Urteil des VG Arnsberg vom 20.12.2010

VG Arnsberg (betrieb, sanierung, landwirtschaftlicher betrieb, gebäude, zucht, landwirtschaftliches betriebsgebäude, landwirtschaft, vorschrift, grundstück, fläche)

Verwaltungsgericht Arnsberg, 14 K 3355/10
Datum:
20.12.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
14. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
14 K 3355/10
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Klägerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
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Die Klägerin ist Eigentümerin des Grundstücks Gemarkung I. Flur 19 Flurstücke 72 und
73 (T3. 1). Das Grundstück liegt am Rande eines Waldes in einem land- und
forstwirtschaftlich genutzten Gebiet der Gemeinde I. ; es ist mit einem Bauernkotten
bebaut, der im Jahre 1820 errichtet wurde. Das Objekt, das die Klägerin im Wege der
Erbfolge erworben hat, steht bereits seit längerer Zeit (ca. 40 Jahre) leer. In unmittelbarer
Nähe befindet sich ein weiteres, im Besitz der Klägerin befindliches Gebäude (T3. 2)
jüngerer Bauzeit, das inzwischen saniert wurde und als Wochenendhaus genutzt wird.
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Die Grundstücke liegen im Geltungsbereich des Landschaftsplans I. , der ein
Landschaftsschutzgebiet Typ A festsetzt.
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Zu einem nicht näher bestimmbaren Zeitpunkt im Jahre 2009 gab die Klägerin die
Sanierung des Fachwerkgebäudes in Auftrag, um dieses wieder Wohnzwecken
zuzuführen. Nachdem ein Bediensteter des Beklagten anlässlich einer
Außendienstkontrolle im Oktober 2009 festgestellt hatte, dass Gefache am Gebäude
entfernt, neue Balken eingezogen und diese mit Dielen belegt worden waren, ordnete
der Beklagte der Klägerin gegenüber mit bauaufsichtlicher Ordnungsverfügung vom 28.
Oktober 2009 die sofortige Einstellung weiterer Bauarbeiten an dem Gebäude T3. 1 in I.
an, weil die Klägerin über keine Baugenehmigung für die Sanierung des Gebäudes,
verfügte. Die dagegen erhobene Klage 14 K 3485/09 nahm die Klägerin in der
mündlichen Verhandlung am 20. Dezember 2010 zurück.
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Mit Bescheid vom 31. März 2010 setzte der Beklagte ein Zwangsgeld in Höhe von
1.000,00 EUR gegen die Klägerin fest, nachdem diese im Nachgang zu einem
Sturmschaden die komplette Blecheindeckung des Daches hatte abnehmen lassen. Die
dagegen erhobene Klage 14 K 1339/10 nahm die Klägerin ebenfalls am 20. Dezember
2010 zurück.
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Mit Schreiben vom 21. April 2010 beantragte die Klägerin beim Beklagten die Erteilung
eines Vorbescheides für die Sanierung des Bauernhauses zur landwirtschaftlichen
Nutzung als Betriebswohnung. Zur Begründung verwies sie darauf, in einem Teilbereich
der ca. 1,5 ha großen landwirtschaftlichen Wiesen- und Ackerflächen bereits den Anbau
von Streuobst zu betreiben, den sie zukünftig erweitern wolle. Nach Prüfung und
Aussage der Landwirtschaftskammer sei die Streuobstnutzung auf dem Areal
wirtschaftlich. Das Haus solle dem zukünftigen Mitarbeiter des landwirtschaftlichen
Betriebes als Wohnung dienen. Mit Schreiben ihres Architekten F. vom 21. Juni 2010
wies die Klägerin darauf hin, sie beabsichtige, neben der Nutzung der bestehenden
Obstbäume einen Zuchtbetrieb für Kameliden (Alpakas) zu eröffnen. Sie bitte dies bei
der Beurteilung des Vorhabens, als auch den Neubau der dafür erforderlichen
Nebengebäude in die Bauvoranfrage mit aufzunehmen. Der insoweit geänderte Antrag
auf Erteilung eines Vorbescheides umfasst den Neubau eines Stallgebäudes mit
Futterlagerung mit einer Größe von ca. 80 m² + 20 m² Nutzfläche für 20 Tiere, die
Sanierung des bestehenden Bauernhauses als Betriebswohnung sowie die Erneuerung
des bestehenden Gerätehauses für landwirtschaftliche Geräte. Dem Antrag fügte die
Klägerin einen Geschäftsplan und eine Wirtschaftlichkeitsberechnung zum
landwirtschaftlichen Betrieb in I. , T3. 1 - T4. Alpakas - bei. Daraus geht hervor, dass der
Bauernkotten nach seinem Wiederaufbau als Werkswohnung für einen angestellten
Tierpfleger genutzt werden solle.
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In die vorgelegte überarbeitete Gewinn- und Verlustrechnung sind 4.800,00 Euro
jährlich an Lohn- und Gehaltskosten eingetragen. Die Gesamtinvestitionskosten
belaufen sich danach auf Netto 98.340,00 Euro, wobei im Gegensatz zu einer zuvor
eingereichten Wirtschaftlichkeitsberechnung, in der die Sanierung des Bauernkotten mit
125.000,00 Euro veranschlagt waren, diese Kosten ausdrücklich in der überarbeiteten
Rechnung nicht mehr benannt sind. Als "Netto-Cashflow" sind folgende Beträge
angegeben: Jahr 1: - 109.243,50 Euro, Jahr 2: - 13.557,00 Euro, Jahr 2: 4.514,28 Euro,
Jahr 3: 22.291,78 Euro, Jahr 4: 21.875,35 Euro und Jahr 5 33.758,37 Euro. Als
Betriebsleiterin ist die Klägerin als Dipl.-Betriebswirtin vorgesehen, die Anzahl der
Arbeitskräfte beträgt nach der Betriebsbeschreibung eine Person. Nach dem Inhalt einer
später vorgelegten "Nachfolgeregelung" vom 10. September 2010 soll der Zuchtbetrieb
der Klägerin dem Zuchtbetrieb X1. -Alpakas von Herrn T5. in M. angegliedert werden.
Herr T6. solle Tierpfleger bleiben, Herr T5. Betriebsleiter werden. Die von der Klägerin
überarbeitete Wirtschaftlichkeitsberechnung enthält im Vergleich zu einer
vorangegangenen Berechnung 12.000,00 EUR jährliche Einkünfte aus Vermietung
einer Werkmietwohnung nicht mehr.
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Nachdem der Beklagte der Klägerin mitgeteilt hatte, dass dem Vorhaben die Vorschrift
des § 35 des Baugesetzbuchs (BauGB) entgegen stehe, führte die Klägerin unter dem
16. September 2010 ergänzend aus: Der Beklagte berücksichtige nicht die Möglichkeit,
für einen landwirtschaftlichen Betrieb Futter hinzukaufen zu können. Die für einen
landwirtschaftlichen Betrieb grundsätzlich erforderliche Voraussetzung der
Bodenertragsnutzung sei auch erfüllt, wenn der landwirtschaftliche Betrieb auf
überwiegend eigener Futtergrundlage bestehe. Dadurch werde z. B. eine Viehhaltung
auf der Grundlage eigenen und hinzugekauften Futters nicht von der Privilegierung
ausgeschlossen. Die Grenze liege dort, wo die eigene Futtergrundlage nicht überwiege,
d. h. nicht zu mehr als 50 % selbst erzeugt werde, und damit die Standortgebundenheit
der Betätigung im Außenbereich fehle. Auf dieser Grundlage könne sie 20 Alpakas auf
eigener Futtergrundlage versorgen, indem sie mindestens 50 % des Futters selbst
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erzeuge und den Rest hinzu erwerbe. Nach den Mindestanforderungen an die Haltung
von Säugetieren nach dem Gutachten des Bundesministeriums für Verbraucherschutz,
Ernährung und Landwirtschaft vom 10. Juni 1996 könne sie auf ihrer Fläche sogar über
200 Alpakas halten. Inzwischen habe sie mit dem Verpächter X2. einen Pachtvertrag
über eine Fläche von ca. 1,16 ha in I. mit einer Laufzeit von 30 Jahren abgeschlossen.
Damit stelle sie das Futter der Alpakas zu 100 % auf eigener Grundlage her. Zwar sei
der Pflegeaufwand der auf ihrem eigenen Grundstück gehaltenen Alpakas als gering
einzustufen, diese müssten jedoch mehrmals täglich im Sinne einer "überwachenden
Präsenz" kontrolliert werden. Hochpreisige Tiere wie Alpakas könne man nicht allein
und unbeobachtet auf die Weide stellen. Ohne eine Unterbringung des Tierpflegers in
unmittelbarer Nähe der Tiere seien deren Sicherheit und damit der Erfolg des
Unternehmens gefährdet, wenn nicht gar ausgeschlossen. Die Pflege und Kontrolle
werde von Herrn T6. und seiner Familie übernommen, die in das Gebäude T3. 1
einziehen werde. Herr und Frau T6. verfügten über grundlegende theoretische
Kenntnisse im Zusammenhang mit der Haltung von Alpakas und seien auch dabei,
praktisches Wissen zu erwerben. Da die Pflege der Alpakas wenig Zeit beanspruche,
werde Herr T6. seiner selbstständigen Tätigkeit als Maler- und Stuckateurmeister weiter
nachgehen können. Dessen Frau arbeite selbstständig als Therapeutin. Diese wolle
das eine oder andere Alpaka gern für tiergestützte Therapien einsetzen. Dass ihr
Betrieb wirtschaftlich sinnvoll sei, verdeutlichten auch der Geschäftsplan und die
Wirtschaftlichkeitsberechnung des Betriebes. Aufgrund des nunmehr geschlossenen
Pachtvertrages und Anmerkungen von Mitarbeitern des Beklagten während eines
Erörterungstermins berücksichtigend habe sie den Wirtschaftlichkeitsplan überarbeitet.
Diesem könne auf Seite 2 entnommen werden, dass der Unternehmensgewinn nach
fünf Jahren 46.000,00 Euro betragen werde. Da diesem eine Eigenkapitalverzinsung
von 11.000,00 Euro gegenüber stehe, betrage die Rendite 36.000,00 Euro.
Der Beklagte lehnte die Bauvoranfrage der Klägerin mit Bescheid vom 1. Oktober 2010
ab und führte zur Begründung aus: Eine Privilegierung des Vorhabens nach § 35 Abs. 1
BauGB liege nicht vor. Die Klägerin habe das Vorhaben als landwirtschaftliches
Betriebsgebäude deklariert, um die Genehmigungsvoraussetzungen für den
Wiederaufbau des teilweise verfallenen Bauernkottens zu Wohnzwecken zu schaffen.
Es sei bereits zweifelhaft, ob ein Betrieb auf eigener Futtergrundlage erfolge, weil die im
Eigentum der Klägerin stehende Grünlandfläche von 8.323 m² von der hinzu
gepachteten Grünlandfläche von 11.627 m² etwa 11 km entfernt liege. Darüber hinaus
sei fraglich, ob die Alpakazucht die Gewähr für eine ernsthafte, auf Dauer von
Generationen angelegte und lebensfähige Bewirtschaftung biete, was nach der
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts Voraussetzung für eine Privilegierung
sei. Soweit für die Annahme eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des § 201
BauGB die Gewinnerzielungsabsicht ein wichtiges Indiz sei, sei die von der Klägerin
eingereichte Wirtschaftlichkeitsberechnung nicht in allen Einzelheiten plausibel. Im
Übrigen handele es sich bei der Alpaka-Zucht in der beabsichtigten Form allenfalls um
einen Nebenerwerbsbetrieb. Der Bauernkotten diene nach einer Sanierung auch nicht
der Alpaka-Zucht als landwirtschaftlichem Betrieb. Die Vorgeschichte des
Bauvorhabens der Klägerin weise Indizien dafür auf, dass hier eine Wohnnutzung
Hauptbestandteil des Bauwunsches sei. Davon abgesehen diene nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts zu § 35 Abs. 1 BauGB ein Vorhaben
einem landwirtschaftlichen Betrieb nur dann, wenn ein vernünftiger Landwirt - auch und
gerade unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des
Außenbereichs - dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa
gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde.
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Die einem Neubau nahe kommende Herrichtung des Gebäudes T3. 1 als Wohnhaus
erfülle diese Kriterien nicht. Laut Stellungnahme des für das Veterinärwesen
zuständigen Fachdienstes des N. Kreises sei für eine Alpaka-Zucht eine ständige
Anwesenheit einer Aufsichtsperson nicht erforderlich. Ein vernünftiger Landwirt
investiere nicht 125.000,00 Euro, um ein für den Betrieb nicht erforderliches Wohnhaus
zu erstellen, in dem eine stundenweise in seinem Betrieb beschäftigte 400,00 Euro-Kraft
wohnen solle. Im Übrigen bestehe auch die Möglichkeit der Unterbringung einer
Aufsichtsperson für die Alpaka-Zucht in dem nahegelegenen Gebäude T3. 2.Das
geplante Vorhaben sei auch nicht als sonstiges Vorhaben im Außenbereich nach § 35
Abs. 2 BauGB bauplanungsrechtlich zulässig, weil es öffentliche Belange
beeinträchtige. Der Flächennutzungsplan der Gemeinde I. stelle das Grundstück
überwiegend als Fläche für die Landwirtschaft und zu einem kleinen Teil als Fläche für
die Forstwirtschaft, nicht aber als Baufläche, dar. Darüber hinaus verfestige das
Bauvorhaben die bereits bestehende Splittersiedlung und erweitere diese. Außerdem
führe es zur Zersiedelung der Landschaft. Es beeinträchtige auch die natürliche
Eigenart der Landschaft, weil es in einem Landschaftsschutzgebiet liege. Die Fläche,
auf der das geplante Stallgebäude errichtet werden solle, sei im Landschaftsplan I.
zudem als geschützter Landschaftsbestandteil 2.4.46 festgesetzt. Die Überbauung
bedeute eine Versiegelung des Bodens. Aber auch die nicht überbauten Freiflächen
würden durch die Bautätigkeit, durch Abschieben von Oberboden, Ablagerung von
Bodenaushub und spätere Gartennutzung negativ verändert. Die
Flächeninanspruchnahme sei insgesamt als eine vermeidbare Beeinträchtigung gemäß
§ 15 Abs. 1 des Bundesnaturschutzgesetzes anzusehen, die nicht zugelassen werden
dürfe. Aus diesen Gründen habe die Untere Landschaftsbehörde dem Vorhaben aus
landschaftsrechtlicher Sicht nicht zugestimmt und die Erteilung der erforderlichen
landschaftsrechtlichen Ausnahmegenehmigung nicht in Aussicht gestellt. Die Gemeinde
I. habe ihr gemeindliches Einvernehmen zu dem Vorhaben zu Recht versagt. Im
Übrigen sei die Erschließung des Bauvorhabens nicht gesichert. Dieses liege nicht
unmittelbar an der öffentlichen Verkehrsfläche. Die Zuwegung erfolge über einen
Privatweg. Baulasten zur Sicherung dieser Zuwegung seien bisher nicht eingetragen.
Dagegen richtet sich die Klägerin mit der am 3. November 2010 erhobenen Klage, zu
deren Begründung sie ihr Vorbringen aus dem Antragsverfahren vertiefend wiederholt
und ergänzend vorträgt: Eine Alpaka-Zucht auf überwiegend eigener Futtergrundlage
sei - wie in ihrem Fall - Landwirtschaft im Sinne des § 201 BauGB. Dies habe auch die
Landwirtschaftskammer NRW bestätigt. Das bisherige fehlende Interesse an der
Alpakazucht in Deutschland sei allein auf eine Scheu vor Neuem zu erklären. Die
Pflege der hochpreisigen Tiere sei einerseits einfach, erfordere aber andererseits eine
Kontrolle im Sinne der Unterbringung eines Tierpflegers in unmittelbarer Nähe. Auch ein
vernünftiger Landwirt würde so handeln wie sie und das Bauernhaus als
Betriebswohnung für die Alpaka-Zucht sanieren, weil das Gebäude ohnehin schon dort
stehe und von einem Verfall keine Rede sein könne. Das Wochenendhaus T3 2 könne
entgegen der Annahme des Beklagten für die Alpaka-Zucht nicht genutzt werden, weil
es viel zu klein sei. Frau T6. beabsichtige auch, ihre therapeutische Tätigkeit unter
Verwendung einiger Alpakas am Standort T3 1 auszuüben. Entgegen der Auffassung
des Beklagten sei der Betrieb auch wirtschaftlich und auf Dauer angelegt, was sich
insbesondere aus der Wirtschaftlichkeitsberechnung ergebe. Der Vergleich des
Beklagten mit dem Verkaufspreis von Zootieren sei verfehlt, weil sie die Haltung
hochpreisiger Zuchttiere beabsichtige. Im Bergischen Land stünden vergleichbare
Bauvorhaben kurz vor der Genehmigungserteilung.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seines Bescheides vom 1. Oktober 2010 zu
verpflichten, ihr auf ihren Antrag vom 21. April 2010 einen Vorbescheid für die
Sanierung eines Bauernhauses für eine Alpakazucht auf dem Grundstück Gemarkung I.
Flur 19 Flurstücke 72 und 73 (T3. 1) zu erteilen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
14
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen in seinem angefochtenen Bescheid
und erwidert ergänzend: Selbst wenn die Alpaka-Zucht Landwirtschaft im Sinne des §
201 BauGB sei, handele es sich allenfalls um einen landwirtschaftlichen Nebenbetrieb.
Das fehlende Interesse an einer Alpaka-Zucht im N. Kreis folge nicht aus einer Scheu
der Landwirte vor neuen Betriebsformen, sondern aus der nur bedingten Nutzbarkeit der
Tiere. Abgesehen vom Verkauf der Wolle fänden Alpakas nur unter den wenigen
Züchtern einen Absatz und könnten nur insoweit möglicherweise hohe Gewinne
erzielen. Nach seinen Internetrecherchen könnten Alpakas allerdings schon für
wesentlich geringere Kaufpreise erworben werden, als die Klägerin diese in ihrer
Wirtschaftlichkeitsberechnung zugrunde lege, dies gelte insbesondere für Zootiere.
Auch könne angesichts einer offensichtlich einerseits gleich bleibenden Käuferschicht
bei andererseits vergrößertem Angebot nicht von gleichbleibenden Gewinnerwartungen,
wie von der Klägerin zugrunde gelegt, ausgegangen werden. Unter diesen
Voraussetzungen sei ein auf Nachhaltigkeit ausgerichteter landwirtschaftlicher Betrieb
nicht zu erwarten.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Parteien
im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte, der Gerichtsakten 14 K 3484/09 und 14
K 1339/10 sowie der beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten ergänzend
Bezug genommen.
16
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
17
Die gemäß § 42 Abs. 1 2. Alternative der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO)
zulässige Verpflichtungsklage bleibt in der Sache ohne Erfolg. Der ablehnende
Bescheid des Beklagten vom 1. Oktober 2010 ist rechtmäßig und verletzt die Klägerin
nicht in ihren Rechten, weil dieser der geltend gemachte Anspruch auf Erteilung eines
Vorbescheides für die Sanierung des Bauernhauses T3. 1 zur Betriebswohnung für
einen Alpaka-Zuchtbetrieb auf dem Grundstück Gemarkung I. Flur 19 Flurstücke 72 und
73 nicht zusteht (vgl. § 113 Abs. 5 Satz 1 VwGO).
18
Als Rechtsgrundlage für den beantragten Vorbescheid kommt allein § 71 der
Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) in Betracht. Nach Abs. 1
der Vorschrift kann vor Einreichung des Bauantrages zu Fragen des Bauvorhabens ein
Bescheid (Vorbescheid) beantragt werden. Nach Abs. 2 gilt u. a. die Vorschrift des § 75
Abs. 1 bis 3 BauO NRW entsprechend. Gemäß § 75 Abs. 1 BauO NRW ist die
beantragte Genehmigung zu erteilen, wenn dem Vorhaben öffentlich-rechtliche
Vorschriften nicht entgegen stehen. Das ist hier jedoch der Fall, weil dem Bauvorhaben
Vorschriften des Bauplanungsrechtes entgegen stehen.
19
Nach § 29 Abs. 1 BauGB gelten für Vorhaben, die die Errichtung, Änderung oder
Nutzungsänderung von baulichen Anlagen zum Inhalt haben, die §§ 30 bis 37 BauGB.
Einschlägig ist hier die Vorschrift des § 35 BauGB, weil das Grundstück, auf dem sich
das ehemalige Bauerngebäude befindet, unstreitig nicht im Geltungsbereich eines
Bebauungsplanes und auch nicht innerhalb eines im Zusammenhang bebauten
Ortsteils im Sinne des § 34 BauGB liegt. Nach § 35 BauGB ist das Vorhaben der
Klägerin unzulässig.
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Die beabsichtigte Sanierung des früheren Kottens erfüllt zunächst keinen
Privilegierungstatbestand im Sinne des § 35 Abs. 1 BauGB. Insofern kommt hier allein
die Vorschrift der Nr. 1 in Betracht. Danach ist im Außenbereich ein Vorhaben nur
zulässig, wenn öffentliche Belange nicht entgegen stehen, die ausreichende
Erschließung gesichert ist und wenn es einem land- oder fortwirtschaftlichen Betrieb
dient und nur einen untergeordneten Teil der Betriebsfläche einnimmt. Diese
Voraussetzungen sind hier nicht erfüllt. Dabei kann es in diesem Zusammenhang
letztlich dahin stehen, ob die von der Klägerin beabsichtigte Alpaka-Zucht auf dem
Grundstück überhaupt einen landwirtschaftlichen Betrieb darstellt. Allerdings hat das
Gericht im vorliegenden Einzelfall durchgreifende Zweifel an der beabsichtigten
Gründung eines landwirtschaftlichen Betriebes im Sinne des Bauplanungsrechts. Nach
§ 201 BauGB ist Landwirtschaft insbesondere der Ackerbau, die Wiesen- und
Weidewirtschaft einschließlich Tierhaltung, soweit das Futter überwiegend auf den zum
landwirtschaftlichen Betrieb gehörenden landwirtschaftlich genutzten Flächen erzeugt
werden kann, die gartenbauliche Erzeugung, der Erwerbsobstbau, der Weinbau, die
berufsmäßige Imkerei und die berufsmäßige Binnenfischerei. Davon ausgehend
bestehen bereits im Hinblick auf die beabsichtigte eigene Futtererzeugung gewichtige
Zweifel daran, ob die Alpakazucht in der von der Klägerin beabsichtigten Form
überhaupt einen landwirtschaftlichen Betrieb im Sinne des § 201 BauGB darstellt. Zwar
ist es für die Futtererzeugung ausreichend, wenn die Flächen, auf denen diese erfolgt,
teilweise gepachtet sind, allerdings muss der Zugriff auf die landwirtschaftliche Fläche
nachhaltig gesichert sein. In diesem Zusammenhang ist auch eine gewisse räumliche
Nähe der zugepachteten Flächen zu den Betriebsflächen von Bedeutung.
21
Vgl. Bayerischer Verwaltungsgerichtshof (BayVGH), Urteil vom 18. Juni 2007 - 26 B
04.1772 -, zitiert nach Juris.
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Obwohl die von der Klägerin vorgelegten Pachtverträge auf die Dauer von 30 Jahren
geschlossen worden ist, ist aber eine räumliche Nähe der im Gebiet "C. " gelegenen
Pachtfläche zum eigentlichen Betriebsgelände am T3 aufgrund einer Entfernung von
über 10 km nicht gegeben. Darüber hinaus bestehen auch durchgreifende Zweifel
daran, ob hier ein landwirtschaftlicher Betrieb wirklich auf Dauer für Generationen
errichtet werden soll. Denn mit Schreiben vom 10. September 2010 hat die Klägerin in
ihrer "Nachfolgeregelung" ausgeführt, ihr Zuchtbetrieb solle dem Zuchtbetrieb X1. -
Alpakas von Herrn T5. angegliedert werden, der in M. wohnhaft ist. Dieser solle auch
Betriebsleiter werden, wobei Herr T6. Tierpfleger bleiben solle. Auch daraus lässt sich
entnehmen, dass an dem Standort T3 in I. auf Dauer die Errichtung eines
landwirtschaftlichen Betriebes nicht beabsichtigt ist, zumal der spätere Betriebsleiter
über hundert Kilometer von der Zucht entfernt lebt und in räumlicher Nähe nur ein
geringfügig stundenweise beschäftigter Tierpfleger anwesend ist. Auch sind die
Wirtschaftlichkeitsberechnungen widersprüchlich, weil einerseits zunächst (immerhin)
12.000,00 EUR jährliche Einkünfte aus Vermietung einer Werksmietwohnung - dabei
handelt es sich wohl um das Gebäude T3. 1 - angesetzt sind, die in der späteren
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Berechnung nicht mehr auftauchen. Soweit die Klägerin darauf verweist, diese Kosten
später nicht mehr eingearbeitet zu haben, weil der Beklagte ihr vorhalte, die Sanierung
des Bauernhauses diene der Erzielung von Mieteinkünften, führt das zu keiner anderen
Beurteilung. Festzustellen ist nämlich, dass den im Zusammenhang mit Herrn T6. als
von der Klägerin zu engagierendem Tierpfleger entstehenden Lohnkosten in Höhe von
4.800,00 EUR auf der Ausgabenseite der Klägerin kalkulierte 12.000,00 EUR an
Mieteinnahmen gegenüber stehen, die von dem Tierpfleger und seiner Familie als
Bewohner des sanierten Bauernkotten als Wohnkosten aufgebracht werden müssen. In
der später vorgelegten Berechnung der Klägerin sind die Lohnkosten für den Bewohner
dieser Werksmietwohnung gleich geblieben, so dass der Wegfall der Mieteinnahmen
kein Beleg für eine höhere Entlohnung und damit einen größeren Umfang der
Beschäftigung in der Alpakazucht ist.
Selbst wenn das Gericht davon ausgeht, dass die Alpakazucht in der von der Klägerin
beabsichtigten Art und Weise nach Zupachtung weiterer Wiesenflächen die
Voraussetzungen eines landwirtschaftlichen Betriebes erfüllt, weil ca. 50 % des
erforderlichen Futters selbst erzeugt werden können, fehlt es für das Wohnhaus jedoch
an dem weiteren Kriterium, wonach dieses dem landwirtschaftlichen Betrieb dienen
muss. Da § 35 BauGB das Bauen im Außenbereich nur den privilegierten Vorhaben
vorbehalten will, ist Absatz 1 der Vorschrift eng auszulegen. Andernfalls würde durch
eine zu großzügige Handhabung der Privilegierung die Zersiedlung des Außenbereichs
gefördert. Dem Begriff des "Dienens" kommt in diesem Zusammenhang eine besondere
Funktion zu, denn gerade die Voraussetzung, dass das Vorhaben dem Betrieb dienen
muss, schränkt die Privilegierung in der gebotenen Weise ein. Insofern reicht die nur
behauptete Zweckbestimmung des Bauherrn nicht aus, weil praktisch von jedem
Vorhaben gesagt werden kann, seine Benutzung erleichtere oder fördere die
Bewirtschaftung des betreffenden Betriebes. Das Merkmal des Dienens ist deshalb zu
verneinen, wenn das Vorhaben zwar nach seinem Verwendungszweck gerechtfertigt
sein mag, nach seiner Gestaltung, Beschaffenheit oder Ausstattung aber nicht durch
diesen Verwendungszweck erschöpfend geprägt wird. Nach der ständigen
Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts, der sich das erkennende Gericht in
ebenso ständiger Rechtsprechung angeschlossen hat, soll durch das
Tatbestandsmerkmal des "Dienens" sicher gestellt werden, dass das Bauvorhaben zu
dem privilegierten Betrieb tatsächlich in einer funktionalen Beziehung steht. Die
eigentliche Zweckbestimmung des Erfordernisses des "Dienens" liegt darin,
Missbrauchsversuchen begegnen zu können. Nicht nur der behauptete Zweck des
Vorhabens, sondern seine wirkliche Funktion soll entscheidend sein. Es sollen
Vorhaben verhindert werden, die zwar objektiv geeignet wären, einem privilegierten
Betrieb zu dienen, die aber in Wirklichkeit nicht zu diesem Zweck benutzt werden,
sondern ausschließlich oder hauptsächlich dazu bestimmt sind, im Außenbereich zu
wohnen und dafür ein Gebäude zu errichten.
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Vgl. Bundesverwaltungsgericht (BVerwG), Beschluss vom 10. März 1993 - 4 B 254/92 -,
in: Buchholz, Sammel- und Nachschlagewerke der Rechtsprechung des BVerwG,
406.11 § 35 BauGB Nr. 284; Urteil vom 16. Mai 1991 - 4 C 2.89 -, in:
Baurechtssammlung (BRS) 52 Nr. 70, Urteil vom 30. Juni 1964 - 1 C 80.62 -, in: BRS 15
Nr. 30; Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, Band 1, 2. Auflage, Stand: September
2010, § 35 BauGB, Rdnr. 27.
25
Daher bedarf es der Feststellung im Einzelfall, inwieweit die Angaben des Bauherrn
über die beabsichtigte künftige Verwendung des Vorhabens mit den konkreten
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tatsächlichen Verhältnissen in Einklang stehen. Dabei kommt es nicht auf die
Beurteilung der Zweckmäßigkeit der land- oder forstwirtschaftlichen Betriebsweise des
Bauherrn an, sondern auf die tatsächliche Bodenbewirtschaftung und Bodennutzung
des konkreten Betriebes und darauf, in welchem Zusammenhang das Vorhaben mit ihr
stehen würde. Die Zulassung eines Vorhabens kann nicht auf die Voraussetzung
beschränkt werden, dass es für den ihm zugeordneten Betrieb schlechthin unentbehrlich
ist, so dass die Aufrechterhaltung des Betriebes mit dem Vorhaben "steht und fällt".
Daher kann auch ein Vorhaben zulässig sein, das zwar unter betriebswirtschaftlichen
Aspekten nicht zwingend für den Betrieb erforderlich ist, aber nach der individuellen
Betrachtungsweise tatsächlich dem Betrieb gewidmet und durch diese Widmung auch
gekennzeichnet ist.
Vgl. BVerwG, Urteil vom 13. Januar 1967 - IV C 47.65 -, in: Buchholz. a.a.O. 406.11 § 35
BBauG, Nr. 34, Battis/Krautzberger/Löhr, Baugesetzbuch, Kommentar, 11. Auflage
2009, § 35 BauGB Rdnr. 19.
27
Es kommt im Wesentlichen auf die Verkehrsauffassung an, ob ein "vernünftiger
Landwirt" unter Berücksichtigung des Gebots größtmöglicher Schonung des
Außenbereichs dieses Vorhaben mit etwa gleichem Verwendungszweck und mit etwa
gleicher Gestaltung und Ausstattung für einen entsprechenden Betrieb errichten würde
und das Vorhaben durch die Zuordnung zu dem konkreten Betrieb auch äußerlich
erkennbar geprägt wird.
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Diese Voraussetzungen erfüllt die Sanierung des Bauernkotten T3. 1 in I. zu
Wohnzwecken nicht. Sie dient nicht einem landwirtschaftlichen Betrieb der zukünftigen
Alpakazucht, sondern in erster Linie dem Wohnen in Außenbereich. Das Vorhaben der
Sanierung des Bauernkotten ist der Alpakazucht nicht gewidmet und auch nicht durch
einen inneren Funktionszusammenhang mit ihr gekennzeichnet. In den sanierten
Bauernkotten soll nach den Planungen der Klägerin eine Familie einziehen und dort
wohnen, deren Mitglieder die Alpakas regelmäßig kontrollieren und überwachen sollen.
Zu diesem Zweck beabsichtigt die Klägerin den Abschluss eines Vertrages über ein
sogenanntes geringfügiges Beschäftigungsverhältnis auf 400,00 Euro-Basis.
Hauptberuflich ist der zukünftige männliche Bewohner des Hauses - der als Tierpfleger
vorgesehene Herr T6. - selbstständiger Maler- und Stuckateur, seine Ehefrau
selbstständige Therapeutin. Die hauptberufliche Beschäftigung des Herrn T6. , in Form
der Ausübung des Stuckateur- und Malerbetriebes ist dadurch geprägt, dass sie an
anderen Orten stattfindet. Damit hat die Klägerin schon nicht dargetan, dass das
Bewohnen des Bauernkotten schwerpunktmäßig in funktionalem Zusammenhang mit
der Alpakazucht stehen wird. Die von ihr in Bezug genommene engmaschige Kontrolle
der Tiere erfordert nicht das beabsichtigte Wohnen des im Außenbereich gelegenen
Bauernkotten. Dieses kann der selbstständige Stuckateur- und Malermeister auch gar
nicht leisten, weil er seinem Hauptberuf außerhalb des am T3 gelegenen Geländes der
Alpaka-Zucht nachgehen wird. Etwas anderes ergibt sich auch nicht aus einer Tätigkeit
von Frau T6. als selbständige Therapeutin, sofern diese die Ausübung ihrer Tätigkeit
am T3 beabsichtigt. Zwar war diese Nutzung nicht Gegenstand der Bauvoranfrage und
des ablehnenden Bescheides des Beklagten. In diesem Zusammenhang ist indes
festzustellen, dass eine freiberufliche Tätigkeit als Therapeutin, auch wenn dabei
Alpakas zum Einsatz kommen, jedenfalls keine Landwirtschaft im Sinne des § 201
BauGB ist. Aus der konkreten Art des geringfügigen Beschäftigungsverhältnisses der im
Gebäude T3. 1 zum Wohnen bestimmten Personen, das die Klägerin mit diesen
abzuschließen beabsichtigt, schlussfolgert das Gericht, dass diese bei einer Entlohnung
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von 400,00 Euro pro Monat bei einem geschätzten Stundenlohn von ca. 7,50 Euro im
Monat ca. 53 Stunden im Betrieb der Alpakazucht beschäftigt sein werden. Dies ergibt
bei einer durchschnittlichen Anzahl von 30 Tagen pro Monat eine Beschäftigungsdauer
der Hausbewohner von etwa 1,8 Stunden pro Tag, während diese "rund um die Uhr" im
Außenbereich wohnen. Damit fehlt es aber an einem prägenden funktionalen
Zusammenhang des Wohnens in dem Gebäude im Außenbereich mit der Alpakazucht.
Einer intensiveren Bindung der zukünftigen Bewohner an den beabsichtigten Betrieb
der Klägerin stehen offensichtlich ja auch andere Beschäftigungsverhältnisse entgegen,
die noch dazu, wie bereits dargestellt, aushäusig ausgeübt werden. Die Pflege von
Alpakas ist, worauf auch die Klägerin hinweist, wenig aufwändig. Für die Haltung wird
die Offenstallhaltung empfohlen, so dass die Tiere selbst wählen können, ob sie sich im
Stall oder im Freien aufhalten wollen. Dabei stellt ein Alpaka an seinen Unterstand oder
Stall nur sehr geringe Ansprüche. Er sollte zugfrei sein und jedem Tier mindestens zwei
Quadratmeter Platz bieten. Alpakas müssen in der Regel nicht übermäßig zugefüttert
werden; neben Gras und Heu benötigen sie insbesondere Wasser. Einmal jährlich
sollten Alpakas geschoren werden; alle zwei Monate sollte eine Kontrolle der
Zehennägel erfolgen und diese geschnitten oder eventuell korrigiert werden. Im
Vordergrund der Pflege steht eine tägliche Kontrolle, darüber hinaus ist es bei
Zuchtstuten erforderlich, zur Abfohlzeit (1 Fohlen pro Jahr) öfters nach den Tieren zu
schauen (www.alpaka.info des Alpaka-Zucht-Verbandes Deutschland e. V.). Daraus
ergibt sich bereits, dass kein vernünftiger Landwirt 125.000,00 Euro für die Sanierung
eines Gebäudes ausgeben wird, um darin eine Betriebswohnung für Personen
herzustellen, die die beschriebenen Kontroll- und Pflegefunktionen der Alpakas
wahrnehmen sollen. Ein vernünftiger Betriebsinhaber würde eine solche Sanierung
nicht zu dem Zweck durchführen, das Gebäude anschließend einem für täglich ca. 1,8
Stunden in seinem Betrieb tätigen Mitarbeiter und dessen Familie zum Zwecke des
Wohnens zur Verfügung zu stellen. Eine funktionale Zuordnung des für Wohnzwecke
sanierten Bauernkotten ist nach der konkreten Wirtschaftsweise zu dem Betrieb der
Alpakazucht daher nicht gegeben. Im Übrigen hat die Klägerin, die insoweit für die
Voraussetzungen der Privilegierung des Vorhabens im Außenbereich
darlegungspflichtig ist, auch ein tatsächlich beabsichtigtes Beschäftigungsverhältnis mit
der Familie T6. nicht glaubhaft gemacht. Ungeachtet dessen drängt sich aufgrund der
Historie des konkreten Bauvorhabens der Kammer der Verdacht auf, dass nunmehr von
der Klägerin die Alpakazucht beabsichtigt wird, um dort die Sanierung des Bauernkotten
T3. 1 zu Wohnzwecken baurechtlich zu legalisieren, die bereits mehr als sechs Monate
vor Einreichung des Antrages auf Erlass des Bauvorbescheides begonnen und
schließlich im März 2010 trotz Stilllegungsverfügung des Beklagten durch Abdeckung
des Dachs fortgeführt wurde. Erst als die Zweifel der bauplanungsrechtliche
Zulässigkeit des Vorhabens im Außenbereich offensichtlich wurden, hat die Klägerin
versucht, zunächst mit Bezug zu einem Obstbaubetrieb und schließlich mit der nunmehr
beabsichtigten Alpakazucht eine Sanierung bauplanungsrechtlich zu legalisieren.
Der Bauernkotten ist auch nicht etwa aufgrund Bestandsschutzes zu Wohnzwecken
privilegiert. Wird ein Gebäude, das in der Vergangenheit einem land- oder
forstwirtschaftlichen Betrieb diente, auf unabsehbare Zeit aus dem Betrieb heraus gelöst
und für andere Zwecke weiter genutzt, so liegt darin nicht nur eine Nutzungs- sondern
auch eine Funktionsänderung, die zu einer Entprivilegierung führt. Damit erledigt sich
auch der Bestandsschutz, der dem Gebäude zukommt.
30
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 1993 - 4 B 5/93 -, in: Buchholz, a.a.O., 406.16.
31
So liegt der Fall aber hier. Der Bauernkotten, der in den Jahrzehnten nach seiner
Errichtung im Jahr 1820 der Landwirtschaft an dieser landschaftlich exponierten Stelle
gedient hat, wurde - wohl - bis in die 1960er Jahre noch bewohnt. Seit mehreren
Jahrzehnten fand hier indes keine einem landwirtschaftlichen Betrieb zugeordnete
Wohnnutzung mehr statt, vielmehr stand das Gebäude leer und verfiel infolgedessen
zunehmend. Damit hat es aber seine Privilegierung als einem landwirtschaftlichen
Betrieb zugehörig verloren. Bestandsschutz kommt dem Nutzungszweck Wohnen in
dem Bauernkotten T3 1 nicht mehr zu.
32
Durch die Ablehnung ihres Antrags wird die Klägerin auch nicht in ihrem
verfassungsrechtlich durch Art. 14 Abs. 1 des Grundgesetzes (GG) geschützten
Eigentumsrecht verletzt. Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG schützt das durch rechtmäßige
Eigentumsausübung Geschaffene.
33
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 27. Februar 1993, a.a.O., Urteile vom 16. Februar 1973 -
BVerwG 4 C 61.70 - BVerwGE 42, 8 und vom 25. März 1988 - BVerwG 4 C 21.85 -
Buchholz 406.16 Nr. 47.
34
Der Bestandsschutz gewährleistet, dass sich die rechtmäßige Nutzung auch gegen
neues entgegenstehendes Recht durchsetzt.
35
Vgl. BVerwG, Urteile vom 23. Februar 1979 - BVerwG 4 C 86.76 - und vom 23. Januar
1981 - BVerwG 4 C 83.77 - Buchholz 406.16 Nrn. 13 und 23.
36
Geschützt wird indes ausschließlich das an Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG ausgerichtete
Vertrauen in den Bestand der bisherigen Rechtsposition.
37
Vgl. BVerwG, Urteil vom 25. November 1970 - BVerwG 4 C 119.68 - in: Amtliche
Entscheidungen des Bundesverwaltungsgerichts (BVerwGE) 36, 296.
38
Vom Bestandsschutz gedeckt ist nicht jede wirtschaftlich sinnvolle, sondern nur die
nach Art und Umfang unveränderte Nutzung. Bauliche Substanz und Nutzung
unterliegen nicht unabhängig voneinander unterschiedlichen rechtlichen Regelungen.
Bestandsschutz genießt die bauliche Anlage in ihrer durch die Nutzung bestimmten
Funktion. Ist die Zulässigkeit der Errichtung von der Nutzungsweise abhängig, so
bewahrt die Eigentumsgarantie vorbehaltlich des Grundsatzes der Verhältnismäßigkeit
den Eigentümer bei Fortfall dieser Nutzung nicht davor, das Bauwerk wieder zu
beseitigen.
39
Vgl. BVerwG, Urteile vom 22. Januar 1971 - BVerwG 4 C 22.66 - Buchholz 11 Nr. 114
und vom 15. November 1974 - BVerwG 4 C 32.71 - a.a.O.).
40
Einer im Außenbereich privilegierenden Nutzung hat der Bauernkotten über Jahrzehnte
aber nicht mehr gedient, so dass sich die Klägerin auf Bestandsschutz nicht mehr
berufen kann.
41
Im Übrigen ist es in der Rechtsprechung des Bundesverwaltungsgerichts geklärt, dass
die Figur des Bestandsschutzes für sich genommen als Anspruchsgrundlage für eine
Baugenehmigung bzw. einen Bauvorbescheid auch und gerade in Ansehung eines im
Außenbereich gelegenen Grundstücks nicht in Betracht kommt. Mit § 35 BauGB hat der
Gesetzgeber für die bauliche Nutzung des Außenbereichs eine Inhalts- und
42
Schrankenbestimmung im Sinne des Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG getroffen. Sind die in
dieser Vorschrift genannten Voraussetzungen für die Zulassung eines Vorhabens nicht
erfüllt, so scheidet Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG als Grundlage für einen
Zulassungsanspruch von vornherein aus,
vgl. zuletzt BVerwG, Beschluss vom 22. Mai 2007 - 4 B 14.07 -, BRS 71 Nr. 111 mit
weiteren Nachweisen aus der Recht- sprechung des Gerichts.
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Die Sanierung des Bauernkotten zu Wohnzwecken ist auch nicht als sonstiges
Vorhaben nach § 35 Abs. 2 BauGB im Außenbereich zulässig, weil ihr öffentliche
Belange im Sinne des § 35 Abs. 3 BauGB entgegenstehen. Insoweit sieht das Gericht
entsprechend § 117 Abs. 5 VwGO von einer weiteren Darlegung der
Entscheidungsgründe ab, weil es auf die zutreffenden Ausführungen im angegriffenen
Bescheid des Beklagten verweist (entgegenstehende Darstellungen des
Flächennutzungsplans, Belange des Landschaftsschutzes).
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Kammer sieht davon ab, die Berufung zuzulassen, weil die für die Zulassung durch
das Verwaltungsgericht maßgeblichen Gründe nicht vorliegen. Der Rechtssache kommt
keine grundsätzliche Bedeutung zu im Sinne von § 124 Abs. 2 Nr. 3 VwGO; das Urteil
weicht auch nicht von einer Entscheidung eines der in § 124 Abs. 2 Nr. 4 VwGO
bezeichneten Gerichte ab.
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