass die Straftaten des Klägers noch keinem
Verwertungsverbot (dazu vgl. BVerwG, Urteil vom 5. April 1984, 1 C 57/81 = BVerwGE
69, 137 ff) unterliegen, weil die Tilgungsfrist nach § 46 Abs. 1 Nr. 4 BZRG bei Weitem
noch nicht abgelaufen ist, ist für die Frage der Aktualität des Ausweisungsgrundes
unbedeutend; das gesetzliche Verwertungsverbot des § 51 Abs. 1 BZRG setzt nur einen
äußeren Rahmen und lässt nicht den Umkehrschluss zu, dass die Straftaten bis zur
Tilgungsreife als Ausweisungsgrund in jedem Falle vorhaltbar sind. Demzufolge können
dem Kläger die der Ausweisung zugrundeliegenden Straftaten – sämtlich zwischen
Januar 2001 bis Juni 2002 begangen - als Grund für die Versagung einer
Aufenthaltserlaubnis nur dann entgegengehalten werden, wenn weiterhin
spezialpräventive Gründe – etwa die Befürchtung, der Kläger werde erneut straffällig
werden – vorliegen. Die „Schwere“ des vom Kläger mit diesen Straftaten begangenen
Ausweisungsgrundes (Regelausweisung nach § 54 Nr. 3 AufG bzw. zuvor § 47 Abs. 2 Nr.
2 AuslG) kann die Erteilung einer Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufG allein aus
generalpräventiven Gründen nicht ausschließen, weil die einschneidende auch
generalpräventiv wirkende ordnungsrechtliche Sanktion der Ausweisung – nämlich die
ggf. zwangsweise durchzusetzende Ausreisepflicht und das mit Wirkung ab Ausreise zu
befristende Verbot der Wiedereinreise (§ 11 Abs. 1 Sätze 1, 3, 4 AufG) – im Falle des
Klägers wegen der bestehenden Abschiebungshindernisse gerade nicht zum Tragen
kam, die in Hinblick auf den weiteren Verbleib im Inland praktisch folgenlos gebliebene
21
22
kam, die in Hinblick auf den weiteren Verbleib im Inland praktisch folgenlos gebliebene
Ausweisungsverfügung für andere Ausländer daher kaum „abschreckende Wirkung“ zu
zeitigen vermag. Im Übrigen verkennt der Beklagte in seiner behördlichen Praxis, dass
bei strafgerichtlichen Verurteilungen die Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufG erst
dann „in Betracht kommt, wenn das Verwertungsverbot nach dem BZRG eintritt“
(25.5.1.2 der Weisung) die Funktion der Aufenthaltserlaubnis nach § 25 Abs. 5 AufG
völlig, die keine „Verfestigung des Aufenthaltsstatus“ eines ausreispflichtigen
Ausländers sein soll, sondern eine wegen der tatsächlich vorliegenden auf unabsehbare
Zeit vorliegenden Abschiebungs- und Ausreisehindernisse notwendigen Integration des
Ausländers dienende, an die Stelle der gesetzlich nicht vorgesehenen Kettenduldungen
tretende humanitäre Maßnahme ist.
Die daher erforderliche Prüfung der Aktualität des Ausweisungsgrundes hat der Beklagte
– ausgehend von seiner rechtirrigen Auffassung über die Bedeutung der Schwere einer
zurückliegenden Ausweisung als „Ausnahme von der Sollvorschrift des § 25 Abs. 1 Satz
2 AufG“ bisher völlig unterlassen. Anhaltspunkte dafür, dass gegen den Kläger
gegenwärtig noch aktuelle spezialpräventive Ausweisungsgründe vorliegen, sind für das
Gericht nicht ersichtlich. Sie können jedenfalls nicht ohne Weiteres aus den Straftaten
hergeleitet werden, die der Kläger in den Jahren 2001/2002 begangen hat, auch nicht
aus dem – vom Beklagten bisher in keiner Weise berücksichtigten – Ladendiebstahl vom
1. Juni 2004. Anhaltspunkte für eine Wiederholungsgefahr bezüglich des Begehens von
Delikten gegen das Betäubungsmittelgesetz sind aktuell nicht gegeben. Denn
angesichts des Umstands, dass sich der Kläger – nach Aktenlage – seit der letzten
einschlägigen Straftat vom 12. Juni 2002 – die in der jugendgerichtlichen Entscheidung
vom 9. Juli 2003 berücksichtigt ist - keine weiteren Straftaten gegen das
Betäubungsmittelrecht hat zuschulde kommen lassen, hat sich die der genannten
jugendgerichtlichen Entscheidung über die Aussetzung der Jugendstrafe zur Bewährung
zugrundeliegende Unsicherheit, „ob es sich bei den Straftaten des Angeklagten um ein
abgeschlossenes Kapitel handelt“ (Jugendgerichtsurteil S. 3) dahin verdichtet, dass es
dem Kläger inzwischen gelungen ist, sich aus dem Milieu des Drogenhandels zu befreien,
dem der Kläger bei den sich in engem Zeitrahmen häufenden Delikten der Jahre
2001/2002 offenbar noch angehört hatte. Bei dem Ladendiebstahl vom 1. Juni 2004
schließlich handelt es sich um ein vereinzelt gebliebenes Delikt, das offensichtlich nicht
zur Verhängung der Jugendstrafe nach § 30 JGG geführt hat; zudem ist für die
Beurteilung der vom Kläger aktuell ausgehenden Gefahr einer Begehung von Straftaten
auch insoweit von besonderer Bedeutung, dass der Kläger jetzt familiär gebunden ist
und sich – wie bereits angesprochen – aus dem früheren kriminellen Umfeld befreit zu
haben scheint.
d) Die Nebenentscheidungen folgen aus §§ 155 Abs. 1 Satz 3, 167 Abs. 2 VwGO, §§ 708
Nr. 11, 711 ZPO.
Datenschutzerklärung Kontakt Impressum