Urteil des VG Arnsberg vom 08.08.2008

VG Arnsberg: wichtiger grund, aufschiebende wirkung, ratio legis, hauptsache, entlassung, zusicherung, ausbildung, erlass, rechtswidrigkeit, staatsprüfung

Verwaltungsgericht Arnsberg, 2 L 471/08
Datum:
08.08.2008
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 L 471/08
Tenor:
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens. Der Streitwert wird auf
einen Betrag bis zu 3.500,00 EUR festgesetzt.
Gründe:
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Der Antrag des Antragstellers,
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dem Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung aufzugeben, ihn, den
Antragsteller, unter Berufung in das Beamtenverhältnis auf Widerruf in den
Vorbereitungsdienst einzustellen,
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ist zulässig, aber nicht begründet.
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Der Antragsteller hat den erforderlichen Anordnungsgrund, der mit Blick auf den
Gesichtspunkt der Vorwegnahme der Hauptsache qualifizierten Anforderungen
unterliegt, nicht glaubhaft gemacht.
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Grundsätzlich kann das Gericht, dem Wesen und Zweck einer einstweiligen Anordnung
entsprechend, im Verfahren nach § 123 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) nur
vorläufige Regelungen treffen und dem Antragsteller nicht schon in vollem Umfang,
wenn auch nur auf beschränkte Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der
Hauptsache, das gewähren, was er nur in einem Hauptsache-cheverfahren
(Klageverfahren) erreichen könnte. Eine Ausnahme von dem Verbot der Vorwegnahme
der Hauptsache ist nur dann gerechtfertigt, wenn eine einstweilige Anordnung für den
betreffenden Antragsteller zur Vermeidung schlechthin unzumut-barer Nachteile, die
sich auch bei seinem späteren Erfolg im Hauptsacheverfahren nicht mehr ausgleichen
ließen, erforderlich ist und der in Art. 19 Abs. 4 Satz 1 des Grundgesetzes (GG)
verbürgte effektive Rechtsschutz nur auf diese Weise erlangt werden kann. Dem
Antragsteller müssen unzumutbare bzw. schwere, anders nicht abwendbare Nachteile
drohen, wenn er auf das Hauptsacheverfahren verwiesen wird, und sein Begehren muss
schon aufgrund der im Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes anzustellenden
eingeschränkten Prüfung der Erfolgsaussichten bei Anlegung eines strengen
Maßstabes erkennbar Erfolg haben. Ob eine solche besondere Dringlichkeit gegeben
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ist, richtet sich nach den Umständen des Einzelfalles.
Vgl. BVerwG, Beschluss vom 13. August 1999 - 2 VR 1.99 -, DVBl. 2000, 487 (488);
OVG NRW, Beschlüsse vom 25. Juni 2001 - 1 B 789/01 -, DÖD 2001, 314 (314), und
vom 9. Januar 2008 - 6 B 1763/07 -; OVG Schleswig, Beschluss vom 8. Juni 1999 - 3 M
11/99 -, JURIS; VG Gelsenkirchen, Beschluss vom 20. Juli 2004 - 12 L 933/04 -, NWVBl.
2005, 152 (152).
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Das Begehren des Antragstellers beinhaltet eine Vorwegnahme der Hauptsache. Mit
dem Erlass der von ihm erstrebten einstweiligen Anordnung würde der im
Hauptsacheverfahren verfolgte Einstellungsanspruch, wenn auch nur auf beschränkte
Zeit und unter Vorbehalt einer Entscheidung in der Hauptsache, erfüllt.
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Vgl. zur Vorwegnahme der Hauptsache in Fällen der Verpflichtung zur Einstellung in
das Beamtenverhältnis auf Widerruf im Wege der einstweiligen Anordnung: OVG NRW,
Beschlüsse vom 3. August 1999 - 6 B 759/99 -, NWVBl. 2000, 27 (27), und vom 9.
Januar 2008 - 6 B 1763/07 -; OVG Schleswig, Beschluss vom 8. Juni 1999 - 3 M 11/99 -,
JURIS; VG Bayreuth, Beschluss vom 27. Februar 2004 - B 5 S 04.182 -, JURIS; VG
Augsburg, Beschluss vom 18. Oktober 2005 - Au 2 E 05.1062 -, JURIS.
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Die Voraussetzungen, unter denen im Verfahren nach § 123 VwGO die Hauptsache
ausnahmsweise vorweggenommen werden darf, sind nicht erfüllt. Dabei kann offen
bleiben, ob dem Antragsteller unzumutbare Nachteile im oben dargestellten Sinne
drohen.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 3. August 1999 - 6 B 759/99 -, NWVBl. 2000, 27 (betr.
die Verweigerung der Einstellung in den Vorbereitungs-dienst für ein Lehramt).
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Jedenfalls kann nicht - mit dem erforderlichen hohen Wahrscheinlichkeitsgrad -
angenommen werden, dass der Antragsteller im Hauptsacheverfahren obsiegen wird.
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Es spricht vieles dafür, dass die Bezirksregierung B. auf der Grundlage des § 5 Abs. 2
Satz 4 der Ordnung des Vorbereitungsdienstes und der Zweiten Staats-prüfung für
Lehrämter an Schulen (OVP) eine Wiedereinstellung des Antragstellers in den
Vorbereitungsdienst mit Bescheid vom 17. April 2008 rechtsfehlerfrei abgelehnt hat.
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§ 5 Abs. 2 Satz 4 OVP bestimmt, dass die Einstellung nicht erfolgen soll, wenn der
Bewerber nach einer früheren Entlassung aus dem Vorbereitungsdienst die
Wiedereinstellung beantragt, es sei denn, dass die Beendigung aus wichtigem Grund
auf eigenen Antrag erfolgt ist. Diese Bestimmung hat ermessenslenkenden Charakter;
sie bindet das Einstellungsermessen des Dienstherrn dergestalt, dass in Fällen, in
denen nach einer früheren, auf eigenen Antrag, aber nicht aus wichtigem Grund
erfolgten Entlassung eine Wiedereinstellung begehrt wird, dem (Wieder-)
Einstellungsantrag im Regelfall nicht, sondern nur in Ausnahmefällen entsprochen
werden darf. Als "Soll-Vorschrift" statuiert § 5 Abs. 4 Satz 2 OVP eine strikte Bindung für
den Regelfall. Die Behörde darf von der Regel nur in Fällen abweichen, in denen die für
den Normalfall geltende Regelung von der "ratio legis" nicht mehr gefordert wird. Ob ein
Sachverhalt in diesem Sinne atypisch ist, ist gerichtlich voll nachprüfbar.
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Vgl. Urteil der Kammer vom 17. Januar 2007 - 2 K 85/06 -; Kopp / Ramsauer,
Kommentar zum Verwaltungsverfahrensgesetz, 10. Aufl. 2008, § 40 Rn. 44 m. w. N.
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Die vom Antragsteller gegen die Verfassungsmäßigkeit des § 5 Abs. 2 Satz 4 OVP
geltend gemachten Bedenken greifen im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens nicht
durch.
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Einschränkungen, denen das Recht auf freie Wahl der Ausbildungsstätte nach dem
Regelungsvorbehalt des Art. 12 Abs. 1 Satz 2 GG unterliegt, sind auch auf Grund von
untergesetzlichen Vorschriften statthaft, soweit diese auf ein förmliches Gesetz
zurückführen sind, ihre Rechtfertigung in den Sachgesetzlichkeiten der Ausbildung
finden und den Einzelnen nicht übermäßig belasten.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 16. Dezember 1977 - VII C 13.75 -, NJW 1978, 2258 (2258);
BVerfG, Beschluss vom 18. Juli 1972 - 1 BvL 32/70 und 1 BvL 25/71 -, BVerfGE 33, 303
(336 f.); VG Düsseldorf, Urteil vom 14. August 2007 - 2 K 388/07 -.
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Diesen Anforderungen entspricht § 5 Abs. 2 Satz 4 OVP. Die Regelung beruht auf §§ 18
Abs. 3 und 20 Abs. 6 des Gesetzes über die Ausbildung für Lehrämter an öffentlichen
Schulen (LABG). Sie bewirkt eine sachlich gerechtfertigte Beschränkung des
Grundrechts auf freie Wahl der Ausbildungsstätte. Die Bestimmung dient dazu, die
Durchführung des Vorbereitungsdienstes in dem nach § 7 Abs. 1 OVP vorgese-henen
Zeitraum von 24 Monaten zu gewährleisten und zwischenzeitlichen willkür-lichen
Unterbrechungen entgegenzuwirken. Aus besonderen Gründen eingetretene
Verzögerungen innerhalb dieses Zeitraums sollen durch Verlängerungen gemäß § 7
Abs. 3 OVP oder Beurlaubungen und regelmäßig nicht durch Entlassungen ausge-
glichen werden. Die Gewährleistung einer kontinuierlichen Ausbildung möglichst ohne
Unterbrechungen soll ferner eine sorgfältige und ausreichende Ausbildung für die
Lehramtsberufe sicherstellen und mittelbar zur Chancengleichheit im Rahmen der
Zweiten Staatsprüfung beitragen, indem die Prüflinge in der Regel innerhalb eines
übereinstimmenden Zeitraums ausgebildet werden. Die Vorschrift ist auch nicht mit
einer übermäßigen Belastung des Einzelnen verbunden, weil zum einen eine
Wiedereinstellung möglich ist, wenn die vorherige Entlassung auf eigenen Antrag aus
wichtigem Grund erfolgt ist, und zum anderen auch in besonderen Ausnahmefällen, in
denen bei der Entlassung kein wichtiger Grund gegeben war, eine Wiedereinstellung im
Ermessen der Behörde steht.
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Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 14. August 2007 - 2 K 388/07 -.
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Im Falle des Antragstellers sind die Tatbestandsvoraussetzungen des § 5 Abs. 2 Satz 2
2. Halbsatz OVP erfüllt. Es handelt sich bei der begehrten Einstellung in den
Vorbereitungsdienst nicht um eine erstmalige Einstellung, sondern um eine
Wiedereinstellung, nachdem der Antragsteller im Jahre 2005 aufgrund seines Antrags
vom 19. August 2005 aus dem Vorbereitungsdienst entlassen worden ist.
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Es spricht vieles dafür, dass die Ausnahmeregelung in § 5 Abs. 2 Satz 4 3. Halbsatz
OVP nicht eingreift. Die Beendigung des Vorbereitungsdienstes im Jahre 2005 ist -
soweit sich dies im Rahmen des vorliegenden Eilverfahrens beurteilen lässt - nicht aus
wichtigem Grund im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 4 OVP erfolgt. Wichtige Gründe sind
nach Nr. 5.2 der Verwaltungsvorschriften zur Ordnung des Vorbereitungsdienstes und
der Zweiten Staatsprüfung für Lehrämter an Schulen (VVzOVP), RdErl. d. Ministeriums
für Schule, Jugend und Kinder (MSJK) vom 30. April 2004 - ABl. NRW. 2004, 169 -
insbesondere Familienzusammenführung, Kindererziehung, alleinige Verantwortung für
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einen ärztlich anerkannten Pflegefall, längere schwere Erkrankung oder berufliche
Weiterqualifizierung für den Lehrerberuf. Diese Aufzählung ist zwar nicht abschließend,
wie sich aus dem Wort "insbesondere" ergibt; dennoch macht Nr. 5.2 VVzOVP deutlich,
dass ein wichtiger Grund im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 4 OVP nach Auffassung des
MSJK - und damit nach Auffassung des Schöpfers der OVP - von einem Gewicht sein
muss, das dem der ausdrücklich genannten Beispielsfälle entspricht.
Vgl. VG Düsseldorf, Urteil vom 14. August 2007 - 2 K 388/07 -.
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Ein solcher Grund lässt sich hier nicht feststellen.
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Zu den Gründen für seinen Entlassungsantrag vom 19. August 2005 hat der
Antragsteller ursprünglich - in dem Entlassungsantragsformular - lediglich dargelegt:
"Aufnahme eines neuen Beschäftigungsverhältnisses". In seinem ersten Antrag auf
Wiedereinstellung, der vom 13. Juli 2006 datiert, hat der Antragsteller zu den
Beweggründen für die Beantragung der Entlassung ausgeführt, der Entlassungsantrag
sei aus finanziellen Zwängen heraus erfolgt; als er im Februar 2005 das Referendariat
begonnen habe, sei er davon ausgegangen, dass ihm in absehbarer Zeit Finanz-mittel
aus einem zivilrechtlichen Verfahren zugehen würden; weil das nicht der Fall gewesen
sei, sei die Perspektive, den Lebensunterhalt allein aus den Dienstbezügen zu
bestreiten, zum Zeitpunkt seines Entlassungsantrages auf Dauer nicht gewähr-leistet
gewesen. Im vorliegenden Verfahren des vorläufigen Rechtsschutzes sowie in dem
zugehörigen Klageverfahren 2 K 1603/08 hat der Antragsteller zu den Motiven für
seinen Entlassungsantrag dargelegt, nachdem er zum 1. Februar 2005 in den
Vorbereitungsdienst eingestellt worden sei, sei er gezwungen gewesen, Nachhilfe-
unterricht zu erteilen, weil er seinen Lebensunterhalt aus den Anwärterbezügen nicht
habe bestreiten können, er eine Gesamtforderung von 2.015,00 EUR mangels
pfändbaren Vermögens des Schuldners nicht erhalten habe und ihm weitere Kosten
durch den Umzug nach I. sowie durch die Doppelzahlung von Miete entstanden seien;
wegen des Zeitaufwandes für die An- und Abfahrt zu den jeweiligen Nachhilfe-schülern
und bedingt dadurch, dass sein Computer defekt gewesen sei, habe er um Entlassung
aus dem Vorbereitungsdienst nachsuchen müssen.
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Hiermit ist kein wichtiger Grund im Sinne des § 5 Abs. 2 Satz 4 OVP dargetan. Soweit
es dem Antragsteller nach seinen Ausführungen nicht möglich war, mit dem Antritt des
Vorbereitungsdienstes in I. verbundene finanzielle Belastungen (Umzugskosten,
doppelte Mietkosten) zu tragen, beruht dies ersichtlich auf einer unzureichenden
Planung und Vorbereitung des Dienstantritts. Dies geht zu Lasten des Antragstellers.
Das gilt um so mehr, als die in Frage stehenden Kostenpositionen nicht unkalkulierbar,
sondern voraussehbar mit dem Eintritt in den Vorbereitungs-dienst verbunden waren.
Auch kann der Antragsteller sich nicht erfolgreich darauf berufen, er habe darauf
vertraut, die ihm zustehende zivilrechtliche Forderung in Höhe von 2.015,00 EUR
realisieren zu können. Wie sich aus dem vom Antragsteller vorgelegten Schreiben des
Obergerichtsvollziehers C. vom 8. Februar 2005 ergibt, war hinsichtlich der fraglichen
Forderung schon geraume Zeit vor dem Eintritt des Antragstellers in den
Vorbereitungsdienst (der maßgebliche Vollstreckungsbe-scheid datiert vom 2.
Dezember 2004) die Zwangsvollstreckung eingeleitet worden. Vor diesem Hintergrund
durfte der Antragsteller nicht darauf vertrauen, die in Rede stehende Forderung ohne
Weiteres realisieren zu können. Soweit der Antragsteller schließlich geltend gemacht
hat, dass seine Anwärterbezüge nicht zur Bestreitung seines Lebensunterhalts
ausgereicht hätten, ist dies ebenfalls nicht nachvollziehbar, weil die Bezüge so
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bemessen sind, dass sie die Ableistung des Vorbereitungs-dienstes - bei bescheidenem
Lebenszuschnitt - ohne weiteres ermöglichen. Dafür, dass die vom Antragsteller geltend
gemachten finanziellen Zwänge auf zu seinen Lasten gehenden Umständen beruhen,
spricht nicht zuletzt, dass es einer Vielzahl von in vergleichbarer Situation befindlichen
Lehramtsanwärtern gelingt, durch vorausschauende Dispositionen sowohl mit dem
Eintritt in den Vorbereitungsdienst verbundene finanzielle Belastungen zu tragen als
auch mit den Anwärterbezügen ihren Lebensunterhalt einschließlich einzelner
Kostenpositionen der vom Antrag-steller geltend gemachten Art, wie zum Beispiel die
durch den Defekt eines Computers verursachten Kosten, zu bestreiten.
Es ist des Weiteren nicht erkennbar, dass vorliegend ein Ausnahmefall gegeben ist, in
dem von der in § 5 Abs. 2 Satz 4 OVP für den Regelfall ("soll") vorgesehenen
Verweigerung der Wiedereinstellung abzusehen wäre. Entsprechende
Ausnahmegründe hat der Antragsteller nicht dargelegt, und sie sind auch anderweitig
nicht ersichtlich.
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Dass der Antragsteller mit seinem Einstellungsbegehren im Hauptsacheverfahren 2 K
1603/08 wahrscheinlich Erfolg haben wird, kann schließlich auch nicht mit Blick auf das
Schreiben der Bezirksregierung B. vom 24. Juni 2008 angenommen werden, und zwar
selbst dann nicht, wenn man davon ausgeht, dass es sich hierbei um eine Zusicherung
im Sinne des § 38 Abs. 1 Satz 1 des Verwaltungsverfahrensgesetzes für das Land
Nordrhein-Westfalen (VwVfG NRW) handelt.
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Insoweit ist maßgeblich, dass die - angenommene - Zusicherung aller Voraussicht nach
rechtswidrig ist, weil sie auf die Vornahme einer rechtswidrigen Maßnahme gerichtet ist
und deswegen einer Rücknahme gemäß § 38 Abs. 2 i.V.m. § 48 VwVfG NRW
zugänglich ist. Die Rechtswidrigkeit ergibt sich dabei daraus, dass mit der Einstellung
des Antragstellers - entsprechend den vorstehenden Ausführungen - gegen § 5 Abs. 2
Satz 4 OVP und das durch die Ermessensbindung bewirkte Gleichbehandlungsgebot
verstoßen würde. Denn mit der Einstellung würde ohne ausreichende sachliche Gründe
von einer aus der genannten Vorschrift abgeleiteten ständigen Verwaltungspraxis
abgewichen.
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Vgl. BVerwG, Urteil vom 23. April 2003 - 3 C 25.02 -, NVwZ 2003, 1384 = DVBl 2004,
126; OVG NRW, Urteil vom 6. Oktober 2004 - 1 A 2470/03 -, Schütz / Maiwald,
Beamtenrecht des Bundes und der Länder, ES / C IV 1 Nr. 72 ( jeweils zur
Rechtswidrigkeit der Abweichung von einer durch Verwaltungsvorschriften gesteuerten
behördlichen Ermessenspraxis).
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Dabei verkennt die Kammer nicht, dass einer rechtswidrigen Zusicherung, sofern sie
nicht nichtig ist, bis zu ihrer Aufhebung die volle Bindungswirkung zukommt,
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vgl. OVG NRW, Beschluss vom 10. Januar 2008 - 6 A 2144/05 -, JURIS Rn. 6.
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Der Antragsteller hat gegen das Schreiben der Bezirksregierung B. vom 30. Juni 2008,
mit dem diese das Einstellungsangebot vom 24. Juni 2008 zurückgenommen hat, Klage
- 2 K 2422/08 - erhoben; diese Klage hat, sofern es sich - wie angenommen - bei der
Rücknahme des Einstellungsangebots um einen Verwaltungsakt handelt, gemäß § 80
Abs. 1 Satz 1 VwGO aufschiebende Wirkung. Dennoch rechtfertigen diese
Gegebenheiten nicht die Annahme, der Antragsteller werde mit seinem
Einstellungsbegehren im Hauptsacheverfahren 2 K 1603/08 mit hoher
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Wahrscheinlichkeit Erfolg haben. Denn zum einen hat der Antragsgegner die
Möglichkeit, die sofortige Vollziehung der Rücknahmeentscheidung nach § 38 Abs. 2, §
48 VwVfG NRW und § 80 Abs. 2 Satz 1 Nr. 4 VwGO anzuordnen und dadurch den
Suspensiveffekt zu beseitigen. Zum anderen ist davon auszugehen, dass über die
anhängigen Klagen (- 2 K 1603/08 und 2 K 2422/08 -) gleichzeitig entschieden wird, und
zwar - losgelöst von dem Gesichtspunkt der aufschiebenden Wirkung - unter
Zugrundlegung der dargestellten materiellrechtlichen Erwägungen. Aus diesen ergibt
sich, dass das Einstellungsangebot - sofern es sich überhaupt um eine Zusicherung
nach § 38 Abs. 1 Satz 1 VwVfG NRW handelt - gemäß § 38 Abs. 2 i.V.m. § 48 VwVfG
NRW rechtsfehlerfrei zurückgenommen werden konnte. Gesichtspunkte des
Vertrauensschutzes,
vgl. dazu OVG, Beschluss vom 10. Januar 2008 - 6 A 2144/05 -, JURIS Rn. 9 ff.,
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dürften dabei keine wesentliche Rolle spielen. Denn die Zusendung des
Einstellungsangebots vom 24. Juni 2008 war nach den konkreten Umständen des
Einzelfalles, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Antragsgegner die (Wieder-)
Einstellung des Antragstellers zuvor zweimal abgelehnt hatte und diese Entschei-dung
im Klageverfahren 2 K 1603/08 nachdrücklich verteidigt hatte, nicht geeignet,
schützenswertes Vertrauen beim Antragsteller zu begründen. Vielmehr musste sich ihm
geradezu aufdrängen, dass es zu dem Einstellungsangebot lediglich aufgrund eines
Versehens gekommen war.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Streitwertfestsetzung beruht auf §§ 53 Abs. 3 Nr. 1, 52 Abs. 1 des
Gerichtskostengesetzes (GKG). Die festgesetzte Summe entspricht der Hälfte des
Werts, der gemäß § 52 Abs. 5 Satz 1 Nr. 2 GKG im Klageverfahren anzusetzen wäre.
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