Urteil des VerfGH Rheinland-Pfalz vom 21.12.2009

VerfGH Rheinland-Pfalz: verfassungsbeschwerde, stadt, zweckverband, schutz der gesundheit, einvernehmliche regelung, öffentliche gewalt, flugplatz, verkehr, genehmigung, gemeinde

VerfGH
Rheinland-Pfalz
21.12.2009
VGH B 13/09
Verfassungsrecht
Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz
Beschluss
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren
betreffend die Verfassungsbeschwerde
des
Herrn …,
gegen a) die mit Billigung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau
geschlossene Vereinbarung zwischen dem Luftfahrtverein Mainz e.V. und dem Zweckverband Layen-
hof/Münchwald, der Stadt Mainz sowie der Ortsgemeinde Wackernheim vom 20. Mai 2008
b) das Unterlassen von Maßnahmen der Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion sowie
des Landesbetriebes Mobilität gegenüber dem Zweckverband Layenhof/Münchwald, der Stadt Mainz, der
Ortsgemeinde Wackernheim und dem Betrieb des Verkehrslandeplatzes Mainz-Finthen
hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 21. Dezember
2009, an der teilgenommen haben
Präsident des Verfassungsgerichtshofs Prof. Dr. Meyer
Präsident des Oberlandesgerichts Bartz
Präsident des Oberlandesgerichts Kestel
Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling
Landrat Dr. Saftig
Universitätsprofessor Dr. Hufen
Universitätsprofessor Dr. Robbers
Kreisverwaltungsdirektorin Nagel
Rechtsanwältin Dr. Theis
beschlossen:
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
A.
Der Beschwerdeführer wendet sich unmittelbar gegen die mit Billigung des Ministeriums für Wirtschaft,
Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau geschlossene Vereinbarung zwischen dem Luftfahrtverein Mainz
e.V. – nachfolgend: LFV – und dem Zweckverband Layenhof/Münchwald, der Stadt Mainz sowie der Orts-
gemeinde Wackernheim vom 20. Mai 2008 betreffend die Nutzung des Flugplatzes Mainz-Finthen.
Daneben richtet sich die Verfassungsbeschwerde gegen das Unterlassen von Maßnahmen der Aufsichts-
und Dienstleistungsdirektion sowie des Landesbetriebes Mobilität gegenüber dem Zweckverband
Layenhof/Münchwald, der Stadt Mainz, der Ortsgemeinde Wackernheim und dem Betrieb des Ver-
kehrslandeplatzes Mainz-Finthen.
I.
1. Der Flugplatz Mainz-Finthen wurde zwischen 1939 und 1943 zu militärischen Zwecken angelegt und
nach 1945 zunächst vom französischen sowie ab dem Jahr 1961 vom US-amerikanischen Militär
betrieben. Am 5. März 1968 erteilte das Landesministerium für Wirtschaft und Verkehr dem LFV für die
Mitbenutzung des Flugplatzes die Genehmigung zum Betrieb eines Landeplatzes des allgemeinen
nichtgewerblichen Verkehrs gemäß § 6 Luftverkehrsgesetz – LuftVG –. Unter Ziffer 1 der dem Bescheid
beigefügten Bedingungen, Auflagen und Hinweise ist ausgeführt, die Grundstückseigentümer müssten für
die Benutzung des Flugplatzes ihr Einverständnis gegeben haben und für die Dauer der Genehmigung
aufrecht erhalten. Nach Einstellung der militärischen Nutzung und Räumung des Flugplatzes durch die
US-Armee im Jahr 1993 sowie dessen Rückgabe an die Bundesrepublik Deutschland teilte die
Bezirksregierung Rheinhessen-Pfalz dem LFV mit, die Genehmigung vom 5. März 1968 gelte weiter.
Zugleich wies sie darauf hin, eine Kündigung des im Jahr 1993 zwischen der Bundesrepublik und dem
Verein geschlossenen Nutzungsvertrages führe zu einer unmittelbaren Einstellung des Flugbetriebes,
weil damit gleichzeitig die Unwirksamkeit der Genehmigung verbunden sei. Mit Bescheid vom 10. Oktober
1997 erweiterte sie sodann die dem LFV erteilte Genehmigung auf den gewerblichen Verkehr.
Aufgrund bauplanerischer Überlegungen der Stadt Mainz, die auf dem Gelände des Flugplatzes die
Errichtung einer Wohnsiedlung beabsichtigte und deren Flächennutzungsplan dort keinen Flugplatz mehr
vorsieht, traten erstmals im Jahr 2000 Meinungsverschiedenheiten zwischen ihr und dem LFV über den
Bestand und die Reichweite der luftverkehrsrechtlichen Genehmigung auf. In einer Stellungnahme vom
8. November 2002 kam der Gutachter Prof. Dr. B. zu dem Ergebnis, die im Jahr 1968 erteilte
Betriebsgenehmigung sei erloschen, weil sie nicht eigenständig und von der militärischen Nutzung des
Flugplatzes losgelöst sei. Zum 1. Mai 2006 errichteten die Stadt Mainz und die Ortsgemeinde Wackern-
heim den Zweckverband Layenhof/Münchwald mit dem Ziel, die bauplanungs- und bauord-
nungsrechtlichen Voraussetzungen für eine zivile Nutzung des Flugplatzgeländes zu schaffen. Der LFV
erhob nachfolgend beim Verwaltungsgericht Mainz Klage auf Durchführung eines Enteignungsverfahrens.
Das Verwaltungsgericht wies die Klage mit Urteil vom 2. Oktober 2007 teilweise ab und ließ die Berufung
zu. Im Übrigen trennte es das Verfahren ab und verwies den Rechtsstreit an das Oberverwaltungsgericht
Rheinland-Pfalz. Nachfolgend legte der LFV gegen das Urteil des Verwaltungsgerichts Mainz Berufung
ein. Im Jahr 2008 übertrug die Bundesrepublik Deutschland das Eigentum an dem Flugplatzgelände auf
den Zweckverband Layenhof/Münchwald.
2. Am 20. Mai 2008 schlossen der LFV, der Zweckverband Layenhof/Münchwald, die Stadt Mainz sowie
die Ortsgemeinde Wackernheim mit Billigung des Landesministeriums für Wirtschaft, Verkehr,
Landwirtschaft und Weinbau unter Verweis auf ihre unterschiedlichen Auffassungen über den Bestand
und die Reichweite der Betriebsgenehmigung des LFV sowie das Interesse an einem schnellen und wirk-
samen Lärmschutz die angegriffene Vereinbarung.
Darin verpflichtet sich der LFV unter anderem zur Verminderung der Flugbewegungen sowie zu weiteren
Lärmschutzmaßnahmen. Im Gegenzug akzeptieren Zweckverband, Stadt und Gemeinde die Wirksamkeit
der luftverkehrsrechtlichen Genehmigungen „für den Betrieb als öffentlich-rechtlichen Landeplatz“ und der
LFV die städtebauliche Planungshoheit sowie die eigentumsrechtliche Verfügungsbefugnis des
Zweckverbandes. Dieser erklärt sich bereit, das Flugplatzgelände für 20 Jahre an den LFV oder eine
Betriebsgesellschaft zu verpachten bzw. zu vermieten. Er erhält die Option, sich während der Dauer des
Pacht-/Mietvertrages an einer vom LFV gegründeten Betriebsgesellschaft mehrheitlich zu beteiligen.
Neben der Beilegung baurechtlicher Streitigkeiten sagte der LFV zu, seine beim Oberverwaltungsgericht
anhängigen Klagen zurückzunehmen. In einer Zusatzerklärung vom 3. Januar 2009 räumte er dem
Zweckverband ein sofortiges Kündigungsrecht des Pacht-/Mietvertrages bei einem Überschreiten der
vereinbarten Flugbewegungszahlen ein.
3. Der Beschwerdeführer wohnt 2,5 km Luftlinie vom Flugplatz Mainz-Finthen entfernt. Mit Schreiben vom
3. Februar 2009 wandte er sich an die Aufsichts- und Dienstleistungsdirektion – ADD – sowie an die
Struktur- und Genehmigungsdirektion Süd – SGD Süd –. Er beantragte, ein Verwaltungsverfahren
einzuleiten, den Vollzug der Vereinbarung vom 20. Mai 2008 auszusetzen und den Flugbetrieb vor-
übergehend nur unter der Bedingung zu dulden, dass der Betreiber des Flugplatzes unverzüglich einen
Antrag auf Einleitung eines Planfeststellungsverfahrens stelle. Mit Schreiben vom 18. März 2009 teilte ihm
die ADD mit, die Kommunalaufsicht bewerte Entscheidungen nicht inhaltlich, sondern überprüfe lediglich,
ob sie gegen geltendes Recht verstießen. Hinweise hierfür lägen nicht vor. Der Landesbetrieb Mobilität,
an welchen die SGD Süd das Schreiben des Beschwerdeführers weitergeleitet hatte, führte unter dem
20. März 2009 aus, mit der angegriffenen Vereinbarung seien eine einvernehmliche Regelung zur
Nutzung des Verkehrslandeplatzes und eine Beendigung von Rechtsstreitigkeiten erfolgt. Ihr Vollzug ob-
liege den Vertragspartnern.
II.
Mit seiner Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer die Verletzung seiner Grundrechte aus
Art. 1 Abs. 2 bis 4, Art. 2 und Art. 124 der Verfassung für Rheinland-Pfalz – LV –. Darüber hinaus macht er
einen Verstoß gegen Art. 49 Abs. 3 Satz 2 LV geltend.
Die Erhebung der Verfassungsbeschwerde sei schon vor Erschöpfung des Rechtsweges zulässig, weil es
sich um einen Fall von allgemeiner Bedeutung handele, der mit schweren und unabwendbaren
Nachteilen für die vom Fluglärm Betroffenen verbunden sei. Das kommunale Selbstverwaltungsrecht
lasse die Verpflichtung zur Beachtung rechtsstaatlicher Prinzipien – insbesondere der Gesetzesbindung
und der Rechtsschutzgewährleistung – unberührt. Die Aufsichtsbehörden müssten deshalb eingreifen,
wenn hiergegen verstoßen werde. Sie seien jedoch den Anträgen des Beschwerdeführers auf Einleitung
eines Verwaltungsverfahrens nicht gefolgt, obwohl die Vereinbarung vom 20. Mai 2008 in wesentlichen
Teilen nicht den Anforderungen der §§ 54, 55 Verwaltungsverfahrensgesetz – VwVfG – genüge und
deshalb nichtig sei. Mit der (Um-)Widmung als öffentlich-rechtlicher Verkehrslandeplatz bestehe nicht
mehr die Möglichkeit, im Interesse des Lärmschutzes auf den Flugbetrieb Einfluss zu nehmen. Es sei des
Weiteren versäumt worden, in der Vereinbarung die Rechtsgrundlagen und den Status des Flugplatzes zu
regeln. Eine Betriebserlaubnis, deren Rechtmäßigkeit bisher erfolgreich bestritten worden sei, könne nicht
Grundlage einer Umwidmung zu einem öffentlich-rechtlichen Landeplatz sein. Bei der Entscheidung über
dessen künftige Gestaltung müssten auch die bereits bestehenden anderweitigen Lärmbelastungen
berücksichtigt werden. Durch die vereinbarte Rücknahme der beim Oberverwaltungsgericht Rheinland-
Pfalz anhängigen Klagen werde zudem die Herstellung von Rechtssicherheit verhindert. Dies sei mit dem
Sinngehalt des Art. 124 LV nicht zu vereinbaren.
III.
Zu der Verfassungsbeschwerde haben das Ministerium der Justiz, die Stadt Mainz sowie der LFV Stellung
genommen.
1. Das Ministerium der Justiz hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig. Zwar handele es sich bei
der angefochtenen Vereinbarung um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag und damit um einen Akt
öffentlicher Gewalt. Der Beschwerdeführer werde hierdurch jedoch nicht in seinen Rechten betroffen. Ein
Anspruch auf Einschreiten gegen den Flugbetrieb müsse zudem gegenüber dem Land, nicht jedoch
gegenüber den an der Vereinbarung beteiligten kommunalen Körperschaften geltend gemacht werden.
Zwar sei der Vertrag mit Billigung des Wirtschaftsministeriums geschlossen worden. Er beinhalte jedoch
allein die Beilegung planungsrechtlicher Fragen. Weder würden neue Genehmigungstatbestände ge-
schaffen noch bestehende Genehmigungen verändert. Darüber hinaus sei die Verfassungsbeschwerde
unbegründet.
2. Auch nach Ansicht der Stadt Mainz ist die Verfassungsbeschwerde unzulässig. Die angefochtene
Vereinbarung sei kein Akt öffentlicher Gewalt. Zweifelhaft sei bereits, ob es sich um einen öffentlich-
rechtlichen Vertrag handele. Dessen ungeachtet könne dieser nicht in die Rechte betroffener Bürger
eingreifen. Alleiniges Ziel der Übereinkunft sei es, die rechtlichen Beziehungen zwischen den Parteien zu
klären. Verbindliche Wirkungen im Außenverhältnis seien hingegen nicht getroffen worden. Insbesondere
hätten die Parteien auf die luftverkehrsrechtliche Genehmigungssituation keinen Einfluss nehmen können.
Ziel der beteiligten Körperschaften sei es vielmehr gewesen, ihr Selbstverwaltungsrecht und die Belange
ihrer Bürger zu schützen.
3. Der LFV verweist auf die ihm erteilten Genehmigungen, die er für wirksam und bestandskräftig erachtet.
B.
Die Verfassungsbeschwerde, über die der Verfassungsgerichtshof gemäß § 49 Abs. 1 des
Landesgesetzes über den Verfassungsgerichtshof – VerfGHG – ohne mündliche Verhandlung
entscheidet, bleibt ohne Erfolg.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Zwar ist nicht nur das Unterlassen von Maßnahmen der
Aufsichtsbehörden, sondern auch die Vereinbarung vom 20. Mai 2008 ein Akt öffentlicher Gewalt und
damit tauglicher Beschwerdegegenstand (1.). Hinsichtlich des fehlenden Einschreitens der Kommu-
nalaufsicht sowie der angefochtenen Vereinbarung ist der Beschwerdeführer jedoch nicht
beschwerdebefugt (2.). Soweit er sich gegen die durch den Flugplatz hervorgerufenen Lärmbelästigungen
und die (vermeintliche) Untätigkeit der Luftfahrtbehörden wendet, hat er schließlich den Rechtsweg nicht
erschöpft (3.).
1. Gemäß Art. 130a LV, § 44 Abs. 1 VerfGHG können Beschwerdegegenstand grundsätzlich alle
Maßnahmen der öffentlichen Gewalt sein. Die Wahrnehmung aufsichtsbehördlicher Befugnisse – und
folglich auch deren Unterlassen – ist danach ebenso mit der Verfassungsbeschwerde angreifbar wie die
angefochtene Vereinbarung. Bei dieser handelt es sich um einen öffentlich-rechtlichen Vertrag im Sinne
der §§ 54 ff. VwVfG, ungeachtet ihrer – isoliert betrachtet – auch privatrechtlichen Bestandteile, wie etwa
der Vermietung und Verpachtung des Flug-platzgeländes oder der Einräumung eines Beteiligungsrechts.
Diese sind untrennbar mit denjenigen Regelungen verbunden, die – wie die Hinnahme der luftverkehrs-
rechtlichen Genehmigungen und die Bildung eines Lärmschutzbeirats – einen vom öffentlichen Recht
geordneten Sachbereich betreffen. Die in dem Vertrag enthaltenen Verpflichtungen wurden als
"Gesamtpaket" vereinbart. Die vielfältigen rechtlichen Unsicherheiten sollten behoben und ein
beiderseitiger Interessenausgleich herbeigeführt werden. Diese wechselseitige Abhängigkeit schließt ein
Auseinanderfallen des rechtlichen Charakters der einzelnen Vertragsbestandteile aus. Infolge dessen ist
die Übereinkunft insgesamt dem öffentlichen Recht zuzuordnen (vgl. BVerwG, NJW 1980, 2538 f.; NVwZ
1994, 1012). Darauf, ob auch staatliches Handeln in Privatrechtsfom eine Maßnahme der öffentlichen
Gewalt ist (ablehnend etwa BVerfGE 96, 171 [180]; BayVerfGH, DVBl. 1960, 80 f.), kommt es daher vor-
liegend nicht an.
2. Mit dem Einwand, Art. 49 Abs. 3 Satz 2 LV gebiete ein Einschreiten der Kommunalaufsicht, beruft sich
der Beschwerdeführer nicht auf eine Verletzung eigener, in der Verfassung für Rheinland-Pfalz
enthaltener Rechte im Sinne des Art. 130a LV, § 44 Abs. 1 VerfGHG (a). Auch hinsichtlich der
Vereinbarung vom 20. Mai 2008 ist er nicht beschwerdebefugt. Aus seinem Vorbringen ergibt sich nicht
die Möglichkeit einer Verletzung der von ihm geltend gemachten Rechte aus der Landesverfassung (b).
Eine solche ist lediglich insoweit nicht von vornherein ausgeschlossen, als er sich gegen die Weigerung
des Landesbetriebs Mobilität wendet, den Flugbetrieb auf dem Landeplatz Mainz-Finthen einzuschränken
(c).
a) Die Verfassungsbeschwerde ist ein Rechtsbehelf zur Verteidigung eigener Rechte. Sie kann gemäß
Art. 130a LV, § 44 Abs. 1 VerfGHG zulässigerweise nur von demjenigen erhoben werden, der darlegt,
durch die öffentliche Gewalt des Landes in einem seiner in der Verfassung enthaltenen Rechte verletzt zu
sein. Der Beschwerdeführer kann daher nicht einen Verstoß gegen solche Verfassungsvorschriften rügen,
die ihm gegenüber lediglich objektives Verfassungsrecht darstellen (vgl. VerfGH RP, AS 29, 207 [209]).
Bei Art. 49 Abs. 3 Satz 2 LV handelt es sich um eine Schutzbestimmung ausschließlich zugunsten von
Gemeinden und Gemeindeverbänden. Danach beschränkt sich die Aufsicht des Staates über sie darauf,
dass ihre Verwaltung im Einklang mit den Gesetzen geführt wird. Mit der Begrenzung staatlicher Aufsichts-
befugnisse dient Art. 49 Abs. 3 Satz 2 LV allein dem Schutz des kommunalen Selbstverwaltungsrechts vor
einer dieses Recht störenden staatlichen Einmischung (vgl. Schröder, in: Grimm/Caesar, Verfassung für
Rheinland-Pfalz, Art. 49 Rn. 11). Die Vorschrift enthält daneben keinen Anspruch des Bürgers auf
Einschreiten der Kommunalaufsichtsbehörden gegen eine Gemeinde, und zwar auch nicht für den Fall,
dass diese ihn in seinen Rechten verletzt. Die Rechtsaufsicht bezweckt vielmehr ausschließlich die
Durchsetzung des öffentlichen Interesses an einer gesetzmäßigen Kommunalverwaltung (vgl. BVerwG,
Buchh 11 Art. 19 GG Nr. 44; OVG RP, AS 9, 335 [340]; 10, 153 [160 f.]; 19, 353 [355 f.]).
b) Die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde erfordert darüber hinaus, dass der Beschwerdeführer
Umstände vorträgt, nach denen eine Beeinträchtigung eigener Rechte durch die angegriffenen
Maßnahmen jedenfalls möglich erscheint (vgl. VerfGH RP, AS 34, 38 [40]). Der vorliegende Sachverhalt
und das Vorbringen des Beschwerdeführers lassen jedoch keine Möglichkeit erkennen, er werde durch
die Vereinbarung vom 20. Mai 2008 in seinen Grundrechten verletzt.
aa) Dies gilt zunächst hinsichtlich seines Einwandes, die Stadt Mainz, die Ortsgemeinde Wackernheim
und der Zweckverband Layenhof/Münchwald verhinderten durch den Abschluss der Vereinbarung ein
Genehmigungs- und Planfeststellungsverfahren, in dem den Belangen der Anwohner Rechnung getragen
werde. Die Verringerung des Lärms – und damit ein effektiver Gesundheitsschutz – werde durch die
angegriffene Übereinkunft unmöglich gemacht.
(1) Diese Annahmen des Beschwerdeführers sind unzutreffend. Die vertraglich übernommenen
Verpflichtungen des LFV wirken sich nicht auf dessen luftverkehrsrechtliche Pflichten aus. Denn die
Vertragsparteien – Zweckverband, Stadt und Ortsgemeinde – sind für deren Regelung nicht zuständig.
Diese obliegt vielmehr gemäß § 50 Luftverkehrs-Zulassungs-Ordnung, § 1 der Landesverordnung über
Zuständigkeiten nach dem Luftverkehrsgesetz und dem Luftsicherheitsgesetz in Verbindung mit der Or-
ganisationsverfügung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau vom 5. Januar
2007 (StAnz. 2007, S. 2) den staatlichen Behörden, insbesondere dem Landesbetrieb Mobilität. Allein auf-
grund der eigentumsrechtlichen Stellung des Zweckverbandes war diesem sowie der Stadt Mainz und der
Ortsgemeinde Wackernheim eine Verpflichtung des LFV zur Verminderung der Flugbewegungen und zu
weiteren Lärmschutzmaßnahmen möglich. Die Vereinbarung wirkt sich folglich nicht rechtlich, sondern
allenfalls insoweit reflexhaft auf das luftverkehrsrechtliche Rechtsverhältnis aus, als die Luftfahrtbehörde
unter Umständen nicht einschreiten muss, solange sich der LFV an die Vereinbarung hält und hierdurch
eine den Anwohnern unzumutbare Lärmbelastung vermeidet. Sollte deren Schutz hingegen dennoch den
Erlass von Lärmschutzanordnungen erfordern, könnte sich der LFV hiergegen nicht auf die angefochtene
Vereinbarung berufen.
(2) Der Umstand, dass diese mit ausdrücklicher Billigung des Ministeriums für Wirtschaft, Verkehr,
Landwirtschaft und Weinbau geschlossen wurde, rechtfertigt keine hiervon abweichende Betrachtung.
Zwar handelt es sich bei dem Ministerium um die dem Landesbetrieb Mobilität und damit der zuständigen
Luftfahrtbehörde übergeordnete Dienst- und Fachaufsichtsbehörde. Auch hat die Abteilung Luftverkehr
des Landesbetriebes Mobilität – ebenso wie das Ministerium – die Verhandlungen zwischen dem
Zweckverband, der Stadt Mainz und der Ortsgemeinde Wackernheim sowie dem LFV begleitet. Dennoch
entfaltet der Vertrag keine Bindungswirkung im luftverkehrsrechtlichen Verhältnis des LFV zu den
Luftfahrtbehörden.
Der insoweit fehlende Rechtsbindungswille des Landes Rheinland-Pfalz folgt zunächst daraus, dass
Der insoweit fehlende Rechtsbindungswille des Landes Rheinland-Pfalz folgt zunächst daraus, dass
weder das Ministerium noch der Landesbetrieb Vertragspartner der Vereinbarung sind. Darüber hinaus
wurden ausweislich des Protokolls über die Nachverhandlungen beispielsweise eine Festlegung der An-
und Abflugrouten sowie ein Ausschluss oder eine Beschränkung von Strahlflugzeugen in der an-
gefochtenen Übereinkunft mit der Begründung abgelehnt, eine solche Festlegung könne nur vom Lan-
desbetrieb Mobilität als der zuständigen Luftfahrtbehörde getroffen werden und sei deshalb in der
Vereinbarung mit dem LFV nicht regelbar. Hinsichtlich einer Einschränkung der Landeplatznutzung durch
Gyrocopter verweist das Protokoll auf die beabsichtigte Festlegung einer veränderten Platzrunde durch
die Luftfahrtbehörde. Damit steht fest, dass in der Vereinbarung keine verbindlichen
luftverkehrsrechtlichen Regelungen getroffen werden sollten.
(3) Aufgrund der fehlenden Kompetenzen und des daraus folgenden fehlenden Einflusses der
angefochtenen Vereinbarung auf die Rechtspflichten des Flugplatzbetreibers lässt die einvernehmliche
Hinnahme der Betriebsgenehmigungen deren Wirksamkeit unberührt. Der Zweckverband hat sich nur
insoweit einer Einflussmöglichkeit auf die Nutzung des Landeplatzes begeben, als er mit dem LFV einen
Pachtvertrag abgeschlossen und damit – nicht zuletzt im Hinblick auf die bislang geäußerte Ansicht der
Luftfahrtbehörden, das fortbestehende Einverständnis des Eigentümers sei Wirksamkeitsvoraussetzung
der Genehmigungen – einen weiteren Flugbetrieb ermöglicht hat. Des Weiteren haben sich der Zweck-
verband, die Stadt Mainz und die Ortsgemeinde Wackernheim dadurch gebunden, dass sie mit der
Hinnahme der Genehmigungen auf eine gerichtliche Klärung von deren Wirksamkeit verzichten. Infolge
dessen ist zu erwarten, dass sie diese trotz der zuvor geäußerten Zweifel bei ihrer städtebaulichen
Planung künftig berücksichtigen werden. Der Beschwerdeführer hat jedoch weder einen verfassungs-
rechtlichen Anspruch auf eine bestimmte Verfügung über das Eigentum des Zweckverbandes noch auf
eine bestimmte Ausübung des gemeindlichen Planungsermessens bezüglich des Flugplatzgeländes. Er
kann insbesondere nicht verlangen, dass die öffentlich-rechtlichen Körperschaften bei ihrer Planung
ungeachtet der gegenteiligen Ansicht der Fachbehörde sowie der damit verbundenen Prozess- und
Kostenrisiken weiterhin von einem Erlöschen der Genehmigungen ausgehen.
bb) Auch die in der Vereinbarung enthaltene Zusage, die Wirksamkeit der Genehmigungen „für den
Betrieb als öffentlich-rechtlichen Verkehrslandeplatz“ zu akzeptieren, lässt keine Möglichkeit der Ver-
letzung des Beschwerdeführers in eigenen Rechten erkennen. Bereits aufgrund der fehlenden
Zuständigkeit für den Erlass luftverkehrsrechtlicher Regelungen folgt hieraus keine Änderung des recht-
lichen Status des umstrittenen Flugplatzes. Dies gilt unabhängig davon, ob das Luftverkehrsrecht neben
der Erteilung der Betriebsgenehmigung eine Widmung vorsieht (siehe dazu BVerwGE 82, 246 [253 f.] und
Cloppenburg, DVBl. 2005, 1293), weil die Änderung beider Regelungen in die ausschließliche Zustän-
digkeit der Luftfahrtbehörden fällt. Der Flugplatz Mainz-Finthen wurde darüber hinaus bereits im Jahre
1968 als „Landeplatz des allgemeinen Verkehrs“ und damit als Verkehrslandeplatz im Sinne von § 49
Abs. 2 Nr. 1 LuftVZO genehmigt.
cc) Die vereinbarte Rücknahme der vor dem Oberverwaltungsgericht Rheinland-Pfalz anhängigen Klagen
verletzt den Beschwerdeführer offenkundig nicht in seinem Recht aus Art. 124 LV. Darin gewährleistet die
Verfassung den Rechtsweg gegen Rechtsverletzungen durch die öffentliche Gewalt. Art. 124 LV garantiert
zwar nicht allein das Bestehen des Rechtsweges als solchen, sondern auch die Effektivität des
bestehenden Rechtsschutzes (vgl. VerfGH RP, AS 29, 215 [216]; 33, 76 [78]; 35, 184 [188]). Die Vorschrift
begründet jedoch keinen Anspruch des Bürgers darauf, dass Dritte einen Rechtsstreit führen, dessen
Rechtsfragen auch für ihn von Interesse sind. Insoweit ist er vielmehr gehalten, selbst um Rechtsschutz
nachzusuchen.
c) Soweit sich die Verfassungsbeschwerde gegen die Weigerung des Landesbetriebes Mobilität richtet,
zum Schutz unter anderem des Beschwerdeführers den Flugbetrieb auf dem Landeplatz Mainz-Finthen
einzuschränken, ist die Möglichkeit einer Verletzung in seinem Recht aus Art. 1 Abs. 2 LV hingegen nicht
von vornherein ausgeschlossen. Die danach bestehende Aufgabe des Staates, sich schützend und
fördernd vor die verfassungsrechtlich verbürgten Rechtsgüter zu stellen, erstreckt sich auch auf den
Schutz der Gesundheit der Bevölkerung (vgl. VerfGH RP, AS 36, 323 [337]; 36, 346 [355]). Insoweit
verpflichtet Art. 1 Abs. 2 LV den Staat nicht allein zur Abwehr von Eingriffen durch Träger öffentlicher
Gewalt, sondern auch dazu, die Grundrechte gegen Beeinträchtigungen durch Dritte zu schützen (vgl.
VerfGH RP, AS 32, 244 [246]).
Zwar kommt der Verwaltung ebenso wie dem Gesetzgeber bei der Erfüllung dieser Schutzpflicht
grundsätzlich ein Einschätzungs-, Wertungs- und Gestaltungsspielraum zu. Ihre Entscheidung kann
bereits deshalb nur eingeschränkt überprüft werden (vgl. VerfGH RP, AS 32, 244 [246 f.]; 36, 323 [337]; 36,
346 [355]). Auch ist der Prüfungsmaßstab des Verfassungsgerichtshofs Rheinland-Pfalz dadurch einge-
schränkt, dass die Verfassungsbeschwerde gemäß § 44 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG (vorbehaltlich eines im
Vergleich zum Grundgesetz weiterreichenden Schutzes durch die Landesverfassung) unzulässig ist,
soweit die öffentliche Gewalt des Landes – wie vorliegend durch die Vollziehung des
Luftverkehrsgesetzes – Bundesrecht ausführt oder anwendet. Der Verfassungsgerichtshof ist in diesen
Fällen lediglich zu der Prüfung befugt, ob die angegriffene Entscheidung gegen das in Art. 17 Abs. 2 LV
enthaltene Willkürverbot verstößt (vgl. VerfGH RP, Beschluss vom 14. April 2008 – VGH B 5/08 –). Weil
dies von einer Vielzahl tatsächlicher Umstände abhängt, ist die Möglichkeit einer Grundrechtsverletzung
gleichwohl nicht auszuschließen.
3. Soweit der Beschwerdeführer somit beschwerdebefugt ist, steht der Zulässigkeit seiner
Verfassungsbeschwerde jedoch § 44 Abs. 3 Satz 1 VerfGHG entgegen. Danach kann die
Verfassungsbeschwerde erst nach Erschöpfung des Rechtswegs erhoben werden, sofern gegen die
behauptete Verletzung – wie hier – der Rechtsweg eröffnet ist.
a) Anlieger von – auch bestandskräftig genehmigten – Flugplätzen haben gemäß der fachgerichtlichen
Rechtsprechung gegenüber den Luftfahrtbehörden grundsätzlich einen Anspruch auf
ermessensfehlerfreie Entscheidung über den Widerruf der Genehmigung oder auf die nachträgliche
Anordnung von Lärmschutzmaßnahmen, den sie vor den Verwaltungsgerichten durchsetzen können (vgl.
BayVGH, BayVBl. 1984, 46 [48]; Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 6 Rn. 201). Hinsichtlich eines vermeintlich
ungenehmigten Flugbetriebes kann der Betroffene zwar möglicherweise nicht die Durchführung eines
Genehmigungs- oder Planfeststellungsverfahrens verlangen. Jedenfalls ist er berechtigt, sich gegen die
von dem Vorhaben ausgehenden Beeinträchtigungen zur Wehr zu setzen. Insbesondere stehen ihm alle
aus seiner materiellen Rechtsposition folgenden öffentlich-rechtlichen Abwehr-, Unterlassungs- und
(Folgen-)Beseitigungsansprüche zu (vgl. BVerwGE 62, 243 [248]; BayVGH, BayVBl. 1984, 46 [47];
Grabherr/Reidt/Wysk, LuftVG, § 6 Rn. 203). Gegen die wesentliche Erweiterung oder Änderung der
Anlage oder des Betriebes eines Flugplatzes ohne die hierfür nach § 6 Abs. 4 Satz 2 LuftVG erforderliche
Genehmigung hat der vom Fluglärm betroffene Anwohner gleichfalls einen Unterlassungsanspruch (vgl.
BVerwG, NVwZ 1990, 260 [261]).
Im Hinblick auf die vorstehend ausgeführten Möglichkeiten sind Anwohner von Flugplätzen deshalb
grundsätzlich gehalten, vor der Inanspruchnahme verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes den
Rechtsweg zu beschreiten. Welche der denkbaren Verfahren für den Beschwerdeführer hier in Betracht
kommen, hat der Verfassungsgerichtshof dabei nicht festzulegen (vgl. BVerfG, NJW 1981, 1655).
b) Allerdings kann der Verfassungsgerichtshof über eine vor Erschöpfung des Rechtswegs eingelegte
Verfassungsbeschwerde gemäß § 44 Abs. 3 Satz 2 VerfGHG sofort entscheiden. Er hat in seiner bisheri-
gen Rechtsprechung in erster Linie darauf abgestellt, ob die Durchführung des fachgerichtlichen
Verfahrens zur vorherigen Klärung der tatsächlichen und einfachrechtlichen Grundlagen erforderlich ist
oder ob der Rechtsstreit in seinem Kern verfassungsrechtliche Fragen aufwirft, deren unmittelbare
Beantwortung durch den Verfassungsgerichtshof sachgerecht und damit geeignet ist, das Streitverhältnis
ohne Umwege zu beenden (vgl. VerfGH RP, AS 31, 348 [351]; 37, 292 [303]).
Hiernach ist die unmittelbare Anrufung des Verfassungsgerichtshofs ausgeschlossen, weil im gegebenen
Fall die vorherige Erschöpfung des Rechtswegs unverzichtbar ist. Vor einer verfassungsgerichtlichen
Entscheidung ist es erforderlich, dass die Fachgerichte die konkreten Umstände, insbesondere das
Ausmaß der Fluglärmbelastungen einschließlich der Grundstücksvorbelastungen, die zur Bekämpfung
des Fluglärms getroffenen oder möglichen Maßnahmen und auch dessen Auswirkungen auf die
menschliche Gesundheit ermittelt und rechtlich beurteilt haben. Neben der Überprüfung der tatsächlichen
Grundlagen bedarf es zudem der fachgerichtlichen Klärung der einfachrechtlichen Voraussetzungen von
Abwehransprüchen der Anwohner, beispielsweise ob ihrer Geltendmachung Grundsätze wie etwa
derjenige der Verwirkung entgegen stehen. Anderenfalls würde der Verfassungsgerichtshof Gefahr
laufen, auf ungesicherter Grundlage weitreichende Entscheidungen treffen zu müssen (vgl. BVerfG, NJW
1981, 1655; VerfGH RP, AS 31, 348 [351]; 32, 74 [78]; 34, 38 [41]; 37, 292 [303]).
4. Das Verfahren ist gemäß § 21 Abs. 1 VerfGHG kostenfrei. Eine Auslagenerstattung findet nicht statt (§
21 a Abs. 1 VerfGHG).
gez. Prof. Dr. Meyer gez. Steppling gez. Dr. Saftig
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