Urteil des VG Arnsberg vom 16.03.1999

VG Arnsberg (aufschiebende wirkung, antragsteller, grundstück, verwaltungsgericht, streitwert, 1995, verletzung, grenze, interesse, wirkung)

Verwaltungsgericht Arnsberg, 4 L 317/99
Datum:
16.03.1999
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
4. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
4 L 317/99
Tenor:
1. Der Antrag wird abgelehnt.
2. Der Antragsteller trägt die Kosten des Verfahrens; außergerichtliche
Kosten des Beigeladenen werden nicht erstattet.
3. Der Streitwert wird auf 3.000,00 DM festgesetzt.
G r ü n d e :
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Der zulässige Antrag,
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die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers vom 4. März 1999
gegen die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung vom 22. Februar 1999
betreffend die Einrichtung von 2 Pferdeställen auf dem Grundstück Gemarkung O. Flur 3
Flurstück 646 anzuordnen,
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hat in der Sache keinen Erfolg.
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Soweit sich dies in dem vorliegenden Verfahren, das nur eine summarische
Überprüfung der Sach- und Rechtslage gestattet, feststellen läßt, verstößt die
angefochtene Baugenehmigung nicht zum Nachteil des Antragstellers gegen dessen
Rechte. Sein Interesse daran, daß die angefochtene Baugenehmigung einstweilen nicht
ausgenutzt wird, hat sich mithin dem Interesse des Beigeladenen an der sofortigen
Vollziehung der Baugenehmigung unterzuordnen. Deshalb muß es bei der gesetzlichen
Regelung des § 212 a Abs. 1 des Baugesetzbuches (BauGB) verbleiben, wonach
einem Rechtsbehelf gegen eine bauaufsichtliche Zulassung keine aufschiebende
Wirkung zukommt.
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Die dem Beigeladenen erteilte Baugenehmigung verstößt zunächst nicht gegen
nachbarschützende Vorschriften des Bauordnungsrechts. Namentlich werden die
Grenzabstandsvorschriften des § 6 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen
(BauO NW) nicht verletzt. Vor denjenigen Außenwänden des Gebäudes H. straße 2, die
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von der Nutzungsänderung betroffen sind, erstrecken sich auf dem Grundstück des
Beigeladenen freie Flächen von mindestens 5 m Tiefe, so daß die
Mindestgrenzabstände nach § 6 BauO NW gewahrt sind. Im übrigen spricht einiges
dafür, daß sich der Antragsteller nicht mit Erfolg gegen eine Verletzung von § 6 BauO
NW zur Wehr setzen könnte, weil sein eigenes Gebäude H. straße 4 mit großen Teilen
der vorderen Außenwand auf der Grenze zum Grundstück des Beigeladenen steht, so
daß insoweit § 6 BauO NW nicht eingehalten ist. In der Rechtsprechung der
Verwaltungsgerichte ist es indessen anerkannt, daß derjenige, dessen eigenes
Gebäude mit dem aktuellen Grenzabstandrecht nicht vereinbar ist, nicht jedwede
Verletzung der Grenzabstandsvorschriften auf angrenzenden Grundstücken mit Erfolg
abwehren kann.
Anderweitige Verstöße gegen das Bauordnungsrecht sind weder aus den Akten
ersichtlich noch seitens des Antragstellers vorgetragen. Danach sind weitere
Ausführungen zum Bauordnungsrecht entbehrlich.
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In bauplanungsrechtlicher Hinsicht ist dem Antragsteller allerdings grundsätzlich darin
zuzustimmen, daß ein Pferdestall neben einer reinen Wohnbebauung häufig unzulässig
ist,
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vgl. hierzu etwa: Verwaltungsgerichtshof Baden- Württemberg (VGH BW), Urteil vom 16.
Mai 1990 - 3 S 218/90 -; Oberverwaltungsgericht des Saarlandes (OVG Saar), Urteil
vom 1. März 1990 - 2 R 8/89 -, Baurechtssammlung (BRS) Band 50 Nr. 190; VGH BW,
Urteil vom 28. September 1988 - 3 S 735/88 -, Entscheidungen der
Verwaltungsgerichtshöfe Band 39, Seite 312; OVG Saar, Beschluß vom 29. Januar
1988 - 2 R 363/86 -, BRS Band 48 Nr. 52.
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Im vorliegenden Fall muß der Antragsteller das Vorhaben des Beigeladenen dennoch
hinnehmen, auch wenn er Miteigentümer eines reinen Wohngebäudes ist. Die Kammer
folgt der Rechtsauffassung des Antragsgegners, wonach die nähere Umgebung der
betroffenen Grundstücke nach der Art der vorhandenen baulichen Nutzung jedenfalls
nicht als allgemeines Wohngebiet im Sinne von § 4 der Baunutzungsverordnung
(BauNVO) in Verbindung mit § 34 Abs. 2 BauGB angesehen werden kann. Der
Berichterstatter der Kammer hatte die örtlichen Gegebenheiten bereits am 17. August
1995 in dem auch vom Antragsteller zitierten Verfahren 4 K 555/95 in Augenschein
genommen. Seinerzeit konnte er in O. noch landwirtschaftliche Betätigung
nennenswerten Umfangs ausmachen (vgl. Seiten 3 und 4 der Niederschrift über den
Termin vom 17. August 1995), so daß sich die Annahme verbot, es liege ein (faktisches)
Wohngebiet vor. Wenn die Kammer in der mündlichen Verhandlung vom 24. Oktober
1995 dennoch auf den Beklagten jenes Verfahrens, den heutigen Antragsteller, sowie
den Beigeladenen einwirkte mit dem Ziel, eine Erledigung der Hauptsache
herbeizuführen, geschah dies ausschließlich in Ansehung der damals konkret
ausgeübten bzw. genehmigten Nutzung des Nachbargrundstücks zur Haltung
geflügelter Kleintiere in größerer Stückzahl, welche die Kammer als dem Kläger
gegenüber rücksichtslos angesehen hat. Die Kammer hat jedoch zu keinem Zeitpunkt
zu erkennen gegeben, eine über Hund und Katze hinausgehende Tierhaltung auf dem
Grundstück des Beigeladenen sei bauplanungsrechtlich unzulässig.
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Auf der Grundlage der Erkenntnis, daß die nähere Umgebung des Grundstücks des
Antragstellers jedenfalls auch durch landwirtschaftliche Nutzungen nennenswerten
Umfangs geprägt wird, erweisen sich Stallungen, in denen gerade einmal zwei Pferde
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untergebracht werden sollen, angesichts ihres eher geringfügigen Emissionsverhaltens
als mit dem bauplanungsrechtlichen Gebot der Rücksichtnahme, das Bestandteil des §
34 Abs. 1 BauGB bzw. in § 15 Abs. 2 BauNVO enthalten ist, vereinbar. Immerhin ist
auch der Antragsteller augenscheinlich nicht in der Lage, konkrete Beeinträchtigungen
seitens der genehmigten Nutzungsart zu bezeichnen. Im übrigen sei er an dieser Stelle
nochmals darauf hingewiesen, daß der Ortsteil O. der Stadt C. jedenfalls im hier
betroffenen Kernbereich kein allgemeines oder reines Wohngebiet ist, sondern ein auch
landwirtschaftlichen Nutzungen dienendes Gebiet. Insoweit hat der Antragsteller sich
mit einer - tendenziell geringfügigen - Pferdehaltung auf dem Nachbargrundstück
abzufinden.
Die Kostenentscheidung folgt aus §§ 154, 162 Abs. 3 VwGO.
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Die Entscheidung über den Streitwert ergeht auf der Grundlage von §§ 13 Abs. 1 Satz 1,
20 Abs. 3 des Gerichtskostengesetzes. Angesichts der allenfalls geringfügigen
Beeinträchtigung des Grundstücks des Antragstellers durch das genehmigte Vorhaben
dürfte der Streitwert für das Hauptsacheverfahren eher der unteren Grenze des von
3.000,00 DM bis 30.000,00 DM reichenden Rahmens zu entnehmen sein. Angesichts
der Vorläufigkeit des anhängigen Verfahrens ist es gerechtfertigt, diesen Betrag noch zu
halbieren.
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