Urteil des VG Aachen vom 15.11.2007

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Verwaltungsgericht Aachen, 2 L 400/07
Datum:
15.11.2007
Gericht:
Verwaltungsgericht Aachen
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Beschluss
Aktenzeichen:
2 L 400/07
Tenor:
I.) Vom Amts wegen werden
1.) die Bundesagentur für Arbeit, vertreten durch die Agentur für Arbeit B
, Q. 000000, 00000 B , Gz. 261n-311A363767,
und
2.) der E. des M. S. , E1. 0 - Überörtlicher Träger der Sozialhilfe -, I. -Q1. -
T. 0, 00000 L , bislang kein Gz. bekannt,
beigeladen.
II.) Dem Antragsteller wird für das erstinstanzliche Verfahren
Prozesskostenhilfe unter Beiordnung von Rechtsanwältin S. -M. aus N.
bewilligt, soweit er mit dem vorliegenden Antrag für die Zeit ab dem 4.
Oktober 2007 bis zum 3. Januar 2008 vom Antragsgegner im Rahmen
der Eingliederungshilfe für junge Volljährige die Übernahme der mit der
Tätigkeitsaufnahme in der Werkstatt für psychisch behinderte Menschen
Q2. H. verbundenen Kosten erstrebt.
III.) Der Antragsgegner wird im Wege der einst-weiligen Anordnung
verpflichtet, dem Antragsteller im Rahmen der Eingliederungshilfe für
junge Volljährige vorläufig für die Zeit vom 4. Oktober 2007 bis zum 3.
Januar 2008 die Kosten der Tätigkeit im Arbeitsbereich der Werkstatt für
psychisch behinderte Menschen Q2. H einschließlich der Fahrtkosten zu
bewilligen.
Der Antragsgegner trägt die Kosten des Verfahrens, für das
Gerichtskosten nicht erhoben werden mit Ausnahme der Kosten der
Beigeladenen, die diese selbst zu tragen haben.
G r ü n d e
I.) Der Beiladungsbeschluss beruht auf § 65 Abs. 1 der
Verwaltungsgerichtsordnung - VwGO -; die Entscheidung berücksichtigt,
dass die rechtlichen Interessen der Beigeladenen durch die
Entscheidung - etwa in einem noch nachfolgenden
Rechtsmittelverfahren - berührt werden können.
Es bestehen insbesondere zwischen dem Jugendamt des
Antragsgegners und der Beigeladenen zu 1.)
Meinungsverschiedenheiten darüber, ob im Rahmen einer Abgabe nach
§ 14 SGB IX der Antragsgegner oder die Beigeladene zu 1.) zur
Erbringung der in Rede stehenden Leistungen gegenüber dem
Antragsteller verpflichtet ist.
Der Beigeladene zu 2.) könnte - soweit der Antragsgegner und der
Beigeladene zu 1.) rechtlich als Kostenträger ausscheiden - quasi in
einer Auffangzuständigkeit im Rahmen der Eingliederungshilfe nach den
§§ 53 ff. SGB XII bzw. im Rahmen der Hilfe zur Überwindung sozialer
Schwierigkeiten nach den §§ 67 ff. SGB XII zur Übernahme der hier
streitigen Kosten verpflichtet sein.
II.) Dem Prozesskostenhilfegesuch war zu entsprechen, da der
Antragsteller mit den ihm zur Verfügung stehenden Mitteln nicht in der
Lage ist, die Prozesskosten zu tragen, und das Rechtsschutzbegehren
auch hinreichende Erfolgsausicht hat § 166 VwGO i.V.m. §§ 114 ff., 121
ZPO.
III.) Der sinngemäß gestellte Antrag,
den Antragsgegner im Wege der einstweiligen Anordnung zu
verpflichten, dem Antragsteller im Rahmen der gewährten Jugendhilfe
nach den §§ 41, 35 a SGB VIII vorläufig für die Zeit vom 4. Oktober 2007
bis zum 3. Januar 2008 die Kosten einschließlich der anfallenden
Fahrtkosten für die Übernahme in den Arbeitsbereich der Werkstatt für
psychisch behinderte Menschen Q2. H zu bewilligen,
ist zulässig und begründet.
Nach § 123 Abs. 1 Satz 2 VwGO kann das Gericht eine einstweilige
Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis treffen, wenn diese Regelung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint. Der Antragsteller
muss glaubhaft machen, dass ihm ein Anspruch auf die geltend
gemachte Leistung zusteht (Anordnungsanspruch) und dass das
Abwarten einer gerichtlichen Entscheidung in einem
Hauptsacheverfahren für ihn mit schlechthin unzumutbaren Nachteilen
verbunden wäre (Anordnungsgrund), vgl. § 123 Abs. 1 und 3 VwGO i. V.
m. § 920 Abs. 2 Zivilprozessordnung - ZPO -.
Gemessen an diesen Anforderungen war dem Rechtsschutzgesuch zu
entsprechen.
Bei der im vorläufigen Rechtsschutzverfahren allein möglichen
summarischen Überprüfung der Sach- und Rechtslage hat der
Antragsteller zunächst einen Anordnungsanspruch glaubhaft gemacht.
Der Antragsgegner ist als zunächst angegangener Sozialleistungsträger
nach § 43 SGB I vorläufig verpflichtet, für den streitigen Zeitraum die für
den Antragsteller anfallenden Kosten einschließlich der anfallenden
Fahrtkosten für die Übernahme in den Arbeitsbereich der Werkstatt für
psychisch behinderte Menschen Q2. H zu bewilligen.
Besteht ein Anspruch auf Sozialleistungen und ist zwischen mehreren
Leistungsträgern streitig, wer zur Hilfe verpflichtet ist, hat nach dieser
Vorschrift der unter ihnen zuerst angegangene Leistungsträger
vorläufige Leistungen zu erbringen, wenn der Berechtigte es beantragt.
Es ist zwischen den Beteiligten unstreitig, dass der seelisch behinderte
Antragsteller zum Personenkreis gehört, der Leistungen nach den §§ 41,
35 a SGB VIII beanspruchen kann. Dies folgt schon daraus, dass der
Beklagte schon seit einiger Zeit - zuletzt bestätigt mit
Bewilligungsbescheid vom 12. März 2007 - in diesem Rahmen die
Kosten seiner vollstationären Unterbringung trägt. Zu den Leistungen
der Eingliederungshilfe nach § 35 a SGB VIII gehören nach § 35 a Abs.
3 SGB VIII i.V.m. § 54 Abs. 1 Satz 1 SGB XII,
so Vondung in LPK-SGB VIII, 3. Aufl., 2006 § 35a Rdnr. 16c, Fischer in
Schellhorn/Fischer/Mann, SGB VIII, 3. Aufl. 2007, § 35a Rdnr. 18 und 21,
auch Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben, wie sie in den §§ 33 ff.
SGB IX vorgesehen sind. Diese umfassen auch Hilfeleistungen in
Werkstätten für behinderte Menschen. Die Leistungen in anerkannten
Werkstätten für behinderte Menschen werden erbracht, um die
Leistungs- und Erwerbsfähigkeit der behinderten Menschen zu erhalten,
zu entwickeln, zu verbessern oder wiederherzustellen, die
Persönlichkeit dieser Menschen weiterzuentwickeln und ihre
Beschäftigung zu ermöglichen oder zu sichern (§ 39 SGB IX). Dabei
wird unterschieden zwischen Leistungen im Eingangsverfahren und im
Berufsbildungsbereich einerseits (§ 40 SGB IX) und im Arbeitsbereich (§
41 SGB IX) andererseits. Die Leistungen im Eingangsverfahren und im
Berufsbildungsbereich finanziert u.a. nach § 42 Abs. 1 Nr. 1 SGB IX die
Bundesagentur für Arbeit. Die Leistungen im Arbeitsbereich erbringen
u.a. nach § 42 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX die Träger der öffentlichen
Jugendhilfe unter den Voraussetzungen des § 35 a SGB VIII.
Unter Zugrundelegung dieser gesetzlichen Vorgaben wurde hier auch
verfahren. Wie sich aus den vom Gericht beigezogenen
Verwaltungsvorgängen der Beigeladenen zu 1.) ergibt, durchlief der
Antragsteller seit Oktober 2003 bis 2005 mehrere
Berufsfördermaßnahmen der Berufsschule in Zusammenarbeit mit der
Bundesagentur für Arbeit, in denen zunächst abgeklärt werden sollte, ob
er dort durch gezielte Hilfen die erforderliche Reife und Befähigung zu
einem Ausbildungsberuf auf dem allgemeinen (ersten) Arbeitsmarkt
entwickeln konnte. Nachdem dies wegen seiner Lernbehinderung und
der emotionalen Störung mit rascher Erregbarkeit und hoher Impulsivität
(für die nähere Zukunft) verneint werden musste, nahm der Antragsteller
auf Empfehlung des Kinder- und Jugendpsychiaters Dr. L. auf Kosten
der Beigeladenen zu 1.) in der Zeit vom 4. Juli 2005 bis 3. Oktober 2005
am Eingangsverfahren der Werkstatt für seelisch behinderte Menschen
Q2. H teil. Auf Grund der Entscheidung des Fachausschusses am 22.
August 2005 wurde der Antragsteller für die Zeit vom 4. Oktober 2005 bis
zum 3. Oktober 2006 in den Berufsbildungsbereich der Werkstatt für
seelisch behinderte Menschen Q2. H aufgenommen. Nach Vorlage
eines Entwicklungsberichts vom 12. Juli 2006, der die Empfehlung
aussprach, den Antragsteller ein weiteres Jahr dem
Berufsbildungsbereich zuzuordnen, entsprach der Fachausschuss auf
seiner Sitzung vom 7. August 2006 diesem Vorschlag und sprach eine
Verlängerung der Zuweisung in den Berufsbildungsbereich für die Zeit
vom 4. Oktober 2006 bis zum 3. Oktober 2007 aus. Kostenträger seit Juli
2005 bis zu dem zuletzt genannten Datum war die nunmehr
Beigeladene zu 1, die Bundesagentur für Arbeit. Auf seiner Sitzung vom
15. August 2007 entschied der Fachausschuss der Werkstatt für seelisch
behinderte Menschen der Q2. gGmbH, dass der Antragsteller
entsprechend dem Vorschlag eines Entwicklungsberichts vom 21. Juni
2007 ab dem 4. Oktober 2007 in den Arbeitsbereich der Werkstatt
übernommen werden solle. Kostenträger war nach Auffassung des
Fachausschusses, die vom beschließenden Gericht geteilt wird, ab
diesem Zeitpunkt im Rahmen der Eingliederungshilfe nach den §§ 41,
35 a SGB VIII das zuständige Jugendamt. Es war insoweit rechtlich
zutreffend und auch sachgerecht, dass die Betreuerin des Antragstellers
am 14. September 2007 beim Antragsgegner als örtlich zuständigem
Jugendhilfeträger einen Antrag auf Übernahme der Kosten stellte und
die Notwendigkeit damit begründete, dass eine Beendigung der
Tätigkeit in der Werkstatt auf Grund seiner Erkrankung zu massiven
Nachteilen führen würde. Insbesondere sei mit einer Verschlimmerung
seiner Symptomatik zu rechnen. Daneben erscheint der Kammer für den
Antragsteller eine Integration in ein regelmäßiges Berufsleben - und sei
es nur in dem beschränkten Rahmen einer Werkstatt für behinderte
Menschen - notwendig, um die Gewöhnung an einen durchstrukturierten
Tagesablauf zu sichern und ihm so die Möglichkeit zu eröffnen, zukünftig
vielleicht doch einmal den Weg in den allgemeinen Arbeitsmarkt zu
finden. Da zwischen dem Antragsgegner und der Beigeladenen zu 1.)
streitig ist, wer letztlich zur Leistung verpflichtet ist, muss der
Antragsgegner bei dieser Sachlage als zuerst angegangener
Leistungsträger nach § 43 SGB I die verlangten Leistungen, auf die der
Antragsteller einen materiellrechtlichen Anspruch hat, vorläufig
erbringen. Sofern der Antragsgegner und die Beigeladenen hiernach
noch die Frage der letztendlichen Kostentragung für klärungsbedürftig
halten sollten, wäre dies in einem gesonderten
Kostenerstattungsverfahren zwischen den in Betracht kommenden
Sozialleistungsträgern zu klären.
Bei dieser Sachlage ist eine Zuständigkeit des Antragsgegners auch
nicht wegen der Systematik des § 14 SGB IX entfallen, die dem
Antragsteller Veranlassung geben könnte, um vorläufigen Rechtsschutz
gegenüber der Beigeladenen zu 1.) als dem nunmehr zuständigen
Rehabilitationsträger nachzusuchen.
Es ist richtig, dass nach der Gesetzessystematik des § 14 SGB IX und
dem Willen des Gesetzgebers diese Vorschrift die Aufgabe hat, den für
eine Rehabilitationsaufgabe zuständigen Leistungsträger kurzfristig - in
der Regel binnen zwei Wochen - zu ermitteln. Dem Antragsgegner ist
weiter einzuräumen, dass das Verhältnis zwischen § 43 SGB I und § 14
SGB IX umstritten ist. Die Kammer folgt allerdings nicht der Auffassung,
wonach die Entscheidung des Antragsgegners, sich für nicht zuständig
zu erachten und den Antrag nach § 14 SGB IX an die Beigeladene zu 1.)
als den aus seiner Sicht zuständigen Rehabilitationsträger abzugeben,
als Spezialregelung für den Bereich der Teilhabeleistungen der
Eingliederungshilfe die Anwendung des § 43 SGB I ausschließt,
so aber Bay. Verwaltungsgerichtshof -VGH-, Beschluss vom 6.
Dezember 2006 - 12 CE 06.2732 -, Nachrichtendienst des deutschen
Vereins für öffentliche und private Fürsorge-Rechtsprechungsdienst -
NDV-RD - 2007, S. 110 ff.
Wie der vorliegende Fall zeigt, führt die an materielle Kriterien
anknüpfende Zuständigkeitsregelung des § 14 SGB IX nicht zwingend
dazu, dass binnen zwei Wochen im Interesse behinderter Menschen
durch rasche Klärung von Zuständigkeiten Nachteilen des gegliederten
Sozialleistungssystems entgegengewirkt wird. Die
Leistungsverpflichtung des Antragsgegners ist deshalb nach Auffassung
der Kammer hier nicht dadurch entfallen, dass dieser sich zum nicht
zuständigen Rehabilitationsträger erklärt und den Antrag am 19.
September 2007 mit einem entsprechenden Begleitschreiben nach § 14
SGB IX an die Beigeladene zu 1.) abgegeben hat. Nach den dem
Gericht vorliegenden Verwaltungsvorgängen der Bundesagentur für
Arbeit sind beide Schreiben am 19. September 2007 bei der
Beigeladenen zu 1.) eingegangen. Sie wurden zum Vorgang
genommen, ohne den Fragen, was nun mit Blick auf eine
Hilfegewährung für den Antragsteller zu veranlassen gewesen wäre,
weiter nachzugehen. Ausweislich eines Vermerks hat der zuständige
Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1. die Betreuerin des Antragstellers am
26. September 2007 lediglich fernmündlich auf die Zuständigkeit des
Beigeladenen zu 2.) im Rahmen der Teilhabe am Arbeitsleben
hingewiesen. Da die Einzelheiten dieser Erläuterung nicht im Vermerk
niedergelegt sind, lässt sich nicht feststellen, ob der Mitarbeiter der
Beigeladenen zu 1.) im Rahmen dieses Gesprächs von seiner Behörde
oder einer Zuständigkeit des überörtlichen Sozialhilfeträgers - also des
Beigeladenen zu 2.) - zur Leistungserbringung ausgegangen ist. In
jedem Fall hat der Mitarbeiter der Beigeladenen zu 1.) in dieser
Angelegenheit nichts weiter veranlasst. In Anbetracht des Verbots einer
Weiterverweisung an einen dritten Rehabilitationsträger innerhalb des §
14 SGB IX spricht dieses Verhalten nach Einschätzung der Kammer
aber dafür, dass die Beigeladene zu 1.) - unabhängig von einer
etwaigen Verpflichtung zum Tätigwerden nach § 14 SGB IX - auch nach
Eingang des vom Antragsgegner übersandten Antrags nicht
leistungsbereit war.
Für solche Fälle schließt sich die Kammer der in der Rechtsprechung
vertretenen Auffassung an,
vgl. VGH Kassel, Beschluss vom 21. September 2004 - 10 TG 2293/04 -,
FEVS 56, S. 328 ff., OVG Lüneburg, Beschluss vom 23. Juli 2003 - 12
ME 29/03 -, Behindertenrecht - br - 2003, S.193 f.; VG Braunschweig,
Beschluss vom 12. Juni 2003 - 3 B 268/03 -, br 2003, S. 190 ff.,
wonach in solchen Fällen eines Systemversagens § 43 SGB I als
allgemeine Regelung für alle Sozialleistungsbereiche zumindest
(ergänzend) Anwendung finden muss, wenn die Zuständigkeitsregelung
nach § 14 SGB IX nicht innerhalb von zwei Wochen zum Erfolg führt und
weitere Ermittlungen zur Zuständigkeit zu einer unzumutbaren
Leistungsverzögerung führen würden. Denn der an ein bloß formales
Kriterium ("der erstangegangene Leistungsträger") anknüpfende § 43
SGB I wird in der Regel schnell zur Ermittlung des vorläufig
Leistungsverpflichteten und somit zur schnellen Leistungserbringung
führen. Schließlich ist in diesem Zusammenhang rechtsdogmatisch auch
noch zu berücksichtigen, dass § 43 SGB I zu den gemeinsamen
Vorschriften für alle Sozialleistungsbereiche gehört, so dass die dort
aufgeführten Grundsätze auch auf die Rehabilitationsleistungen des
SGB IX Anwendung finden. Ein Absehen von einer solchen
ergänzenden Heranziehung des § 43 SGB I hätte zur Folge, dass die
Durchsetzung von Rechten eines - auch im Rahmen des § 14 SGB IX -
besonders geschützten Personenkreises nicht verbessert, sondern
entgegen den Erwägungen des Gesetzgebers des SGB IX erschwert
würde. Ob eine ergänzende Heranziehung nach § 43 SGB I auch in
Fällen möglich ist, in denen der zuerst angegangene Leistungsträger
offensichtlich unzuständig ist,
ablehnend VGH Kassel, Beschluss vom 21. September 2004 - 10 TG
2293/04 -, FEVS 56, S. 328 ff.,
kann hier dahinstehen. Denn - wie oben dargelegt - liegt ein solcher Fall
nicht vor. Vielmehr spricht hier alles für eine materielle Zuständigkeit des
Antragsgegners.
Der Antragsgegner kann sich für seine Auffassung insbesondere nicht
auf das Rundschreiben 41/23/2002 des Beigeladenen zu 2. - E1. 4
Landesjugendamt - vom 6. Februar 2002 berufen. Zum einen gibt dieses
Schreiben nur eine Auffassung zur Rechtslage wieder, gestaltet sie aber
nicht selbst. Zum anderen heißt es zwar dort anlässlich einer
Besprechung der Landesjugendämter mit den Landesarbeitsamt, die der
Abklärung von Zweifelsfragen nach Inkrafttreten des SGB IX diente,
dass es nach den Erörterungen keinen vorstellbaren Fall für den Bereich
der Teilhabe Jugendlicher und Erwachsener am Arbeitsleben gebe, der
in die Zuständigkeit der Jugendhilfe falle. Diese Einschätzung hat dann
aber - zumindest - § 42 Abs. 2 Nr. 3 SGB IX übersehen.
Der Antragsteller hat auch einen Anordnungsgrund glaubhaft gemacht,
also einen Grund, der die Durchbrechung des grundsätzlichen Verbots
der Vorwegnahme der Hauptsache im Eilverfahren rechtfertigt. Es ist
dem Antragsteller in seiner schwierigen persönlichen
Entwicklungssituation nach Einschätzung der Kammer nicht zumutbar,
auf den Ausgang des Verwaltungsverfahrens oder eines sich
möglicherweise noch anschließenden gerichtlichen
Hauptsacheverfahrens verwiesen zu werden.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 154 Abs. 1, 188 Satz 2
VwGO. Die Kostenentscheidung bezüglich der Beigeladenen zu 1.) und
2.) ergibt sich aus §§ 154 Abs. 3, 162 Abs. 3 VwGO.
heidung bezüglich der Beigeladenen zu 1.) und 2.) ergibt sich aus §§ 154 Abs. 3, 162
Abs. 3 VwGO.
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