Urteil des VerfGH Berlin vom 15.03.2017

VerfGH Berlin: verfassungsbeschwerde, gesellschaft mit beschränkter haftung, betriebsübergang, materielles recht, rechtsschutz, öffentliche gewalt, subsidiarität, grundrecht, angestellter

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
143/00
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 15 Abs 4 S 1 Verf BE, Art 17
Verf BE, Art 49 Abs 2 S 1 VGHG
BE, Art 49 Abs 2 S 2 VGHG BE,
§ 256 Abs 1 ZPO
VerfGH Berlin: Wegen fehlender fachgerichtlicher Vorklärung
tatsächlicher und arbeitsrechtlicher Fragen aus Gründen der
Subsidiarität unzulässige gesetzesunmittelbare
Verfassungsbeschwerde, hier gegen Privatisierung und
Zentralisierung von städtischen Krankenhausbetrieben durch
Krankenhausunternehmens-Gesetz
Gründe
1. Der Beschwerdeführer wendet sich mit seiner Verfassungsbeschwerde unmittelbar
gegen das Gesetz zur Schaffung der rechtlichen Voraussetzungen für die Errichtung
eines Unternehmens der städtischen Krankenhäuser (Krankenhausunternehmens-
Gesetz) vom 30. November 2000 (GVBl. S. 503).
Das Krankenhausunternehmens-Gesetz hat auszugsweise folgenden Wortlaut:
§1
Das Land Berlin fasst gemäß § 31 Abs. 1 Satz 2 des Landeskrankenhausgesetzes in der
Fassung vom 1. Dezember 1999 (GVBl. 2000 S. 208), das durch Artikel V des Gesetzes
vom 20. April 2000 (GVBl. S. 286) geändert worden ist, die in der Anlage aufgeführten
städtischen Krankenhäuser dadurch zusammen, dass diese einzeln mit Wirkung zum 1.
Januar 2001 auf eine zuvor gegründete oder erworbene Gesellschaft mit beschränkter
Haftung, die dezentral organisiert ist und in der die einzelnen Krankenhäuser oder
zusammengefassten Standorte als Profit-Center mit Budget- und
Personalverantwortung geführt werden und deren Alleingesellschafter das Land Berlin
ist, im Wege der Kapitalerhöhung gegen Sacheinlagen durch Einbringung übertragen
werden.
§2
(1) Die Gesellschaft wird nach Maßgabe des Gesellschaftsvertrages geführt und
übernimmt die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter nach Maßgabe eines
Personalüberleitungsvertrages. Der Gesellschaftsvertrag soll nach folgenden
Grundsätzen gestaltet werden:
1. Gegenstand der Gesellschaft ist das Betreiben von Krankenhäusern, die
Sicherstellung, dass der im jeweiligen Krankenhausplan des Landes Berlin der
Gesellschaft auferlegte und festgelegte Versorgungsauftrag erfüllt wird, sowie die
Möglichkeit der Übernahme von weiteren gesundheitlichen und sozialen Aufgaben.
2. Alleiniger Gesellschafter ist das Land Berlin:
3. Die in der Anlage aufgeführten städtischen Krankenhäuser werden gemäß § 1 mit
allen Aktiva und Passiva in die Gesellschaft durch Kapitalerhöhung gegen Sacheinlage
eingebracht.
[4.-10-]
Der Personalüberleitungsvertrag soll nach folgenden Grundsätzen gestaltet werden:
11. Zur Absicherung der Arbeitsverhältnisse der betroffenen Arbeitnehmerinnen und
Arbeitnehmer sowie im Hinblick auf die betroffenen Beamtinnen und Beamten wird
zwischen dem Land Berlin und der Gesellschaft ein Personalüberleitungsvertrag
geschlossen, an dem die Gewerkschaft Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr, die
Deutsche Angestellten-Gewerkschaft, der Deutsche Beamtenbund und der Marburger
Bund zu beteiligen sind. Ziel ist es, durch den Personalüberleitungsvertrag die beim
Land Berlin erworbenen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in vollem
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Land Berlin erworbenen Rechte der Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in vollem
Umfang zu garantieren. Um dies sicherzustellen, wird die Gesellschaft unverzüglich die
Mitgliedschaft bei den Arbeitgeberverbänden des öffentlichen Dienstes in Berlin
beantragen. Den betroffenen Beamtinnen und Beamten wird nach Maßgabe der
geltenden beamtenrechtlichen Bestimmungen eine Fortsetzung ihrer Tätigkeit in der
Gesellschaft ermöglicht.
12. Die Gesellschaft tritt der Vereinbarung über den Umgang mit der
Personalüberhangsituation und zur Beschäftigungssicherung vom 27. September 1999
bei, die zwischen dem Land Berlin, den Krankenhausbetrieben des Landes Berlin, dem
Max-Bürger-Zentrum für Sozialmedizin, Geriatrie und Altenhilfe gGmbH einerseits sowie
dem Hauptpersonalrat des Landes Berlin, den Personalräten der Krankenhausbetriebe
des Landes Berlin, dem Betriebsrat des Max-Bürger-Zentrums sowie der Gewerkschaft
Öffentliche Dienste, Transport und Verkehr – Bezirksverwaltung Berlin –, der Deutschen
Angestellten-Gewerkschaft – Landesverband Berlin und Brandenburg –, dem Marburger
Bund – Landesverband Berlin-Brandenburg– andererseits abgeschlossen wurde.
[13.-16.]
(2)...
§3
Die Gesellschaft ist Vermögensnachfolgerin der in der Anlage aufgeführten städtischen
Krankenhäuser.
§5
Änderung von Gesetzen
(1) Das Landeskrankenhausgesetz in der Fassung vom 1. Dezember 1999 (GVBl. 2000
S. 208), geändert durch Artikel V des Gesetzes vom 20. April 2000 (GVBl. S. 286), wird
wie folgt geändert:
[1.]
2. § 31 wird wie folgt gefasst:
㤠31
Rechtsform, Rechtsgrundlagen, Aufsicht
Der Senat von Berlin kann Krankenhausbetriebe nach Maßgabe eines
Errichtungsgesetzes zu einem zentralen Krankenhausbetrieb zusammenfassen.” [...]
[3.-5]
(2) ...
§7
Inkrafttreten
Die §§ 1 bis 3 dieses Gesetzes treten am Tage nach der Verkündung im Gesetz- und
Verordnungsblatt für Berlin in Kraft. Im Übrigen tritt das Gesetz am 1. Januar 2001 in
Kraft.
Anlage
Krankenhaus Am Urban
– Krankenhausbetrieb von Berlin-Kreuzberg –
Auguste-Viktoria-Krankenhaus
– Krankenhausbetrieb von Berlin-Schöneberg –
Krankenhaus im Friedrichshain
– Krankenhausbetrieb von Berlin-Friedrichshain –
Krankenhaus Hellersdorf
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– Krankenhausbetrieb von Berlin-Hellersdorf –
Krankenhaus Neukölln
– Krankenhausbetrieb von Berlin-Neukölln –
Krankenhaus Prenzlauer Berg
– Krankenhausbetrieb von Berlin-Prenzlauer Berg –
Krankenhaus Reinickendorf
– Krankenhausbetrieb von Berlin-Reinickendorf –
Krankenhaus Spandau
– Krankenhausbetrieb von Berlin-Spandau –
Wenckebach-Krankenhaus
– Krankenhausbetrieb von Berlin-Tempelhof –
Die in der Anlage genannten Krankenhäuser wurden auf der Grundlage des
Krankenhausunternehmens-Gesetzes in eine zuvor gegründete GmbH eingebracht, die
am 20. November 2000 als NET-GE Kliniken für Berlin GmbH ins Handelsregister
eingetragen worden war und im Laufe des Jahres 2001 in Vivantes NETZWERK FÜR
GESUNDHEIT GmbH (im folgenden: V. GmbH) umbenannt wurde.
Ferner schloss das Land Berlin mit der V. GmbH einen Personalüberleitungsvertrag ab,
in dessen § 2 Abs. 1 es heißt, dass die V. GmbH gemäß § 613 a BGB in die Rechte und
Pflichten aus den am 1. Januar 2001 bestehenden Arbeitsverhältnissen bei den
betroffenen Krankenhausbetrieben des Landes Berlin mit ihren Arbeitnehmern eintritt.
Dies gilt nicht für diejenigen, die dem Übergang des Arbeitsverhältnisses fristgemäß
widersprochen haben. Nach § 3 Abs. 1 des Personalüberleitungsvertrages finden auf die
von der V. GmbH übernommenen Arbeitsverhältnisse auch künftig die bisher
maßgebenden Tarifverträge Anwendung. Die Beschäftigten werden nach § 7 des
Vertrages über die bevorstehende Überleitung unterrichtet. Dabei ist der Hinweis
aufzunehmen, dass der einzelne Beschäftigte der Überleitung innerhalb einer Frist von
sechs Wochen nach Erhalt dieses Schreibens, widersprechen kann. Die Beschäftigten
sind dabei ausdrücklich darauf aufmerksam zu machen, dass im Falle des Widerspruchs
- sofern ein dem arbeitsvertraglichen Beschäftigungsanspruch entsprechender Einsatz
im Bereich des Landes Berlin nicht möglich ist - eine Kündigung des Arbeitsverhältnisses
nicht ausgeschlossen werden kann. In § 9 des Vertrages verpflichtet sich die Gesellschaft
unverzüglich die Mitgliedschaft bei einem Arbeitgeberverband oder beiden
Arbeitgeberverbänden des öffentlichen Dienstes in Berlin zu beantragen (Abs. 1) und
unverzüglich eine Beteiligung bei der Versorgungsanstalt des Bundes und der Länder
(VBL) zu beantragen, wobei sie eine mindestens gleichwertige Versorgung gewährleistet,
wenn eine Beteiligung nicht zustande kommt (Abs. 2).
2. Der Beschwerdeführer war bisher als Angestellter des Landes Berlin im städtischen
Krankenhaus N… beschäftigt. Mit seiner am 20. November 2000 eingereichten
Verfassungsbeschwerde beantragt er, das Krankenhausunternehmens-Gesetz für
verfassungswidrig und nichtig zu erklären.
Der Beschwerdeführer rügt, durch das Krankenhausunternehmens-Gesetz und die mit
diesem Gesetz verbundenen Eingriffsmaßnahmen in Gestalt des
Personalüberleitungsvertrages in seinen Rechten nach Art. 6, 7, 8, 10, 15, 17, 18, 22, 23,
24 und 36 der Verfassung von Berlin - VvB - verletzt zu sein. Insbesondere das
Grundrecht der allgemeinen Handlungsfreiheit stehe unter dem Vorbehalt der
verfassungsmäßigen Ordnung. Das Krankenhausunternehmens-Gesetz und der auf ihm
beruhende Personalüberleitungsvertrag gehörten nicht zur verfassungsmäßigen
Ordnung, da es eine Kompetenznorm für di Privatisierung der städtischen
Krankenhausbetriebe weder in der Berliner Verfassung noch in anderen Berliner
Rechtsnormen gebe. § 31 Landeskrankenhausgesetz enthalte in seiner alten Fassung
keine entsprechende Kompetenznorm. Auch sei die Führung des sozialen
Versorgungsbetriebs „Krankenhaus" eine Aufgabe, die nicht an bloßen Erwerbschancen
orientiert sein dürfe. Sie sei vielmehr nach sozialpolitischen Grundsätzen zu erfüllen. Mit
der Zentralisierung und Privatisierung der städtischen Krankenhäuser könne das
Rechtsstaats- und Sozialstaatsprinzip im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens
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Rechtsstaats- und Sozialstaatsprinzip im Bereich des öffentlichen Gesundheitswesens
nicht aufrecht erhalten werden. Dies verstoße auch gegen EU-Recht. Außerdem
kollidiere das Krankenhausunternehmens-Gesetz mit dem Krankenhausfinanzierungs-
Gesetz, das von wirtschaftlich eigenständigen Betrieben ausgehe. Die Umsetzung des
Krankenhausunternehmens-Gesetzes stelle weiter einen erheblichen Eingriff in die
bezirkliche Selbstverwaltung dar (Art. 66 Abs. 2 VvB), da die städtischen
Krankenhausbetriebe als nichtrechtsfähige Anstalten in die Zuständigkeit der
Bezirksverwaltungen fielen. Schließlich macht der Beschwerdeführer geltend, dass er als
bisheriger Beschäftigter des Krankenhauses N… durch § 2 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr.
11 Krankenhausunternehmens-Gesetz in Verbindung mit der Präambel und nach § 7 des
Personalüberleitungsvertrages in seinen Rechten verletzt werde, da sein
Arbeitsverhältnis zum 1. Januar 2001 auf die V. GmbH übergehe. Er sei durch die
Rechtsnorm selbst, gegenwärtig und unmittelbar betroffen, denn es bedürfe keines
besonderen Vollziehungsaktes. Da die neue GmbH mit einem Schuldenberg von ca. 300
bis 500 Mio. DM starte, könne ein „gewollter Konkurs" dieser Gesellschaft in den
nächsten Jahren bzw. ein Weiterverkauf an einen privaten Investor nicht ausgeschlossen
werden. Wegen dieses Risikos und der damit verbundenen Konsequenzen würde bei
einer Verweisung auf den Rechtsweg das Instrument der Verfassungsbeschwerde ins
Leere laufen und ihm, dem Beschwerdeführer, ein schwerer und unabwendbarer Nachteil
entstehen. Die Verfassungsbeschwerde sei auch von allgemeiner Bedeutung, da das
Land Berlin als erstes Bundesland alle seine städtischen Krankenhausbetriebe
zentralisiere und privatisiere. Eine Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs sei
geboten, um die Rechtsunsicherheit im Berliner Gesundheitswesen – bei Patienten und
den Beschäftigten der städtischen Krankenhausbetriebe – abschließend zu beenden.
Der gleiche Senat, der den Berliner Stadtreinigungsbetrieben den Bestand als Anstalt
des öffentlichen Rechts zusichere, zentralisiere und privatisiere die städtischen
Krankenhausbetriebe. Nach Art. 10 VvB dürfe aber nicht willkürlich Gleiches ungleich
behandelt werden. Es gebe keinen sachlichen Differenzierungsgrund, dass ein
Beschäftigter eines städtischen Krankenhauses privatrechtlich arbeite, aber ein Musiker
des Berliner Philharmonischen Orchesters öffentlich-rechtlich spiele. Der Gleichheitssatz
nach Art. 10 VVB sei auch deswegen verletzt, weil der Personalüberleitungsvertrag die
Rechte von Beamten und Angestellten unterschiedlich regele. Denn nur den
Angestellten, die dem Übergang im Sinne des § 613 a BGB widersprächen, werde die
Kündigung angedroht.
Es sei auch nicht richtig, dass die auf die V. GmbH übergeleiteten
Beschäftigungsverhältnisse vollen Bestandsschutz genössen. Die in § 2 Abs. 1 Satz 2 Nr.
11 Krankenhausunternehmens-Gesetz ausgesprochene Garantie, durch den
Personalüberleitungsvertrag die beim Land Berlin erworbenen Rechte der Arbeitnehmer
in vollem Umfang sicherzustellen, werde nicht eingehalten. Hierin liege ein Verstoß
gegen Art. 23 VvB. Rentenanwartschaften der gesetzlichen Sozialversicherung
unterlägen dem Eigentumsschutz. Ähnliches müsse auch für Ansprüche der
Zusatzversorgung durch die VBL gelten. Eingriffe in solche Anwartschaften könne der
Gesetzgeber nur durch gesetzliche Regelungen vornehmen, wenn sie im öffentlichen
Interesse dringend geboten und verhältnismäßig seien. Das Krankenhausunternehmens-
Gesetz enthalte keine Regelung über den weiteren Bestand der Anwartschaften der VBI
sowie deren Weiterführung für die Angestellten des öffentlichen Dienstes. Dem
Betriebsübergang könne deswegen nur unter dem Vorbehalt zugestimmt werden, dass
der Arbeitgeber vertraglich versichere, dass die in der VBL erworbenen Rechte
ungeschmälert blieben, und dass per Vertrag klar geregelt und zugesagt werde, dass die
Tätigkeit in der V. GmbH dem öffentlichen Dienst gleichgestellt sei. Die jetzige
Bemühenszusage nach § 9 des Personalüberleitungsvertrages zur VBL-
Versorgungsrente und die fehlende Generalklausel nach § 29 Abs. 7 BAT bedeuteten
eine wesentliche Schlechterstellung seines mit dem Land Berlin abgeschlossenen
Arbeitsvertrages. Im Ergebnis sei der Personalüberleitungsvertrag daher nicht
rechtsgültig.
3. Gemäß § 53 Abs. 3 VerfGHG i.V.m. § 44 VerfGHG ist dem Abgeordnetenhaus von
Berlin und dem Senat von Berlin Gelegenheit gegeben worden, sich zu der
Verfassungsbeschwerde zu äußern.
Der Senat von Berlin hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig. Der
Beschwerdeführer sei durch das Krankenhausunternehmens-Gesetz nicht unmittelbar in
seinen Rechten berührt. Sein Beschäftigungsverhältnis ändere sich nämlich nicht
aufgrund des Krankenhausunternehmens-Gesetzes. Vielmehr gehe das
Arbeitsverhältnis u.a. nach Maßgabe des § 613 a BGB und des
Personalüberleitungsvertrages auf die V. GmbH über. Der Beschwerdeführer sei
gehalten, den Rechtsweg auszuschöpfen. Er müsse zunächst die sich aus der
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gehalten, den Rechtsweg auszuschöpfen. Er müsse zunächst die sich aus der
Umsetzung des Krankenhausunternehmens-Gesetzes ergebenden und ihn unmittelbar
treffenden Rechtsakte vor den Fachgerichten angreifen. Die Sache sei weder von
allgemeiner Bedeutung noch drohe dem Beschwerdeführer ein schwerer und
unabwendbarer Nachteil. Außerdem werde der Beschwerdeführer durch das
Krankenhausunternehmens-Gesetz nicht in seinen in der Verfassung von Berlin
garantierten Rechten verletzt. Der Beschwerdeführer könne zudem im Rahmen seiner
Verfassungsbeschwerde nur Verletzungen seiner Grundrechte geltend machen. Die
Verfassungsbeschwerde sei hingegen kein Instrumentarium, um Verstöße gegen
sonstige, nicht drittschützende Regelungen zu rügen. Das Krankenhausunternehmens-
Gesetz verstoße schließlich unter keinem rechtlichen Gesichtspunkt gegen materielles
Recht.
Das Abgeordnetenhaus von Berlin verweist ebenfalls darauf, dass die
Verfassungsbeschwerde unzulässig sei, weil der Beschwerdeführer durch das
Krankenhausunternehmens-Gesetz nicht unmittelbar betroffen sei. Der
Beschwerdeführer übersehe, dass die V. GmbH nicht durch das
Krankenhausunternehmens-Gesetz selbst gegründet werde, sondern dass durch das
Gesetz nur die Grundlage hierfür geschaffen werde. In einem zweiten Schritt habe es der
Einbringung der städtischen Krankenhausbetriebe in die V. GmbH bedurft. Ferner seien
ein Gesellschaftsvertrag sowie ein Personalüberleitungsvertrag zu vereinbaren gewesen.
Auch insoweit seien also zusätzlich zu der gesetzlichen Regelung im
Krankenhausunternehmens-Gesetz besondere Rechtsakte erforderlich. Entsprechend
sei den bei den betroffenen städtischen Krankenhausbetrieben Beschäftigten unter
Hinweis auf § 613 a BGB die Möglichkeit eingeräumt worden, gegen den Übergang des
jeweiligen Arbeitsverhältnisses auf die neue GmbH Widerspruch einzulegen. Ein solches
Widerspruchsrecht bestehe nur, wenn der Betriebsübergang auf einem Rechtsgeschäft
beruhe. Im Übrigen sei es dem Beschwerdeführer nach dem Grundsatz der Subsidiarität
der Verfassungsbeschwerde durchaus möglich und auch zuzumuten, zunächst den
Rechtsweg auszuschöpfen, indem er gegen die ihn unmittelbar betreffenden
Maßnahmen, etwa gegen die Überleitung seines Arbeitsverhältnisses auf die V. GmbH,
vorgehe. Schließlich sei die Verfassungsbeschwerde unbegründet.
II.
Die gegen das Krankenhausunternehmens-Gesetz innerhalb der für
Verfassungsbeschwerden gegen Gesetze geltenden Jahresfrist des § 51 Abs. 2 VerfGHG
eingelegte Verfassungsbeschwerde ist unzulässig.
1. Gemäß § 49 Abs. 1 VerfGHG kann jedermann Verfassungsbeschwerde mit der
Behauptung erheben, durch die öffentliche Gewalt des Landes Berlin in einem seiner in
der Verfassung von Berlin enthaltenen subjektiven Rechte verletzt zu sein. § 50 VerfGHG
verlangt für die Zulässigkeit der Verfassungsbeschwerde, dass der Beschwerdeführer in
der Begründung seiner Beschwerde hinreichend deutlich einen Sachverhalt vorträgt, aus
dem sich die konkrete Möglichkeit der Verletzung eines ihm von der Verfassung von
Berlin verbürgten Rechts ergibt. Soweit der Beschwerdeführer geltend macht, § 1 und § 2
Abs. 1. Satz 1 und Satz 2 Nr. 11 Krankenhausunternehmens-Gesetz verletzten Art. 18,
22, 24 und 36 VvB, ist seine Verfassungsbeschwerde schon deswegen unzulässig, weil
die genannten Verfassungsnormen jedenfalls in diesem Zusammenhang keine mit der
Verfassungsbeschwerde rügefähigen subjektiven Rechte gewähren (Beschlüsse vom 22.
Mai 1996 – VerfGH 34/96 – LVerfGE 4, 62 <64> [zu Art. 22 VvB]; vom 20. August 1997 –
VerfGH 101/97 – LVerfGE 7, 3 <8> [zu Art. 18, 36 VvB] sowie vom 26. Oktober 2000 -
VerfGH 116/00 – [zu Art. 24 VVB]). Soweit der Beschwerdeführer eine Verletzung von
Art. 6, 8 und 15 VvB behauptet, genügt sein Beschwerdevorbringen nicht den – an die
Frist des § 51 Abs. 2 VerfGHG gebundenen – Substantiierungsanforderungen in § 49
Abs. 1, § 50 VerfGHG, denn der Beschwerdeführer hat nicht ausreichend dargelegt, aus
welchen Gründen er sich durch das Krankenhausunternehmens-Gesetz gerade in diesen
Grundrechten verletzt fühlt. Auch hinsichtlich Art. 10 VvB dürfte es an einer
hinreichenden Substantiierung fehlen, denn der Beschwerdeführer beanstandet insofern
lediglich pauschal, dass Angestellte des öffentlichen Dienstes und Beamte bzw. die
bislang städtischen Krankenhäuser im Vergleich zu anderen öffentlich-rechtlichen
Einrichtungen des Landes Berlins unterschiedlich behandelt würden. Es reicht aber für
die Erfüllung der Substantiierungspflicht in Bezug auf die Verletzung des
Gleichheitssatzes nicht aus, dass Vergleichspaare genannt und daraus die
beanstandete Ungleichheit abgeleitet wird (BVerfGE 49, 1 <8>).
2. Die im Übrigen in Bezug auf die ausreichende Substantiierung der
Verfassungsbeschwerde und die unmittelbare Betroffenheit des Beschwerdeführers
durch das Krankenhausunternehmens-Gesetz bestehenden Fragen können deswegen
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durch das Krankenhausunternehmens-Gesetz bestehenden Fragen können deswegen
auf sich beruhen, weil die Verfassungsbeschwerde jedenfalls im Hinblick auf den
Subsidiaritätsgrundsatz unzulässig ist.
Nach den allgemeinen Grundsätzen der Subsidiarität hat der Beschwerdeführer alle
nach Lage der Sache zur Verfügung stehenden und ihm zumutbaren prozessualen
Möglichkeiten zu ergreifen, um vor Erhebung der Verfassungsbeschwerde eine Korrektur
der geltend gemachten Grundrechtsverletzung zu erwirken bzw. eine
Grundrechtsverletzung zu verhindern (Beschluss vom 31. Juli 1998 – VerfGH 80/97 –
LVerfGE 9, 33 <35>; vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 63, 77 <78>; 85, 80 <86>).
Ausprägung dieses Subsidiaritätsgrundsatzes ist das Gebot der Rechtswegerschöpfung
gemäß § 49 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG. Danach kann, wenn gegen die behauptete
Rechtsverletzung der Rechtsweg eröffnet ist, die Verfassungsbeschwerde
zulässigerweise erst dann erhoben werden, wenn dieser erschöpft ist. Die Unzulässigkeit
einer gegen eine Rechtsnorm gerichteten Verfassungsbeschwerde kann sich nach
diesen Grundsätzen daraus ergeben, dass der Beschwerdeführer, obwohl gegen die
Norm selbst kein fachgerichtlicher Rechtsweg eröffnet ist, in zumutbarer Weise einen
wirkungsvollen Rechtsschutz zunächst durch Anrufung der Fachgerichte erlangen kann
(Urteil vom 31. Oktober 1996 – VerfGH 54/96 – LVerfGE 5, 49 <53>; vgl. zum
Bundesrecht: BVerfGE 71, 305 <336>; 74, 69 <74>).
Die Auslegung einfacher
Gesetze wie des
Krankenhausunternehmens-
Gesetzes ist Aufgabe der
Fachgerichte. Es ist
grundsätzlich nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs,
einfachrechtliche Bestimmungen auszulegen und die zur
Anwendung der Vorschriften erforderliche Ermittlung und
Würdigung des Sachverhalts vorzunehmen. Der
Grundsatz der Subsidiarität stellt unter anderem sicher,
dass dem Verfassungsgerichtshof infolge der
fachgerichtlichen Vorprüfung der Beschwerdepunkte nicht
nur die abstrakte Rechtsfrage und der Sachvortrag des
Beschwerdeführers unterbreitet werden, sondern auch die
Beurteilung der Sach- und Rechtslage durch ein für die
jeweilige Materie zuständiges Gericht. Zur Herbeiführung
einer Vorklärung der tatsächlichen und einfachrechtlichen
Lage ist ein Beschwerdeführer daher gehalten, zunächst
Rechtsschutz vor den Fachgerichten zu suchen. Der
Vorklärung durch die Fachgerichte kommt insbesondere
dort Bedeutung zu, wo die Beurteilung der mit der
Verfassungsbeschwerde erhobenen Rügen die Prüfung
tatsächlicher oder einfachrechtlicher Fragen voraussetzt,
für die das Verfahren vor den Fachgerichten besser
geeignet ist (vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 55, 244
<247>; 86, 382 <386 ff.>).
So liegt der Fall hier. Der Beschwerdeführer hat bzw. hatte die Möglichkeit, vor der
Einlegung einer Verfassungsbeschwerde arbeitsgerichtlichen Rechtsschutz zu erlangen,
der den verfassungsrechtlichen Anforderungen des Art. 15 Abs. 4 Satz 1 VvB an einen
tatsächlich und rechtlich wirksamen Rechtsschutz genügt (vgl. zum Bundesrecht:
BVerfGE 71, 305 <336 f.>).
Die Auswirkungen des Krankenhausunternehmens-Gesetzes auf sein Arbeitsverhältnis
kann der Beschwerdeführer im Wege der Feststellungsklage nach § 256 Abs. 1 ZPO
klären lassen mit dem Antrag festzustellen, dass sein Arbeitsverhältnis zum Land Berlin
fortbesteht und nicht zum 1. Januar 2001 auf die V. GmbH übergegangen ist (zur
Zulässigkeit eines Feststellungsantrags vgl. BAG AP Nr. 172, 215 zu § 613 a BGB; BAG
AP Nr. 1 zu UniversitätsG Saarland; BAG BB 1996, 2413; vgl. auch LArbG Berlin,
Beschluss vom 7. März 2000 – 3 Sa 2740/99 -, Juris-Ausdruck S. 3, 4 [zum Berliner
Bäder-Anstaltsgesetz]). Das fachgerichtliche Verfahren ermöglicht eine Klärung der
tatsächlichen und einfachrechtlichen Fragen, mithin auch die. Klärung, inwieweit sich das
Gesetz überhaupt auf die Rechtsposition des Beschwerdeführers auswirken kann.
a) Dazu müsste arbeitsgerichtlich neben der erforderlichen Ermittlung noch offener
Sachverhaltsfragen geklärt werden, ob die in § 1 Krankenhausunternehmens-Gesetz
angeordnete Zusammenfassung der städtischen Krankenhäuser, die eine Privatisierung
der bisher rechtlich unselbständigen städtischen Krankenhäuser (vgl. § 31
Landeskrankenhausgesetz a.F.) darstellt, ein sog. Betriebsübergang ist und ob dieser
den Übergang der Arbeitsverhältnisse zur Folge hat. In diesem Zusammenhang ist
maßgeblich, ob ein. Betriebsübergang durch Gesetz (sog. Gesamtrechtsnachfolge) auf
Grund des Krankenhausunternehmens-Gesetzes als einem sog. Organisationsgesetz
(vgl. Trümmer, PersR 1993, 473 <476>) vorliegt oder aber ein Betriebsübergang durch
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(vgl. Trümmer, PersR 1993, 473 <476>) vorliegt oder aber ein Betriebsübergang durch
Rechtsgeschäft mit der Folge des § 613 a Abs. 1 Satz 1 BGB, wonach der neue Inhaber
des Betriebs in die Rechte und Pflichten aus den im Zeitpunkt des Übergangs
bestehenden Arbeitsverhältnissen eintritt. Der Begriff des Rechtsgeschäfts wird weit
verstanden und erfasst alle Fälle einer Fortführung der wirtschaftlichen Einheit im
Rahmen vertraglicher oder sonst rechtsgeschäftlicher Beziehungen, wobei bisheriger
Inhaber des Betriebs auch ein öffentlicher Rechtsträger sein kann, der zugleich
Alleingesellschafter des Übernehmers ist (BAGE 92, 251 <256>; BAG AP Nr. 131, 209 zu
§ 613 a BGB). Dabei hat das Bundesarbeitsgericht entschieden, der Annahme eines
Betriebsübergangs nach § 613 a BGB stehe nicht entgegen, dass der Übergang des
Betriebes kraft Gesetzes erfolgt, wenn der neue Inhaber in den Besitz der Betriebsmittel
durch ein Rechtsgeschäft gelangt (BAGE 85, 312 <320 f.>, BAG AP Nr. 215 zu § 613 a
BGB). Im Einzelnen stellen sich hier somit spezifisch arbeitsrechtliche
Abgrenzungsfragen, die zudem eine weitere Sachverhaltsermittlung im Hinblick auf die
Einzelheiten der Gründung der V. GmbH und der Einbringung der Krankenhäuser in diese
erfordern.
Die Einordnung als gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher Betriebsübergang ist zum
einen entscheidend für die Frage, ob und in welcher Weise die Arbeitsverhältnisse der bei
dem alten Betrieb Beschäftigten auf den neuen Betrieb übergehen. Denn im Fall eines
rechtsgeschäftlichen Betriebsübergangs könnten möglicherweise die privatrechtlichen
Akte der Gründung der V. GmbH und die Einbringung der städtischen Krankenhäuser als
Sacheinlage ungeachtet einer etwaigen Verfassungswidrigkeit des
Krankenhausunternehmens-Gesetzes wirksam sein und daher in jedem Fall den
Übergang der Arbeitsverhältnisse gemäß § 613 a BGB auf die V. GmbH zur Folge haben.
Zum anderen, hängt von der Einordnung als gesetzlicher oder rechtsgeschäftlicher
Betriebsübergang ab, ob den Arbeitnehmern des übergehenden Betriebes ein sog.
Widerspruchsrecht gegen den Übergang ihrer Arbeitsverhältnisse zusteht. Ein derartiges
Widerspruchsrecht hat das Bundesarbeitsgericht für die Fälle des rechtsgeschäftlichen
Betriebsübergangs durch Auslegung der Vorschrift des § 613 a BGB entnommen, weil
dem Arbeitnehmer gegen seinen Willen kein anderer Arbeitgeber aufgezwungen werden
kann (BAG AP Nr. 1 zu § 613 a BGB). Demgegenüber sind nach der Rechtsprechung des
Bundesarbeitsgerichts im Wege der Gesamtrechtsnachfolge kraft Gesetzes oder eines
sonstigen Hoheitsaktes vollzogene Betriebsübergänge vom sachlichen Geltungsbereich
des § 613 a BGB ausgenommen (BAG AP Nr. 13, 131 zu § 613 a BGB; BAGE 92, 251;
BAG AP Nr. 219 zu § 613 a BGB = Urteil vom 8. Mai 2001 – 9 AZR 95/00 – S. 8 f. des
Urteilsabdrucks). Das Bundesarbeitsgericht hat bisher nicht abschließend entschieden,
ob es verfassungsrechtlich zulässig ist, den Übergang von Arbeitsverhältnissen auch
gegen den Willen der Arbeitnehmer durch Gesetz anzuordnen, eine Auslegung
entsprechend § 613 a BGB aber als naheliegend bezeichnet (BAG AP Nr. 215 zu § 613 a
BGB; AP Nr. 1 zu Universitätsgesetz Saarland), wenn es auch ein Widerspruchsrecht
nicht für erforderlich gehalten hat, sofern anstelle der Gebietskörperschaft eine Anstalt
des öffentlichen Rechts die Arbeitgeberfunktion wahrnimmt (BAG AP Nr. 219 zu § 613 a
BGB).
Ob dem Beschwerdeführer ein Widerspruchsrecht gegen die Übernahme seines
Arbeitsverhältnisses zugestanden hat, kann bedeutsam für die verfassungsrechtliche
Beurteilung des vorliegenden Falles im Hinblick auf das Grundrecht der Berufsfreiheit
(Art. 17 VvB) sein. Das Grundrecht der Berufsfreiheit garantiert neben der freien Wahl
des Berufs auch die freie Wahl des Arbeitsplatzes. Dabei bezieht sich die freie
Arbeitsplatzwahl neben der Entscheidung für eine konkrete Beschäftigung auch auf den
Willen des Einzelnen, diese beizubehalten oder aufzugeben. Das Grundrecht entfaltet
seinen Schutz demnach auch dann, wenn der Staat den Einzelnen zur Annahme eines
bestimmten Arbeitsplatzes zwingt oder die Aufgabe eines Arbeitsplatzes verlangt (vgl.
zum Bundesrecht: BVerfGE 84, 133 <146>; 85, 360 <372 f.>; 97, 169 <175>; BAG AP
Nr. 1, 102, 103 zu § 613 a BGB). Es gibt demgegenüber keine Bestandsgarantie für den
einmal gewählten Arbeitsplatz als solchen (Beschluss vom 20. August 1997– VerfGH
101/96 – LVerfGE 7, 3 <10>; vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 84, 133 <146>). Das gilt
auch für Arbeitsplätze im öffentlichen Dienst. Das Grundrecht lässt die
Organisationsgewalt des öffentlichen Arbeitgebers unberührt. Ein Beschwerdeführer
kann deswegen nicht die Entscheidung über die Abwicklung von Einrichtungen, bei denen
er gearbeitet hat, angreifen (vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 84, 133 <147>).
Entsprechend dient die Widerspruchsmöglichkeit nach der bundesarbeitsgerichtlichen
Rechtsprechung dazu, den ungewollten Arbeitgeberwechsel zu vermeiden (BAG AP Nr. 1,
55 zu § 613 a BGB), wenn auch das Bundesarbeitsgericht offen gelassen hat, ob das
Widerspruchsrecht des Arbeitnehmers im Hinblick auf die freie Wahl des Arbeitsplatzes
und die Vertragsfreiheit verfassungsrechtlich geboten ist (BAG AP Nr. 215 zu § 613 a
BGB).
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Die Prüfung, ob der Beschwerdeführer von der ihm jedenfalls tatsächlich eingeräumten
Möglichkeit, dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die V. GmbH zu
widersprechen, form- und fristgerecht Gebrauch gemacht hat, fällt zudem in den Bereich
fachgerichtlicher Sachverhaltsermittlung. Denn wäre der Beschwerdeführer Angestellter
des Landes Berlin geblieben, käme es im Hinblick auf das Erfordernis eines
Rechtsschutzbedürfnisses auf die Frage, ob tatsächlich auf Grund des
Krankenhausunternehmens-Gesetzes ein den Übergang der Arbeitsverhältnisse
auslösender Betriebsübergang der städtischen Krankenhäuser auf die V. GmbH vorliegt,
erst an, falls das Land Berlin gegenüber dem Beschwerdeführer im Hinblick auf dessen
Widerspruch eine (außerordentliche) Kündigung ausgesprochen hätte. In diesem Fall
hätte der Beschwerdeführer zudem die Möglichkeit der Kündigungsschutzklage vor den
Arbeitsgerichten, im Rahmen derer er sich u.a. – nämlich außer einer fehlerhaften
Sozialauswahl – darauf berufen könnte, dass kein Kündigungsgrund vorliege, weil kein
wirksamer Betriebsübergang stattgefunden habe.
Sollte der Beschwerdeführer dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses nicht
widersprochen haben, wäre zunächst fachgerichtlich zu beurteilen, ob der
Beschwerdeführer der gerügten Verletzung des Grundrechts der Berufsfreiheit durch den
Übergang seines Arbeitsverhältnisses auf die V. GmbH nicht durch eine Ausübung des
Widerspruchsrechts hätte entgegenwirken müssen. Vor diesem Hintergrund hätten die
Fachgerichte zu prüfen, ob der Widerspruch im Hinblick auf eine eventuell dann
drohende (außerordentliche) Kündigung nicht zumutbar gewesen wäre, obwohl Art. 17
VvB keinen unmittelbaren Schutz gegen den Verlust eines Arbeitsplatzes aufgrund
privater Dispositionen und damit auch keinen unmittelbaren Schutz vor Kündigungen
(Beschluß vom 26. September 1996 – VerfGH 76/95 – LVerfGE 5, 30 <35>) gewährt und
dem Staat lediglich eine Schutzpflicht obliegt, der die geltenden Kündigungsvorschriften
hinreichend Rechnung tragen (BVerfGE 84, 133 <147>; 97, 169 <175>).
b) Hinsichtlich der Rüge des Beschwerdeführers, sein Eigentumsgrundrecht aus Art. 23
VvB sei verletzt, weil weder das Krankenhausunternehmens-Gesetz selbst noch § 9 Abs.
2 Personalüberleitungsvertrag sicherstellten, dass seine bei der VBL erworbenen Rechte
ungeschmälert blieben, steht nach dem Vorbringen des Beschwerdeführer noch gar
nicht fest, ob überhaupt eine Beschwer eintreten wird (vgl. BVerfGE 61, 260 <274>).
Hierzu wäre deswegen zunächst in tatsächlicher Hinsicht unter dem Blickwinkel des
Rechtsschutzbedürfnisses fachgerichtlich zu ermitteln, ob die V. GmbH zwischenzeitlich
an der VBL beteiligt ist oder anderweitig eine gleichwertige Versorgung gewährleistet hat
(vgl. zur fachgerichtlichen Herleitung eines entsprechenden Verschaffungsanspruchs
BAGE 99, 92 <97 f.>).
Die vom Beschwerdeführer geltend gemachten Eingriffe in Art. 23 VvB hinsichtlich der
fehlenden Gewährleistung seiner VBL-Zusatzversorgung bzw. der von ihm gerügten
fehlenden Gleichstellung des Arbeitsverhältnisses bei der V. GmbH mit dem öffentlichen
Dienst (vgl. § 29 Abs. 7 BAT) beruhen ohnehin nicht unmittelbar auf dem
Krankenhausunternehmens-Gesetz, das vielmehr anordnet, dass die erworbenen Rechte
der Arbeitnehmer in vollem Umfang zu garantieren sind (§ 2 Abs. 1 Satz 2 Nr. 11). Das
Ausmaß der konkreten Auswirkungen auf den Beschwerdeführer lässt sich damit nicht
allein anhand des Personalüberleitungsvertrags beurteilen. Dieser stellt aber keinen Akt
der öffentlichen Gewalt dar, der unmittelbar Gegenstand einer Verfassungsbeschwerde
sein könnte. Vielmehr ist der Beschwerdeführer hinsichtlich von ihm beanstandeter
Regelungen des Personalüberleitungsvertrages gehalten, fachgerichtlichen Rechtsschutz
in Anspruch zu nehmen. Es obliegt den Arbeitsgerichten als Fachgerichten, in diesem
Zusammenhang zum einen Rechtsnatur, Wirksamkeit und Umfang dieses Vertrages zu
prüfen und zum anderen aufzuklären, wie sich die Regelungen auf das – privatrechtliche
– Arbeitsverhältnis des Beschwerdeführers auswirken. Davon abgesehen ist ohnehin
zweifelhaft, ob die bisherige Position des Beschwerdeführers als Angestellter im
öffentlichen Dienst des Landes Berlin dem Schutz des Art. 23 VvB unterliegt. Denn
letztendlich handelt es sich um ein privatrechtliches Arbeitsverhältnis, dessen Bestand
jedenfalls nicht von Art. 17 VvB garantiert wird. Überhaupt ist zu bedenken, dass das
Recht der Angestellten und Arbeiter im öffentlichen Dienst verfassungsrechtlich – anders
als das Beamtenrecht– nicht institutionalisiert ist (Kunig in: Schmidt-Aßmann,
Besonderes Verwaltungsrecht, 12. Aufl. 2003, S. 773).
c) Angesichts der dargelegten tatsächlichen und rechtlichen – spezifisch
arbeitsrechtlichen – Zweifelsfragen müsste der Verfassungsgerichtshof seine
Entscheidung zur Verfassungsmäßigkeit des Krankenhausunternehmens-Gesetzes auf
ungesicherten Grundlagen zur Auslegung und Anwendung der maßgeblichen
Vorschriften sowie zu verschiedenen Fallkonstellationen treffen. Dies zu verhindern ist
gerade der Sinn des Subsidiaritätsgrundsatzes des § 49 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG (vgl.
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gerade der Sinn des Subsidiaritätsgrundsatzes des § 49 Abs. 2 Satz 1 VerfGHG (vgl.
zum Bundesrecht: BVerfGE 86, 15 <27>). Seine Anwendung führt dazu, dass die
besonderen Kenntnisse der Arbeitsgerichte und insbesondere ihre umfassende
Erfahrung mit der rechtlichen Beurteilung von Betriebsübergängen dem
Verfassungsgerichtshof bei einer etwaigen späteren verfassungsrechtlichen Prüfung der
hier umstrittenen Regelungen von Nutzen sein können (vgl. auch BVerfGE 72, 39 <45>).
Einer Verweisung des Beschwerdeführers auf den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten
steht nicht entgegen, dass sich die Arbeitsgerichte auch mit verfassungsrechtlichen
Fragen befassen müssten. Es gehört zu den Aufgaben eines jeden Gerichts, im Rahmen
seiner Zuständigkeit auch bei Verfassungsverletzungen Rechtsschutz zu gewähren. Der
Grundsatz der Subsidiarität erfordert, dass zunächst die für das jeweilige Rechtsgebiet
zuständigen Fachgerichte eine Klärung darüber herbeiführen, ob und in welchem
Ausmaß ein Beschwerdeführer durch die beanstandete Regelung in seinen Rechten
betroffen ist und ob die Regelung mit der Verfassung vereinbar ist. Kommen die
Fachgerichte hierbei zur Auffassung, die angegriffene Regelung sei verfassungswidrig, so
ist hierzu nach Art. 100 Abs. 1 GG zwar die Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs
einzuholen. Dann ist aber auch gewährleistet, dass sich die verfassungsgerichtliche
Beurteilung auf umfassend geklärte Tatsachen und auf die Beurteilung der Fachgerichte
stützen kann (BVerfGE 71, 25 <35>; 74, 69 <74 f.>)
Die Voraussetzungen für eine Entscheidung vor Erschöpfung des Rechtsweges nach der
– im Rahmen des Subsidiaritätsgrundsatzes sinngemäß anwendbaren – Vorschrift des §
49 Abs. 2 Satz 2 VerfGHG (Urteil vom 31. Oktober 1996 – VerfGH 54/96 – LVerfGE 5, 49
<54>; vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 86, 382 <388>) sind demgegenüber nicht erfüllt.
Danach kann der Verfassungsgerichtshof über eine vor Erschöpfung des Rechtsweges
eingelegte Verfassungsbeschwerde sofort entscheiden, wenn sie von allgemeiner
Bedeutung ist oder wenn dem Beschwerdeführer ein schwerer und unabwendbarer
Nachteil entstünde, falls er zunächst auf den Rechtsweg verwiesen würde. Im Rahmen
der hierbei vorzunehmenden Abwägung (vgl. BVerfGE 71, 305 <336 f.>) sind die Vorteile
des Beschwerdeführers aus einem sogleich eröffneten verfassungsgerichtlichen
Rechtsschutz den dabei für die Allgemeinheit oder für Dritte entstehenden Nachteilen
gegenüberzustellen. Einzubeziehen sind auch die Umstände, die für eine Subsidiarität
der Rechtssatz-Verfassungsbeschwerde gegenüber anderweitigem, vor den
Fachgerichten zu erlangenden Rechtsschutz sprechen. Eine etwaige allgemeine
Bedeutung der Verfassungsbeschwerde gebietet dabei für sich allein keine
Vorabentscheidung durch den Verfassungsgerichtshof. Auch sie wäre vielmehr nur ein
Moment bei der Abwägung für und wider eine sofortige Sachentscheidung des
Verfassungsgerichtshofs (Urteil vom 31. Oktober 1996 – VerfGH 54/96 – LVerfGE 5, 49
<54 f.>; vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 71, 305 <349>; 86, 382 <388>).
Die Abwägung führt zu dem Ergebnis, dass im vorliegenden Fall eine Sachentscheidung
des Verfassungsgerichtshofs vor Erschöpfung des Rechtswegs nicht ergehen kann. Eine
Vorabentscheidung kommt nämlich in der Regel dann nicht in Betracht, wenn – wie hier –
entscheidungserhebliche Tatsachen sowie die einfachrechtliche Lage nicht hinreichend
geklärt sind (vgl. BVerfGE 8, 222 <227>; 13, 284 <289>). Wie dargelegt, müsste sich
der Verfassungsgerichtshof mit verschiedenen – stark verästelten – arbeitsrechtlichen
Fragen zum Betriebsübergang auseinandersetzen, die wiederum mit offenen
Tatsachenfragen verknüpft sind. Dies gilt umso mehr als sich der Beschwerdeführer in
einem nicht unwesentlichen Umfang gegen Regelungen des
Personalüberleitungsvertrages wendet, die einer umfassenden Klärung durch geeignete
fachgerichtliche Ermittlungen und Bewertungen des Sachverhalts bedürfen und in deren
Zusammenhang Fragen des einfachen Rechts zu beantworten sind. Im
arbeitsgerichtlichen Verfahren können die verfassungsrechtlichen Fragen deutlichere
Konturen gewinnen und sich Anhaltspunkte für das Ausmaß und die Wirkungen eines
etwaigen Eingriffs in Grundrechte des Beschwerdeführers ergeben, die Voraussetzung
einer abschließenden verfassungsrechtlichen Prüfung durch den Verfassungsgerichtshof
sind (vgl. auch BVerfGE 74, 69 <77>). Das Interesse an der fachgerichtlichen Vorklärung
wiegt damit hier so schwer, dass das Interesse des Beschwerdeführers an einer
Entscheidung des Verfassungsgerichtshofs vor Erschöpfung des Rechtswegs
zurücktreten muss. Hinzu kommt, dass es dem Beschwerdeführer zuzumuten ist oder
war, zunächst den Rechtsweg zu den Arbeitsgerichten zu beschreiten. Die Umsetzung
des Krankenhausunternehmens-Gesetzes ist bereits erfolgt, da auf seiner Grundlage die
V. GmbH gegründet und in ihr zwischenzeitlich die städtischen Krankenhäuser
zusammengefasst wurden. Ein weiterer unmittelbarer Vollzug des Gesetzes, der den
Beschwerdeführer berühren könnte, ist nicht ersichtlich. Auch ist der Beschwerdeführer
nicht mehr zu Entscheidungen bzw. Dispositionen gezwungen. Die Auswirkungen auf sein
Arbeitsverhältnis sind für den Fall, dass der Beschwerdeführer dem Übergang seines
Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen haben sollte, bereits eingetreten. Sollte sich
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Arbeitsverhältnisses nicht widersprochen haben sollte, bereits eingetreten. Sollte sich
nach Beschreitung des Rechtsweges zu den Fachgerichten herausstellen, dass das
Arbeitsverhältnis nicht auf die V. GmbH übergegangen ist, hätte der Beschwerdeführer
ohnehin zu keinem Zeitpunkt seine Position als Angestellter des Landes Berlin verloren.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluss ist unanfechtbar.
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