Urteil des VerfGH Berlin vom 15.03.2017

VerfGH Berlin: ausgleichsabgabe, verordnung, verfassungsbeschwerde, öffentliche gewalt, bemessungsgrundlage, grundrecht, auflage, ausgleichszahlung, wohnungsmarkt, eigentumsgarantie

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
95/00
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 23 Abs 1 S 1 Verf BE, Art 23
Abs 1 S 2 Verf BE, Art 59 Abs 1
Verf BE, § 1 Abs 1 S 1
WoZwEntfrV BE 2, § 2 Abs 6
WoZwEntfrV BE 2
VerfGH Berlin: Verfassungsmäßigkeit der Ausgleichsabgabe für
Anwaltspraxisräume bei erteilter
Zweckentfremdungsgenehmigung: Solange kein dauerhafter
Wohnungsüberhang keine Verletzung der Eigentumsgarantie,
da Erhöhung der Ausgleichsabgabe von hinreichender
Ermächtigungsgrundlage gedeckt
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführer ist Rechtsanwalt und nutzt die in seinem Eigentum stehende, in
der S...straße 41, Vorderhaus, 2. OG Mitte/rechts gelegene Wohnung als
"Rechtsanwaltspraxis", wozu ihm das Bezirksamt Charlottenburg mit Bescheid vom 6.
März 1986 die Genehmigung erteilte. Zugleich wurde unter dem Vorbehalt einer
Änderung nach zwei Jahren und auf der Grundlage einer Wohnfläche von 160,87 qm eine
monatlich zu zahlende Ausgleichsabgabe in Höhe von 450,44 DM (2,80 DM/qm)
festgesetzt. Mit Bescheid vom 26. Juli 1994 setzte das Bezirksamt unter Hinweis auf die
zum 1. Juli 1994 in Kraft getretenen Ausführungsvorschriften zur 2.
Zweckentfremdungsverbot-Verordnung die zu leistende Ausgleichszahlung ab dem 1.
Juli 1994 auf monatlich 1608,--DM (10 DM/qm) fest. Mit Widerspruchsbescheid derselben
Behörde vom 2. Mai 1995 wurde der Widerspruch des Beschwerdeführers mit der
Maßgabe zurückgewiesen, dass die Erhöhung der Ausgleichsabgabe erst vom 1.
September 1994 an gelten sollte. Der Beschwerdeführer erhob am 9. Juni 1995 vor dem
Verwaltungsgericht Klage und trug vor: Für die Erhöhung der Ausgleichsabgabe gebe es
keine Rechtsgrundlage, die dem Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes bei Eingriffen in
Freiheit und Eigentum des Bürgers genüge. Die Höhe der Abgabe ergebe sich nicht aus
der Zweckentfremdungsverbot-Verordnung, sondern lediglich aus den hierzu
ergangenen Ausführungsvorschriften. Mit Schriftsatz vom 18. Juni 1999 wies er ferner
darauf hin, dass nur noch die Ausgleichsabgabe für den Zeitraum Juli 1994 bis Januar
1997 im Streit sei, nachdem das Verwaltungsgericht das beklagte Land mit
rechtskräftigem Urteil vom 22. März 1999 - VG 35 A 2091.97 - verpflichtet habe, die
Auflage zur Zahlung einer Ausgleichsabgabe zum 10. Februar 1997 aufzuheben. Mit
Urteil vom 21. Oktober 1999 wies das Verwaltungsgericht die Klage mit der Begründung
ab, die Bemessung der Ausgleichsabgabe bedürfe über die in Art. 6 § 1 Abs. 1 Satz 1
MRVerbG gegebene Grundlage hinaus keiner weiteren gesetzlichen Regelung, weil die
enge Begrenzung des Ermessens durch den Gesetzeszweck und die Grundsätze der
Verhältnismäßigkeit eine willkürliche Handhabung des Befreiungsvorbehalts
ausschlössen. Den auf § 124 Abs. 2 Nr. 1 und 3 VwGO gestützten Antrag des
Beschwerdeführers auf Zulassung der Berufung wies das Oberverwaltungsgericht mit
dem am 24. Mai 2000 bei dem Beschwerdeführer eingegangenen Beschluss vom 16.
Mai 2000 - OVG 5 N 24.00 - zurück und führte aus: Die vom Beschwerdeführer in Frage
gestellte Rechtsauffassung des Verwaltungsgerichts sei zutreffend und entspreche der
obergerichtlichen Rechtsprechung.
Mit der am 24. Juli 2000 erhobenen Verfassungsbeschwerde rügt der Beschwerdeführer
eine Verletzung seiner Rechte aus Art: 59 Abs. 1 VvB und Art. 23 Abs. 2 VvB. Nach dem
in Art. 59 Abs. 1 VvB niedergelegten Grundsatz des Vorbehalts des Gesetzes müssten
Bemessungsgrundlage, Höhe, Entstehung, Dauer und Fälligkeit von Abgaben
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Bemessungsgrundlage, Höhe, Entstehung, Dauer und Fälligkeit von Abgaben
rechtssatzmäßig hinreichend bestimmt sein. Dem genüge § 2 Abs. 7 Satz 1 der 2.
Zweckentfremdungsverbot-Verordnung insoweit nicht, als die Bemessungsgrundlage
und die Höhe der Ausgleichsabgabe dieser Vorschrift nicht einmal ansatzweise zu
entnehmen seien. Auch wenn die Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung im
pflichtgemäßen Ermessen der Behörde stehe, folge hieraus nicht, dass Bemessung und
Höhe einer Ausgleichsabgabe der Regelung durch verwaltungsinterne
Ausführungsvorschriften überlassen werden dürfe. Die Notwendigkeit einer
rechtssatzmäßigen Regelung dieser Materie ergebe sich ferner aus Art. 23 Abs. 1 VvB,
weil es sich bei der Abgabepflicht des Eigentümers um eine Schranken- und
Inhaltsbestimmung im Sinne des Art. 23 Abs. 1 Satz 2 VvB handele.
II.
Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg.
1. Gemäß § 49 Abs. 1 VerfGHG kann jedermann mit der Behauptung, durch die
öffentliche Gewalt des Landes Berlin in einem seiner in der Verfassung von Berlin
enthaltenen Rechte verletzt zu sein, die Verfassungsbeschwerde zum
Verfassungsgerichtshof erheben. Rügefähig in diesem Verfahren ist lediglich ein Verstoß
gegen eine Verfassungsnorm, die zumindest auch den Schutz des Individuums bezweckt
und mithin nicht nur objektivrechtliche Gehalte aufweist.
Die Verfassungsbeschwerde ist danach unzulässig, soweit der Beschwerdeführer sie -
neben der Rüge einer Verletzung des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB - selbständig auf einen
Verstoß gegen den in Art. 59 Abs. 1 VvB niedergelegten Grundsatz des Vorbehalts des
Gesetzes stützt. Soweit danach die für alle verbindlichen Gebote und Verbote auf Gesetz
beruhen müssen, ergibt sich hieraus nach der Rechtsprechung des
Verfassungsgerichtshofs, dass im Verhältnis zwischen Staat und Bürgern alle
wesentlichen Entscheidungen vom Gesetzgeber, also normativ, zu treffen sind
(Beschluss vom 6. Dezember 1994 - VerfGH 65/93 - LVerfGE 1, 131 <136> zu Art. 45
VvB a.F.). Bei diesem Grundsatz handelt es sich um ein Element des
Rechtsstaatsprinzips (siehe zum Bundesrecht: BVerfGE 78, 179 <197>; Schulze-Fielitz,
in: Dreier, GG, Bd. II, 1998, Art. 20 (Rechtsstaat) Rn. 95 m.w.N.), welches nach der
Rechtsprechung des Verfassungsgerichtshofs kein rügefähiges individuelles Recht
darstellt (siehe Beschlüsse vom 15. Juni 1993 - VerfGH 18/92 - LVerfGE 1, 81 <83 f.>
und vom 21. September 1995 - VerfGH 46/95 - LVerfGE 3, 96 <98> jeweils zu Art. 45
VvB a. F.).
Zulässig ist die Verfassungsbeschwerde, soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung
des Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB rügt. Zwar schützt nach der ständigen Rechtsprechung
des Bundesverfassungsgerichts zu Art. 14 Abs. 1 GG das Grundrecht auf Eigentum
grundsätzlich nicht das Vermögen vor der Auferlegung von Geldleistungspflichten
(zuletzt BVerfGE 95, 267 <300> m.w.N.). Hiervon geht auch der Verfassungsgerichtshof
in seiner Rechtsprechung zu dem nahezu wortgleich in der Berliner Verfassung
normierten Grundrecht auf Eigentum aus (Beschluss vom 26. September 1996 - VerfGH
46/93 - LVerfGE 5, 14 <18> zu Art. 15 Abs. 1 VvB a. F.). Ein Eingriff in das Grundrecht
auf Eigentum kommt allerdings dann in Betracht, wenn Geldleistungspflichten an den
Bestand, die Nutzung oder die Verfügung über eine bestimmte als Eigentum
schutzfähige Position anknüpfen (siehe Jarass/Pieroth, GG, 5. Aufl., Art 14 Rn. 15
m.w.N.). So hat das Bundesverfassungsgericht in einem die Auferlegung einer
Ausgleichszahlung nach Art. 6 § 1 Abs. 2 MRVerbG betreffenden Beschluss vom 2.
Dezember 1980 - 1 BvR 436, 437/78 - (BVerfGE 55, 249 <257>) Art. 14 Abs. 1 Satz 1
GG als Prüfungsmaßstab herangezogen und dazu ausgeführt: Soweit die Genehmigung
zur Zweckentfremdung von Wohnraum mit einer Abgabepflicht des Eigentümers
verknüpft werde, sei die aus der Zweckentfremdungsregelung resultierende
Eigentumsbeschränkung nicht aufgehoben, sondern ihrem Inhalt nach abgewandelt. Bei
Auslegung und Anwendung der der Abgabepflicht zugrunde liegenden Regelungen
hätten die Gerichte sich innerhalb der dem Gesetzgeber durch Art. 14 Abs. 1 und Abs. 2
GG gezogenen Grenzen zu halten. Hieran ist auch unter Berücksichtigung der neueren,
vom Verfassungsgerichtshof für das Landesrecht übernommenen (vgl. Beschluss vom
23. April 2000 - VerfGH 72/00 - GE 2001, 50) Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts zur Begrenzung der Eigentumsgarantie auf die mit einer
bestimmten Position verbundenen, gesetzlich definierten Befugnisse (BVerfGE 58, 300
<336>; 70, 115 <122>; 72, 66 <77>, 74, 129 <148>; 83, 182 <195>; 101, 54 <75>)
festzuhalten. Danach mag zwar in der Entscheidung des Normgebers über das
grundsätzliche Verbot der Zweckentfremdung von Wohnraum - wie dies bereits im
Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 4. Februar 1975 - 2 BvL 5/74 - (BVerfGE
38, 348 <369 ff.>) anklingt - lediglich eine Inhaltsbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2
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38, 348 <369 ff.>) anklingt - lediglich eine Inhaltsbestimmung nach Art. 14 Abs. 1 Satz 2
GG bzw. Art. 23 Abs. 1 Satz 2 VvB liegen. Soweit allerdings - wie hier - dem
Wohnungseigentümer auf der Grundlage des § 2 der 2. ZwVbV0 eine zweckfremde
Nutzung gestattet wurde, genießt diese gesetzlich vermittelte Befugnis auch den Schutz
der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie. Es erscheint deshalb möglich, dass der
Beschwerdeführer durch die an die zweckfremde Nutzung anknüpfende Erhöhung der
Ausgleichsabgabe in seinem Grundrecht auf Eigentum verletzt wird.
2. Soweit die Verfassungsbeschwerde zulässig ist, erweist sie sich als unbegründet. Die
mit ihr angegriffenen Entscheidungen halten einer verfassungsrechtlichen Überprüfung
stand.
Soweit Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde gerichtliche Entscheidungen sind,
besteht die Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofs nur in engen Grenzen. Die
Gestaltung des Verfahrens, die Würdigung des Sachverhalts, die Auslegung des
einfachen Rechts und seine Anwendung auf den einzelnen Fall sind Sache der dafür
allgemein zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch den Verfassungsgerichtshof
entzogen (Beschluss vom 30. Juni 1992 - VerfGH 9/92 - LVerfGE 1, 7 <8 f.>; st. Rspr.).
Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, gerichtliche Entscheidungen und das
ihnen zugrunde liegende Verfahren - ähnlich wie eine Revisionsinstanz - in jeder Hinsicht
auf ihre Übereinstimmung mit einfachem Recht zu prüfen. Für die Kontrolle gerichtlicher
Entscheidungen beschränkt sich der Prüfungsmaßstab des Verfassungsgerichtshofs auf
die Frage, ob die fachgerichtlichen Entscheidungen Fehler aufweisen, die auf einer
grundsätzlichen Verkennung der Bedeutung eines Grundrechts oder des Umfangs
seines Schutzbereiches beruhen. Gemessen an diesen Voraussetzungen liegt eine
Verletzung des durch Art. 23 Abs. 1 VvB geschützten Eigentumsrechts des
Beschwerdeführers nicht vor.
a) Die Verwaltungsgerichte durften im Ausgangsverfahren von der Gültigkeit der 2.
Zweckentfremdungsverbot-Verordnung ausgehen und diese als Rechtsgrundlage für die
Festsetzung des Ausgleichsbetrages heranziehen.
Im Ansatz zutreffend geht zwar der Beschwerdeführer davon aus, dass die ihm
auferlegte Zahlung der Ausgleichsabgabe nur dann Ausdruck einer Inhalts- und
Schrankenbestimmung nach Art. 23 Abs. 1 Satz 2 VvB sein kann, wenn sie auf einer
gesetzlichen Grundlage beruht. Soweit danach die gerichtlichen Entscheidungen das
Erfordernis einer besonderen Ermächtigungsgrundlage für die Bemessung der
Ausgleichsabgabe verneint haben, verkennen sie indes nicht den Umfang des
Schutzbereiches des Grundrechts auf Eigentum zum Nachteil des Beschwerdeführers.
So geht insbesondere das Verwaltungsgericht in seinem Urteil in Einklang mit der von
ihm zitierten einschlägigen Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts davon aus,
dass die Zahlungsauflage als Abwandlung des Zweckentfremdungsverbots den
Schutzbereich der Eigentumsgarantie des (mit Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB inhaltsgleichen)
Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG berührt und mit dieser Gewährleistung (nur) unter der
Voraussetzung vereinbar ist, dass dem Wohnungseigentümer eine bestimmte "Rendite"
verbleibt.
Die Verwaltungsgerichte haben auch nicht die Notwendigkeit einer gesetzlichen
Grundlage in Bezug auf die Zahlungsauflage verkannt. Sie haben vielmehr eine
hinreichende gesetzliche Grundlage für die Bemessung der Ausgleichszahlung in der zur
Erteilung von Auflagen ermächtigenden Vorschrift des Art. 6 § 1 Abs. 2 Satz 1 MRVerbG
sowie den Regelungen der 2. Zweckentfremdungsverbot-Verordnung a.F. gesehen, die in
§ 2 Abs. 7 Satz 1 die regelmäßige Verknüpfung einer Zweckentfremdungsgenehmigung
mit der Auflage zur Entrichtung einer monatlichen Ausgleichszahlung vorsahen und in §
3 den Verwendungszweck dieser Ausgleichsbeträge festlegten.
Dabei kann die Heranziehung der Regelungen der 2. Zweckentfremdungsverbot-
Verordnung verfassungsrechtlich nicht beanstandet werden. Wohl spricht einiges dafür,
dass das Zweckentfremdungsverbot des § 1 Abs. 1 Satz 1 der 2. ZwVbV0 aufgrund der
tatsächlichen Entwicklung auf dem Berliner Wohnungsmarkt nicht mehr von der
Ermächtigungsgrundlage des Art. 6 § 1 MRVerbG gedeckt wird und mithin außer Kraft
sein könnte.
Dies war aber im hier maßgeblichen Zeitraum von September 1994 bis Februar 1997
noch nicht der Fall. Auf diesen Zeitraum kommt es an, weil zum einen die erhöhte
Ausgleichsabgabe nach dem Widerspruchsbescheid ab dem 1. September 1994 zu
zahlen war und zum anderen die Zahlung der Ausgleichsabgabe insgesamt und damit
auch die Beschwer aus dem Bescheid vom 26. Juli 1994 mit der zum 10. Februar 1997
wirksam werdenden Aufhebung der Auflage im Bescheid vom 6. März 1986 entfiel.
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Auch wenn sich seit etwa 1995 eine Entspannung auf dem Berliner Wohnungsmarkt
abgezeichnet und sich diese Entwicklung in den folgenden Jahren fortgesetzt hat, lässt
sich hieraus noch nicht der Schluss ziehen, dass sich bereits in dem Zeitraum bis
Anfang des Jahres 1997 die Lage auf dem allgemeinen Berliner Wohnungsmarkt
nachhaltig und endgültig entspannt hatte. Dementsprechend ging das Kammergericht in
einem Beschluss vom 3. Dezember 1997 - 2 Ss 304/97 - 5 Ws (B) 707/97 - (GE 1998,
179) bezogen auf die Situation im Juli 1997 von der Verfassungsmäßigkeit der 2.
Zweckentfremdungsverbot-Verordnung aus. Das Oberverwaltungsgericht Berlin stellte
zwar in einem Urteil vom 19. Februar 1998 - OVG 5 B 68.96 - (GE 1998, 557) für das Jahr
1998 einen Überhang von Wohnungsangeboten fest, der sich auch in rückläufigen
Mietpreisen bemerkbar mache. Unter Hinweis auf die mit dem Parlaments- und
Regierungsumzug verbundene Wohnraumnachfrage sowie den Umstand, dass die Dauer
des Abwanderungstrends in das Umland und die künftige Neubautätigkeit nicht sicher
vorhersehbar und mithin die Nachhaltigkeit und Abgeschlossenheit der Entwicklung auf
dem Wohnungsmarkt noch nicht absehbar sei, kam das Gericht dann aber zu dem
Ergebnis, dass das Zweckentfremdungsverbot noch nicht offensichtlich entbehrlich sei.
b) Die angegriffenen Entscheidungen sind auch insoweit nicht zu beanstanden, als sie in
den vorhandenen zweckentfremdungsrechtlichen Normen eine hinreichende
Ermächtigungsgrundlage für die Erhöhung der Ausgleichsabgabe gegenüber dem
Beschwerdeführer gesehen haben.
Allerdings regeln die vom Verwaltungsgericht in Bezug genommenen Vorschriften der 2.
Zweckentfremdungsverbot-Verordnung ausdrücklich lediglich die Möglichkeit der
Auferlegung einer Ausgleichsabgabe und - in allgemeiner Form - deren Verwendung;
Bemessungsgrundlage und Höhe der Ausgleichsabgabe sind lediglich in den
verwaltungsinternen "Ausführungsvorschriften zur 2. Zweckentfremdungsverbot-
Verordnung" vom 25. Juni 1994 (ABl. S. 2254) bestimmt worden.
Soweit die Verwaltungsgerichte dies nicht beanstandet haben, werden sie der
grundsätzlichen Bedeutung des Grundrechts noch gerecht. Vorliegend zwingen weder
der in Art. 23 Abs. 1 Satz 2 VvB enthaltene grundrechtliche Gesetzesvorbehalt noch der
in der Verfassung von Berlin in Art. 59 Abs. 1 normierte allgemeine Gesetzesvorbehalt
zu dem Schluss, dass die Bemessungsgrundlage und die Höhe der Ausgleichsabgabe
durch "Gesetz" festgelegt werden müssen. Der Gesetzgeber hat hier im
Zusammenhang mit der verfassungsrechtlich nur durch Gesetz zulässigen
Sozialbindung des Eigentums die Regelungstechnik gewählt, das Eigentum an
Wohnraum einem repressiven Verbot der Zweckentfremdung zu unterwerfen und dabei
eine ins Ermessen der Exekutive gestellte Befreiung von diesem Verbot vorgesehen.
Die Ermächtigungsgrundlage selbst entspricht nach ständiger Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts den zu dem Eigentumsgrundrecht entwickelten
Anforderungen an eine zulässige Sozialbindung, und der Zweck der Ermächtigung zur
Ermessensausübung und deren Grenzen werden in denjenigen Vorschriften, die
materielles Gesetzesrecht darstellen, also der bundesrechtlichen Regelung zu Art. 6 § 1
MRVerbG und der landesrechtlichen Regelung in der Zweckentfremdungsverbot-
Verordnung, ausreichend deutlich. Insoweit hat das Verwaltungsgericht zutreffend darauf
hingewiesen, dass der Zweite Senat des Bundesverfassungsgerichts es in seiner
grundlegenden Entscheidung vom 4. Februar 1975 zu Art. 6 § 1 MRVerbG (BVerfGE 38,
348 <369>) verfassungsrechtlich nicht beanstandet hat, dass diese Norm die
Entscheidung über die Erteilung einer Zweckentfremdungsgenehmigung in das
Ermessen der Verwaltung stellt und die nach Absatz 2 in Betracht kommenden Auflagen
nicht näher definiert. Dabei wurde die Möglichkeit der Auferlegung einer
Geldleistungspflicht ausdrücklich als von dieser Norm gedeckt anerkannt. Hieraus ergibt
sich zwangsläufig, dass für die Bemessung der Ausgleichsabgabe keine weitere formell-
gesetzliche Grundlage erforderlich ist.
Dies gilt auch für die Höhe und die Bemessungsgrundlage der Ausgleichsabgabe. Die als
Auflage verfügte Geldleistung stellt sich ausschließlich als Teil der zu treffenden
Ermessensentscheidung dar, und die insoweit angegriffenen Verwaltungsvorschriften
dienen lediglich dazu, zum einen die Einhaltung des Gleichheitsgrundsatzes im Rahmen
der Ermessensausübung in einer großen Zahl von Fällen durch unterschiedliche
bezirkliche Ämter sicherzustellen und zum anderen den Rahmen zu bestimmen,
innerhalb dessen der vom Verwaltungsgericht hervorgehobene Grundsatz der
Verhältnismäßigkeit im Einzelfall regelmäßig als gewahrt anzusehen ist.
c) Die angefochtenen Entscheidungen haben mit den Bescheiden den Zweck der
Verwaltungsvorschriften und dessen Erfüllung auch in verfassungsrechtlich nicht zu
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Verwaltungsvorschriften und dessen Erfüllung auch in verfassungsrechtlich nicht zu
beanstandender Weise geprüft und bejaht. Sie haben sich insoweit auf die in der
mündlichen Verhandlung vor dem Verwaltungsgericht erörterte Entscheidung des OVG
Berlin vom 19. Februar 1998 - OVG 5 B 68.96 - (GE 1998, 557) bezogen und in
nachvollziehbarer Weise das Ergebnis gefunden, dass die streitige Erhöhung der Abgabe
im Rahmen des eingeräumten Ermessens blieb. Dafür, dass die hier gefundene
Erhöhung im Grundsatz zu hoch ansetzt und damit generell als Vorbereitung einer
übermäßigen Belastung durch die einzelnen Ermessensentscheidungen anzusehen ist,
hat der Beschwerdeführer nichts vorgetragen und ist auch sonst nichts ersichtlich.
Die Kostenentscheidung beruht auf §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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