Urteil des VG Arnsberg vom 02.08.2010

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Verwaltungsgericht Arnsberg, 7 K 2390/09
Datum:
02.08.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
7. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
7 K 2390/09
Tenor:
Der Bescheid des Beklagten vom 16. Juli 2009 wird aufgehoben.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Tatbestand:
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Der Kläger ist Halter des VW Polo mit dem amtlichen Kennzeichen NI.-0 0000. Am 29.
Dezember 2008 trat bei dem Fahrzeug ein Motorschaden auf, aufgrund dessen der
PKW Öl verlor und auf dem S. Weg eine Ölspur verursachte.
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Ein Mitarbeiter der von dem Ordnungsamt der Gemeinde T. beauftragten Fa. N. -D. -D1.
GmbH (im Folgenden kurz: N. ) rückte mit dem sog. RTS-Sprinter aus, beseitigte die
Ölspur im sogenannten Nassverfahren und entsorgte anschließend die Emulsion.
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Mit Rechnung vom 30. Dezember 2008 machte die Fa. N. gegenüber dem Kläger einen
Gesamtbetrag von 1.684,05 EUR geltend. Nachdem der Kläger die Rechnung nicht
beglichen hatte, machte die Fa. N. ihren Anspruch gegenüber dem Beklagten geltend.
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Mit Anhörungsschreiben vom 22. Juni 2009 teilte der Beklagte dem Kläger mit, das
dessen PKW am 4. November 2008 eine Ölspur verursacht habe. Um die
Verkehrssicherheit wiederherzustellen, habe die von ihm - dem Beklagten - beauftragte
Fa. N. die Straße im Nass-/Saugverfahren gereinigt. Da er die Rechnung der Fa. N.
zunächst beglichen habe beabsichtige er nunmehr, einen Kostenbescheid zu erlassen.
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Mit Bescheid vom 16. Juli 2009 forderte der Beklagte von dem Kläger Kosten in Höhe
von 1.684,05 EUR.
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Hiergegen richtet sich der Kläger mit der am 17. August 2009 erhobenen Klage, mit der
er im Wesentlichen geltend macht: Für die streitige Kostenforderung bestehe keine
Rechtsgrundlage; Fremdrechnungen Dritter könnten nicht durch Kostenbescheid
geltend gemacht werden. Eine Nassreinigung sei nicht erforderlich gewesen. Im
Übrigen seien die Kosten weit überhöht. Es sei bekannt, dass ein gespaltener Tarif
existiere; könnten die Kosten auf einen Versicherer abgewälzt werden, werde ein
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Vielfaches des Honorars verlangt als wenn der Verursacher der Ölspur unbekannt sei,
also die Kosten zulasten des Straßenbaulastträgers gingen.
Der Kläger beantragt - schriftsätzlich -,
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den Kostenbescheid des Beklagten vom 16. Juli 2009 aufzuheben.
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Der Beklagte beantragt - schriftsätzlich -,
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die Klage abzuweisen.
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Er macht geltend: Rechtsgrundlage für den angefochtenen Kostenbescheid sei § 17
StrWG NRW, wonach der Träger der Straßenbaulast Verunreinigungen auf Kosten des
Verursachers beseitigen lassen könne. Das angewandte Nassreinigungsverfahren sei
zur rückstandslosen Beseitigung der Motorölspur erforderlich gewesen, um die
Verkehrssicherheit wiederherzustellen. Die Höhe der Kostenforderung sei nicht zu
beanstanden.
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Mit Beschluss vom 17. Juni 2010 wurde der Rechtsstreit gemäß § 6 Abs. 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) auf die Berichterstatterin als Einzelrichterin
übertragen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhaltes und des Vorbringens der
Beteiligten im Übrigen wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
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E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e:
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Die Kammer konnte im Einverständnis der Beteiligten ohne erneute mündliche
Verhandlung entscheiden (vgl. § 101 Abs. 2 Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -).
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Die zulässige Anfechtungsklage ist begründet. Der Bescheid des Beklagten vom 16.
Juli 2009 ist rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten (vgl. § 113 Abs. 1
Satz 1 VwGO).
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Der Beklagte kann seine Forderung nicht auf § 17 Abs. 1 Straßen- und Wegegesetz des
Landes Nordrhein-Westfalen (StrWG NRW) stützen. § 17 Abs. 1 StrWG NRW berechtigt
den Beklagten nicht, Kosten für einen Einsatz zu verlangen, der bei entsprechender
Ausstattung der Feuerwehr im Rahmen der in § 41 Abs. 1 des Gesetzes über den
Feuerschutz und die Hilfeleistung (FSHG) geregelten Aufgaben von der Feuerwehr
selbst hätte erbracht werden müssen, tatsächlich aber von einem privaten Dritten im
Auftrag der Gemeinde auf der Grundlage eines zwischen diesen geschlossenen
Vertrages durchgeführt wird. Das FSHG enthält vielmehr eine differenzierte,
abschließende Kostenregelung für die Erstattung solcher Kosten, die für einen
grundsätzlich von der Feuerwehr zu erbringenden Einsatz (Pflichteinsatz) verlangt
werden können. Die Zwecksetzung dieser differenzierten Kostenzuordnung wird jedoch
unterlaufen, wenn aufgrund anderer erheblich weiter gehender gesetzlicher Regelungen
(hier konkret § 17 StrWG NRW) eine Kostenerstattung für einen solchen Einsatz
verlangt wird.
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Vgl. im Ergebnis: Verwaltungsgericht Aachen, Urteil vom 8. Oktober 2007 - 6 K 1457/06
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-, juris; VG Braunschweig, Urteil vom 23. September 2002 - 5 A 149/00 -, juris.
Die hier in Frage stehende Beseitigung einer Ölspur stellt einen Einsatz im Rahmen der
der Gemeinde T. nach dem FSHG obliegenden Aufgabe dar, nämlich diejenige, bei
Unglücksfällen i.S.v. § 1 Abs. 1 FSHG Hilfe zu leisten. Eine Öl- oder Betriebsmittelspur
auf einer öffentlichen Straße stellt regelmäßig einen Unglücksfall im Sinne des FSHG
dar.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Urteil vom
15. Februar 2007 - 9 A 4239/04 -, NWVBl. 2007, 437.
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Es ist nicht ersichtlich, dass die (freiwillige) Feuerwehr nicht über die für eine solche
Hilfeleistung erforderliche Ausstattung verfügt. Nach § 1 Abs. 1 FSHG haben die
Gemeinden den örtlichen Verhältnissen entsprechende leistungsfähige Feuerwehren zu
unterhalten, um u.a. bei Unglücksfällen Hilfe zu leisten. Daraus folgt die Pflicht, die
Feuerwehr so mit persönlichen und sachlichen Mitteln auszustatten, dass sie im
Hinblick auf den Einsatz in Gefahrensituationen - hier Hilfeleistung bei Unglücksfällen -
funktionstüchtig sind.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 2. Juli 1987 - 20 A 1439/85 -, juris, zu § 36 FSHG a.F.
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Die Beseitigung von Ölspuren stellt ein im Feuerwehralltag - auch in kleineren
Gemeinden - wiederkehrendes Geschäft dar, so dass die Ausstattung der Feuerwehren
diesem Rechnung tragen muss. Die im vorliegenden Fall zu leistende Hilfe hätte
angesichts des noch im üblichen Rahmen liegenden Ausmaßes des Unglücksfalles
unzweifelhaft von der zuständigen Feuerwehr mit "eigenen Mitteln" erbracht werden
können und müssen. Das FSHG geht somit davon aus, dass (solche) Einsätze im
Rahmen von Unglücksfällen grundsätzlich mit eigenen Feuerwehrmitteln durchzuführen
sind - und auch nur insoweit eine Kostenersatzpflicht ausgelöst werden soll. Für die
Beseitigung von Ölspuren entstandene Kosten kann der Beklagte dementsprechend nur
nach Maßgabe des § 41 Abs. 2 FSHG geltend machen, wobei der Kostensatz durch
Satzung zu regeln ist (§ 41 Abs. 3 Satz 1 erster Halbsatz FSHG). Ob bzw. unter welchen
Voraussetzungen die Beseitigung einer Ölspur durch einen privaten Dritten aufgrund
einer Delegation dieser Pflichtaufgabenerfüllung auf diesen ein "Einsatz" einer
Feuerwehr im Sinne des § 41 Abs. 2 FSHG ist, der - unabhängig von weiteren
Voraussetzungen - Grundvoraussetzung für eine Kostenersatzpflicht nach dieser
Vorschrift ist, kann hier dahinstehen; eine Umdeutung des Verwaltungsaktes scheidet
im vorliegenden Fall jedenfalls bereits deshalb aus, weil der Rat der Gemeinde T. keine
den Kostenersatz nach § 41 Abs. 2 FSHG regelnde Satzung beschlossen hat. Im
Übrigen wäre eine Umdeutung auch deshalb ausgeschlossen, weil dies insbesondere
mit Blick auf das Erfordernis der Regelung einer Kostenerstattung durch eine Satzung
zu einer Wesensänderung des angefochtenen Verwaltungsaktes führen würde.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 124 a Abs. 1 Satz 1
VwGO sind nicht gegeben.
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Rechtsmittelbelehrung:
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Gegen dieses Urteil kann innerhalb eines Monats nach Zustellung beim
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Verwaltungsgericht Arnsberg (Jägerstraße 1, 59821 Arnsberg, Postanschrift:
Verwaltungsgericht Arnsberg, 59818 Arnsberg) Antrag auf Zulassung der Berufung
gestellt werden. Der Antrag muss das angefochtene Urteil bezeichnen. Innerhalb von
zwei Monaten nach Zustellung des Urteils sind die Gründe darzulegen, aus denen die
Berufung zuzulassen ist.
Die Berufung ist nur zuzulassen, 1. wenn ernstliche Zweifel an der Richtigkeit des
Urteils bestehen, 2. wenn die Rechtssache besondere tatsächliche oder rechtliche
Schwierigkeiten aufweist, 3. wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 4.
wenn das Urteil von einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts, des
Bundesverwaltungsgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des
Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung
beruht oder 5. wenn ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender
Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung
beruhen kann.
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Die Begründung ist, soweit sie nicht bereits mit dem Zulassungsantrag vorgelegt
worden ist, bei dem Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen
(Aegidiikirchplatz 5, 48143 Münster, bzw. Postfach 6309, 48033 Münster) schriftlich oder
in elektronischer Form nach Maßgabe der Verordnung über den elektronischen
Rechtsverkehr bei den Verwaltungsgerichten und den Finanzgerichten im Lande
Nordrhein-Westfalen - ERVVO VG/FG - vom 23. November 2005 (GV. NRW. S. 926)
einzureichen. Über den Antrag entscheidet das Oberverwaltungsgericht durch
Beschluss.
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Vor dem Oberverwaltungsgericht müssen sich die Beteiligten durch
Prozessbevollmächtigte vertreten lassen; dies gilt auch für Prozesshandlungen, durch
die ein Verfahren vor dem Oberverwaltungsgericht eingeleitet wird. Als Bevollmächtigte
sind Rechtsanwälte und Rechtslehrer an einer deutschen Hochschule im Sinne des
Hochschulrahmengesetzes mit Befähigung zum Richteramt sowie die ihnen kraft
Gesetzes gleichgestellten Personen zugelassen. Auf die zusätzlichen
Vertretungsmöglichkeiten für Behörden und juristische Personen des öffentlichen
Rechts einschließlich der von ihnen zur Erfüllung ihrer öffentlichen Aufgaben gebildeten
Zusammenschlüsse wird hingewiesen (vgl. § 67 Abs. 4 Satz 4 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO - in der Fassung gemäß Art. 13 des Gesetzes zur
Neuregelung des Rechtsberatungsrechts vom 12. Dezember 2007, BGBl. I S. 2840, und
§ 5 Nr. 6 des Einführungsgesetzes zum Rechtsdienstleistungsgesetz - RDGEG -).
Darüber hinaus sind die in § 67 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 bis 7 VwGO bezeichneten Personen
und Organisationen unter den dort genannten Voraussetzungen vor dem
Oberverwaltungsgericht als Bevollmächtigte zugelassen.
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Der Antragsschrift sollen möglichst Abschriften für die übrigen Beteiligten beigefügt
werden.
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C.
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Ferner ergeht folgender
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B e s c h l u s s :
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Der Wert des Streitgegenstandes wird gemäß § 52 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes
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in Höhe der streitigen Kostenforderung auf 1.684,05 EUR festgesetzt.
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