Urteil des VG Aachen vom 18.11.2003

VG Aachen: wiedereinsetzung in den vorigen stand, obg, öffentliche gewalt, negativer kompetenzkonflikt, zusage, meinung, bad, zivilprozessordnung, polizei, klagefrist

Verwaltungsgericht Aachen, 6 K 575/03
Datum:
18.11.2003
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
6. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
6 K 575/03
Tenor:
Das Verwaltungsgericht Aachen erklärt nach Anhörung der Antragsteller
den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig und verweist das Verfahren
an das zuständige Landgericht Aachen.
G r ü n d e:
1
Das Prozesskostenhilfegesuch der Antragsteller ist in entsprechender Anwendung des
§ 17a Abs. 2 des Gerichtsverfassungsgesetzes (GVG) an das Landgericht Aachen zu
verweisen, weil für die beabsichtigte Klage mit dem - sinngemäß angekündigten-
Hauptantrag,
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den Kreis I. , vertreten durch den Landrat, zu verurteilen, an die Kläger einen Betrag in
Höhe von 429,06 EUR zu zahlen,
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der Rechtsweg zu den ordentlichen Gerichten und nicht der beschrittene Rechtsweg zu
den Verwaltungsgerichten eröffnet ist.
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Gemäß § 40 Abs. 1 der Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) ist der
Verwaltungsrechtsweg eröffnet in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten
nichtverfassungsrechtlicher Art, soweit die Streitigkeiten nicht durch Bundes- oder
Landesgesetz einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Vorliegend ist
eine derartige "abdrängende Sonderzuweisung" gegeben.
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Die Antragsteller beabsichtigen, mit dem Hauptantrag im Klageverfahren der Sache
nach einen Entschädigungs- bzw. Schadensersatzanspruch durchzusetzen. Als
gesetzlich geregelte Anspruchsgrundlagen hierfür kommen zum einen die in § 39 Abs. 1
des Ordnungsbehördengesetzes des Landes Nordrhein-Westfalen (OBG NRW)
geregelten und über § 67 des Polizeigesetzes des Landes Nordrhein- Westfalen (PolG
NRW) entsprechend anwendbaren Entschädigungsansprüche, zum anderen ein
Amtshaftungsanspruch aus Art. 34 des Grundgesetzes (GG) i.V.m. § 839 des
Bürgerlichen Gesetzbuches (BGB) in Frage.
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Nach § 39 Abs. 1 lit. a) OBG NRW ist ein Schaden zu ersetzen, den eine in Anspruch
genommene nicht verantwortliche Person (§ 19 OBG NRW) durch - rechtmäßige-
Maßnahmen der Polizeibehörden erleidet. Nach dem Vorbringen der Antragsteller, nach
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dem sie bei der Durchsuchung, bei der die Hauseingangstüre und zwei Wohnungstüren
beschädigt worden seien, als Unbeteiligte in Anspruch genommen worden seien,
könnten die Voraussetzungen für diesen Entschädigungsanspruch vorliegen,
vgl. zu der -ausdrücklich für den Fall der Rechtmäßigkeit der Maßnahme bejahten-
Anwendbarkeit des § 39 Abs. 1 lit. a) OBG NRW bei Gebäudeschäden durch
Fahndungseinsätze der Polizei: LG Köln, Urteile vom 25. Mai 1999 -5 O 453/98-, NZM
1999, 1166, vom 22. August 1995 -5 O 87/95-, WuM 1996, 164, und vom 18. April 1991 -
19 S 502/90-, WuM 1991, 510; vgl. auch Rachor in: Lisken/Denninger, Handbuch des
Polizeirechts, 3. Aufl. 2001, Kapitel L Rdnr. 33; Schoch, Grundfälle zum Polizei- und
Ordnungsrecht, 9. Teil "Kosten der Gefahrenabwehr und Ersatzansprüche gegen die
Verwaltung", JuS 1995, 504 ff., 509; sowie LG Köln, Urteil vom 14. Januar 1997 -5 O
145/96-, NJW 1998, 317, und OLG Köln, Urteil vom 26. Januar 1995 -7 U 146/94- , NJW-
RR 1996, 860.
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Ausgehend vom Vortrag der Antragsteller, die Art und Weise des Vorgehens bei der
Durchsuchung sei rechtswidrig gewesen, kommt neben diesem
Entschädigungsanspruch bei angenommener Rechtswidrigkeit der Maßnahme ein
Entschädigungsanspruch nach § 39 Abs. 1 lit. b) OBG NRW bzw. -bei schuldhafter
Verletzung von Amtspflichten- zudem ein Amtshaftungsanspruch aus Art. 34 GG i.V.m. §
839 BGB in Betracht,
9
vgl. Schoch, JuS 1995, 509; Wolffgang/Hendricks/Merz, Polizei- und Ordnungsrecht in
Nordrhein-Westfalen, 1998, Kapitel L Rdnr. 571 ff., 591 ff., 621 ff.
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Über die Entschädigungsansprüche nach § 39 Abs. 1 OBG NRW entscheiden im
Streitfall die ordentlichen Gerichte, § 43 Abs. 1 OBG NRW. Nach Art. 34 Satz 3 GG ist
für Ansprüche aus Amtshaftung ebenfalls ausschließlich der ordentliche Rechtsweg
eröffnet. Eine abdrängende Sonderzuweisung i.S.d. § 40 Abs. 1 VwGO liegt damit vor.
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Der Verwaltungsrechtsweg ist vorliegend auch nicht etwa deswegen -über § 17 Abs. 2
GVG dann jedenfalls auch für die Entschädigungsansprüche aus § 39 Abs. 1 OBG
NRW- eröffnet, weil die Antragsteller sich darauf berufen, ihnen sei von einem
Polizeibeamten der Ersatz der an den Türen entstandenen Schäden zugesagt worden.
Denn die in Rede stehende Zusage, sollte sie tatsächlich von einem zuständigen
Beamten mit Bindungswillen abgegeben worden sein,
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vgl. zu den Anforderungen an derartige mündliche Zusagen: Stelkens in:
Stelkens/Bonk/Sachs, Verwaltungsverfahrensgesetz, Kommentar, 6. Aufl. 2001, § 38
Rdnr. 1, 21 ff.,
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hat sich ersichtlich allein auf die Erfüllung der gesetzlich in § 39 Abs. 1 lit. a) OBG NRW
geregelten Entschädigungspflicht bezogen. Dies geht schon aus dem Wortlaut des
handschriftlichen Vermerks des offensichtlich beteiligten Beamten vom 18. Februar
2002 (Bl. 4 der Beiakte I) hervor:
14
"Herr Q. war Unbeteiligter, nicht Beschuldigter. Erstattung zugesagt."
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Eine eigenständige Anspruchsgrundlage -etwa in Form eines abstrakten und nicht
lediglich deklaratorischen Schuldanerkenntnisses- sollte bei verständiger Würdigung
nicht geschaffen werden. Die Zusage hat vielmehr einen nachrangigen Charakter und
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kann erst dann zum Tragen kommen, wenn der gesetzlich geregelte Anspruch nicht
durchgreift. Dass eine derartige Zusage subsidiären Charakter haben muss, wird auch
angesichts der bestehenden Rückgriffsmöglichkeit des Dienstherrn des beteiligten
Beamten deutlich. Würde eine Verpflichtung des Trägers der Polizei bereits allein
aufgrund der von einem Beamten abgegebenen Zusage angenommen, obwohl
gesetzlich geregelte Entschädigungspflichten den Sachverhalt ebenfalls erfassen,
müsste in einem möglichen Regressverfahren inzidenter geprüft werden, ob die Zusage
nicht lediglich eine gesetzlich ohnehin bestehende Entschädigungspflicht verlautbart
hat. Dann nämlich wäre durch die Zusage des Beamten dem Dienstherrn kein Schaden
entstanden. Richtigerweise wird daher das Bestehen einer gesetzlichen
Entschädigungspflicht immer vorrangig zu prüfen und für den Rechtsweg bestimmend
sein.
Dieses Ergebnis steht im Einklang mit dem zum Ausdruck gekommenen Willen des
Verfassungsgebers sowie des Bundes- und Landesgesetzgebers, nach dem Fall-
gestaltungen wie die vorliegende, in denen die Tatbestandsvoraussetzungen möglicher
Schadensersatz- und Entschädigungsansprüche gegen die öffentliche Hand erfüllt sind
oder ernstlich in Frage kommen, ausdrücklich den ordentlichen Gerichten zugewiesen
sind (vgl. Art. 14 Abs. 3 Satz 4, Art. 34 Satz 3 GG, § 40 Abs. 2 Satz 1 VwGO, § 43 Abs. 1
OBG NRW).
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Vor diesem Hintergrund ist für das beabsichtigte Klagebegehren, das vorliegend allein
hinsichtlich des Hauptantrages zur Überprüfung des Rechtsweges ansteht,
18
vgl. Kissel, Gerichtsverfassungsgesetz, Kommentar, 3. Aufl. 2001, § 17 Rdnr. 49 m.w.N.,
19
der ordentliche Rechtsweg eröffnet und der beschrittene Rechtsweg unzulässig.
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Die Kammer hält es für geboten, den vorliegenden Antrag nicht wegen eigener
Unzuständigkeit abzulehnen, sondern an das zuständige Gericht des zulässigen
Rechtsweges zu verweisen.
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Nach § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG i.V.m. § 173 Satz 1 VwGO hat das angerufene Gericht,
wenn es den beschrittenen Rechtsweg für unzulässig hält, dies nach Anhörung der
Parteien von Amts wegen auszusprechen und den Rechtsstreit zugleich an das
zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges zu verweisen. Eine unmittelbare
Anwendung dieser Vorschrift scheidet im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren aus,
weil der -lediglich beabsichtigte- Rechtsstreit noch nicht rechtshängig ist, es sich
vielmehr um ein dem Bereich der Daseinsfürsorge zuzurechnendes, nicht streitiges
summarisches Kostenverfahren handelt. Während in der Rechtsprechung und im
Schrifttum überwiegend die Meinung vertreten wird, im isolierten
Prozesskostenhilfeverfahren scheide -im Gegensatz zu den Verweisungsregelungen
wegen sachlicher oder örtlicher Unzuständigkeit, die für entsprechend anwendbar
gehalten werden- auch eine entsprechende Anwendung des § 17a GVG aus,
22
vgl. BayObLG, Beschluss vom 23. November 1999 -3Z AR 27/99- (jurisweb), mit zust.
Anm. von Bokelmann, EWiR 2000, 335; VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4. April 1995 -
9 S 701/95-, NJW 1995, 1915; SächsOVG, Beschluss vom 18. Oktober 1993 -1 S
198/93- (inzwischen aufgegeben); OVG NRW, Beschluss vom 28. April 1993 -25 E
275/93-, NJW 1993, 2766; Kissel, a.a.O., § 17 Rdnr. 6; Gummer in: Zöller,
Zivilprozessordnung, Kommentar, 22. Aufl. 2001, Vor §§ 17-17b GVG Rdnr. 1; Albers in:
23
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, Zivilprozessordnung, Kommentar, 60. Aufl.
2002, § 17a GVG Rdnr. 5 (vgl. aber Hartmann, a.a.O., § 114 ZPO Rdnr. 100 unter
"Rechtsweg"); Musielak, Zivilprozessordnung, Kommentar, 3. Aufl. 2002, § 17 GVG
Rdnr. 3; Ehlers in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, Verwaltungsgerichtsordnung,
Kommentar, Loseblatt-Sammlung (Stand: Januar 2003), Vorb § 17 GVG, Rdnr. 20;
Schenke in: Kopp/Schenke, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 13. Aufl. 2003, §
41 Rdnr. 2b; Sennekamp, Die Verweisung summarischer Verfahren an das zuständige
Gericht, NVwZ 1997, 642 ff.; im Ergebnis wohl auch: Holzheuser, Die
Rechtswegverweisung in den verwaltungsgerichtlichen Eilverfahren, DÖV 1994, 807 ff.,
hält die Kammer eine entsprechende Anwendung der Verweisungsregel des § 17a Abs.
2 GVG auch im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren für geboten. Ausschlaggebend
hierfür sind folgende Überlegungen:
24
Das Grundrecht des Art. 19 Abs. 4 Satz 1 GG gewährleistet jedem, der behauptet, durch
die öffentliche Gewalt in seinen Rechten verletzt zu sein, den Rechtsweg zu den
Gerichten (Rechtsweggarantie). Die nähere Ausgestaltung dieses Rechtsweges bleibt
dabei der jeweiligen Prozessordnung überlassen. Sie darf die Beschreitung des
Rechtsweges nicht in einer unzumutbaren, aus Sachgründen nicht mehr zu
rechtfertigenden Weise erschweren und darf eine wirksame gerichtliche Kontrolle nicht
verhindern. Namentlich gebietet Art. 19 Abs. 4 GG i.V.m. dem Gleichheitssatz (Art. 3
Abs. 1 GG) und dem Rechtsstaatsprinzip (Art. 20 Abs. 3 GG), dass Vorkehrungen
getroffen werden, die auch Unbemittelten einen weitgehend gleichen Zugang zum
Gericht ermöglichen,
25
vgl. BVerfG, Beschlüsse vom 17. März 1988 -2 BvR 233/84-, BVerfGE 78, 88 (99) und
vom 13. März 1990 -2 BvR 94/88- BVerfGE 81, 347 (356 f.).
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Hält man aber mit der herrschenden Meinung eine Verweisung in einem isolierten
Verfahren auf Gewährung von Prozesskostenhilfe für unzulässig und tritt in einem
solchen Verfahren ein negativer Kompetenzkonflikt auf, halten sich also mehrere
Gerichte mit der Begründung für unzuständig, die Sache gehöre vor das jeweils andere
Gericht, wird der Anspruch auf Gewährung effektiven Rechtsschutzes bereits verletzt.
Zwar bleibt es dem jeweiligen Antragsteller unbenommen, das Hauptsacheverfahren zu
betreiben und in diesem gegebenenfalls eine Verweisung zu beantragen. Faktisch wird
die Durchführung des Hauptsacheverfahrens jedoch gerade in den Fällen, in denen der
jeweilige Antragsteller die Bewilligung von Prozesskostenhilfe vorab in einem isolierten
Verfahren begehrt, häufig von einer positiven Entscheidung abhängen. Die Ablehnung
einer Verweisungsmöglichkeit mit Bindungswirkung für das
Prozesskostenhilfeverfahren führt in ihrer Konsequenz jedoch dazu, dass einer
mittellosen Partei im Falle eines negativen Kompetenzkonfliktes eine
Hauptsacheentscheidung deshalb versagt bleibt, weil sie den Hauptsacheprozess aus
Kostengründen nicht durchführen kann. Dieses Ergebnis soll durch die in Art. 19 Abs. 4
Satz 1 GG normierte Rechtsweggarantie gerade verhindert werden.
27
Die Gegenmeinung führt zu Unrecht aus, die Gefahr eines solchen negativen
Kompetenzkonfliktes könne vernachlässigt werden, weil Prüfungsmaßstab im
Prozesskostenhilfeverfahren lediglich die "hinreichende" Erfolgsaussicht sei und ein
Gericht daher einen Bewilligungsantrag nicht schon wegen Zweifeln am
eingeschlagenen Rechtsweg ablehnen dürfe,
28
vgl. VGH Bad.-Württ., Beschluss vom 4. April 1995 -9 S 701/95-, a.a.O.; SächsOVG,
Beschluss vom 18. Oktober 1993 -1 S 198/93-, a.a.O. (inzwischen aufgegeben);
Sennekamp, NVwZ 1997, 646.
29
Zur Überzeugung der Kammer gilt jedoch auch im isolierten
Prozesskostenhilfeverfahren -wie bei allen gerichtlichen Entscheidungen- als tragender
Grundsatz des Prozessrechts, dass in eine Sachprüfung erst dann eingetreten werden
darf, wenn das Gericht seine Zuständigkeit, namentlich zunächst die Zulässigkeit des
eingeschlagenen Rechtsweges, bejaht hat. Die Gefahr, dass jedes in Frage kommende
Gericht den jeweils eingeschlagenen Rechtsweg für unzulässig und sich für
unzuständig hält und den Antrag bereits mit dieser Begründung ablehnt, ist daher nicht
von der Hand zu weisen,
30
vgl. SächsOVG, Beschluss vom 5. Februar 1998 -1 S 730/97-, VIZ 1998, 702; VGH
Bad.-Württ., Beschluss vom 6. August 1991 -5 S 885/91-, NJW 1992, 707;
Gsell/Mehring, Kompetenzkonflikte bei Prozesskostenhilfeverfahren vor Zivilgerichten,
NJW 2002, 1992.
31
Gegen eine entsprechende Anwendbarkeit des § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG lässt sich
schließlich auch nicht mit Erfolg anführen, diese führte angesichts des in § 17a Abs. 4
GVG vorgesehenen dreistufigen Instanzenzuges gegenüber der lediglich
zweiinstanzlichen Ausgestaltung des Prozesskostenhilfeverfahrens zu einem
Wertungswiderspruch,
32
vgl. OVG NRW, Beschluss vom 28. April 1993 -25 E 275/93-, a.a.O.; Gummer in: Zöller,
a.a.O.; Holzheuser, DÖV 1994, 811 ff.
33
Denn die weitere Beschwerde nach § 17a Abs. 4 Sätze 4 bis 6 GVG wird in aller Regel
nicht zuzulassen sein. Im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren wird der streitigen
Rechtsfrage regelmäßig ebenso wenig eine grundsätzliche Bedeutung zukommen wie
eine Abweichung von einer Entscheidung eines Bundesgerichts in Betracht kommen
wird,
34
vgl. Gsell/Mehring, NJW 2002, 1994; SächsOVG, Beschluss vom 5. Februar 1998 -1 S
730/97-, a.a.O., das § 17a Abs. 4 Satz 4 GVG bereits für nicht anwendbar hält.
35
Im Regelfall wird daher ein Wertungswiderspruch nicht auftreten können. Das Vor-
abverfahren nach § 17a Abs. 3 GVG, dessen Existenz die Vertreter der herrschenden
Meinung gegen die Analogiefähigkeit der übrigen Bestimmungen des § 17a GVG
ebenfalls anführen, ist im Übrigen im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren bereits
deswegen nicht anwendbar, weil allein der Antragsteller Partei des Verfahrens ist, eine
Rechtswegrüge daher bei verständiger Würdigung nicht erhoben werden kann. Eine
Durchführung des Vorabverfahrens von Amts wegen wird im isolierten
Prozesskostenhilfeverfahren ebenfalls nicht in Betracht kommen. Durch die Anwendung
des § 17a Abs. 2 GVG ist eine nennenswerte Verzögerung des Verfahrens daher nicht
zu erwarten,
36
vgl. Gsell/Mehring, NJW 2002, 1994; SächsOVG, Beschluss vom 5. Februar 1998 -1 S
730/97-, a.a.O.
37
Die Kammer sieht sich schließlich in ihrer Auffassung, dass eine Verweisung auch im
38
isolierten Prozesskostenhilfeverfahren unter Rechtsschutzgesichtspunkten möglich sein
muss, durch den Umstand bestätigt, dass nach der in Schrifttum und Rechtsprechung
einhellig vertretenen Meinung einem im isolierten Prozesskostenhilfeverfahren -
regelmäßig erst nach Ablauf einer möglichen Klagefrist- erfolgreichen Antragsteller
hinsichtlich der Einhaltung der Klagefrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu
gewähren ist, wenn das Prozesskostenhilfegesuch für das nicht gerichtskostenfreie
Klageverfahren innerhalb der Klagefrist bewilligungsreif eingegangen ist,
vgl. Bier in: Schoch/Schmidt-Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 60 Rdnr. 17; Schenke, a.a.O., §
60 Rdnr. 8 und 15, jeweils m.w.N.; BVerwG, Beschluss vom 17. April 2002 -3 B 137/01-,
NVwZ 2002, 992
39
Diese Möglichkeit wäre einem Antragsteller, der zunächst das
Prozesskostenhilfegesuch bei einem unzuständigen Gericht eingebracht hat, verwehrt,
wenn der Antrag mit Blick auf die Unzuständigkeit abgelehnt und er auf die Stellung
eines neuen, dann regelmäßig verspäteten Antrages verwiesen würde. Auch insoweit
entspricht es dem grundrechtlich geschützten Anspruch auf Gewährung effektiven
Rechtsschutzes, dass der Antragsteller seine Rechte auch durch die Einlegung des
Antrages beim unzuständigen Gericht wahren kann und ihm diese durch eine
Verweisung des Verfahrens an das zuständige Gericht erhalten bleiben,
40
vgl. zu diesen Grundsätzen: Ehlers, a.a.O., § 17b GVG Rdnr. 6; Albers, a.a.O., § 17b
GVG Rdnr. 3, jeweils m.w.N.
41
Vor dem Hintergrund der vorstehenden Ausführungen fehlt der Kammer angesichts der
hier festgestellten Unzulässigkeit des Rechtsweges die Kompetenz, eine
Sachentscheidung vorzunehmen und den Antrag abzulehnen. Das Verfahren ist
vielmehr an das zuständige Gericht des zulässigen Rechtsweges zu verweisen,
42
vgl. OLG Dresden, Beschluss vom 29. Oktober 2002 -11 W 1337/02-, ZInsO 2003, 282;
SächsOVG, Beschluss vom 5. Februar 1998 -1 S 730/97-, a.a.O.; VGH Bad.-Württ.,
Beschluss vom 6. August 1991 -5 S 885/91-, a.a.O.; offengelassen vom BGH, Beschluss
vom 26. Juli 2001 -X ARZ 132/01-, NJW 2001, 3633, und vom BAG, Beschluss vom 27.
Oktober 1992 -5 AS 5/92-, NJW 1993, 751, mit zust. Anm. von Künzl/Koller, EWiR 1993,
265; wie hier: Rennert in: Eyermann, Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, 11. Aufl.
2000, § 41 Rdnr. 4, 21; Redeker, in: Redeker/v.Oertzen, Verwaltungsgerichtsordnung,
Kommentar, 13. Aufl. 2000, § 166 Rdnr. 5; Aulehner in: Sodan/Ziekow,
Verwaltungsgerichtsordnung, Kommentar, Loseblatt-Sammlung (Stand: Januar 2003), §
83 Rdnr. 7; Kissel, Die neuen §§ 17 bis 17b GVG in der Arbeitsgerichtsbarkeit, NZA
1995, 345 ff. (inzwischen aufgegeben); Gsell/Mehring, a.a.O., NJW 2002, 1991 ff.; vgl.
auch v.Oertzen in: Redeker/v.Oertzen, a.a.O., § 41 Rdnr. 5, Ortloff in: Schoch/Schmidt-
Aßmann/Pietzner, a.a.O., § 83 Rdnr. 27, und Hartmann in:
Baumbach/Lauterbach/Albers/Hartmann, a.a.O., § 114 Rdnr. 100 (unter "Rechtsweg").
43
Für das Verfahren sachlich und örtlich zuständig ist das Landgericht Aachen, soweit
dieses auf einen Amtshaftungsanspruch gerichtet ist (vgl. § 71 Abs. 2 Nr. 2 GVG, § 32
der Zivilprozessordnung). In Ansehung von § 17 Abs. 2 Sätze 1 und 2 GVG verweist die
Kammer das Verfahren insgesamt an das Landgericht Aachen, um hinsichtlich der
vorliegend in Frage kommenden Anspruchsgrundlagen eine umfassende Entscheidung
über das Prozesskostenhilfegesuch zu ermöglichen (vgl. § 17a Abs. 2 Satz 2 Alt. 2
GVG).
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Ein Kostenausspruch zu § 17b Abs. 2 GVG entfällt im isolierten
Prozesskostenhilfeverfahren.
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