Urteil des VG Aachen vom 10.12.2010

VG Aachen (der rat, vergnügungssteuer, einsatz, steuer, aufwand, stadt, betrag, bemessungsgrundlage, konkrete berechnung, geld)

Verwaltungsgericht Aachen, 9 K 1313/09
Datum:
10.12.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 1313/09
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen.
Die Kosten des Verfahrens trägt die Klägerin.
Das Urteil ist hinsichtlich der Kosten vorläufig vollstreckbar. Die Klägerin
kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe von 110 %
des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn
nicht der Beklagte vor der Vollstreckung Sicherheit in Höhe des jeweils
zu vollstreckenden Betrages leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin ist gewerbliche Spielautomatenaufstellerin und stellte unter anderem in
Spielhallen in Aachen Spielautomaten mit Geldgewinnmöglichkeit auf.
2
Der Beklagte erhebt Vergnügungssteuer. Am 1. April 2006 trat die am 22. Februar 2006
beschlossene neue Vergnügungssteuersatzung der Stadt Aachen (VgStS 2006) in Kraft.
Nach § 9 Abs. 1 VgStS 2006 erfolgte die Besteuerung von Geldspielautomaten nicht
mehr unter Anwendung eines Stückzahlmaßstabes. Maßgeblich war nunmehr der sog.
"Spieleraufwand".
3
§ 9 Abs. 1 VgStS 2006 lautete in seiner ursprünglichen Fassung:
4
§ 9 Apparate
5
(1) Für die Benutzung von Apparaten nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 mit Gewinnmöglichkeit
bemisst sich die Steuer nach der Summe der von den Spielern je Spielhalle/je
sonstigen Ortes des Veranstalters aufgewendeten Beträge (Spieleraufwand). Die Steuer
beträgt 5 vom Hundert des Spieleraufwandes. Der Spieleraufwand errechnet sich aus
der Anzahl der bezahlten Spiele, multipliziert mit dem Preis pro Spiel. Bei Verwendung
von Chips, Token und dergleichen ist der hierfür maßgebliche Geldwert zugrunde zu
legen.
6
Durch den am 6. Juni 2007 beschlossenen 2. Nachtrag zur Vergnügungssteuersatzung
7
wurde mit Rückwirkung zum 1. April 2006 die Vergnügungssteuersatzung geändert.
§ 9 Abs. 1 VgStS 2006 wurde wie folgt gefasst:
8
"(1) Für die Benutzung von Apparaten nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 mit Gewinnmöglichkeit
bemisst sich die Steuer nach der Summe der von den Spielern je Spielhalle/je
sonstigen Ortes des Veranstalters aufgewendeten Beträge (Spieleraufwand).
Veranlagungszeitraum ist das Kalendervierteljahr. Die Steuer beträgt 5 vom Hundert
des Spieleraufwandes.
9
Nach § 9 VgStS 2006 wurde folgender § 9a eingefügt:
10
"§ 9a Vereinfachung der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen (1) Erklärt der
Anmeldeverpflichtete für einzelne oder mehrere Apparate im Sinne des § 9 Absatz 1
den Spieleraufwand in der Steueranmeldung nach § 14 Abs. 7 nicht, gilt als
Spieleraufwand nach § 9 Abs. 1 das Dreieinhalbfache des Einspielergebnisses.
Einspielergebnis ist der Betrag der elektronisch gezählten Bruttokasse. Dieser errechnet
sich aus der elektronisch gezählten Kasse zuzüglich Röhrenentnahme (sog.
Fehlbetrag), abzüglich Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld. Hat der
Anmeldeverpflichtete mindestens einmal den Spieleraufwand in der Steueranmeldung
nach § 14 nicht erklärt und nachfolgend in einer Steueranmeldung nach § 14 den
Spieleraufwand im Sinne des § 9 Absatz 1 erklärt, ist der Anmeldeverpflichtete ab
diesem Zeitpunkt für den gesamten zukünftigen Zeitraum der Aufstellung des Apparates
in seinem Aufstellungsunternehmen verpflichtet, den Spieleraufwand zu erklären; eine
Ermittlung der Besteuerungsgrundlage nach Satz 1 ist dann dauerhaft ausgeschlossen.
11
(2) Für Besteuerungszeiträume, für die bereits eine Anmeldung nach § 14 erfolgt ist,
kann für einzelne oder mehrere Apparate unter Angaben der Zulassungsnummer und
des Datums der erstmaligen Aufstellung bis zum 31.12.2007 schriftlich bei der Stadt
beantragt werden, dass die Vereinfachungsregelung des Absatzes 1 angewendet wird."
12
§ 14 Abs. 7 VgStS 2006 wurde wie folgt gefasst:
13
"Der Spieleraufwand nach § 9 Abs. 1 bzw. das Einspielergebnis nach § 9a Abs. 1 sind
je Spielhalle / sonstigen Ortes der Veranstaltung der Stadt auf amtlichen Vordruck unter
Beifügung entsprechender Belege (Zählwerksausdrucke) vierteljährlich jeweils zum
15.04., 15.07., 15.09. und 15.01. für das vorherige Kalendervierteljahr einzureichen."
14
Der Rat der Stadt Aachen beschloss am 28. Mai 2008 den 3. Nachtrag zur
Vergnügungssteuersatzung (VgStS 2008) mit Rückwirkung zum 1. April 2006.
15
§ 9 Abs. 1 VgStS 2008 lautet nunmehr:
16
"(1) Für die Benutzung von Apparaten nach § 1 Abs. 3 Nr. 4 mit Gewinnmöglichkeit
bemisst sich die Steuer nach der Summe der von den Spielern je Spielhalle/ sonstigen
Ortes des Veranstalters zur Erlangung des Spielvergnügens aufgewendeten Beträge
(Spieleraufwand). Die Steuer beträgt 5 vom Hundert des Spieleraufwandes."
17
§ 14 Abs. 7 VgStS 2008 lautet nunmehr:
18
"Der Spieleraufwand nach § 9 Abs. 1 bzw. das Einspielergebnis nach § 9a Abs. 1 sind
19
je Spielhalle / sonstigen Ortes der Veranstaltung der Stadt auf amtlichen Vordruck unter
Beifügung entsprechender Belege (Zählwerksausdrucke) bis zum 15. Tag nach Ablauf
des Kalendervierteljahres einzureichen."
Am 10. Dezember 2008 beschloss der Rat der Stadt Aachen mit Wirkung zum 1. Januar
2009 den 4. Nachtrag zur Vergnügungssteuersatzung, mit dem § 9a VgStS wie folgt
gefasst wurde:
20
"§ 9a Vereinfachung der Ermittlung der Besteuerungsgrundlagen (1) Sofern ein Apparat
die Spieleinsätze aufgrund seiner Bauart nicht speichert und demzufolge auf dem
Zählwerksausdruck nicht dokumentieren kann, gilt als Spieleraufwand nach § 9 Abs. 1
das Dreieinhalbfache des Einspielergebnisses. Einspielergebnis ist der Betrag der
elektronisch gezählten Bruttokasse. Dieser errechnet sich aus der elektronisch
gezählten Kasse zuzüglich Röhrenentnahme (sog. Fehlbetrag), abzüglich
Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld.
21
(2) Sofern ein Apparat die Spieleinsätze aufgrund seiner Bauart speichern und auf dem
Zählwerksausdruck dokumentieren können muss, ist eine Ermittlung der
Besteuerungsgrundlage nach Absatz 1 ausgeschlossen."
22
Mit im vorliegenden Verfahren nicht einschlägigem 5. Nachtrag zur
Vergnügungssteuersatzung fasste der Rat der Stadt B. mit Wirkung zum 1. Januar § 2
VgStS neu.
23
Durch den weiteren am 7. Juli 2010 beschlossenen 6. Nachtrag zur
Vergnügungssteuersatzung wurde mit Rückwirkung zum 1. April 2006 die
Vergnügungssteuersatzung geändert.
24
§ 14 Abs. 7 VgStS lautet nunmehr:
25
"Der Spieleraufwand nach § 9 Abs. 1 bzw. das Einspielergebnis nach § 9a Abs. 1 sind
je Spielhalle / sonstigen Ortes der Veranstaltung der Stadt auf amtlichen Vordruck unter
Beifügung entsprechender Belege (Zählwerksausdrucke) bis zum 15. Tag nach Ablauf
des Kalendervierteljahres einzureichen. Für den Veranlagungszeitraum 01.04.2006 bis
31.03.2007 ist der Spieleraufwand nach § 9 Abs. 1 bzw. § 9a Abs. 1 auf amtlichen
Vordruck unter Beifügung entsprechender Belege bis zum 15.08.2010 einzureichen. Für
den Fall, dass bereits für diesen Zeitraum ein entsprechender amtlicher Vordruck
einschließlich der Belege bei der Stadt vorliegt, besteht keine Verpflichtung, den
Spieleraufwand erneut einzureichen. Falls über die bereits eingereichten Belege
weitere Belege für diesen Zeitraum bis zum 15.08.2010 eingereicht werden, erfolgt eine
entsprechende Berichtigung der bereits festgesetzten Vergnügungssteuer"
26
Der Beklagte zog die Klägerin wegen der Aufstellung von Spielapparaten mit
Gewinnmöglichkeit in einer Spielhalle in der Von-D. -Str. 00 für den Auslesezeitraum 3.
Januar 2009 bis 31. März 2009 mit Vergnügungssteuerbescheid vom 19. Juni 2009 zu
einer Vergnügungssteuer von 16.526,83 EUR heran.
27
Die Klägerin hat am 20. Juli 2009 Klage erhoben
28
Zur Begründung ihrer Klage führt die Klägerin aus, der Beklagte ziehe sie auf der
Grundlage einer rechtswidrigen Vergnügungssteuersatzung zu Vergnügungssteuer
29
heran. Die in der Satzung verwendeten Steuermaßstäbe seien nichtig, weil sie den
betriebenen Aufwand nicht zutreffend abbildeten. Zudem verletzten sie wegen der
erzielten unterschiedlichen Steuerergebnisse das Gleichbehandlungsgebot. Die
Verwendung des Einsatzes als Bemessungsgrundlage für die Vergnügungssteuer sei
rechtswidrig, weil dies mit der Finanzverfassung nicht vereinbar sei. Eine
Aufwandsteuer müsse den Aufwand des Spielers in der Bemessungsgrundlage als
auch in der Höhe korrekt abbilden. Der Einsatz sei hierzu ungeeignet, weil es nicht
möglich sei, den Steueranteil vom eingesetzten Spielkapital abzusondern. Unabhängig
hiervon sei die Bemessungsgrundlage auch untauglich, weil die Rubrik "Einsatz" bei
Geräten, bei denen Geldeinwürfe zunächst in Punkte umgewandelt würden, auch dann
Beträge ausweise, wenn kein Spiel ausgeführt werde und es nur zu einer Umbuchung
in Punkte und zu einer unmittelbar anschließenden Rückbuchung in einen Geldbetrag
gekommen sei. Weiterhin habe die Stadt Aachen den Steuersatz willkürlich festgesetzt.
Auch sei die Anknüpfung der Steuer an die Bruttokasse gemeinschaftsrechtswidrig. Im
Übrigen bestehe hinsichtlich des Steuermaßstabes nicht die erforderliche hinreichende
Wirklichkeitsnähe zum realen Vergnügungsaufwand der Spieler.
Nachdem die Klägerin am 21. August 2009 den Steuerbescheid des Beklagten vom 22.
Juli 2009 über 10.703,31 EUR betreffend den Auslesezeitraum 1. April 2009 bis 25. Mai
2009 im Wege der Klageerweiterung einbezogen hat, beantragt sie
30
1. Den Bescheid des Beklagten vom 19. Juni 2009 betreffend den Aufstellort Von-D. -
Straße 00 insoweit aufzuheben, als in dem Bescheid Vergnügungssteuer festgesetzt
worden ist, d. h. ohne Verspätungszuschlag;
31
2. den Bescheid des Beklagten vom 22. Juli 2009 betreffend den Aufstellort Von-D. -
Straße 00 aufzuheben.
32
Der Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen
33
Die angegriffenen Entscheidungen seien rechtmäßig. Er habe den Spieleraufwand zur
Grundlage der Besteuerung gemacht, weil gerade dies die Forderung des
Bundesverwaltungsgerichts nach einer wirklichkeitsnahen Besteuerung erfülle. Im
Übrigen könnten alle Spielgeräte die erforderlichen Daten in Zählwerksausdrucken
ausweisen.
34
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die Gerichtsakte
sowie die Verwaltungsvorgänge des Beklagten Bezug genommen.
35
Entscheidungsgründe:
36
Die Klage hat keinen Erfolg.
37
Sie ist zulässig, aber nicht begründet.
38
Die Steuerbescheide des Beklagten vom 19. Juni 2009 und vom 22. Juli 2009 sind
rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in eigenen Rechten, vgl. § 113 Abs. 1 Satz
1 VwGO.
39
Sie finden ihre wirksame Rechtsgrundlage in der Vergnügungssteuersatzung der Stadt
Aachen vom 22. Februar 2006 in der Fassung des 1. bis 4. und 6. Nachtrags (VgStS).
40
Nach § 9 Abs. 1 Satz 3 VgStS beträgt die Vergnügungssteuer für Geldspielgeräte 5 v.H.
des Spieleraufwandes, der in § 9 Abs. 1 Satz 1 VgStS als die Summe der von den
Spielern aufgewendeten Beträge bestimmt wird. Nach § 9a VgStS gilt jedoch als
Spieleraufwand im Sinne von § 9 Abs. 1 das Dreieinhalbfache des Einspielergebnisses,
wenn für bestimmte Geldspielgeräte der Spieleraufwand nach § 9 Abs. 1 VgStS nicht
erklärt werden kann. § 9a Abs. 1 Sätze 2 und 3 definieren das Einspielergebnis als den
Betrag der elektronisch gezählten Bruttokasse. Dieser errechne sich aus der
elektronisch gezählten Kasse zuzüglich Röhrenentnahme (sog. Fehlbetrag), abzüglich
Röhrenauffüllung, Falschgeld, Prüftestgeld und Fehlgeld.
Diese Regelung in der Vergnügungssteuersatzung verstößt nicht gegen höherrangiges
Recht. Sie ist mit Artikel 105 Abs. 2a GG vereinbar. Danach haben die Länder die
Befugnis zur Gesetzgebung über die örtlichen Verbrauchs- und Aufwandsteuern,
solange und soweit sie nicht bundesgesetzlich geregelten Steuern gleichartig sind.
Diese Befugnis hat das Land Nordrhein-Westfalen gemäß § 3 KAG auf die Kommunen
übertragen. Das in Artikel 105 Abs. 2a GG enthaltene Verbot von gleichartigen Steuern
wird seit jeher dahin ausgelegt, dass es sich nicht auf die herkömmlichen Verbrauchs-
und Aufwandsteuern erstreckt, zu denen die Vergnügungssteuer zählt. Der Umstand,
dass die Vergnügungssteuer auf Geldspielgeräte nicht mehr nach dem
Stückzahlmaßstab erhoben wird, bedeutet nicht, dass sie nun keine traditionelle Steuer
in dem oben genannten Sinne wäre mit der Folge, dass ein Verstoß gegen das
Gleichartigkeitsverbot in Betracht käme. Die Vergnügungssteuer für Spielautomaten
wurde früher (zulässigerweise) nur deshalb nach dem Stückzahlmaßstab erhoben, weil
eine praktikable Möglichkeit zu einer wirklichkeitsnahen Besteuerung nicht gegeben
war. Das Bundesverfassungsgericht hat bereits im Jahre 1962,
41
vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Mai 1962 - 1 BvL 31/58 -, BVerfGE 14, 76, 102,
42
zum Ausdruck gebracht, dass im Grunde der konkrete individuelle Aufwand besteuert
werden müsste. Die nun erfolgte Änderung des Steuermaßstabes ändert damit nichts an
dem Befund, dass die Vergnügungssteuer auch für die hier in Rede stehenden
Geldspielgeräte eine herkömmliche Gemeindesteuer bleibt, die nicht gleichartig mit
bundesgesetzlich geregelten Steuern ist,
43
vgl. zum Ganzen: Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG
NRW), Urteil vom 5. Juni 2007 - 14 A 527/05 - www.nrwe.de - mit zahlreichen weiteren
Nachweisen.
44
Der in § 9 Abs. 1 VgStS 2008 geregelte Steuermaßstab "Summe der von den Spielern
je Spielhalle / sonstigen Ortes des Veranstalters zur Erlangung des Spielvergnügens
aufgewendeten Beträge (Spieleraufwand)" ist rechtlich nicht zu beanstanden. Der
kommunale Satzungsgeber ist berechtigt, zur Ermittlung des von den Spielern
betriebenen Aufwandes an die Summe der zur Erlangung des Spielvergnügens
eingesetzten Gelder anzuknüpfen,
45
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - Bundesfinanzhof (BFH), Urteil
vom 1. Februar 2007 - II B 51/06 - BFH / NV 2007, 987 zur insoweit vergleichbaren
Rechtslage nach dem Hamburgischen Spielvergnügungssteuergesetz.
46
Die Summe der eingesetzten Beträge steht dabei nicht nur in einem lockeren Bezug zu
dem letztlich zu besteuernden Vergnügungsaufwand der Spieler, sondern bildet den
47
betriebenen Aufwand wirklichkeitsnah ab, da sie dem Betrag entspricht, den die Spieler
aus ihrer rechtlich geschützten Verfügungsgewalt hinaus auf ein Spielgerät übertragen
haben, um dieses Gewinnspiele ausführen zu lassen. Das Einspielergebnis stellt
gegenüber dem Einsatz bereits deshalb keinen grundsätzlich wirklichkeitsnäheren
Maßstab dar, weil sich ersterem nicht entnehmen lässt, welcher Aufwand von Spielern
betrieben worden ist, sondern dieser Maßstab eine fiktive Vermögensgesamtsaldierung
sämtlicher Spieler an diesem Automaten vornimmt. So kann ein Einspielergebnis auch
dann null Euro betragen, wenn ein Teil der Spieler mehr Geld eingeworfen als
zurückerhalten hat und ein oder mehrere andere Spieler mehr Geld ausgezahlt
bekommen, als sie eingeworfen haben. Im Übrigen betreibt auch der einzelne Spieler,
der einen von ihm erzielten Gewinn wieder vollständig verspielt, Aufwand in
entsprechender Größe. Hierbei macht es keinen Unterschied, ob er sich den Gewinn
auszahlen lässt und diesen nach jeweils erneutem Einwurf verspielt oder er den
gewonnenen Betrag im Geldspeicher stehen und Spiel für Spiel abbuchen lässt,
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -; VG Aachen, Urteil vom 14.
Februar 2008 - 4 K 781/07 -; Beschluss vom 16. November 2007 - 4 L 362/07.
48
Die Argumentation der Klägerin, Aufwand sei nur der Vermögensverlust, den die Spieler
erlitten hätten, lässt zum Einen bereits außer Betracht, dass nach den gegebenen
technischen Bedingungen auch saldierte Vermögensverluste einzelner Spieler nicht
ermittelbar sind. Das Einspielergebnis bildet nicht die realen Vermögensverluste der
einzelnen Spieler ab. Damit stellt es auch ausgehend vom Aufwandsverständnis der
Klägerin keinen Wirklichkeitsmaßstab dar. Zum Anderen ist nicht ersichtlich, weshalb es
dem kommunalen Satzungsgeber verwehrt sein soll, als Aufwand die Vermögenswerte
anzusehen, die von Spielern auf ein Gerät übertragen wurden, um Spielvergnügen zu
erzielen. Der Aufwandsbegriff der Klägerin ist eine rückblickende fiktive
Vermögensgesamtsaldierung aller Spieler, der des Beklagten eine quasi kontinuierliche
Erfassung aufgewendeter Geldbeträge der einzelnen Spieler. Ausgehend vom
Charakter der Vergnügungssteuer als Aufwandsteuer, die an die besondere
wirtschaftliche Leistungsfähigkeit bestimmter Personen anknüpft, spricht vieles dafür,
dass der Einsatz den Aufwand der Spieler strukturell wirklichkeitsnäher erfasst als das
Einspielergebnis. Angesichts des weiten satzungsgeberischen Ermessens ist dies nicht
einmal erforderlich; vielmehr ist bereits ausreichend, dass der Einsatz in einem lockeren
Bezug zum betriebenen Aufwand steht.
49
In diesem Zusammenhang ist auch zu beachten, dass das Einspielergebnis entgegen
weit verbreiterter Auffassung nicht den Betrag angibt, den die Gesamtheit aller Spieler
an einem Gerät innerhalb des Veranlagungszeitraumes verloren hat. Dieser Betrag
entspricht vielmehr dem Saldo 1. Die elektronisch gezählte Kasse, der Saldo 2 und das
Einspielergebnis weichen von diesem Betrag ab, wenn Veränderungen der
Röhrenstände und / oder Nachfüllungen oder Entnahmen zu berücksichtigen sind. Die
hieraus vom Verwaltungsgericht Gießen,
50
vgl. VG Gießen, Urteil vom 18. Februar 2009 - 8 K 2044/06.GI - aufgehoben durch VGH
Kassel, Urteil vom 13. Januar 2010 - 5 A 1794/09 -,
51
gezogene Schlussfolgerung der Unzulässigkeit des Einspielergebnisses als
Steuermaßstab berücksichtigt allerdings nicht, dass die deutlichen Abweichungen des
Einspielergebnisses vom realen saldierten Vermögensverlust aller Spieler im
Veranlagungszeitraum nur dann auftreten, wenn der Aufsteller entgegen seiner eigenen
52
ökonomischen Interessen keine steuermindernde Auffüllung der Röhren aus der Kasse
vornimmt.
In diesem Zusammenhang stellt die Kammer klar, dass entgegen der von der Klägerin
zuletzt vertretenen Auffassung der aktuellen Rechtsprechung des Bundesfinanzhofes
keine Aussage entnommen werden kann, der wirklichkeitsnächste Maßstab sei der des
Saldo 1. Dies folgt bereits aus dem Umstand, dass der Bundesfinanzhof das Verspielen
erzielter Gewinne als in die Bemessungsgrundlage einzubeziehen ansieht. Dies ist bei
der alleinigen Saldierung von Einwurf und Auswurf in einem bestimmten Zeitraum (=
Saldo 1) gerade nicht der Fall.
53
Schließlich spricht auch der Gesichtspunkt der Verwaltungspraktikabilität für die
Verwendung des Spieleinsatzes als Steuermaßstab, da die korrekte Erfassung des
Einspielergebnisses die Kommunen im Einzelfall vor erhebliche Probleme stellen kann.
So treten Probleme bei der Steuerfestsetzung auf, wenn der Aufsteller bei jedem
Auslesevorgang dem Gerät eine Neuaufstellung signalisiert. Die Zählwerksausdrucke
weisen trotz lückenloser Vorlage dann ein zu geringes Einspielergebnis aus, wenn der
Aufsteller die "Neuaufstellung" mit einer Entnahme von Geld aus den Röhren verbindet
und das Gerät mit einem geringeren Befüllungsstand als bis zur letzten Auslesung "neu"
starten lässt. Auch die Überprüfung der Angaben zu Nachfüllungen gestaltet sich
schwierig. Ob es in dem angegebenen Umfang zu Nachfüllungen gekommen ist, lässt
sich bei Nachfüllungen, die unter Umgehung der Münzprüfer bei etlichen Geräten
vorgenommen werden können, nicht sicher feststellen. Geräte, die mit Münzröhren
versehen sind, können negativ abweichende Röhrenstände automatisch mittels
Lichtschrankenkontrolle erkennen. Insofern ist die Überprüfung des jeweils folgenden
Zählwerksausdrucks erforderlich, weil in diesem negativ abweichende Röhrenstände
ausgewiesen sein müssten. Bei den modernen Geräten, in denen die Röhren durch sog.
Hopper ersetzt worden sind, ist diese Kontrollmöglichkeit in der Regel entfallen, da
Hoppergeräte einen Münzfehlbestand erst erkennen, wenn sie - spielbedingt oder bei
einer Hopperrevision - leer laufen. Schließlich kann auch die Berücksichtigung von
Fehlbeträgen im Einzelfall rechtlich komplexe Fragen auslösen, wenn der Aufsteller
erklärt, der Fehlbetrag sei nicht Folge einer Aufstellerentnahme, sondern einer
Manipulation Dritter.
54
Soweit das Sächsische Oberverwaltungsgericht,
55
vgl. Urteil vom 6. Oktober 2008 - 5 A 237/08 -,
56
entschieden hat, der Einsatz könne nicht zulässige Bemessungsgrundlage für die
Vergnügungssteuer sein, weil es unmöglich sei, den Steueranteil vom Spielkapital
auszusondern, folgt die Kammer dieser Auffassung ausdrücklich nicht. Entgegen der
Auffassung des Sächsischen OVG und - wenn auch mit anderen Schlussfolgerungen -
des Finanzgerichts Hamburg,
57
vgl. Urteil vom 6. August 2008 - 7 K 189/06 -,
58
setzen sich die vom Spieler aufgewendeten Spielbeträge nicht aus zwei Positionen -
einerseits Spielkapital, andererseits Vergnügungssteueranteil - zusammen. Der Spieler
wendet zur Erlangung des Spielvergnügens die von ihm eingesetzten Beträge auf,
59
vgl. BVerwG, Urteil vom 10. Dezember 2009 - 9 C 12.08 -; BFH, Beschluss vom 27.
60
November 2009 - II B 75/09 -.
Ein Vergnügungssteueranteil ist darin nicht anteilig enthalten. Es ist gerade kein
Kennzeichen der indirekten Besteuerung, dass die vom Aufsteller zu entrichtende
Vergnügungssteuer wie ein durchlaufender Posten von den Spielern über den Aufsteller
an die Steuerbehörde fließt,
61
vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Mai 1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76, juris Rz. 70.
62
Bei der indirekten Besteuerung muss vielmehr nur sicher gestellt sein, dass derjenige,
bei dem die Steuer erhoben wird, diese auf die eigentlich Steuerpflichtigen abwälzen
kann,
63
vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 - 1 BvL 22/67 - BVerfGE 31, 8; Urteil vom 10.
Mai 1962, a.a.O.; BVerwG, Beschluss vom 8. Juli 2008 - 9 B 44.07 -; Urteil vom 13. April
2005 - 10 C 8.04 -, NVwZ 2005, 1322; OVG NRW, Urteil vom 5. Juni 2007 - 14 A 527/05
- www.nrwe.de; für die Aufgabe dieser Anforderung im Falle der Einsatzbesteuerung:
FG Hamburg, Urteil vom 6. August 2008 - 7 K 189/06 -.
64
Diese Möglichkeit der Abwälzung der Steuer ist entgegen der Auffassung der Klägerin
sowohl bei der Anwendung des Einsatzes als auch des Dreieinhalbfachen des
Einspielergebnisses als maßgebliche Bemessungsgrundlage gegeben,
65
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -; Bundesfinanzhof (BFH), Urteil
vom 1. Februar 2007 - II B 51/06 - BFH / NV 2007, 987 zur auch insoweit vergleichbaren
Rechtslage nach dem Hamburgischen Spielvergnügungssteuergesetz; vgl. zu
Dreifachen des Einspielergebnisses als Ersatzmaßstab: BVerwG, Urteil vom 10.
Dezember 2009 - 9 C 12.08 -.
66
Dem Erfordernis der Abwälzbarkeit ist dabei Genüge getan, wenn die Möglichkeit einer
kalkulatorischen Überwälzung in dem Sinne besteht, dass der Steuerpflichtige den von
ihm gezahlten Betrag in die Kalkulation seiner Selbstkosten einsetzen und hiernach die
zur Aufrechterhaltung der Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens geeigneten
Maßnahmen treffen kann. Die rechtliche Gewähr, dass er den von ihm entrichteten
Betrag immer von demjenigen erhält, der nach der Konzeption des Gesetzgebers
letztlich die Steuer tragen soll, muss dem Steuerschuldner nicht geboten werden. Es
reicht aus, wenn die Steuer auf eine Überwälzung der Steuerlast vom Steuerschuldner
auf den Steuerträger angelegt ist, auch wenn eine Überwälzung nicht in jedem Einzelfall
gelingt,
67
vgl. BVerfG, Urteil vom 20. April 2004 - 1 BvR 1748/99, 1 BvR 905/00 -, DVBl. 2004,
705, 708. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 a.a.O.
68
Bei der Kalkulation seiner Selbstkosten sind einem Aufsteller zwar durch die Vorgaben
in der Spielverordnung Grenzen gesetzt. Dies bedeutet aber nicht, dass ihm keine
anderen Maßnahmen bleiben, um die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens aufrecht
zu erhalten. Für eine kalkulatorische Überwälzung ist dabei nicht die absolute Höhe der
Steuer ausschlaggebend, sondern die Möglichkeit, die Steuer in die Kosten
einzubeziehen. Es handelt sich hierbei um einen wirtschaftlichen Vorgang, wobei das
Gesetz es dem Steuerschuldner überlässt, die Wirtschaftlichkeit seines Unternehmens
auch unter Berücksichtigung des Steuerbetrages zu wahren,
69
vgl. BVerfG, Beschluss vom 3. Mai 2001 - 1 BvR 624/00 -, a.a.O.; OVG NRW, Urteil vom
23. Juni 2010 a.a.O.
70
Letztlich ist die Abwälzbarkeit der Vergnügungssteuer nur dann nicht mehr gegeben,
wenn sie eine Höhe erreicht, die dazu führt, dass die betroffenen Berufsangehörigen in
aller Regel und nicht nur in Ausnahmefällen wirtschaftlich nicht mehr in der Lage sind,
den gewählten Beruf ganz oder teilweise zur Grundlage ihrer Lebensführung zu
machen, ihr also erdrosselnde Wirkung zukommt. Für eine solche Wirkung ist nichts
ersichtlich. Insbesondere führen wirtschaftliche Schwierigkeiten von Marktteilnehmern,
die auf Marktmechanismen beruhen, nicht dazu, dass diese durch eine Verringerung der
Vergnügungssteuer zu kompensieren wären,
71
vgl. in diesem Zusammenhang: OVG NRW, Beschluss vom 18. Juli 2008 - 14 B 492/08 -
.
72
Soweit sich die Ertragslage von Spielgerätehersteller unabhängigen Aufstellern
dadurch verschlechtert, dass die Hersteller von Spielgeräten mit Geldgewinnmöglichkeit
deutlich höhere Preise für die erstmalige Zurverfügungstellung von Spielgeräten und
nachfolgend höhere monatliche Gebühren fordern, führt eine daraus resultierende
Gewinnminimierung für die Aufsteller nicht zu der Annahme der erdrosselnden Wirkung
der Vergnügungssteuer. Letztlich zeigt die in verschiedenen Verfahren vor der Kammer
vorgetragene Erhöhung der Kosten für herstellerunabhängige Aufsteller, dass
Spielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit trotz erhobener Vergnügungssteuer
wirtschaftlich lukrativ betrieben werden können, aber der erzielbare Profit zunehmend
von Herstellern abgeschöpft wird. Ebenso wie es aber verfassungsrechtlich
unbedenklich ist, wenn bei dem Aufstellen von Spielgeräten mit Geldgewinnmöglichkeit
in Gaststätten infolge der Zahlung hoher Wirteanteile kein ausreichender Ertrag für den
Aufsteller selbst verbleibt,
73
vgl. BVerfG, Beschluss vom 1. April 1971 - 1 BvL 22/67 - a.a.O.,
74
berühren Veränderungen in der Gewinnverteilung infolge neu eingeführter bzw. erhöhter
Bereitstellungsgebühren zu Gunsten der Hersteller die Zulässigkeit der erhobenen
Vergnügungssteuer nicht. Dass die vom Beklagten durchgeführte 5-prozentige
Besteuerung des Einsatzes zu einer allgemeinen Unwirtschaftlichkeit des Aufstellens
von Spielgeräten mit Gewinnmöglichkeit geführt hätte, kann danach nicht angenommen
werden. Gegen eine allgemeine Unwirtschaftlichkeit spricht auch die Entwicklung der
Bestandszahlen im Satzungsgebiet. Bei Einführung des neuen Steuermaßstabs zum 1.
April 2006 waren im Satzungsgebiet 250 Spielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit in 25
Spielhallen aufgestellt. Diese Zahlen haben sich zum 30. Juni 2008 auf 297 Geräte in
28 Spielhallen erhöht.
75
Für die Frage der erdrosselnden Wirkung kann nach der maßgeblichen Rechtsprechung
des 14. Senats des Oberverwaltungsgerichts für das Land Nordrhein-Westfalen,
76
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -,
77
auf die allgemeinen Bestandszahlen der Spielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit
zurückgegriffen werden.
78
Unabhängig hiervon ist im Falle einer fünf-prozentigen Besteuerung des Einsatzes eine
Abwälzbarkeit grundsätzlich strukturell gegeben. Dem Aufsteller verbleiben 95 % des
Einsatzes, um die gesetzlich vorgeschriebenen Gewinngewährungen zu tätigen, seine
Kosten zu decken und Gewinn zu erzielen. Soweit der Aufsteller Spielgeräte betreibt,
die aufgrund der in ihnen zur Anwendung kommenden Software, die Relation von
Kasse zu Einsatz so weit verschlechtern, dass er aus der Kasse die ihm entstehenden
Kosten (inklusive Vergnügungssteuer) nicht mehr bestreiten kann, obliegt es ihm als
Unternehmer andere Software oder andere Geräte zum Einsatz kommen zu lassen.
79
Die Kammer folgt in diesem Zusammenhang ausdrücklich nicht der Auffassung des
Sächsischen OVG,
80
vgl. Sächsisches OVG, Urteil vom 6. Oktober 2008 - 5 A 237/08 -
81
wonach die kalkulatorische Abwälzbarkeit bei der Einsatzbesteuerung nicht gegeben
sei, weil der Aufsteller wegen der fehlenden Proportionalität von Einsatz zu
Einspielergebnis den Vergnügungssteueranteil am Einspielergebnis nicht vorhersehen
könne.
82
Eine Vorhersehbarkeit des Vergnügungssteueranteils am Einspielergebnis ist vielmehr
nicht zu fordern. Zu Zeiten des Stückzahlmaßstabs lag der absolute
Vergnügungssteuerbetrag zwar im Vorhinein fest. Dem Aufsteller war jedoch die Höhe
des jeweiligen Einspielergebnisses unbekannt. Auch dieses unterliegt erheblichen
Schwankungen, so dass der prozentuale Anteil der Vergnügungssteuer am
Einspielergebnis im Vorhinein nie bekannt war. Das Bundesverfassungsgericht hat in
seiner Grundsatzentscheidung aus dem Jahre 1962,
83
vgl. BVerfG, Urteil vom 10. Mai 1962 - 1 BvL 31/58 - BVerfGE 14, 76,
84
in dieser ständig schwankenden Proportionalität keinen Grund gesehen, per se von
einer Nicht-Abwälzbarkeit auszugehen, sondern insoweit auf
Wirtschaftlichkeitsmaßnahmen des Aufstellers verwiesen.
85
Unabhängig hiervon ist der Einsatz als Bemessungsgrundlage auch aus dem weiteren
Grunde zulässig, dass die Spielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit nach den Vorgaben
der Verordnung über Spielgeräte und andere Spiele mit Gewinnmöglichkeit -
Spielverordnung - (SpielV) hinsichtlich Einsatz und Einspielergebnis durchaus auf
Proportionalität angelegt sind. In diesem Zusammenhang ist zu beachten, dass nach der
seit dem 1. Januar 2006 geltenden SpielV in den neuen Spielautomaten zwar keine
Mindestgewinnquoten mehr eingestellt sein müssen. Nach § 12 Abs. 2 Buchstabe b)
SpielVO müssen die Gewinnaussichten aber zufällig sein und für jeden Spieler gleiche
Chancen eröffnet werden. Ausgehend von einem maximalen Einsatz je Stunde von
144,- EUR und einem langfristig maximal zulässigen Einspielergebnis von 33,- EUR je
Stunde steht Einsatz zu Einspielergebnis in einem zwingenden Mindestverhältnis von
rund 4,¯¯¯3¯6¯ zu 1, bzw. einer Ausschüttungsquote von mindestens 77,08 % entspricht.
Ob die von der Automatenwirtschaft (mit der Zielsetzung der Verhinderung eines
Einsatzsteuergesetzes) für auf der Grundlage der neuen Spielverordnung zugelassene
Spielgeräte als üblich bezeichnete Ausschüttungsquote von 85 %,
86
vgl. Stellungnahme der Spitzenverbände der Deutschen
Unterhaltungsautomatenwirtschaft vom 2. März 2006 im Rahmen der öffentlichen
87
Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 8. März 2006,
bei entsprechender Langzeitbetrachtung in der Praxis tatsächlich erreicht wird, kann hier
dahinstehen. Entscheidend ist nur, dass aus jeglicher Ausschüttungsquote bei der
gebotenen Langzeitbetrachtung ein bestimmtes Verhältnis von Einsatz zu
Einspielergebnis folgen muss,
88
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -.
89
Zwar können die Ausschüttungsquoten bei verschiedenen Geräten erheblich
voneinander abweichen, es gibt aber keine Anhaltspunkte dafür, dass diese
Schwankungen je Gerät ein wirtschaftlich erhebliches Ausmaß annehmen. Eine
Kalkulierbarkeit ist damit innerhalb eines vertretbaren Schwankungsrahmens möglich.
90
Auch die in immer größerem Umfang eingesetzten Spielgeräte mit
Geldgewinnmöglichkeit neuen Typs, bei denen das eingeworfene Geld zunächst in
einem Geldspeicher aufgebucht, aber danach gemäß den Vorgaben der
Spielverordnung in einen Punktestand in einem Punktespeicher umgebucht wird, führen
nicht zur Unzulässigkeit der Besteuerung des Einsatzes,
91
vgl. im Ergebnis ebenso OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -.
92
Der Spieler betreibt mit der Umbuchung in den Punktespeicher den steuerrelevanten
Aufwand, da er damit Geld zur Erlangung des Spielvergnügens einsetzt. Der
steuerrelevante Aufwand besteht in Höhe der jeweils eingesetzten Geldbeträge. Ein
Geldbetrag ist dann eingesetzt, wenn der Spieler die Verfügungsgewalt über den
Geldbetrag zum Zwecke der Erlangung von Spielvergnügen von sich auf das Gerät bzw.
dessen Betreiber überträgt,
93
vgl. BVerwG, BVerwG, Urteil vom 30. Januar 1968 - I C 44.67 -.
94
Irrelevant ist in diesem Zusammenhang, dass zu dem Zeitpunkt, in dem das Vermögen
aufgewendet wird, das Spielvergnügen noch nicht beginnt. Aufwand und Vergnügen
müssen nicht zeitgleich erfolgen.
95
Weiterhin ist für die Rechtmäßigkeit des Steuermaßstabs unerheblich, ob - wie von der
Klägerin behauptet - derzeit auf dem Markt nur Spielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit
aufgestellt sind, die den Spielern grundsätzlich die Rückumwandlung des
Punktestandes in den Geldspeicher ermöglichen.
96
Wenn und soweit es mit einer Rückbuchung von Punkten auf den Geldspeicher zu einer
Gewinnausschüttung kommt, beseitigt dies nicht rückwirkend die Erfüllung des
Steuertatbestandes. Mit der Umbuchung vom Geldspeicher auf den Punktespeicher ist
das Geld vom Spieler zum Zwecke der Erlangung des Spielvergnügens eingesetzt und
seiner durch die Vorgaben der Spielverordnung geschützten Verfügungsgewalt
entzogen. Ob der Punktestand in kürzester Zeit aufgebraucht wird oder der Spieler eine
kontinuierlich gesicherte Rückbuchungsmöglichkeit besitzt, unterliegt keinen
gesetzlichen Vorgaben, sondern ist allein abhängig von der im jeweiligen Spielgerät
zum Einsatz kommenden Software,
97
vgl. Physikalisch-Technische Bundesanstalt, Arbeitsgruppe Spielgeräte, Aktuelles zum
98
9. Januar 2007, www.ptb.de: "Nur diese Geldübergabeprozesse sind reglementiert. Was
auf dem Spielgerät sonst passiert, z. B. wie viele Punkte wie schnell auf- und abgebaut,
riskiert oder als (spätere) Gewinnaussicht dargestellt werden dürfen, ist nicht geregelt.
Das heißt, dies alles ist frei gestaltbar."
Während der auf den Geldspeicher aufgebuchte Geldbetrag somit Vermögen des
Spielers ausmacht, stellt sich der Punktestand auf dem Punktespeicher als rechtlich
nicht gesicherte Inaussichtstellung eines späteren Gewinns dar. Dem entsprechend wird
der Punktestand von der nach § 12 Abs. 2 lit. c) SpielV geregelten Auszahlungspflicht
bei Beginn der erzwungenen Spielpause im Sinne von § 13 Abs. 1 Nr 5 SpielV nicht
erfasst. Vielmehr ist dann eine Rückbuchung nach § 13 Abs. 1 Nr. 5 Satz 1 SpielV
untersagt. Für Spielgeräte, deren Bauart auf der Grundlage der neuen von der
Physikalisch-Technischen Bundesanstalt herausgegebenen Technischen Richtlinie 4.1
vom 21. April 2009 zugelassen worden ist, zeigt sich der rechtlich nicht gesicherte
Status des Punktestandes auch an den unter Ziffer 2.2 näher geregelten
Zulassungsanforderungen. Danach verfallen gewinnbedingt erzielte Punktestände, die
einen rechnerischen Gegenwert von 1.000,- EUR übersteigen, ersatzlos und ohne
Möglichkeit der vorherigen Rückbuchung.
99
Insoweit schließt sich die Kammer der Rechtsprechung des OVG NRW,
100
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -,
101
nur im Ergebnis, aber nicht in der Begründung an. Der Einsatzmaßstab weist bei
Punktespeichergeräten kein Defizit bei der Erfassung des Spieleraufwandes auf. Die
spielbedingten Aufbuchungen auf den Punktespeicher stellen keine Gewinne dar, die
mit denen an klassischen reinen Geldspeichergeräten identisch wären. Der wesentliche
Unterschied liegt vielmehr darin, dass mit der spielbedingten Aufbuchung auf den
Geldspeicher die Verfügungsgewalt über den der Aufbuchung entsprechenden
Geldbetrag vom Aufsteller auf den Spieler übertragen wird, während dies bei einer
spielbedingten Aufbuchung auf den Punktespeicher gerade nicht der Fall ist. Der
Punktestand ist rechtlich nicht gesichert und kein Bestandteil des Spielervermögens. Mit
dem Verbrauch des Punktestandes wendet der Spieler kein eigenes Vermögen auf. Er
betreibt insoweit keinen vergnügungssteuerrechtlich relevanten Aufwand.
102
Auch den vom Kläger gerügten Verstoß gegen den in Art 3 Abs. 1 des Grundgesetzes
geregelten Gleichheitsgrundsatz kann die Kammer nicht feststellen. § 9a VgStS in der
Fassung der 4. Nachtragssatzung sieht kein Wahlrecht (mehr) zwischen zwei
Berechnungsmethoden zur Ermittlung des zu besteuernden Spieleraufwandes vor. Die
Norm betrifft vielmehr ausschließlich Geräte. bei denen bauartbedingt die Ermittlung der
Bemessungsgrundlage nach § 9 VgStS unmöglich ist.
103
Die Berechnung auf der Grundlage des Einspielergebnisses könnte dann rechtlichen
Bedenken unterliegen, wenn die Optionsmöglichkeit grundsätzlich geeignet wäre,
einzelne Aufsteller gegenüber anderen zu benachteiligen. Der Bundesfinanzhof
104
vgl. BFH, a.a.O.,
105
hat gegenüber einer entsprechenden Regelung in § 12 Abs. 1 des Hamburgischen
Spielvergnügungssteuergesetzes, die eine alternative Berechnung nach dem
Vierfachen des Einspielergebnisses vorsieht, keine derartigen rechtlichen Bedenken
106
geäußert. Auch aus Sicht der Kammer könnten solche nur zum Tragen kommen, wenn
die Berechnung gemäß § 9a Abs. 1 VgStS nach dem Einspielergebnis generell zu
wesentlich anderen Ergebnissen bei der Ermittlung des Spieleraufwandes führen würde
als vom Einsatz ausgehende Berechnungen nach § 9 Abs. 1 VgStS. Die Verwendung
des 3,5-fachen des Einspielergebnisses als alternative Bemessungsgrundlage kann nur
dann zu generell ungünstigeren Ergebnissen für Aufsteller führen, wenn die
durchschnittliche Gewinnwahrscheinlichkeit / Auszahlquote an deren Automaten unter
71,43 % (2,5/3,5) liegt. In diesem Zusammenhang ist zunächst das oben dargelegte
Mindestverhältnis von 4,¯¯¯3¯6¯ zu 1, bzw. die Mindestausschüttungsquote von 77,08 %
zu beachten. Der in B. verwendete Multiplikator von "nur" 3,5 könnte Aufsteller günstiger
stellen. Allerdings ist zu beachten, dass bei den Geräten, die auf der Grundlage der bis
zum 31. Dezember 2005 geltenden SpielV (SpielV 1962) zugelassen worden sind
(Altgeräte), in § 13 Nr. 6 SpielV 1962 als Voraussetzung für die Zulassung eine
Mindestauszahlquote von nur 60 % geregelt war. Die Einstellung einer höheren
Auszahlquote war möglich und auch allgemein üblich,
vgl. Stellungnahme der Spitzenverbände der Deutschen
Unterhaltungsautomatenwirtschaft vom 2. März 2006 im Rahmen der öffentlichen
Anhörung des Finanzausschusses des Deutschen Bundestages am 8. März 2006,
(www.bundestag.de) Geräte nach der alten SpielV: 66,7 %.
107
Der Beklagte hat seinem Multiplikator die Annahme einer durchschnittlichen
Auszahlquote von rund 70 % zu Grunde gelegt. Dies ist jedenfalls bezogen auf die
Ermessensentscheidung des Satzungsgebers als geschätzter Mittelwert nicht zu
beanstanden. Allerdings wird der Satzungsgeber nach einigen Jahren anhand des ihm
zwischenzeitlich vorliegenden Zahlenmaterials prüfen müssen, ob die faktische
durchschnittliche Ausschüttungsquote im Stadtgebiet von dem der Satzung
zugrundeliegenden Wert erheblich abweicht,
108
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -.
109
Im Übrigen ist auch hier zu beachten, dass für die Masse der aufgestellten Geräte der
Nachweis der bezahlten Spiele durch Druckprotokolle und damit des Einsatzes möglich
sein müsste und die noch vorhandenen Geräte, für die ein Aufsteller erklärt,
entsprechende Nachweise nicht beibringen zu können, innerhalb der nächsten Jahre
wegen Ablaufs ihrer zugelassenen Betriebsdauer zunehmend vom Markt genommen
werden müssen.
110
Auch mit Blick auf die neuen Spielgeräte mit Geldgewinnmöglichkeit, die eine
Umbuchung des Geldbetrages im Geldspeicher in einen Punktestand in einem
Punktespeicher erfordern, ist der Ersatzsteuermaßstab des 3,5-fachen des
Einspielergebnisses nicht zu beanstanden. Erkenntnisse dazu, dass es infolge der
Verwendung dieser Geräte in der Praxis zu einer nennenswerten steuerrelevanten
Verschiebung des Verhältnisses von Einspielergebnis zu Einsatz kommt, sind der
Kammer - bislang - nicht bekannt. Die in der Spielverordnung geregelten Vorgaben
betreffen allein die sogenannten Geldübergabeprozesse, das heißt die Buchung Geld in
Punkte (Einsatz) und die Rückbuchung Punkte in Geld (Gewinn). Der Mechanismus,
Erfolg bzw. Misserfolg im Spielgeschehen unmittelbar ausschließlich auf den
Punktestand einwirken zu lassen, führt allerdings zu niedrigeren Einsatzbeträgen, da
Spielerfolge (Erhöhungen des Punktestandes) keine Veränderung des Standes im
Geldspeicher bewirken und daher der Verbrauch dieses erhöhten Punktestandes nicht
111
als Einsatz erfasst wird. Aufgrund der höheren Auszahlquoten bei neueren Geräten ist
bei diesen aber ebenfalls von niedrigeren Einspielergebnissen auszugehen. Angesichts
des Umstandes, dass "Umbuchungsgeräte" ausnahmslos auf der Grundlage der neuen
Spielverordnung zugelassen worden sind, und diese Geräte daher ausnahmslos die
Einsätze ausweisen können, kommt eine Besteuerung nach dem Einspielergebnis
ohnehin nur zur Anwendung, wenn der Aufsteller die - ihm mögliche - Angabe der
Einsätze verweigert.
Der Kammer liegen auch - bislang - keine Erkenntnisse zu der Möglichkeit vor, dass
sich infolge reiner Geldwechselvorgänge, bei denen ein bereits in einen Punktestand
umgebuchter Geldbetrag ohne Ingangsetzen des "eigentlichen" Spielgeschehens
wieder zurückgebucht wird (und damit als Gewinn registriert wird), oder aus anderen
Gründen bei Umbuchungsgeräten die Relation von Einsatz zu Einspielergebnis in
einem steuerrelevanten Umfang vergrößert hat.
112
Die Anwendung der Einsatzbesteuerung ist auch nicht aus technischen Gründen
unzulässig. Anhaltspunkte dafür, dass die im Satzungsgebiet aufgestellten
Gewinnspielautomaten zu einem nennenswerten Anteil nicht in der Lage sind, den
Einsatz unmittelbar oder mittelbar zu dokumentieren, sind nicht ersichtlich.
Geldspielautomaten, deren Zulassung erst nach Inkrafttreten der neuen SpielV am 1.
Januar 2006 beantragt worden ist, müssen gemäß §§ 12 Abs. 2 lit. d), 13 Abs. 1 Nr. 8
SpielV ohnehin über eine entsprechende Dokumentationsmöglichkeit verfügen. Auch
die Masse der älteren Spielgeräte mit der Standardschnittstelle VDAI 98 weisen im
sogenannten Geldbilanzteil die Anzahl der bezahlten Spiele aus, die in Kombination mit
dem im Gerät eingestellten Preis je Spiel den aufgewendeten Einsatz belegt.
Angesichts eines Marktanteils bei Geldspielautomaten mit einer VDAI Schnittstelle von
rund 95 %,
113
vgl. IFO-Gutachten zur Wirtschaftentwicklung Unterhaltungsautomaten 2007 und
Ausblick 2008 von Januar 2008, S. 10, www.baberlin.de; ptb, Feldstudie über die
Zuverlässigkeit von Geldspielgeräten, Abschlussbericht vom 30. Juni 2006: sämtliche
überprüften Geräte wiesen VDAI-Schnittstelle auf, deren Ausdrucke die Gesamtzahl von
Spielen ausweisen können,
114
kann der Satzungsgeber an diese technischen Gegebenheiten anknüpfen. Für die
allenfalls in sehr geringem Umfang im Satzungsgebiet betriebenen Geldspielautomaten
ohne Ermittlungsmöglichkeit der Zahl der getätigten Spiele durfte zudem deren
Nichtbesteuerung weder von den Aufstellern erwartet werden noch wäre diese zulässig,
115
vgl. auch insoweit BFH, a.a.O. ,
116
Für sie kommt die in § 9a VgStS geregelte Aufwandsberechnungsmethode zur
Anwendung. Abgesehen von dem Umstand, dass der Bestand an
Geldgewinnspielgeräten, deren Zulassung vor Inkrafttreten der neuen Spielverordnung
erteilt worden ist, immer weiter abnimmt und im Laufe der nächsten Jahre auf Null
sinken wird, ist festzustellen, dass auch für die - noch - vorhandenen Altgeräte
zumindest unter Verwendung technischer Zusatzgeräte die Auslesung zusätzlicher
Daten (inkl. Anzahl bezahlter Spiele) möglich ist. Aus einem einmaligen
Anschaffungspreis von knapp 40,- EUR je Zusatzgerät folgt jedenfalls unter
Berücksichtigung der Nutzungsdauer der Geldgewinnspielgeräte keine unzumutbare
wirtschaftliche Zusatzbelastung der Aufsteller.
117
Schließlich ist die Vergnügungssteuersatzung auch mit europarechtlichen
Bestimmungen vereinbar. Eine Gemeinschaftsrechtswidrigkeit der Vergnügungssteuer
wegen Umsatzsteuerähnlichkeit ist nicht gegeben. Die Vergnügungssteuer entspricht
nicht den für die Annahme von Umsatzsteuerähnlichkeit erforderlichen Merkmalen,
118
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 - mit zahlreichen Nachweisen.
119
Die den angefochtenen Vergnügungssteuerbescheiden zu Grunde liegende
Vergnügungssteuersatzung der Stadt B. ist auch nicht wegen eines etwaigen Verstoßes
gegen ein beim Satzungsbeschluss zu beachtendes Gebot der sachgerechten
Abwägung nichtig,
120
vgl. VG Aachen, Urteil vom 14. Februar 2008 - 4 K 781/07 -; Beschluss vom 16.
November 2007 - 4 L 362/07 -.
121
Gegenstand gerichtlicher Kontrolle bei der Überprüfung der Rechtmäßigkeit
untergesetzlicher Rechtsvorschriften ist in materieller Hinsicht die Vereinbarkeit dieser
Rechtsvorschrift mit höherrangigem Recht. Hierbei ist grundsätzlich von der in Kraft
gesetzten Norm auszugehen. Die Ausübung des gesetzgeberischen Ermessens als
solche unterliegt dabei nicht den Maßstäben, die bei ermessensgeleiteten
Verwaltungsakten anzuwenden sind,
122
vgl. OVG NRW, Urteil vom 23. Juni 2010 - 14 A 597/09 -; BVerwG, Urteil vom 10.
Dezember 2009 - 9 C 12.08 -; BVerwG, Urteil vom 17. April 2002 - 9 CN 1/01 -
BVerwGE 116, 188; vgl. auch zum Gebührenrecht: BVerwG, Beschluss vom 19.
Dezember 2007 - 7 BN 6/07 - und zum Beitragsrecht: OVG NRW, Urteil vom 2. Juni
1995 - 15 A 3123/93 - sowie BayVGH, Urteil vom 23. April 1998 - 23 B 96.3585 - a.A.
VG Gelsenkirchen, Urteil vom 6. Oktober 2010 - 2 K 5024/09 -.
123
Maßgeblich ist - soweit sich dem jeweiligen Fachrecht nichts anderes entnehmen lässt -
die jeweilige Norm als das Ergebnis des Gesetzgebungsverfahrens. Eine darüber
hinausgehende Kontrolle der Erwägungen und Abwägungen des Normgebers im
Verlaufe des Gesetzgebungsverfahrens findet demgegenüber grundsätzlich nicht statt,
124
vgl. VG Aachen, Urteil vom 14. Februar 2008 - 4 K 781/07 -; Beschluss vom 16.
November 2007 - 4 L 362/07 -.
125
Die hieraus folgende Beschränkung auf eine Ergebniskontrolle ist auch mit Blick auf die
abweichende Rechtslage bei ermessensgeleiteten Verwaltungsakten geboten. § 114
VwGO, der die Gerichte in einem gewissen Umfang berechtigt, einen Verwaltungsakt
auch wegen bloßer Fehler der Behörde beim Abwägungsvorgang als solchen
aufzuheben, korrespondiert mit § 39 Abs. 1 Sätze 2 und 3 VwVfG. Diese Vorschrift
verpflichtet die Behörde, die für ihre Ermessensentscheidung maßgeblichen
Erwägungen verbindlich in die Begründung des Verwaltungsaktes aufzunehmen und
damit einer konkreten gerichtlichen Kontrolle zugänglich zu machen. Eine vergleichbare
Begründungspflicht besteht bei dem Erlass von Gesetzen generell nicht. Eine dem
Normgeber zurechenbare Darlegung seiner Beweggründe für die beschlossene
Gesetzesfassung ist demnach weder gesetzlich gefordert noch steht sie dem Gericht als
Kontrollgrundlage zur Verfügung. Auch auf etwaige Ausführungen in den
Beschlussvorlagen einer Kommune kann insoweit nicht abgestellt werden, denn der Rat
126
einer Kommune, der dem Beschlussvorschlag der Verwaltung zum erstmaligen Erlass
oder zur Änderung einer kommunalen Satzung zustimmt, macht sich damit nicht
notwendigerweise sämtliche in der Begründung der Beschlussvorlage aufgeführten
Gründe der Verwaltung zu eigen. Welche Motive die Mitglieder eines gesetzgebenden
Organs letztlich dazu bewogen haben, einer bestimmten Gesetzesfassung
zuzustimmen, entzieht sich grundsätzlich einer gerichtlichen Kontrolle,
vgl. VG Aachen, Urteil vom 14. Februar 2008 - 4 K 781/07 -; Beschluss vom 16.
November 2007 - 4 L 362/07 -; Kopp / Schenke, VwGO-Kommentar, 14. Auflage,
München 2007 , § 47 Rz. 113ff; a.A.: VG Köln, Urteil vom 5. März 2007 - 23 K 1704/03 -
www.nrwe.de; VG Göttingen, Urteil vom 1. Februar 2005 - 3 A 228/03 - zitiert nach juris.
127
Soweit das Verwaltungsgericht Gelsenkirchen,
128
vgl. Verwaltungsgericht Gelsenkirchen, Urteil vom 6. Oktober 2010 - 2 K 5024/09 -,
129
unter Hinweis auf Rechtsprechung des 2. Senats des Bundesverfassungsgerichts,
130
vgl. BVerfG, Beschluss vom 18. Januar 2006 - 2 BvR 2194/99 -,
131
an seiner abweichenden Auffassung ausdrücklich festhält, vermag sich die Kammer
dieser Argumentation nicht anzuschließen. Die Gestaltungsfreiheit des
Steuergesetzgebers bei der Festlegung der Höhe von Steuersätzen endet entsprechend
der Rechtsprechung des 1. Senats des Bundesverfassungsgerichts,
132
vgl. BVerfG, Urteil vom 8. April 1997 - 1 BvR 48/94 - BVerfGE 95, 267,
133
erst dort, wo den Steuern erdrosselnde Wirkung zukommt. Im Übrigen bietet der
Beschluss vom 18. Januar 2006 keine Grundlage, um eine generelle Abwägungs- und
Dokumentationspflicht des Steuergesetzgebers mit Blick auf bestimmte Steuersätze
anzunehmen. Insoweit lässt sich der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts
selbst entnehmen, dass diese nur die Möglichkeit einer weitergehenden
verfassungsgerichtlichen Kontrolle für denjenigen extremen Ausnahmefall in Erwägung
zieht, dass die Gesamtheit oder die Mehrheit der Steuerpflichtigen einer zunehmenden
Belastung durch die Gesamtheit der Steuern ausgesetzt würde, die als bedrohliche
Entwicklung gekennzeichnet werden könnte. Ein solcher Sachverhalt ist bei der nur
wenige Steuerpflichtige betreffenden Vergnügungssteuer in Form der Spielgerätesteuer
von vornherein nicht gegeben.
134
Schließlich ist auch die konkrete Berechnung der festgesetzten Vergnügungssteuer in
den angefochtenen Bescheiden nicht zu beanstanden
135
Die Berufung war nicht nach § 124 a Abs. 1 Satz 1 in Verbindung mit § 124 Abs. 2 Nr. 3
VwGO zuzulassen, da die Rechtssache keine grundsätzliche Bedeutung im Sinne der
Vorschriften hat. Unterschiedliche rechtliche Argumentationen, die nicht zu
unterschiedlichen rechtlichen Ergebnissen führen, vermögen keine grundsätzliche
Bedeutung zu begründen.
136
Die Kostenentscheidung folgt aus § 154 Abs. 1 VwGO.
137
Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit ergeht gemäß § 167 VwGO Abs.
138
1, Abs. 2 i.V.m. §§ 708 Nr. 11 , 711 Sätze 1 und 2 ZPO.