Urteil des VerfGH Berlin vom 15.03.2017

VerfGH Berlin: ohne aussicht auf erfolg, rechtliches gehör, verfassungsbeschwerde, sexueller missbrauch, persönliche anhörung, rüge, entzug, haushalt, elternrecht, disposition

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
18/08
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 6 Abs 2 S 1 GG, § 29a FGG,
Art 12 Abs 3 Verf BE, Art 15
Abs 1 Verf BE, § 49 Abs 2 S 1
VGHG BE
VerfGH Berlin: Wegen fehlender Rechtswegerschöpfung
unzulässige Verfassungsbeschwerde gegen fachgerichtlichen
Entzug des Sorgerechts - Erforderlichkeit der Gehörsrüge -
fehlende Einlegung der Anhörungsrüge iSv § 29a FGG führt zur
Unzulässigkeit aller weiteren, denselben Streitgegenstand
betreffenden Grundrechtsrügen - mangels Dispositionsbefugnis
des Beschwerdeführers keine Rücknahme der Rüge der
Gehörsverletzung möglich
Leitsatz
Hat die Verfassungsbeschwerde ihrem objektiven Gehalt nach (auch) die mangelnde
Gewährung rechtlichen Gehörs im Ausgangsverfahren zum Gegenstand und ist anzunehmen,
dass eine Anhörungsrüge nicht aussichtslos war, steht § 49 Abs. 2 Satz 1 VGHG der
Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde auch dann entgegen, wenn der Beschwerdeführer -
sei es von vornherein, sei es nachträglich durch Verzicht auf eine Rüge - erklärt, er wolle
ausschließlich materielle Verfassungsverstöße und keine Verletzung seines Anspruchs auf
rechtliches Gehör geltend machen. Sind die zur Begründung der Verfassungsbeschwerde
erhobenen Rügen mehrdeutig, weil ihnen je nach Lesart entweder der Vorwurf entnommen
werden kann, das Gericht habe entscheidungserhebliches Vorbringen übergangen oder das
Gericht habe vorgetragene Tatsachen zwar zur Kenntnis genommen aber unter Verkennung
der sich aus der Verfassung von Berlin ergebenden Anforderungen gewürdigt, und schließen
sich beide Lesarten nicht aus, sondern können nebeneinander zum Erfolg der
Verfassungsbeschwerde führen, hängt die Notwendigkeit einer Anhörungsrüge davon ab, ob
eine Verletzung von Art. 15 Abs. 1 Verf BE ernsthaft in Betracht kommt, eine Anhörungsrüge
also möglich und nicht ohne Aussicht auf Erfolg war. Das von dem Beschwerdeführer Gewollte
kann auch in diesem Zusammenhang nicht maßgeblich sein, da der Grundsatz der
Subsidiarität verfassungsgerichtlichen Rechtsschutzes nicht zu seiner Disposition steht.
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I.
Der Beschwerdeführerin wurde durch Beschluss des Amtsgerichts Tempelhof-Kreuzberg
die Personensorge für vier ihrer Töchter entzogen. Gestützt wurde die Maßnahme unter
anderem darauf, dass zwei der Kinder in ihrem Haushalt durch einen zur
Kinderbetreuung eingesetzten Bekannten sexuell missbraucht worden seien.
Mit der dagegen eingelegten Beschwerde wandte die Beschwerdeführerin ein, der
Vorwurf, es habe sexuelle Übergriffe an ihren Töchtern S. und M. gegeben, sei nicht auf
objektiv gesicherte Feststellungen, sondern allein auf die Aussagen der Mädchen
gegenüber Mitarbeitern des Kindernotdienstes und anderen Betreuungspersonen
gestützt worden.
Das Kammergericht wies die Beschwerde zurück und führte aus: Das besonders
gravierende Versagen der Beschwerdeführerin, das vor allem die fortdauernde
Fremdunterbringung der Kinder erforderlich mache, liege darin, dass sie diese nicht vor
sexuellen Übergriffen, Bedrohungen und Gewalttätigkeiten durch Dritte in ihrem
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sexuellen Übergriffen, Bedrohungen und Gewalttätigkeiten durch Dritte in ihrem
Haushalt schützen könne. Die Kinder seien nach ihren eigenen Bekundungen über einen
längeren Zeitraum - die Kinder hätten von circa zwei bis drei Jahren gesprochen -
sexuellen Übergriffen und Bedrohungen durch einen Bekannten der Beschwerdeführerin
ausgesetzt gewesen, ohne dass diese den Kindern zu Hilfe gekommen sei. Obwohl S.
und M. gegenüber Mitarbeitern des Kindernotdienstes und der Gutachterin bestätigt
hätten, die Beschwerdeführerin über die Übergriffe durch den Bekannten informiert und
um Hilfe gebeten zu haben und S. dies auch gegenüber dem Senat noch einmal
bestätigt habe, bestreite die Beschwerdeführerin diese Tatsache und habe sogar in
Zweifel gezogen, dass es zu solchen Übergriffen gegenüber den Mädchen gekommen
sei.
Mit ihrer Verfassungsbeschwerde rügt die Beschwerdeführerin die Verletzung ihres
Grundrechts aus Art. 12 Abs. 3 der Verfassung von Berlin - VvB -. Hierzu trägt sie unter
anderem vor: Die Annahme des Kammergerichts, es habe sexuelle Übergriffe und
Gewalttätigkeiten an den Kindern gegeben, beruhe auf Verfahrensmängeln. Das Gericht
habe sich ausschließlich auf Berichte vom Hörensagen bezogen. Es habe die Berichte
nicht der von ihr aufgezeigten Kritik unterzogen, wonach diese im deutlichen
Widerspruch zu den Feststellungen der Strafermittlungsbehörden und zu dem
chronologischen Ablauf stünden. Auch sei der von ihr aufgezeigte Inhalt aus den
staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten weder ausgewertet noch bei der
Entscheidungsfindung berücksichtigt worden; die Tatsache, dass es
staatsanwaltschaftliche Ermittlungen zu der Frage sexueller Übergriffe an den Kindern
gegeben habe, werde in den angefochtenen Entscheidungen nicht einmal erwähnt. Die
von ihr aufgezeigten Widersprüche in den Aussagen der Kinder seien vom Gericht nicht
wahrgenommen worden. Vielmehr hätten die Gerichte den Berichten mit den Aussagen
der Kinder nur genau die Feststellungen entnommen, die ihre bereits vorgefasste
Meinung bestätigten, dass ein sexueller Missbrauch stattgefunden habe.
II.
Die Verfassungsbeschwerde hat keinen Erfolg; sie ist unzulässig.
1. Soweit sie sich gegen den Beschluss des Amtsgerichts richtet, folgt dies schon
daraus, dass die Beschwerdeführerin keine Verletzung von Grundrechten rügt, die im
Beschwerdeverfahren nicht korrigierbar gewesen wäre (vgl. Beschluss vom 27. Juni 2006
- VerfGH 66/06 u.a. - juris Rn. 23 und vom 26. Februar 2008 - VerfGH 103/05 - juris Rn.
28).
2. Im Übrigen steht der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde entgegen, dass der
Rechtsweg nicht erschöpft worden ist (§ 49 Abs. 2 Satz 1 des Gesetzes über den
Verfassungsgerichtshof - VerfGHG -). Die Beschwerdeführerin hätte eine Anhörungsrüge
gemäß § 29a FGG erheben können und müssen.
a) Dabei ist unerheblich, dass die Beschwerdeführerin nur die Verletzung von Art. 12
Abs. 3 VvB rügt. Wann vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde von dem Rechtsbehelf
der Anhörungsrüge Gebrauch zu machen ist, richtet sich nicht danach, ob der
Beschwerdeführer in der Verfassungsbeschwerde eine Verletzung seines Anspruchs auf
rechtliches Gehör (Art. 15 Abs. 1 VvB) ausdrücklich beanstandet. Maßgeblich ist allein,
ob die Verfassungsbeschwerde der Sache nach die mangelnde Gewährung von Gehör im
Ausgangsverfahren zum Gegenstand hat, und anzunehmen ist, dass eine
Anhörungsrüge nicht aussichtslos war. Ist dies zu bejahen, steht § 49 Abs. 2 Satz 1
VerfGHG der Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde auch dann entgegen, wenn der
Beschwerdeführer - sei es von vornherein, sei es nachträglich durch Verzicht auf eine
Rüge - erklärt, er wolle ausschließlich materielle Verfassungsverstöße und keine
Verletzung seines Anspruchs auf rechtliches Gehör geltend machen (vgl. Beschlüsse
vom 27. Mai 2008 - VerfGH 140/05 - NJW 2008, 3421 und VerfGH 114/07 - juris Rn. 9
sowie Beschluss vom 18. November 2008 - VerfGH 146/08 - juris Rn. 19).
b) Nach ihrem objektiven Gehalt hat die Verfassungsbeschwerde (auch) die mangelnde
Gewährung rechtlichen Gehörs zum Gegenstand.
aa) Die Beschwerdeführerin macht geltend, die tatsächlichen Feststellungen im
angefochtenen Beschluss bildeten keine zuverlässige Grundlage für eine in ihr
Elternrecht eingreifende Maßnahme. Ihr werde wegen behaupteter sexueller Übergriffe
an den Kindern eine Verletzung der Fürsorge- und Aufsichtspflicht angelastet, ohne dass
diese Übergriffe durch das Gericht, die beauftragte Sachverständige oder eine
strafrechtliche Ermittlungsbehörde zweifelsfrei festgestellt worden seien. Der von ihr
aufgezeigte Inhalt der staatsanwaltschaftlichen Ermittlungsakten sei vom Gericht weder
ausgewertet noch bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden. Die Tatsache,
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ausgewertet noch bei der Entscheidungsfindung berücksichtigt worden. Die Tatsache,
dass es Ermittlungen zur Frage sexueller Übergriffe an den Kindern gegeben habe,
werde nicht einmal erwähnt. Die von ihr aufgezeigten Widersprüche in den Aussagen der
Kinder seien vom Gericht nicht wahrgenommen worden.
Diese Rügen sind allerdings mehrdeutig. Ihnen kann der Vorwurf entnommen werden,
das Gericht habe entscheidungserhebliches Vorbringen der Beschwerdeführerin
übergangen, also Art. 15 Abs. 1 VvB verletzt. Sie lassen sich aber auch dahin verstehen,
das Gericht habe die vorgetragenen Tatsachen zwar zur Kenntnis genommen, jedoch
einseitig zu Lasten der Beschwerdeführerin und unter Verkennung der sich aus Art. 12
Abs. 3 VvB ergebenden Anforderungen an die für einen Sorgerechtsentzug notwendigen
Feststellungen gewürdigt. Beide Lesarten sind möglich. Sie schließen sich auch nicht
aus, sondern können nebeneinander zum Erfolg der Verfassungsbeschwerde führen (vgl.
BVerfG, NJW 1994, 1208 <1209 u. 1210>). In einem solchen Fall hängt die Notwendigkeit
einer Anhörungsrüge davon ab, ob eine Verletzung von Art. 15 Abs. 1 VvB ernsthaft in
Betracht kommt, eine Anhörungsrüge also möglich und nicht ohne Aussicht auf Erfolg
war. Das von dem Beschwerdeführer Gewollte kann auch in diesem Zusammenhang
nicht maßgeblich sein, da der Grundsatz der Subsidiarität verfassungsgerichtlichen
Rechtsschutzes nicht zu seiner Disposition steht (Beschluss vom 27. Mai 2008 - VerfGH
140/05 - NJW 2008, 3421).
bb) Vorliegend kommt in Betracht, dass das Kammergericht seine aus Art. 15 Abs. 1
VvB folgende Pflicht verletzt hat, das Vorbringen der Beschwerdeführerin zur Kenntnis zu
nehmen und bei der Entscheidungsfindung zu erwägen. Zwar sind die Gerichte nicht
verpflichtet, sich mit jedem Vortrag in ihrer Entscheidung ausdrücklich zu befassen; es
ist vielmehr grundsätzlich davon auszugehen, dass sie das von ihnen
entgegengenommene Parteivorbringen zur Kenntnis genommen und in Erwägung
gezogen haben. Geht aber ein Gericht auf den wesentlichen Kern des Tatsachenvortrags
oder der Rechtsausführungen einer Partei zu einer zentralen Frage des Verfahrens nicht
ein, so lässt dies auf die Nichtberücksichtigung des Vortrags schließen, sofern dieser
nicht nach dem Rechtsstandpunkt des Gerichts unerheblich oder aber offensichtlich
unsubstantiiert war (vgl. Beschlüsse vom 16. November 1995 - VerfGH 48/94 - LVerfGE
3, 113 <117> und 6. Juli 2004 - VerfGH 184/03 - juris Rn. 14; zum Bundesrecht: BVerfGE
86, 133 <145 f.>; BVerfG, NJW 1994, 1208 <1210>).
(1.) Ein solcher Schluss wäre hier möglich. Das Kammergericht hat das zentrale
Vorbringen der Beschwerdeführerin, die Ermittlungen zum Vorwurf des sexuellen
Missbrauchs der Kinder durch B. seien unzureichend gewesen, begründungslos
übergangen. Auf den zur Erläuterung dieses Einwands hervorgehobenen Umstand, dass
das gegen den Bekannten B. wegen der behaupteten sexuellen Übergriffe eingeleitete
Ermittlungsverfahren mangels Tatverdachts eingestellt worden sei (Schriftsätze vom 4.
Oktober 2006 und 26. Januar 2007), ist das Gericht nicht eingegangen. Ebenso wenig
erwähnt es, dass die gerichtlich bestellte Sachverständige gegenüber dem Amtsgericht
erklärt haben soll, ihre Erkenntnisse über den sexuellen Missbrauch dem Bericht des
Kindernotdienstes entnommen zu haben und im Übrigen davon ausgegangen zu sein,
dass der Missbrauch von S. und M. von keiner Seite in Frage gestellt werde - auch dies
einer der zentralen Einwände der Beschwerdeführerin. Schließlich ist nicht erkennbar,
dass das Kammergericht die von der Beschwerdeführerin aufgezeigten Anhaltspunkte
erwogen hat, die Zweifel an der Wahrheit der Aus-sagen von S. und M. erwecken
könnten. Hierzu zählt unter anderem die von der Sachverständigen festgestellte
Neigung von S. zum Fabulieren sowie ihr Wunsch, ins Heim zu kommen, weil ihre
Freundin J. im Heim gewesen sei und ihr erzählt habe, was es dort für Privilegien gebe.
Ferner hat die Beschwerdeführerin darauf hingewiesen, dass der Bericht des
Kindernotdienstes erst fünf Tage nach der Anhörung der Kinder erstellt worden sei,
zwischen den Aussagen von S. und der wesentlich jüngeren M. nicht erkennbar
unterscheide und dass eine suggestive Befragung der Kinder nicht auszuschließen sei.
Auch mit dem Hinweis der Beschwerdeführerin auf die Notwendigkeit eines
aussagepsychologischen Gutachtens setzt sich das Kammergericht nicht auseinander.
Dafür, dass das Kammergericht den Vortrag der Beschwerdeführerin nicht zur Kenntnis
genommen hat, spricht auch, dass sich die Notwendigkeit, den Wahrheitsgehalt der
Angaben der Kinder S. und M. zu überprüfen, schon aus verfassungsrechtlichen Gründen
aufdrängte (zur Notwendigkeit der Einholung von aussagepsychologischen
Sachverständigengutachten bei Aussagen von Kindern zu sexuellem Missbrauch im
Strafverfahren vgl. zuletzt BGH, NStZ 2008, 116). Zwar muss auch in Verfahren mit
Amtsermittlungsgrundsatz dem erkennenden Gericht überlassen bleiben, welchen Weg
es im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften für geeignet hält, um zu den für seine
Entscheidung notwendigen Erkenntnissen zu gelangen. Das Verfahren muss aber
grundsätzlich geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine in die
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grundsätzlich geeignet sein, eine möglichst zuverlässige Grundlage für eine in die
Grundrechte der Beteiligten eingreifende Entscheidung zu erlangen (Beschluss vom 25.
April 2006 - VerfGH 127/05 - FamRZ 2006, 1465 <1466> m.w.N.; vgl. auch BVerfG,
FamRZ 2008, 492 <493>); dies gilt umso mehr, als der Entzug des Sorgerechts der
stärkste vorstellbare Eingriff in das Elternrecht des Art. 12 Abs. 3 VvB ist (vgl. zum
Bundesrecht: BVerfGE 60, 79 <91>).
(2.) Die Feststellung, dass die Mädchen sexuellen Übergriffen des B. ausgesetzt waren,
war nach dem Rechtsstandpunkt des Kammergerichts entscheidungserheblich. Es hat
den Entzug des Sorgerechts maßgeblich darauf gestützt, dass die Beschwerdeführerin
nicht in der Lage sei, ihre Kinder vor sexuellen Übergriffen, Bedrohungen und
Gewalttätigkeiten durch Dritte in ihrem Haushalt zu schützen. Auf die Vergangenheit
bezogen hat das Gericht dabei allein auf sexuelle Übergriffe und Bedrohungen durch B.
abgestellt; in welchem Umfang es seitens des Lebensgefährten der Beschwerdeführerin
J. zu Gewalttätigkeiten gegenüber S. und M. gekommen ist, wurde demgegenüber
ausdrücklich offen gelassen. Es kann auch nicht angenommen werden, dass das
Kammergericht meinte, den Einwendungen der Beschwerdeführerin durch die
persönliche Anhörung von S. Rechnung getragen zu haben. Denn die ihr in Bezug auf
den sexuellen Missbrauch gestellte Frage, ob sie mit ihrer Mutter über die Belästigungen
und Übergriffe durch B. gesprochen habe, lässt wiederum den Schluss zu, dass das
Gericht an dem Missbrauch des Mädchens nicht zweifelte, die Einwendungen der Mutter
also nicht zur Kenntnis genommen oder nicht erwogen hatte.
c) Bei dieser Sachlage kam die Erhebung einer Anhörungsrüge ernsthaft in Betracht.
Dass sie aussichtslos oder aus anderen Gründen unzumutbar gewesen ist, zeigt die
Verfassungsbeschwerde nicht auf.
d) Das unterbliebene Vorgehen nach § 29a FGG hat zur Folge, dass die
Verfassungsbeschwerde nicht nur in Bezug auf die der Sache nach behauptete
Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör, sondern auch hinsichtlich der weiteren,
denselben Streitgegenstand betreffenden Rügen unzulässig ist (vgl. Beschlüsse vom 23.
Oktober 2007 - VerfGH 128/07 u.a. - GE 2007, 1621 <1622> und 18. November 2007 -
VerfGH 146/08 - juris Rn. 18). Das schließt hier die gerügte Verletzung von Art. 12 Abs. 3
VvB ein. Lag nämlich ein Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 VvB vor, wäre das Verfahren vor
dem Kammergericht auf die Anhörungsrüge hin fortzusetzen gewesen. Hätte sich dann
erwiesen, dass die Kinder in Wahrheit keinen sexuellen Übergriffen oder
Gewalttätigkeiten durch B. ausgesetzt gewesen sind, wäre der entscheidende Grund für
die Sorgerechtsentziehung entfallen und eine mögliche Verletzung des Grundrechts aus
Art. 12 Abs. 3 VvB korrigiert worden.
Mangels hinreichender Erfolgsaussicht der Verfassungsbeschwerde war der Antrag auf
Bewilligung von Prozesskostenhilfe zurückzuweisen (§ 52 Satz 1 VerfGHG i. V. m. § 114
ZPO).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Mit dieser Entscheidung ist das Verfahren vor dem Verfassungsgerichtshof
abgeschlossen.
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