Urteil des VerfGH Rheinland-Pfalz vom 27.11.2007

VerfGH Rheinland-Pfalz: verfassungsbeschwerde, verfassungsrecht, rücknahme, willkür, quelle, zumutbarkeit, funk, vizepräsident, gaube, beratung

VerfGH
Rheinland-Pfalz
27.11.2007
VGH B 9/07
Verfassungsrecht
Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz
Beschluss
Im Namen des Volkes
In dem Verfahren
betreffend die Verfassungsbeschwerde
1. des Herrn …,
2. der Frau …,
Bevollmächtigte: Rechtsanwälte Gaube & Jeromin, Bahnhofstraße 38, 56626 Andernach,
gegen
a) den Beschluss des Oberverwaltungsgerichts Rheinland-Pfalz vom
22. März 2007 - 1 A 11614/06.OVG -,
b) das Urteil des Verwaltungsgerichts Koblenz vom 2. November 2006
- 1 K 857/06.KO -,
c) den Widerspruchsbescheid des Kreisrechtsausschusses der Kreisverwaltung
Mayen-Koblenz vom 27. April 2006 - KRA 0442-01 -
d) die denkmalrechtliche Anordnung der Kreisverwaltung Mayen-Koblenz vom
10. Juli 2001 - 60 363-11/1-G-VIII-Z -
hat der Verfassungsgerichtshof Rheinland-Pfalz in Koblenz aufgrund der Beratung vom 27. November
2007, an der teilgenommen haben
Präsident des Verfassungsgerichtshofs Prof. Dr. Meyer
Präsident des Oberlandesgerichts Dury
Präsident des Oberlandesgerichts Bartz
Vizepräsident des Oberverwaltungsgerichts Steppling
Universitätsprofessor Dr. Dr. Merten
Kreisverwaltungsdirektorin Kleinmann
Präsidentin des Verwaltungsgerichts Dr. Freimund-Holler
Bürgermeister Dr. Saftig
Historikerin Meier-Hussing
beschlossen:
Das Verfahren wird eingestellt.
A.
Die Verfassungsbeschwerde richtete sich gegen eine denkmalrechtliche Anordnung, den hierzu
ergangenen Widerspruchsbescheid und die klageabweisenden gerichtlichen Entscheidungen. Die
Beschwerdeführer rügten eine Verletzung des durch Art. 60 der Landesverfassung - LV - gewährleisteten
Eigentumsrechts und machten im Wesentlichen geltend: Die den angegriffenen Entscheidungen
zugrunde liegende Auffassung, die Unterschutzstellung einer baulichen Gesamtanlage als Denkmalzone
beschränke sich nicht auf den Schutz ihrer Ensemblewirkung, sondern gewährleiste auch einen
qualifizierten Substanzschutz, beruhe auf einem unrichtigen Verständnis von Bedeutung und Tragweite
des gewährleisteten Eigentumsrechts. Entsprechendes gelte für die darüber hinaus vertretene Ansicht, im
Rahmen der gebotenen Wirtschaftlichkeitsbetrachtung sei auf die verbliebene Nutzbarkeit der baulichen
Gesamtanlage abzustellen. Über die Verfassungsbeschwerde hat der Verfassungsgerichtshof am
1. Oktober 2007 unter Durchführung einer Ortsbesichtigung mündlich verhandelt.
Mit Schriftsatz vom 5. Oktober 2007 haben die Beschwerdeführer ihre Verfassungsbeschwerde
zurückgenommen.
B.
Das Verfahren ist infolge Rücknahme der Verfassungsbeschwerde einzustellen.
Grundsätzlich kann ein Beschwerdeführer seine Verfassungsbeschwerde zurücknehmen. Über das
Beschwerdebegehren ist dann nicht mehr zu entscheiden. Zwar dient die Verfassungsbeschwerde nicht
ausschließlich dem Individualrechtsschutz des Beschwerdeführers, sondern hat darüber hinaus die
Funktion, das objektive Verfassungsrecht zu wahren und seiner Fortbildung zu dienen. Das Gesetz macht
sie aber in §§ 44 ff. des Gesetzes über den Verfassungsgerichtshof - VerfGHG - von einem an strenge
formelle Voraussetzungen geknüpften Rechtsschutzbegehren des Betroffenen abhängig, so dass der
Wegfall des Begehrens regelmäßig auch die Grundlage für eine Entscheidung entfallen lässt (vgl.
BVerfGE 85, 109 [113]; 98, 218 [242 f.]; 106, 210 [213]).
Allerdings kann die Rücknahme dann unwirksam sein, wenn die Verfassungsbeschwerde im Sinne des §
44 Abs. 3 Satz 2 VerfGHG von allgemeiner Bedeutung, deswegen über sie mündlich verhandelt worden
und die allgemeine Bedeutung auch in der Zeit bis zur Urteilsverkündung nicht entfallen ist. In einem
solchen Fall liegt die Entscheidung über den Fortgang des Verfahrens nicht mehr in der alleinigen
Dispositionsbefugnis des Beschwerdeführers (vgl. BVerfGE 98, 218 [243]). Die genannten
Voraussetzungen sind vorliegend jedoch nicht erfüllt.
Zwar handelte es sich bei den von den Beschwerdeführern aufgeworfenen Fragen nach der inhaltlichen
Reichweite einer Unterschutzstellung als Denkmalzone und der wirtschaftlichen Zumutbarkeit der ihnen
auferlegten Eigentumsbeschränkungen um Problemstellungen von übergeordneter Bedeutung. Ihre durch
die Gerichte und Verwaltungsbehörden in den angegriffenen Entscheidungen vorgenommene
Beantwortung beruhte jedoch auf einer durch den konkreten Einzelsachverhalt veranlassten Auslegung
und Anwendung des einschlägigen einfachen Rechts. Die vom Verfassungsgerichtshof vorzunehmende
Prüfung musste sich daher von vornherein auf die Frage beschränken, ob die Auslegung und Anwendung
der einfachgesetzlichen Bestimmungen auf einer grundsätzlich unrichtigen Anschauung von der
Bedeutung des betroffenen Grundrechts, insbesondere vom Umfang seines Schutzbereichs, oder gar auf
Willkür beruhte. Das Prüfungsergebnis konnte unter diesen Umständen weniger die Funktion der
Verfassungsbeschwerde erfüllen, das objektive Verfassungsrecht zu wahren sowie seiner Auslegung und
Fortbildung zu dienen. Vielmehr musste es darauf ausgerichtet sein, die Verletzung oder hinreichende
Beachtung spezifischen Verfassungsrechts im konkreten Einzelfall festzustellen. Einer solchen einzelfall-
bezogenen Feststellung kommt jedoch keine allgemeine Bedeutung im Sinne des § 44 Abs. 3 Satz 2
VerfGHG zu.
C.
Das Verfahren ist gemäß § 21 Abs. 1 VerfGHG kostenfrei. Eine Auslagenerstattung findet nicht statt (§ 21 a
Abs. 1 VerfGHG).
gez. Prof. Dr. Meyer gez. Dury gez. Prof. Dr. Dr. Merten