Urteil des VG Arnsberg vom 13.09.2005

VG Arnsberg: rohbau, post, geringfügigkeit, bauwerk, stadt, holz, stahl, materialien, aufenthalt, genehmigung

Verwaltungsgericht Arnsberg, 11 K 2120/04
Datum:
13.09.2005
Gericht:
Verwaltungsgericht Arnsberg
Spruchkörper:
11. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
11 K 2120/04
Tenor:
Der Gebührenbescheid des Beklagten vom 13.06.2003 in der Gestalt
des Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung B. vom 12.05.2004
wird aufgehoben, soweit der Beklagte darin Baugebühren von mehr als
20.549,00 EUR festgesetzt hat. Im übrigen wird die Klage abgewiesen.
Die Kosten des Rechtsstreits trägt der Kläger zu 9/10, der Beklagte zu
1/10.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der jeweilige
Vollstreckungsschuldner kann die Vollstreckung durch
Sicherheitsleistung oder Hinterlegung in Höhe des zu vollstreckenden
Betrages abwenden, wenn nicht der jeweilige Vollstreckungsgläubiger
zuvor Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Der Beklagte erteilte dem Kläger unter dem 11.06.2003 die Genehmigung zur Errichtung
von zwei Lebensmittelmärkten - einem Discounter und einem Einkaufsmarkt - mit einem
angegliederten Parkplatz. Dem am 20.12.2002 beim Beklagten eingegangenen
Bauantrag des Klägers entsprechend sollte der Discounter über eine
Gesamtgrundfläche von 1.018,94 m² verfügen, wovon 734,33 m² auf die Bereiche
Verkauf und Vorkasse, 238,69 m² auf Lagerfläche und 45,92 m² auf Büro- und
Personalräume (Aufenthalt, WC und Flur) entfielen. Für den Einkaufsmarkt war eine
Gesamtgrundfläche von 1.714,98 m² vorgesehen, wovon auf die Bereiche Verkauf
(einschließlich Bäcker und Zeitschriftenverkauf) und Vorkasse 1.276,22 m², auf Flächen
für Lager, Kühlung, Fleischvorbereitung, Kunden-WC etc. 385,93 m², auf Personalräume
(Aufenthalt, WC, Umkleide) 43,69 m² sowie auf Bürofläche 9,14 m² entfielen. Die Märkte
sollten errichtet werden als zwei aneinandergebaute, durch eine Brandwand aus
Fertigteilen getrennte Bauwerke. Die Außenwände dieser Bauwerke sollten aus auf
Streifenfundamenten errichteten Stahlbetonstützen mit verputzten Außenwänden aus
Porenbeton bestehen. Für die Dachkonstruktion waren Nagelplattenbinder, für die
Eindeckung Dachpfannen vorgesehen. Die Decken sollten aus abgehängten
2
Mineralfaserplatten mit zusätzlichen Unterdecken F30 im Bereich von Lager- und
Sozialräumen, der Böden aus Kunststein auf Stahlbetonsohle gestaltet werden. Die
Trennwände im Innenbereich sollten aus Mauerwerk bestehen. Den insgesamt
umbauten Raum gab der Kläger mit 17.110,52 m³ an.
Mit der Baugenehmigung bewilligte der Beklagte eine Abweichung von der Vorschrift in
§ 32 der Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) über die
Einhaltung von Brandabschnitten. Im übrigen hatte der Beklagte dem Kläger bereits
zuvor unter dem 20.05.2003 eine Teilbaugenehmigung für die Ausführung der Erd- und
Entwässerungsarbeiten erteilt.
3
Durch Bescheid vom 13.06.2003 setzte der Beklagte für die Erteilung dieser
Genehmigungen gegenüber dem Kläger Verwaltungsgebühren in Höhe von insgesamt
22.999,50 EUR fest. In diesem Betrag enthalten war ein Gebührenanteil von 250,00
EUR für die Teilbaugenehmigung sowie ein Betrag von 500,00 EUR für die Bewilligung
der Abweichung von § 32 BauO NRW. Der größte Teil der festgesetzten Gebühren - ein
Betrag von 22.249,50 EUR - entfiel auf die Grundgebühr für die Baugenehmigung vom
11.06.2003, wobei der Beklagte insoweit eine Rohbausumme von 1.711.500,00 EUR
zugrundelegte.
4
Unter dem 16.06.2003 legte der Kläger gegen diesen Gebührenbescheid Widerspruch
ein. Zur Begründung gab er an, dass die Rohbausumme überhöht sei. Ausweislich des
mit dem Generalunternehmer abgeschlossenen Vertrags seien nur etwa 50% der
angesetzten Kosten angemessen.
5
Durch Bescheid vom 12.05.2004, als Einschreiben zur Post gegeben am 18.05.2004,
wies die Bezirksregierung B. die vom Kläger erhobenen Widersprüche als unbegründet
zurück. Der angegriffene Gebührenbescheid des Beklagten sei nicht zu beanstanden.
Insbesondere entspreche die von ihm veranschlagte Rohbausumme den rechtlichen
Vorgaben. Die zur allgemeinen Verwaltungsgebührenordnung ergangene
Rohbaukostentabelle, die insoweit einschlägig sei, sehe für Verkaufsstätten bis 2.000
m² Verkaufsfläche einen Rohbauwert von 100,00 EUR pro Kubikmeter umbauten
Raumes vor. Nachdem die vom Kläger errichteten Lebensmittelmärkte einen umbauten
Raum von 17.110,52 Kubikmeter aufwiesen, ergebe sich rechnerisch eine - gerundete -
Rohbausumme von 1.711.500,00 EUR.
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Hiergegen wendet sich der Kläger mit der vorliegenden Klage, die am 24.06.2004 bei
Gericht eingegangen ist. Der Kläger verweist darauf, dass der Widerspruchsbescheid
seinen im Vorverfahren als Bevollmächtigten tätig gewordenen Architekten erst am
25.05.2004 zugegangen seien, so dass die Klage fristgerecht erhoben sei. Die Klage
sei auch begründet, weil der angefochtene Gebührenbescheid des Beklagten
rechtswidrig sei. Die von ihm veranschlagte Rohbaukostensumme, welche der
Gebührenfestsetzung zugrunde liege, sei in mehrfacher Hinsicht überhöht. Zum einen
habe der Beklagte verkannt, dass der von ihm angezogene Rohbauwert überhöht sei.
Zwar treffe es zu, dass die einschlägige Rohbaukostentabelle unter Nr. 15 für ein- und
mehrgeschossige Läden bis 2.000 m² Verkaufsfläche einen Rohbauwert von 100,00
EUR pro Kubikmeter umbauten Raumes vorsehe. Dies gelte - wie ein entsprechender
Zusatz in Nr. 15 der Tabelle ausweise - indessen dann nicht, wenn sich die betreffenden
Verkaufsstätten als Hallenbauten ohne oder mit geringen Einbauten im Sinne von Nr. 22
der Rohbaukostentabelle darstellten. In diesem Fall lägen die Rohbauwerte - abhängig
von Größe und Bauart des jeweiligen Baus - zwischen 25,00 EUR und 51,00 EUR pro
7
Kubikmeter und damit deutlich niedriger als vom Beklagten angenommen. In Ansehung
der hier fraglichen Lebensmittelmärkte müsse die Rohbaukostensumme auf der
Grundlage der letztgenannten Bestimmung ermittelt werden, weil jene in typischer
Hallenbauweise errichtet seien. Die Hallen verfügten auch nicht über nennenswerte
Einbauten. Soweit in den der Baugenehmigung zugrundeliegenden Bauplänen
Verkaufsregale, Kassen und ähnliches eingezeichnet seien, handele es sich nicht um
Einbauten im Sinne der Nr. 22 der Rohbaukostentabelle, da die betreffenden
Einrichtungen eben gerade nicht fest eingebaut seien, sondern jederzeit umgestellt
werden könnten. Im übrigen beträfen diese Einbauten nicht den für die Einstufung in die
Rohbaukostentabelle allein maßgeblichen Rohbau; sie fänden vielmehr erst im
Rahmen nachfolgender Ausbaumaßnahmen statt. Nach alledem habe die Berechnung
der Rohbausumme für die von ihm - dem Kläger - errichteten Hallen auf der Grundlage
von Nr. 22 der Rohbaukostentabelle zu erfolgen. In entsprechender Weise werde von
anderen Behörden wie etwa dem Oberbürgermeister der Stadt I. für die dort in
vergleichbarer Weise errichteten Lebensmittelmärkte verfahren. Die Einstufung als
Hallenbau trage schließlich auch den tatsächlich aufgewendeten Rohbaukosten
Rechnung, die bei nur etwa 50% der vom Beklagten ermittelten Rohbausumme lägen.
Jene Rohbausumme sei im übrigen auch dann überhöht, wenn man mit dem Beklagten
davon ausgehe, dass in Ansehung der hier fraglichen Lebensmittelmärkte die Nr. 22 der
Rohbaukostentabelle nicht einschlägig sei. Denn der Rohbauwert von 100,00 EUR in
Nr. 15 der Tabelle, auf den der Beklagte abstelle, gelte nur für Läden mit einer
Verkaufsfläche bis 2.000 m². Für eingeschossige Verkaufsstätten über 2.000 m²
Verkaufsfläche vermindere sich der Rohbauwert je Kubikmeter umbauten Raumes
demgegenüber gemäß Nr. 16 der Rohbaukostentabelle auf 89,00 EUR. Allenfalls dieser
Tabellenwert sei einschlägig, nachdem das von ihm - dem Kläger - entsprechend der
Genehmigung des Beklagten ausgeführte Bauvorhaben eine Verkaufsfläche von
2.027,00 m² aufweise.
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Der Kläger beantragt,
9
den Gebührenbescheid des Beklagten vom 13.06.2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung B. vom 12.05.2004 aufzuheben, soweit
Gebühren in Höhe von mehr als 8.225,00 EUR verlangt werden,
10
hilfsweise den Gebührenbescheid des Beklagten vom 13.06.2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung B. vom 12.05.2004 aufzuheben, soweit
Gebühren in Höhe von mehr als 9.713,50 EUR verlangt werden,
11
hilfsweise den Gebührenbescheid des Beklagten vom 13.06.2003 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Bezirksregierung B. vom 12.05.2004 aufzuheben, soweit
Gebühren in Höhe von mehr als 20.549,00 EUR verlangt werden.
12
Der Beklagte beantragt,
13
die Klage abzuweisen.
14
Er trägt zur Begründung vor: Die für die Höhe der vom Kläger zu entrichtenden
Baugebühren maßgebliche Rohbausumme sei mit 1.711.500,00 EUR zutreffend
ermittelt. Maßgeblich sei insoweit allein der sich aus Nr. 15 der einschlägigen
Rohbaukostentabelle ergebende Rohbauwert für Verkaufsstätten mit einer
15
Verkaufsfläche bis zu 2.000 m². Bei dem Bauvorhaben des Klägers handle es sich
schon nicht um einen Hallenbau, weil dieser gemeinhin charakterisiert werde durch eine
auf Punktfundamenten errichtete Stahl-, Holz- oder Holzträgerkonstruktion mit
zwischengehängten Fertigbauteilen aus ähnlichen Materialien. Demgegenüber stelle
sich das hier fragliche Bauwerk als ein auf Streifenfundamenten massiv errichteter
Baukörper mit Außenwänden aus Porenbeton und einer zimmermannsmäßigen
Dachkonstruktion mit Dachziegeln dar. Auch sei die Schwelle der Geringfügigkeit bei
den Einbauten überschritten. Die durch bauliche Maßnahmen abgetrennten
Nebenräume für Personal, Lagerfläche, Kühlung, Haustechnik etc. erreichten einen
Anteil von rund 27% an der Gesamtfläche und könnten insoweit nicht mehr als
geringfügig qualifiziert werden. Abgesehen davon begegne es grundsätzlichen
Bedenken, Bauvorhaben der hier fraglichen Art nach Maßgabe der Nr. 22 der
Rohbaukostentabelle abzurechnen. Nach der heute üblichen Bauweise wären dann
nämlich selbst größere Einkaufszentren oder Warenhäuser trotz des erheblichen
Prüfungsaufwandes gebührenmäßig als Hallenbauten zu behandeln, wohingegen für
Nr. 15 der Tabelle lediglich noch Kleinläden übrig blieben, die indessen gerade einen
niedrigeren Prüfungsaufwand verursachten.
Der Kläger könne schließlich nicht damit gehört werden, dass hinsichtlich der von ihm
errichteten Lebensmittelmärkte mit Rücksicht auf eine Gesamtverkaufsfläche von
2.027,00 m² jedenfalls Nr. 16 der Rohbaukostentabelle einschlägig sei. Insoweit lasse
er außer Betracht, dass es sich bei dem Bauvorhaben um zwei räumlich voneinander
getrennte Läden mit Verkaufsflächen von jeweils unter 2000 m² handle, andernfalls im
übrigen auch die strengeren Vorschriften der Verkaufsstättenverordnung zwingend zu
beachten gewesen wären.
16
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten
wird Bezug genommen auf den Inhalt der Streitakten und der beigezogenen
Verwaltungsvorgänge des Beklagten sowie der Bezirksregierung B. .
17
E n t s c h e i d u n g s g r ü n d e :
18
Die Klage ist als Anfechtungsklage gemäß § 42 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung
(VwGO) zulässig. Sie ist insbesondere fristgerecht erhoben. Der Widerspruchsbescheid
der Bezirksregierung B. vom 12.05.2004 ist ausweislich der beigezogenen
Widerspruchsvorgänge am Dienstag, dem 18.05.2004 als Einschreiben zur Post
gegeben worden. Ein entsprechend aufgegebener Bescheid gilt gemäß § 1 Abs. 1 des
Verwaltungszustellungsgesetzes für das Land Nordrhein-Westfalen (VwZG NRW) in
Verbindung mit § 4 Abs. 1 des Verwaltungszustellungsgesetzes (VwZG) mit dem dritten
Tag nach der Aufgabe zur Post als zugestellt, es sei denn, dass das zuzustellende
Schriftstück nicht oder zu einem späteren Zeitpunkt zugegangen ist, wobei hierfür die
Behörde beweispflichtig ist. Im vorliegenden Fall greift die Drei-Tage-Fiktion nicht,
nachdem der Kläger vorgetragen hat, dass der Widerspruchsbescheid vom 12.05.2004
erst am 25.05.2004 bei seinen Architekten eingegangen sei. Der Beklagte ist dem nicht
entgegengetreten. Es dürfte ihm abgesehen davon auch nicht möglich sein, Beweis
über den Zeitpunkt des Zugangs des Widerspruchsbescheides zu führen, nachdem eine
vom Gericht am 19.07.2005 eingeholte Auskunft der Auskunftsstelle der Deutschen Post
ergeben hat, dass jener Bescheid dort in Verlust geraten ist, so dass nicht festgestellt
werden kann, ob er überhaupt ausgehändigt worden ist. Bei dieser Sachlage ist davon
auszugehen, dass die am 24.06.2004 bei Gericht eingegangene Klage innerhalb der
Monatsfrist des § 74 Abs. 1 VwGO erhoben worden ist.
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Die zulässige Klage ist allerdings überwiegend unbegründet. Der angefochtene
Bescheid ist lediglich hinsichtlich eines Teilbetrages in Höhe von 2.450,50 EUR
rechtswidrig; im übrigen ist er rechtmäßig und verletzt den Kläger nicht in eigenen
Rechten (§ 113 Abs. 1 VwGO).
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Rechtsgrundlage für die Erhebung der streitbefangenen Baugebühren sind die
Bestimmungen in §§ 1 Abs. 1 und 2 des Gebührengesetzes für das Land Nordrhein-
Westfalen (GebG NRW) in Verbindung mit § 1 der Allgemeinen
Verwaltungsgebührenordnung (AVwGebO) vom 09.11.2001 (GV NRW S. 262) in der
zum maßgeblichen Zeitpunkt des Eingangs des Bauantrags am 20.12.2002 (vgl. § 11
Abs. 1 Satz 1 GebG NRW) geltenden Fassung der 2. Änderungsverordnung vom
11.06.2002 (GV NRW S. 223) sowie die Tarifstellen (TS) 2.4.1.3, 2.4.5 und 2.5.3.1 des
Allgemeinen Gebührentarifs (AGT) zur AVwGebO.
21
Gemäß der TS 2.4.1.3 AGT sind für die Erteilung der Baugenehmigung für die
Errichtung und Erweiterung von Gebäuden im Sinne von § 68 Abs. 1 Satz 3 der
Bauordnung für das Land Nordrhein-Westfalen (BauO NRW) - also auch
Verkaufsstätten mit mehr als 700 m² Verkaufsfläche wie im vorliegenden Fall (§ 68 Abs.
1 Satz 3 Nr. 4 BauO NRW) - 13 v. T. der Rohbausumme als Grundgebühr festzusetzen.
22
Die Rohbausumme ergibt sich nach Maßgabe von TS 2.1.2 Abs. 1 AGT für die in der
Anlage 1 zum Gebührentarif - der sogenannten „Rohbaukostentabelle" - genannten
Gebäudearten aus der Vervielfachung ihres Brutto-Rauminhalts mit den jeweils
angegebenen Rohbauwerten je m³ Brutto-Rauminhalts, wobei die auf dieser Grundlage
ermittelte Rohbausumme auf volle 500,00 EUR aufzurunden ist (Abs. 5 letzter Satz).
23
Die Rohbaukostentabelle in der hier maßgeblichen Fassung vom 12.06.2001 (GV NRW
S. 432) enthält, soweit sie für den vorliegenden Fall von Bedeutung ist, folgende
Rohbauwerte:
24
Nr. 15. ein- und mehrgeschossige Läden (Verkaufs- stätten) bis 2.000 m² Verkaufsfläche
(soweit nicht unter Nr. 22) = 100,00 EUR/m³;
25
Nr. 16. eingeschossige Verkaufsstätten über 2.000 m² Verkaufsfläche, Einkaufszentren
(soweit nicht unter Nr. 22) = 89,00 EUR/m³;
26
Nr. 22. Hallenbauten wie Fabrik-, Werkstatt- und Lager- hallen, einfache Sport- und
Turnhallen, ohne oder mit geringen Einbauten a) bis 3.000 m³ umbauten Raum Bauart
leicht = 33,00 EUR/m³ Bauart mittel = 41,00 EUR/m³ Bauart schwer = 51,00 EUR/m³ b)
der 3.000 m³ übersteigende umbaute Raum Bauart leicht = 25,00 EUR/m³ Bauart mittel
= 32,00 EUR/m³ Bauart schwer = 38,00 EUR/m³.
27
Einschlägig für die Ermittlung der Rohbausumme ist in Ansehung der hier fraglichen
Baulichkeit der unter Nr. 16 der Rohbaukostentabelle genannte Rohbauwert von 89,00
EUR/m³. Bei dem vom Kläger errichteten Gebäude handelt es sich um eine
eingeschossige Verkaufsstätte, deren gesamte Verkaufsfläche nach der für die
Gebührenberechnung maßgeblichen Planung 2.010,55 m² (734,33 m² für den
Discounter und 1.276,22 m² für den Einkaufsmarkt) beträgt und damit über der Grenze
von 2.000 m² liegt. Der Auffassung des Beklagten, dass bei der Zuordnung einer
Verkaufsstätte zur Rohbaukostentabelle die Verkaufsflächen der jeweiligen Läden
28
gesondert in den Blick genommen werden müssten, vermag die Kammer nicht zu
folgen. Die Berechnung der Grundgebühr nach TS 2.4.1.3 AGT knüpft an der
Rohbausumme des Gebäudes an, welches bei der Zuordnung zu den Gebäudearten
der Rohbaukostentabelle dementsprechend zunächst als Gesamtheit in den Blick zu
nehmen ist. Eine Differenzierung nach Gebäudeteilen findet gemäß TS 2.1.2 Abs. 4
AGT lediglich bei Gebäuden mit gemischter Nutzung statt, wobei hierzu ungeachtet der
identischen Gesamtnutzung eines Gebäudes ausnahmsweise auch der Aspekt der
unterschiedlichen Geschossigkeit - also der Nutzung in ein- oder mehrgeschossigen
Gebäudeteilen - zählen kann.
Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss
vom 20.07.2004 - 9 A 201/02 -.
29
Eine in entsprechender Weise differenzierende Berechnung der Rohbaukostensumme
unter Aufgliederung eines einheitlich für Verkaufsstätten genutzten Gebäudes in
unterschiedliche, durch die jeweilige Größe verschiedener Läden definierte
Gebäudeteile kommt hiernach nicht in Betracht.
30
Vgl. im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 05.08.1996 - 9 A 1749/94 -.
31
Das hier fragliche Bauwerk zählt entgegen der Auffassung des Klägers aber auch nicht
zu den unter Nr. 22 der Rohbaukostentabelle erfassten Hallenbauten. Allerdings ist es
von seiner Bauart her unzweifelhaft als Hallenbau zu qualifizieren. Die Behauptung des
Beklagten, ein Hallenbau werde gemeinhin durch eine auf Punktfundamenten errichtete
Stahl-, Holz- oder Holzträgerkonstruktion mit zwischengehängten Fertigbauteilen aus
ähnlichen Materialien charakterisiert, wird bereits durch die Fußnote 1 zu Nr. 22 der
Rohbaukostentabelle widerlegt. Dort wird als Beispiel einer „leichten Wandverkleidung"
bei Hallen eine 11,5 cm starke Ausmauerung der Wände angeführt. Dementsprechend
sind ausgemauerte Wände wie im vorliegenden Fall geradezu typisch für Hallenbauten.
32
Indessen verfügt der vom Kläger errichtete Hallenbau nicht - wie unter Nr. 22 der
Rohbaukostentabelle gefordert -über nur geringe Einbauten. Dabei kann dahinstehen,
ob es in diesem Zusammenhang lediglich auf die Einbauten im Rohbauzustand oder
auch die nachfolgenden Einbauten ankommt mit Rücksicht darauf, dass erst der
endgültige Ausbauzustand einer Anlage den für die Einordnung in die
Rohbaukostentabelle maßgeblichen Nutzungszweck widerspiegelt.
33
Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.09.2004 - 9 A 3814/02 -.
34
Denn selbst dann, wenn man zugunsten des Klägers auf den Rohbauzustand abstellt,
ist im vorliegenden Fall in Ansehung der bis zu diesem Zeitpunkt vorzunehmenden
beziehungsweise vorgenommenen Einbauten das Maß der Geringfügigkeit
überschritten. Dabei ist zur Klarstellung darauf hinzuweisen, dass sich - schon vom
Wortsinn her - die „Einbauten" als ein zusätzliches Element zum Rohbau darstellen, der
als solcher im Sinne des § 82 Abs. 3 BauO NRW allein aus die Gesamtheit der
tragenden Teile, Schornsteine, Brandwände und der Dachkonstruktion besteht. Die
„Einbauten" sind das, was in den aus jenen Bauteilen bestehenden Rohbau zusätzlich
eingebaut - also mit dem Rohbau konstruktiv verbunden - wird. Im vorliegenden Fall
zählen hierzu namentlich die Wände zur Abtrennung zusätzlicher Räumlichkeiten sowie
die Decken, die im vorliegenden Fall nicht - wie bei Hallenbauten allenfalls üblich -,
35
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16.09.2004 aaO.,
36
reinen Verkleidungscharakter haben, sondern - wie das Brandschutzkonzept des
Klägers ausweist (Beiakte Heft 5 Bl. 11 f) - der brandschutztechnischen Abkapselung
von Lager- und Sozialräumen dienen. Entsprechende Einbauten können als gering im
Sinne der Nr. 22 der Rohbaukostentabelle gelten, soweit sie das für den Betrieb eines
Ladengeschäfts rechtlich oder faktisch unbedingt Erforderliche nicht überschreiten.
37
Vgl. Urteil der Kammer vom 16.09.1994 - 11 K 7939/93 -.
38
Dies mag mit Blick auf die dem Discounter zugeordneten Nebenräume - Lager,
Personalraum und Toiletten - noch der Fall sein. Beim Einkaufsmarkt ist die in dieser
Weise definierte Grenze der Geringfügigkeit indessen nicht gewahrt. Dort finden sich
zusätzlich eine Reihe von Räumlichkeiten, deren Vorhandensein nicht aus den
grundlegenden Notwendigkeiten einer Verkaufsstätte resultiert, sondern allein aus dem
Wunsch des Klägers nach einer besonderen Gestaltung seines Einkaufsmarktes. Hierzu
zählen etwa die Nebenräume der Fleischerei (Fleischvorbereitung, Kühlräume, WC
Vorbereitung, Anlieferung Fleisch), die Nebenräume der Bäckerei (WC Bäcker) oder
das gesonderte Obstlager mit einer Kühlzelle für Obst und Gemüse. Vermag mit Blick
darauf bei dem Einkaufsmarkt von „geringfügigen" Einbauten nicht mehr die Rede zu
sein, so kann das Bauvorhaben, das - wie oben dargelegt - bei der Zuordnung zur
Rohbaukostentabelle in seiner Gesamtheit in den Blick zu nehmen ist - insgesamt nicht
unter die Nr. 22 jener Tabelle rubriziert werden. Aus dem gleichen Grunde kommt eine
Aufteilung nach Hallenteilen mit Einbauten und Hallenteilen ohne solche, wie sie vom
Prozessbevollmächtigten des Klägers in der mündlichen Verhandlung unter
Bezugnahme auf entsprechende Gebührenfestsetzungen der Stadt I. ins Gespräch
gebracht worden ist, nicht in Betracht.
39
Ausgehend von einem insgesamt umbauten Raum von 17.110,52 m³ beläuft sich die
Rohbausumme unter Zugrundelegung eines Rohbauwerts von 89,00 EUR/m³ nach
Maßgabe von Nr. 16 der Rohbaukostentabelle auf 1.522.836,20 EUR, was - unter
Aufrundung auf volle 500 EUR (= 1.523.000,00 EUR) - nach Maßgabe von TS 2.4.3.1
AGT eine Grundgebühr in Höhe von 19.799,00 EUR (1.523.000./.1000x13) ergibt.
40
Was die vom Beklagten weiterhin festgesetzten Gebühren - 250,00 EUR für die
Erteilung der Teilbaugenehmigung nach Maßgabe der TS 2.4.5 AGT und 500,00 EUR
für die Bewilligung einer Abweichung von der vorgeschriebenen Länge der
Brandabschnitte nach Maßgabe der TS 2.5.3.1 AGT - betrifft, so sind diese weder dem
Grunde noch der Höhe nach streitig. Es sind auch ansonsten keine Anhaltspunkte für
die Fehlerhaftigkeit der entsprechende Gebührenansätze erkennbar.
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Hiernach ist der angefochtene Heranziehungsbescheid vom 13.06.2003 hinsichtlich
einer Höhe von 20.549,00 EUR zu Recht ergangen; hinsichtlich des darüber
hinausgehenden Betrages von 2.450,50 EUR unterliegt er der Aufhebung.
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Die Kostenentscheidung folgt aus § 155 Abs. 1 VwGO; die Entscheidung über die
vorläufige Vollstreckbarkeit beruht auf den §§ 167 Abs. 1 und 2 VwGO, 708 Nr. 11, 711
der Zivilprozessordnung (ZPO).
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