Urteil des VerfGH Berlin vom 15.03.2017

VerfGH Berlin: verfassungsbeschwerde, öffentliche gewalt, entstehungsgeschichte, grundstück, wahlrecht, eigentum, parkhaus, wohngebäude, absicht, link

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
6/93
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
GG, Art 72 Abs 2 Nr 4 Verf BE,
§§ 90ff BVerfGG, § 90 BVerfGG,
§§ 49ff VGHG BE
VerfGH Berlin: Unzulässige Verfassungsbeschwerde vor dem
VerfGH Berlin wegen Einlegung einer Verfassungsbeschwerde in
derselben Sache zum BVerfG
Gründe
Der Beschwerdeführer ist Eigentümer des unter anderem mit einem mehrgeschossigen
Wohngebäude, einem Parkhaus und einer Autoreparaturwerkstatt bebauten
Grundstücks S...straße 68/76/... Straße 1 in Berlin-K... Parkhaus und
Autoreparaturwerkstatt sind derzeit von der ... Straße über das im Eigentum des Landes
Berlin stehende Grundstück ... Straße 1-6 zu erreichen. Das Land Berlin beabsichtigt,
das letztgenannte Grundstück zu veräußern. Der Beschwerdeführer befürchtet, daß eine
Veräußerung des Grundstücks A ... Straße 1-6 an einen Dritten und seine anschließende
Bebauung die Straßenanbindung seines Grundstücks und insbesondere der im
Hinterland liegenden Gewerbebetriebe beseitigen und zu einer Hinterhofsituation für sein
Wohngebäude führen werde. Er habe im Falle einer Verkaufsabsicht des Landes Berlin
einen Anspruch darauf, daß an ihn veräußert werde.
Seinen Antrag, dem Lande Berlin im Wege einstweiliger Verfügung zu untersagen,
Erklärungen oder Rechtshandlungen abzugeben, die einen Anspruch eines Dritten auf
Erwerb des Grundstücks A... Straße 1-6 begründen oder verstärken könnten, hat das
Landgericht Berlin mit Beschluß vom 12. November 1992 - 13 0 .../92 -, bestätigt durch
den Beschluß des Kammergerichts vom 18. Dezember 1993 - 9 W .../92 -
zurückgewiesen.
In nahezu gleichlautenden Schreiben vom 28. Januar 1993 hat der Beschwerdeführer
gegen diese Beschlüsse sowohl zum Bundesverfassungsgericht als auch zum
Verfassungsgerichtshof des Landes Berlin Verfassungsbeschwerde erhoben und die
Verletzung seines Rechtes auf Eigentum, auf ein korrektes Verfahren und des
Gleichheitsgrundsatzes gerügt.
Das Bundesverfassungsgericht hat die Verfassungsbeschwerde durch Beschluß vom 30.
März 1993 - 1 BvR .../93 - nicht zur Entscheidung angenommen.
Die Senatsverwaltung für Finanzen hatte gemäß § 53 VerfGHG Gelegenheit zur
Stellungnahme. Sie hält die Verfassungsbeschwerde für unzulässig.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig, weil der Beschwerdeführer in derselben
Sache eine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben hat.
Nach Art. 72 Abs. 2 Nr. 4 VvB in Verbindung mit §§ 14 Nr. 6, 49 Abs. 1 VerfGHG
entscheidet der Verfassungsgerichtshof über Verfassungsbeschwerden, soweit nicht
Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht erhoben ist oder wird. Der
Beschwerdeführer besitzt mithin ein Wahlrecht, sich wegen der Verletzung eines sowohl
im Grundgesetz als auch in der Verfassung von Berlin inhaltsgleich geschützten Rechtes
durch die öffentliche Gewalt des Landes Berlin nach Maßgabe der §§ 90 ff. BVerfGG an
das Bundesverfassungsgericht oder gemäß §§ 49 ff. VerfGHG an den
Verfassungsgerichtshof zu wenden. Erhebt er Verfassungsbeschwerde zum
Bundesverfassungsgericht, ist sein Wahlrecht verbraucht. Für die Einlegung oder
Weiterverfolgung der Landesverfassungsbeschwerde wird dadurch ein endgültiges und
unabänderliches Zulässigkeitshindernis geschaffen. Diese Auslegung des Art. 72 Abs. 2
Nr. 4 VvB und der zu seiner Konkretisierung geschaffenen §§ 14 Nr. 6, 49 Abs. 1
VerfGHG entspricht der aus dem insoweit klaren Wortlaut der Vorschriften sowie der
Entstehungsgeschichte der Normen zum Ausdruck gekommenen Absicht des Berliner
Gesetzgebers, eine zusätzliche Befassung des Verfassungsgerichtshofs mit beim
Bundesverfassungsgericht anhängiger oder anhängig gewesener
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Bundesverfassungsgericht anhängiger oder anhängig gewesener
Verfassungsbeschwerden insbesondere auch zur Vermeidung divergierender
Entscheidungen nicht zuzulassen (vgl. hierzu Beschluß vom 13. Oktober 1993 - VerfGH
90/93 m.w.N. zur Entstehungsgeschichte des Gesetzes über den
Verfassungsgerichtshof), und ist der Rechtslage nach Einlegung der Sprungrevision zu
vergleichen, die eine Berufung in derselben Sache nicht (mehr) zuläßt (vgl. § 134 Abs. 5
VwGO und § 566 a Abs. 4 ZPO).
Eine Sachentscheidung des Verfassungsgerichtshofes ist danach auch dann
ausgeschlossen, wenn die zum Bundesverfassungsgericht erhobene
Verfassungsbeschwerde unzulässig sein sollte, das Bundesverfassungsgericht die dort
erhobene Verfassungsbeschwerde zunächst im allgemeinen Register und nicht im
Verfahrensregister (vgl. §§ 60, 61 GO BVerfG) erfaßt, die Verfassungsbeschwerde - wie
im vorliegenden Falle - nicht zur Entscheidung annimmt oder zurückweist oder der
Beschwerdeführer seine Verfassungsbeschwerde zum Bundesverfassungsgericht später
zurücknimmt.
Die Entscheidung über die Kosten folgt aus den §§ 33 und 34 VerfGHG.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
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