Urteil des VG Aachen vom 18.06.2010

VG Aachen (besondere gefährlichkeit, schulweg, asthma bronchiale, radweg, schuljahr, schüler, gefährlichkeit, kreisverkehr, fahrkosten, höhe)

Verwaltungsgericht Aachen, 9 K 1668/09
Datum:
18.06.2010
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
9. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
9 K 1668/09
Tenor:
Der Beklagte wird unter Aufhebung seiner Bescheide vom 10.
September 2009 und 12. November 2009 verpflichtet, die
Schülerfahrkosten für das Schuljahr 2009/2010 für die Klägerin zum
Besuch des Gymnasiums L. zu übernehmen.
Der Beklagte trägt die Kosten des Verfahrens.
Das Urteil ist wegen der Kosten vorläufig vollstreckbar. Der Beklagte
kann die Vollstreckung durch Sicherheitsleistung in Höhe vom 110 %
des aufgrund des Urteils vollstreckbaren Betrages abwenden, wenn
nicht die Klägerin vor der Vollstreckung in Höhe vom 110 % des jeweils
beizutreibenden Betrages Sicherheit leistet.
T a t b e s t a n d :
1
Die Klägerin ist Schülerin der Sekundarstufe II des Gymnasiums L. .
2
Mit an die Erziehungsberechtigten der Schülerinnen und Schüler des Schulzentrums L.
aus dem Ortsteil E. gerichteten Schreiben vom 28. Juli 2009 teilte der Beklagte im
Hinblick auf die bisherige Aushändigung von Fahrausweisen t. e. H. mit, dass in den
vergangenen Monaten ein neuer Kreisverkehr mit Querungshilfen sowie ein Fuß-
/Radweg zwischen E. und L. entlang der L 000 angelegt worden seien. Hierdurch
ergebe sich nach der Schülerfahrkostenverordnung eine neue Beurteilung des
Schulweges. Er beabsichtige, keine Fahrkosten mehr zu erstatten. Bevor er einen
entsprechenden Bescheid erteile, gebe er Gelegenheit zur Stellungnahme. Alle
verkehrsreichen Straßen, die Bestandteil des Schulweges seien, seien mit Gehwegen
oder begehbaren Randstreifen versehen. Die Überquerungen der verkehrsreichen
Straßen seien durch Fußgängerampeln, zumindest jedoch durch Fußgängerüberwege
oder Überquerungshilfen gesichert. Aus diesen Gründen könne der Schulweg weder als
besonders gefährlich noch als ungeeignet angesehen werden. In diesem
Zusammenhang verwies er auf eine Stellungnahme der Kreispolizeibehörde E1. .
Gegenüber dem Schulamt sei nicht dargelegt worden, dass eine Behinderung oder der
gesundheitliche Zustand die Benutzung eines Verkehrsmittels erforderlich machten.
3
Die Stellungnahme des Landrats als Kreispolizeibehörde E1. vom 30. Juni 2009 geht
dahin, dass nach dem Ausbau des Verkehrsknotens L 000/K 00 und der Herstellung
eines gemeinsamen Fuß-/Radweges die besondere Gefährlichkeit des Schulweges
nicht mehr begründet sei. Der Schulweg von E. nach L. binde die Ortslage E. von der E.
straße über den Knoten L 000/K 00 zur Hauptstraße nach L. an. Nach der
obergerichtlichen Rechtsprechung sei eine Straße als verkehrsreich einzustufen, wenn
sie stündlich von deutlich mehr als 300 Kfz benutzt werde. Dies sei nicht gegeben. Von
der E. straße (Ortsausgang) in Richtung Knotenpunkt sei auf einer Länge von ca. 100 m
kein Gehweg vorhanden; dort gebe es jedoch einen genügend breiten Randstreifen, der
für Fußgänger begehbar sei. Am Kreisverkehr sei über einen gemeinsamen Fuß-/
Radweg die Querung der L 000 mittels Querungshilfe möglich. Das Sichtdreieck sei an
dieser Stelle in beiden Richtungen nicht beeinträchtigt. Die Sicht sei größer als 200 m.
Das Schadensrisiko beim Überqueren der L 000 könne in Anbetracht der üblichen
Gefahren, denen Schüler auf dem Weg zur Schule in der heutigen Zeit ausgesetzt
seien, nicht als besonders hoch eingestuft werden. Nach dem Überqueren am
Knotenpunkt sei der Schulweg im weiteren Verlauf durch einen gemeinsamen Fuß-
/Radweg entlang der L 000 in Richtung L. sichergestellt.
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Der Landrat als Kreispolizeibehörde E1. führte unter 16. Juli 2009 ergänzend aus, es
lägen keine Anhaltspunkte dafür vor, dass durch den teilweisen Randbewuchs an
dieser Örtlichkeit für Schüler bzw. Schülerinnen eine gesteigerte Wahrscheinlichkeit
bestehe, auf dem Schulweg Opfer einer Gewaltstraftat zu werden.
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Eine Verkehrszählung, die jeweils am Ortseingangsschild E. in der Zeit von 7.00 bis
8.00 Uhr durchgeführt wurde, ergab für Montag, den 31. August 2009, eine
Verkehrsbelastung von E. Richtung L. in Höhe von 150 Pkw und aus L. Richtung E. von
46 Pkw sowie für den 1. September 2009 in Höhe von 156 Pkw von E. Richtung L. und
von 54 Pkw aus L. Richtung E. .
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Mit Schreiben vom 1. August 2009 führten die Eltern der Klägerin zu dem Schreiben des
Beklagten vom 28. Juli 2009 aus, die Überquerungshilfe am neuen Kreisverkehr sei
nicht ungefährlich. Insbesondere die aus L. Richtung O. fahrenden Autofahrer nähmen
wenig Rücksicht auf Fußgänger und Fahrradfahrer, die beabsichtigten, die L 000 zu
überqueren. Sie selbst seien dort schon wiederholt Zeugen von brenzligen Situationen
geworden. Zudem wiesen sie darauf hin, dass die Klägerin unter starkem Asthma leide.
Entsprechende ärztliche Bescheinigungen würden sie, wenn erforderlich, umgehend
nachreichen.
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Mit Bescheid vom 10. September 2009 lehnte der Beklagte die Übernahme von
Schülerfahrkosten für das Schuljahr 2009/2010 zum Besuch des Gymnasiums L. ab. Zur
Begründung führte er unter anderem aus, nach dem Überqueren am Knoten der L 000/K
00 sei der Schulweg durch einen gemeinsamen Fuß-/Radweg entlang der L 000 in
Richtung L. sichergestellt. Die dort bestehende Strauchreihe bzw. Hecke in einer Länge
von 200 m sei lückenhaft und dadurch teilweise einsehbar. Im Übrigen sei die L 000
verkehrsreich genug, so dass der Fuß-/Radweg von den vorbeifahrenden Fahrzeugen
angeleuchtet werde. Es handele sich hierbei um eine im ländlichen Raum nicht
ungewöhnliche Situation.
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Die Klägerin hat am 15. September 2009 Klage erhoben.
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Nach Vorlage eines Attestes eines Facharztes für Kinder- und Jugendmedizin vom 28.
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September 2009, wonach die Klägerin an einem gemischtförmigen Asthma bronchiale
erkrankt ist, welches insbesondere durch körperliche Belastung ausgelöst wird, hat der
Beklagte auf der Grundlage einer eingeholten Stellungnahme des Gesundheitsamtes
des Kreises E1. , dass eine Übernahme von Schülerfahrkosten aus gesundheitlichen
Gründen nicht erforderlich sei, die Übernahme von Schülerfahrkosten ab dem Schuljahr
2009/2010 aufgrund der Asthmaerkrankung durch weiteren Bescheid vom 12.
November 2009 abgelehnt; dieser ist nach einem entsprechenden gerichtlichen Hinweis
innerhalb der Rechtsmittelfrist in die vorliegende Klage einbezogen worden.
Die Klägerin macht unter anderem geltend, in dem Bereich, in dem der Fuß-/Radweg
auf gleichem Niveau wie die L 000 verlaufe, sei die Sicht größtenteils durch Sträucher
verdeckt. Im weiteren Verlauf liege der Fuß-/Radweg einige Meter oberhalb der L 000,
sodass das Scheinwerferlicht diesen erst gar nicht erreiche. Der Beklagte habe an zwei
Tagen eine Verkehrszählung durchgeführt, nach deren Ergebnis die Straße vom
Ortsausgang E. bis zum Kreisverkehr und umgekehrt nicht verkehrsreich sei. Mit keinem
Wort gehe der Beklagte jedoch auf die Tatsache ein, dass die L 000 im in Frage
kommenden Bereich einen DtV-Wert von knapp 7.000 Fahrzeugen aufweise, von denen
der Großteil die Querungshilfe passiere. In diesem Bereich wäre eine Verkehrszählung
während der Hauptverkehrszeit ebenfalls angebracht gewesen. Die Querungshilfe sei
alles andere als ungefährlich. Es gebe weder Schülerlotsen noch eine Ampelregelung.
Auch sei der gesamte Bereich zwischen dem Ortsende E. und dem Ortseingang L.
unbeleuchtet. Es sei auf der gesamten Strecke in den Herbst- und Wintermonaten
stockdunkel. An dieser Beurteilung ändere auch die Ende Oktober vorgenommene
Auslichtung der Buschreihe entlang der L 249 nichts. Es stelle sich die Frage, weshalb
diese Arbeiten entgegen der Auffassung des Beklagten in seinem Bescheid vom 10.
September 2009 überhaupt durchgeführt worden seien.
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Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung seiner Bescheide vom 10. September 2009 und 12.
November 2009 zu verpflichten, die Schülerfahrkosten für das Schuljahr 2009/2010 für
sie zum Besuch des Gymnasiums L. zu übernehmen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen. Er erwidert im Wesentlichen, in einer Vielzahl von Eingaben sei
darauf hingewiesen worden, dass der Fuß-/Radweg durch eine Reihe von Büschen von
der L 000 abgetrennt und von dort aus nicht einsehbar sei. Dies sei durch Auslichten der
Buschreihe und Schaffung von mehreren freien Flächen zwischen den einzelnen
verbleibenden Büschen bzw. Buschgruppen nicht mehr gegeben. Wegen der Kürze des
Wegstücks und zum anderen aufgrund der Öffnung der Buschreihe in regelmäßigen
kurzen Abständen für Durchblicke von der Straße aus auf diesen Weg sei eine
Gefährlichkeit nicht anzunehmen.
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Die Kammer hat den Schulweg am 18. März 2010 in Augenschein genommen. Die
Beteiligten stimmten darin überein, dass die Ausholzungen der Buschreihe Ende
Oktober 2009 vorgenommen worden seien. Der Beklagte hat zudem erklärt, dass die
Beleuchtung vom Übergangsbereich bis in die E. straße hinein zum Zeitpunkt der
Beweisaufnahme seit einer Woche in Betrieb gewesen sei. Mit Bezug auf die
Verbreiterung der E. straße auf den Bereich des vormals unbefestigten Randstreifens
hat der Beklagte erklärt, dass die Deckschicht der Fahrbahnverbreiterung ca. zwei bis
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drei Wochen zuvor aufgebracht und die der Abtrennung dienenden sogenannten Kölner
Knöpfe am Tag vor der Beweisaufnahme angebracht worden seien.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird verwiesen auf den
Inhalt der Gerichtsakte sowie der Verwaltungsvorgänge des Beklagten.
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Entscheidungsgründe:
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Die Klage ist zulässig.
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Die Klägerin ist nach § 42 Abs. 2 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) klagebefugt,
weil der Anspruch auf Schülerfahrkosten gemäß § 97 Abs. 1 Satz 1 des Schulgesetzes
NRW (SchulG) unter den dortigen Voraussetzungen den Schülerinnen und Schülern
zusteht.
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Des Weiteren ist die minderjährige Klägerin durch ihre beiden
personensorgeberechtigten Elternteile gemäß §§ 1626 Abs. 1, 1629 Abs. 1 Satz 2 BGB
ordnungsgemäß vertreten. Die Klage ist auch begründet.
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Die ablehnenden Bescheide des Beklagten vom 10. September 2009 und 12.
November 2009 sind rechtswidrig und verletzen die Klägerin in ihren Rechten (§ 113
Abs. 5 Satz 1 VwGO).
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Der Anspruch der Klägerin auf Übernahme der Fahrkosten für das Schuljahr 2009/2010
ergibt sich aus § 97 Abs. 1 Satz 1 und Abs. 4 SchulG in Verbindung mit §§ 4 und 6 Abs.
2 Satz 1 der Schülerfahrkostenverordnung (SchfkVO).
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Nach § 97 Abs. 1 Satz 1 SchulG werden Schülerinnen und Schülern unter anderem der
Gymnasien, die ihren Wohnsitz in Nordrhein-Westfalen haben, die Kosten erstattet, die
für ihre wirtschaftlichste Beförderung zur Schule und zurück notwendig entstehen. § 97
Abs. 4 Nr. 5 SchulG enthält die Verordnungsermächtigung zur Regelung der
Erstattungsvoraussetzungen.
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Zunächst liegt die verfahrensmäßige Voraussetzung des § 4 Abs. 2 Satz 1 VwVfG NRW
vor. Danach soll der Antrag auf Fahrkostenübernahme unverzüglich zu Beginn des
Bewilligungszeitraumes, der nach Satz 1 in der Regel das Schuljahr ist, beim
Schulträger gestellt werden. Die Eltern der Klägerin haben mit am 3. August 2009 beim
Beklagten als Schulträger eingegangenem Schreiben vom 1. August 2009 in Reaktion
auf dessen Schreiben vom 28. Juli 2009 für das Schuljahr 2009/2010 darauf
hingewiesen, dass nach ihrer Auffassung die Voraussetzungen für eine Übernahme der
Fahrkosten vorlägen. Dies ist angesichts des nach § 7 Abs. 1 SchulG auf den 1. August
festgelegten Beginns des Schuljahres als rechtzeitig anzusehen.
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In materieller Hinsicht handelt es sich bei dem Gymnasium in L. zunächst um die
nächstgelegene Schule der gewählten Schulform (§ 9 Abs. 3 SchfkVO).
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Darüber hinaus entstehen die Beförderungskosten im Beurteilungszeitraum notwendig.
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Fahrkosten entstehen unabhängig von der Länge des Schulweges - dieser verbleibt im
Falle der Klägerin unter der für sie maßgeblichen Entfernungsgrenze des § 5 Abs. 2
SchfkVO - nach § 6 Abs. 2 Satz 1 SchfkVO notwendig, wenn der Schulweg nach den
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objektiven Gegebenheiten besonders gefährlich ist. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 SchfkVO ist
ein Schulweg insbesondere dann besonders gefährlich, wenn er überwiegend entlang
einer verkehrsreichen Straße ohne Gehweg oder begehbaren Randstreifen führt oder
wenn eine verkehrsreiche Straße ohne besondere Sicherung für Fußgänger überquert
werden muss.
Eine besondere Gefährlichkeit des Schulweges kann sich nicht nur aus Gefährdungen
durch den motorisierten Straßenverkehr ergeben, sondern auch aus sonstigen
denkbaren Schadensereignissen, die mit der Benutzung des Schulweges verbunden
sein können. Hierzu zählt die Gefahr krimineller Übergriffe durch Sexualstraftäter oder
sonstige Gewalttäter, wenn der Schüler oder die Schülerin zu einem risikobelasteten
Personenkreis gehört und er/sie sich auf dem Schulweg in einer schutzlosen Situation
befindet, weil nach den örtlichen Verhältnissen eine rechtzeitige Hilfeleistung durch
Dritte nicht gewährleistet ist.
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Vgl. Oberverwaltungsgericht für das Land Nordrhein-Westfalen (OVG NRW), Beschluss
vom 16. November 1999 - 19 A 4395/96 -, juris.
30
Für die Beurteilung der Risikobelastetheit und der Gefährlichkeit des Schulweges nach
objektiven Gegebenheiten ist abzustellen auf das individuelle Alter, das die Schülerin
oder der Schüler zu Beginn des Bewilligungszeitraumes erreicht hat. Denn es gibt keine
Kriterien, nach denen sich die Wahrscheinlichkeit krimineller Übergriffe sicher
prognostizieren lässt. Weder eine besondere Häufigkeit noch ein völliges Fehlen von
Übergriffen in der Vergangenheit sind für sich gesehen geeignet, eine verlässliche
Prognose zu liefern.
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Vgl. OVG NRW, Urteil vom 28. September 1998 - 19 A 5581/97 -; Beschluss vom 14.
November 1999 - 19 A 2639/88 -, juris; Beschluss vom 16. November 1999, a.a.O.; VG
Münster, Urteil vom 13. August 2008 - 1 K 1518/08 -, juris.
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Zunächst zählt die Klägerin nach Alter und Geschlecht einem risikobelasteten
Personenkreis. Davon ist bei einer 16jährigen Schülerin auszugehen.
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Vgl. OVG NRW, Beschluss vom 16. November 1999, a.a.O.; VG Düsseldorf, Urteil vom
10. März 2004 - 18 K 3926/02, juris.
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Zudem war sie im maßgeblichen Beurteilungszeitpunkt auf dem Schulweg einer
schutzlosen Situation ausgesetzt. Der Schulweg verlief ab der Überquerung der L 000
am Knotenpunkt L 000/K 00 auf einer Länge von 150m bis 200 m bis zum
abzweigenden Wirtschaftsweg "Im A. " hinter einer Buschreihe, die - nach dem im
Rahmen der durchgeführten Beweisaufnahme gewonnenen Eindruck angesichts der
verbliebenen Höhe und Dichtigkeit stehen gebliebener Bereiche - vor der im Oktober
2009 vorgenommenen Ausholzung eine Einsehbarkeit von der L 000 aus verhinderte.
Der Einsehbarkeit von dieser Straße aus kommt aber nach den örtlichen Gegebenheiten
besondere Bedeutung zu, weil sich weder im Bereich der Buschreihe noch davor oder
im Anschluss daran Wohnbebauung in Sicht- oder Rufweite befindet, so dass eine
Hilfeleistung von in der Nähe wohnenden Menschen nicht erwartet werden kann. Es
kann auch dahinstehen, wie verkehrsreich die L 000 vom Knotenpunkt aus in Richtung
L. letztlich ist. Denn ein hohes Verkehrsaufkommen auf der Straße, ist nur dann
geeignet, das Risiko eines gewaltsamen Übergriffs entscheidend herabzusetzen, wenn
der fußläufige Schulweg von der Fahrbahn aus ohne weiteres einsehbar ist.
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Vgl. in diesem Zusammenhang: OVG NRW, Beschluss vom 16. November 1999, a.a.O.;
OVG NRW, Beschluss vom 8. März 2007 - 19 E 206/06 -
36
Die risikobelastete Klägerin befand sich mithin zu Beginn des Bewilligungszeitraumes
auf ihrem Schulweg in einer schutzlosen Situation, so dass ihr der mit der Klage
verfolgte Anspruch zusteht.
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Inwiefern die erfolgte Ausholzung der Buschreihe für hier nicht streitgegenständliche
zukünftige Bewilligungszeiträume eine andere Beurteilung gebieten würde, ist nicht
entscheidungsrelevant und ließe sich auch nicht abschließend beurteilen. Zwar dürfte
bei Helligkeit eine ausreichende Einsichtigkeit des Fußweges von der L 000 aus
anzunehmen sein, wenn sich die Ausholzungen nicht durch Nachwuchs verkleinert
haben sollten; zudem dürfen bislang stehen gebliebene Teile nicht buschiger werden
mit der Folge der Verengung des Durchblickwinkels vorbeifahrender
Verkehrsteilnehmer auf den Fußweg. Was indes für übliche Schulwegszeiten in der
Dunkelheit zu gelten hätte, lässt sich mit den Mitteln der Kammer nicht sicher
bestimmen. Ob das Fernlicht, aber auch das Abblendlicht der sich auf der L 000 in beide
Richtungen in etwa parallel zum fußläufigen Schulweg bewegenden Kraftfahrzeuge
diesen trotz der im jetzigen Zustand vorhandenen Buschreihe hinreichend erfassen, um
einen Übergriff erkennen zu können, lässt sich nur durch eine sachverständige
Überprüfung, beispielsweise des TÜV, feststellen. Dies gilt erst recht angesichts des
weiteren Umstandes, dass der Schulweg nicht etwa nur durch einen Grünstreifen
getrennt entlang der L 000, sondern mehrere Meter entfernt verläuft, weil sich zwischen
einem schmalen Grünstreifen mit Begrenzungspfählen im Anschluss an die Fahrbahn
und dem Grünstreifen, auf dem die Buschreihe aufsteht, noch ein Graben befindet.
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Obwohl es für das vorliegende Verfahren nicht darauf ankommt, nimmt die Kammer im
Interesse der Beteiligten auch zu den nachfolgenden Bereichen des Schulweges
Stellung.
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Die Querungshilfe auf der L 000 aus Richtung O. vor dem Kreisverkehr bietet zumindest
mit Blick auf die nunmehr vorhandene Straßenbeleuchtung eine hinreichende
Sicherung für Fußgänger. Ob darauf auch Radfahrer während des Querungsvorgangs
anhalten können, ist nach § 6 Abs. 2 Satz 2 2. Alternative SchfkVO unmaßgeblich.
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Des Weiteren ist das Teilstück der E. straße, das lediglich einen unbefestigten
Randstreifen aufwies, im jetzigen Ausbauzustand mit einem befestigten und von der
Fahrbahn abgetrennten Seitenstreifen sowie Straßenbeleuchtung nicht besonders
gefährlich im Sinne der 1. Alternative des § 6 Abs. 2 Satz 2 SchfkVO. Hierbei ist
außerdem zu beachten, dass diese einen Verlauf eines Schulweges überwiegend -
woran es im vorliegenden Fall fehlen dürfte - entlang einer verkehrsreichen Straße ohne
Gehweg oder begehbaren Randstreifen voraussetzt.
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Zudem fehlt es an einer besonderen Gefährlichkeit des Schulweges in dem Bereich, in
dem dieser aus Richtung E. nach Beginn der Ortslage L. zusammen mit einer Zufahrt zu
dem südlich des Sportplatzes gelegenen Wohngebiet über den Parkplatz am Sportplatz
verläuft. Dieser Bereich erscheint nicht unübersichtlich und eine Auslastung des
Sportplatzes zu üblichen Schulwegszeiten dürfte die Ausnahme sein. Außerdem ist eine
Ausfahrt aus dem Wohngebiet dort nicht zulässig; andere Zufahrtsmöglichkeiten dorthin
bestehen.
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Der Bescheid vom 12. November 2009 unterliegt ebenfalls der Aufhebung. Dabei kann
dahinstehen, ob er bereits deswegen aufzuheben ist, weil er nach seiner Einleitung die
"Übernahme... ab dem Schuljahr 2009/2010" versagt und sich auch aus der
Begründung keine Beschränkung auf den im Regelfall maßgeblichen
Beurteilungszeitraum, von dem abzuweichen ein Anlass weder vorgetragen noch
ersichtlich ist, ergibt. Er unterliegt jedenfalls der Aufhebung, weil er von seinem Gehalt
her nicht über ein gesondertes Antragsbegehren, sondern lediglich eine alternative
(sonstige) Anspruchsvoraussetzung für das notwendige Entstehen der Fahrkosten aus
gesundheitlichen Gründen nach § 6 Abs. 1 Satz 1 SchfkVO verneint und daher dem -
wie dargelegt - wegen Erfüllung der Anspruchsvoraussetzung begründeten
Übernahmebegehren nicht entgegenstehen kann.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 154 Abs. 1 VwGO.
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Die Entscheidung über die vorläufige Vollstreckbarkeit folgt aus § 167 VwGO in
Verbindung mit §§ 708 Nr. 11, 711 ZPO.
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Die Berufung war nach §§ 124 a Abs. 1 Satz 1, 124 Abs. 2 Nrn. 3 und 4 VwGO nicht
zuzulassen. Es ist weder eine grundsätzliche Bedeutung noch eine Divergenz
erkennbar.
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