Urteil des VerfGH Berlin vom 15.03.2017

VerfGH Berlin: mietzins, vermieter, wohnraum, verfassungsbeschwerde, aufwand, rückzahlung, eigentumsgarantie, anteil, eigentumsbeschränkung, belastung

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
47/02, 50/02
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 23 Abs 1 Verf BE, § 2 Abs 1
S 2 MietHöReglG, § 3
MietHöReglG
Anrechnung von öffentlichen Zuschüssen nach La Mod bei
Mieterhöhungen nach § 2 MHG
Leitsatz
Es ist mit Art. 23 Abs. 1 VvB vereinbar, wenn die Fachgerichte davon ausgehen, dass die
Vereinbarung einer zulässigen Höchstmiete mit dem Zuwendungsgeber im Rahmen des
Landesmodernisierungsprogramms den Vermieter nicht von der Notwendigkeit enbindet, im
Rahmen von Mieterhöhungen nach § 2 MHG die Anrechnungsbeträge gemäß § 2 Abs. 1 Satz
2, § 3 Abs. 1 Satz 6 MHG im Einzelnen darzulegen.
Tenor
Die Verfassungsbeschwerden werden unter dem Aktenzeichen VerfGH 47/02 zur
gemeinsamen Entscheidung verbunden.
Die Verfassungsbeschwerden werden zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I.
1.Der Beschwerdeführer ist Eigentümer eines in Berlin-Charlottenburg gelegenen
Hausgrundstücks. Mit seinen Verfassungsbeschwerden wendet er sich gegen Urteile des
Landgerichts Berlin, mit denen in der Berufungsinstanz seine Klagen auf Zustimmung
zur Mietzinserhöhung nach § 2 des Gesetzes zur Regelung der Miethöhe (MHG)
abgewiesen worden sind.
Das vom Beschwerdeführer 1980 erworbene Haus wurde aufgrund eines am 29./30.
November 1984 mit der Wohnungsbau-Kreditanstalt (WBK) – jetzt: Investitionsbank
Berlin (IBB) – geschlossenen Modernisierungsvertrages nach dem
Landesmodernisierungsprogramm umfassend modernisiert und instandgesetzt. Zur
Finanzierung der Baumaßnahmen, die Ende 1985 abgeschlossen waren, erhielt der
Beschwerdeführer öffentliche Fördermittel u.a. in Form eines Baukostenzuschusses für
den Wohnteil in Höhe von 585.747 DM sowie sog. Vorauszahlungsmittel in Höhe von
413.787 DM bezogen auf den Wohnteil. Der Beschwerdeführer verpflichtete sich dafür im
Modernisierungsvertrag, während der Dauer des auf zwanzig Jahre nach mittlerer
Bezugsfertigkeit abgeschlossenen Vertrages keine höheren Mieten zu fordern, sich
versprechen zu lassen oder anzunehmen als im Vertrag vereinbart. In § 7 Abs. 5 und 6
des Vertrages wurde insoweit auf eine Mehrertragsberechnung verwiesen, die sowohl
Angaben über die Einstiegsmiete als auch die Durchschnittsmiete nach Modernisierung
– ohne Berücksichtigung der dem Beschwerdeführer von der WBK gewährten
Aufwendungszuschüsse – enthielt. Für die Zeit der gesetzlichen Mietpreisbindung durfte
der Beschwerdeführer daneben zulässige Grundmietenerhöhungen und
Betriebskostenzuschläge verlangen. Mit Aufhebung des Altbaumietpreisrechts sollte er
zur Vornahme von Kapital- und Betriebskostenerhöhungen gemäß §§ 4 und 5 MHG
berechtigt sein.
Das Verfahren VerfGH 47/02 (alt) betrifft eine vom Beteiligten zu 3. gemietete
Dreizimmerwohnung im dritten Obergeschoß des Hauses mit einer Wohnfläche von
86,16 qm. Der entsprechende Mietvertrag wurde nach Abschluß der Bauarbeiten am 24.
Februar 1986 mit Wirkung zum 1. März 1986 in Fortsetzung eines früheren Mietvertrages
über eine andere Wohnung im Hause geschlossen.
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Das Verfahren VerfGH 50/02 betrifft eine von der Mieterin M. gemietete Wohnung im 4.
OG des Vorderhauses mit einer Wohnfläche von 65,14 qm. Der entsprechende
Mietvertrag wurde am 24. März 1986 in Fortsetzung eines früheren Mietvertrages über
eine andere Wohnung im Hause geschlossen.
Anfang 1996 – zehn Jahre nach mittlerer Bezugsfertigkeit (1. Januar 1986) – entschied
die zuständige Senatsverwaltung, daß die dem Beschwerdeführer im Rahmen des
Landesmodernisierungsprogramms gewährten Vorauszahlungsmittel zurückzuzahlen
seien (§ 4 Abs. 4 Satz 2 des Modernisierungsvertrages). Die mit der IBB am 20. Juni/3.
August 1996 geschlossene Rückzahlungsvereinbarung sah die Rückzahlung eines
einmaligen (Teil-)Betrages mit Bonus vor, der in Form eines Schuldnachlasses in Höhe
von 372.061,98 DM gewährt wurde. In der Vereinbarung mit der IBB wurde dem
Beschwerdeführer gestattet, nach Ablauf des Bindungszeitraums des
Modernisierungsvertrages die Mieterhöhungsmöglichkeiten des § 2 MHG auszuschöpfen.
Im Bindungszeitraum sollte er berechtigt sein, Mieterhöhungen nach § 2 MHG unter
Berücksichtigung des § 7 Abs. 6 des Modernisierungsvertrages zu verlangen.
Mit Schreiben vom 19. Oktober 1998 forderte der Beschwerdeführer nach § 2 MHG vom
Beteiligten zu 3. die Zustimmung zur Erhöhung des Mietzinses von 569,84 DM brutto
kalt um monatlich 162,16 DM auf 732 DM zuzüglich eines unveränderten Vorschusses
für Wärmekosten von 30 DM monatlich und von der Mieterin M. die Zustimmung zur
Erhöhung des Mietzinses von 439,87 DM brutto kalt um monatlich 125,13 DM auf 565
DM zuzüglich eines unveränderten Vorschusses für Wärmekosten in Höhe von 18 DM
monatlich. Zur Begründung bezog sich der Beschwerdeführer in dem formularmäßigen
Mieterhöhungsverlangen auf die für entsprechenden Wohnraum nach dem Berliner
Mietspiegel 1998 ortsübliche Vergleichsmiete. In einer dem Anschreiben als Anlage
beigefügten Erklärung zur Mietberechnung legte der Beschwerdeführer die zum 1.
Oktober 1998 anfallenden Betriebskostenerhöhungen sowie die ihm nach Ablösung der
Vorauszahlungsmittel durch Kreditaufnahme entstehenden Kapitalkosten dar, die
anteilig auf die Miete umgelegt werden könnten. Dabei unterschied er nicht zwischen
den auf den Wohnteil und den auf den Gewerbeteil entfallenden Kapitalkosten.
Da der Beteiligte zu 3.und die Mieterin M. der Mieterhöhung nicht zustimmten, erhob der
Beschwerdeführer am 24. Februar 1999 Klagen beim Amtsgericht Charlottenburg auf
Zustimmung zur Mietzinserhöhung. Der Beteiligte zu 3. und die Mieterin M. traten dem
Klageanspruch erstinstanzlich insbesondere mit dem Hinweis auf die Regelung in § 2
Abs. 1 Satz 2 MHG entgegen. Da der Beschwerdeführer für die durchgeführten
Modernisierungs- und Instandsetzungsarbeiten öffentliche Fördermittel erhalten habe,
sei eine Mieterhöhung nach § 2 MHG nur bei Berücksichtigung entsprechender
Kürzungsbeträge zulässig, die der Beschwerdeführer nicht angesetzt habe. Mit Urteilen
vom 5. Mai 1999 – 7 C 116/99 – und vom 14. Dezember 1999 – 8 C 116/99 – gab das
Amtsgericht Charlottenburg den Klagen in vollem Umfang statt, da die Vorschrift des §
2 Abs. 1 Satz 2 MHG mit Blick auf die erst nach Abschluß der Modernisierungsarbeiten
abgeschlossenen Mietverträge nicht anwendbar sei. Der vom Beschwerdeführer
verlangte Mietzins entspreche demjenigen vergleichbaren Wohnraums.
Der Beteiligte zu 3. und die Mieterin M. legten gegen diese Urteile Berufung ein und
verwiesen auf die noch laufende Bindungsfrist des Modernisierungsvertrages. Während
der Bindungsfrist sei es dem Beschwerdeführer verwehrt, ein Mieterhöhungsverlangen
nach § 2 MHG allein auf die nach dem Mietspiegel ortsübliche Vergleichsmiete zu
stützen; ein Zusammenhang mit Zins- und Tilgungsleistungen sei der Mieterhöhung
nicht zu entnehmen. Der Beschwerdeführer vertrat demgegenüber die Ansicht, die
Regelung des § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG über den Abzug von Kürzungsbeträgen sei nicht
anwendbar. Ein derartiger Abzug sei schon deshalb nicht möglich, weil eine einheitliche
umfassende Baumaßnahme öffentlich gefördert worden sei, zwischen Zuschüssen zur
Modernisierung und Zuschüssen zur Instandsetzung sei insofern nicht unterschieden
worden. Die Kürzungsbeträge seien bereits in vollem Umfang in der durch den
Modernisierungsvertrag festgelegten Mietbegrenzung berücksichtigt. Der geforderte
Mietzins liege eindeutig unterhalb der nach dem Modernisierungsvertrag zulässigen
Miete.
Mit Urteil vom 20. April 2000 änderte das Landgericht (61 S 323/99) die erstinstanzliche
Entscheidung gegen den Beteiligten zu 3. ab und wies die Klage ab. In den
Entscheidungsgründen wird ausgeführt, daß entgegen der im amtsgerichtlichen Urteil
vertretenen Auffassung das Verlangen auf Zustimmung zur Mietzinserhöhung vom 19.
Oktober 1998 nicht gerechtfertigt sei. Nach § 2 Abs. 1 Satz 2 in Verbindung mit § 3 Abs.
1 Satz 3 bis 7 MHG seien für Modernisierungsmaßnahmen gewährte öffentliche
Fördermittel zu berücksichtigen.
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Aufgrund einer hiergegen vom Beschwerdeführer erhobenen Verfassungsbeschwerde
hob der Verfassungsgerichtshof mit Beschluß vom 23. November 2000 (VerfGH 72/00)
dieses Urteil des Landgerichts auf und verwies die Sache zur erneuten Entscheidung
zurück.
Das Landgericht holte daraufhin im Anschluß an eine erneute mündliche Verhandlung in
der Sache 61 S 323/99 einen Rechtsentscheid des Kammergerichts ein, der am 17.
Januar 2001 erging (8 RE-Miet 4/01). Das Kammergericht entschied die ihm vorgelegten
Rechtsfragen von grundsätzlicher Bedeutung dahingehend, daß § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG
bei einem Erhöhungsverlangen nach § 2 Abs. 2 MHG auch dann zu prüfen ist, wenn die
Wohnung, für die der Vermieter die Zustimmung des Mieters zur Mieterhöhung begehrt,
im sogenannten Lamod-Programm instand gesetzt und modernisiert worden ist und der
mit dem Zustimmungsverlangen begehrte Mietzins nicht über dem Mietzins liegt, der
sich nach den im Fördervertrag zugelassenen Mietzinssteigerungen ergibt.
Zur Begründung führte das Kammergericht aus, daß der Fördervertrag zwischen
Vermieter und öffentlicher Hand auch dann, wenn er einen höchsten Mietzins festlege,
es nicht entbehrlich mache, daß der Vermieter gemäß § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG die sich
aus dem Erhalt einer öffentlichen Modernisierungsförderung ergebenden
Kürzungsbeträge errechne und diese Kürzungsbeträge gemäß § 3 Abs. 1 Satz 2 bis 7
MHG von dem sich aus der Erhöhungserklärung nach dem Mietspiegel errechenbaren
Jahresmietzins abziehe. Es sei auch nicht zu erkennen, weshalb dies dem
Beschwerdeführer nicht möglich sein solle. Es müsse berücksichtigt werden, daß der
Beschwerdeführer öffentliche Mittel sowohl zur Instandsetzung bzw. Modernisierung von
Wohnraum als auch von Geschäftsraum erhalten habe und auch der von ihm bei der
Mietzinsberechnung als Auslöser neuer Kapitalkosten geltend gemachte
Rückzahlungsbetrag in Höhe von 173.443,02 DM anteilig die Förderung für
Geschäftsräume betreffe. Die Aufteilung der von ihm selbst eingesetzten Mittel (soweit
sie Wohnraum betreffen) könne sehr wohl hinsichtlich der Modernisierungskosten
einerseits und der Instandhaltungskosten andererseits in der Weise erfolgen, daß aus
den Rechnungen der einzelnen Gewerke ermittelt werde, welche Arbeiten sich als
Instandsetzung und welche als Modernisierung darstellten. Daß die Ermittlung im
Einzelfall erheblichen Aufwand erfordern könne, stehe dem Erfordernis ihrer Beibringung
nicht entgegen.
In der Folgezeit legte der Beschwerdeführer dem Landgericht Berlin entsprechende
Berechnungen in keinem der beiden Verfahren vor. Das Landgericht Berlin wies
daraufhin mit den vorliegend angegriffenen Urteilen die Klagen des Beschwerdeführers
ab. Es führte aus, daß in beiden Fällen die entsprechenden Wohnungen dem
Anwendungsbereich des § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG nicht bereits deshalb entzogen seien,
weil sie jeweils bei Einzug der Beklagten bereits modernisiert gewesen seien. Die für die
Modernisierung verwendeten öffentlichen Mittel seien nicht an die Person des Mieters,
sondern an die Wohnung gebunden, wodurch die öffentliche Förderung von Beginn an
Gegenstand des Mietvertrages werde.
Die Berücksichtigung der öffentlichen Mittel sei auch nicht deshalb entbehrlich, weil sich
der Beschwerdeführer an die ihm im Modernisierungsvertrag auferlegten Bindungen
halte. Der Zuwendungsgeber sei nicht ermächtigt, die den Mieter schützende
gesetzgeberische Vorgabe des § 2 MHG zur Begrenzung des Mietzinses durch Vertrag
mit dem Zuwendungsempfänger außer Kraft zu setzen. Der Vermieter sei
dementsprechend auch in diesem Fall verpflichtet, nach einem objektiv angemessenen
Maßstab darzulegen, welcher Anteil der Förderung auf die Modernisierung der jeweils
streitgegenständlichen Wohnung entfalle. Die Auffassung des Beschwerdeführers, er sei
hierzu wegen eines zu erheblichen Aufwandes nicht in der Lage oder jedenfalls nicht
verpflichtet, verkenne die Rechtslage nach §§ 2 ff. MHG.
2. Mit seinen gegen die Berufungsurteile des Landgerichts Berlin gerichteten
Verfassungsbeschwerden rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung seines
Grundrechtes aus Art. 23 der Verfassung von Berlin (VvB).
Die angegriffenen Entscheidungen verletzten ihn in seinem Eigentumsgrundrecht, da sie
überspannte Anforderungen an die Wirksamkeit des Mieterhöhungsverlangens stellten
und ihn damit in der Nutzung seines Eigentums beeinträchtigten. Der vom Landgericht
wegen der öffentlichen Förderung für erforderlich gehaltene Abzug von
Kürzungsbeträgen im Rahmen eines Zustimmungsverlangens nach § 2 MHG sei
vorliegend auf etwas Unmögliches gerichtet. Im Landesmodernisierungsprogramm sei
eine Pauschalförderung einer umfassenden Baumaßnahme vorgenommen worden, zu
keiner Zeit sei nach Zuschüssen zur Modernisierung und Zuschüssen zur
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keiner Zeit sei nach Zuschüssen zur Modernisierung und Zuschüssen zur
Instandsetzung unterschieden worden. Im konkreten Fall sei es daher unmöglich
festzustellen, ob überhaupt und in welcher Höhe Zuschüsse zur Modernisierung gewährt
worden seien. Dem Beschwerdeführer sei es infolge der Urteile verwehrt, normale
Mietzinserhöhungen während der Laufzeit des Modernisierungsvertrages vorzunehmen,
obwohl die geforderte Miete unterhalb des nach dem Modernisierungsvertrag
vorgesehenen und zulässigen Mietzinses liege. Da die öffentlichen Zuschüsse,
Zinsverbilligungen und Aufwendungszuschüsse nur insoweit als Vergünstigung in bezug
auf die durchgeführten Modernisierungsmaßnahmen anzusehen seien, als sie zu der
vertraglich mit dem Land Berlin vereinbarten Miete geführt hätten, stelle jeder darüber
hinausgehende Abzug eine gravierende Benachteiligung dar, verletze sein mit der
Durchführung der Modernisierung betätigtes Vertrauen und sei willkürlich.
3. Gemäß § 53 Abs. 1 und 2 VerfGHG ist den Beteiligten zu 1. bis 3. Gelegenheit
gegeben worden, sich zu der Verfassungsbeschwerde VerfGH 47/02 (alt) zu äußern.
Der Beteiligte zu 2. hat mitgeteilt, der Vorsitzende der Zivilkammer 61 habe sich
dahingehend geäußert, daß die erkennende Kammer an den vom Kammergericht
erlassenen Rechtsentscheid gebunden gewesen sei und die danach gebotene
Aufklärung des Sachverhalts nicht möglich gewesen sei, weil der Beschwerdeführer
wiederholt vorgetragen habe, zur Darlegung der insoweit erheblichen Tatsachen – zumal
mit vertretbarem Aufwand – nicht in der Lage zu sein.
Die übrigen Beteiligten haben von einer Äußerung abgesehen.
II.
Die fristgerecht erhobenen Verfassungsbeschwerden sind zulässig aber nicht
begründet.
Die angegriffenen Urteile des Landgerichts Berlin verletzen den Beschwerdeführer nicht
in seinem durch Art. 23 Abs. 1 Satz 1 VvB geschützten Recht auf Eigentum.
Der Verfassungsgerichtshof hat sich bereits in seiner ersten Entscheidung zum
landgerichtlichen Verfahren 61 S 323/99 zu dem von den Fachgerichten vorliegend zu
beachtenden verfassungsrechtlichen Maßstab geäußert und in seinem Beschluß vom
23. November 2000 (VerfGH 72/00) dazu im einzelnen folgendes ausgeführt:
„Zu den verfassungsrechtlich geschützten Rechtspositionen, die das bürgerliche Recht
einem privaten Rechtsträger zuordnet, gehört auch das Eigentum an Mietwohnungen
(vgl. zum inhaltsgleichen Art. 14 Abs. 1 Satz 1 GG: BVerfGE 95, 64 <82>). Dabei ist es
Sache des Gesetzgebers, Inhalt und Schranken des verfassungsrechtlich geschützten
Eigentums und damit die konkrete Reichweite der Eigentumsgarantie zu bestimmen
(Art. 14 Abs. 1 Satz 2 GG sowie Art. 23 Abs. 1 Satz 2 VvB). Der verfassungsrechtliche
Schutz einer Eigentumsposition reicht mithin nicht weiter als die mit ihr in zulässiger
Weise verbundenen, gesetzlich definierten Befugnisse. Gesetzliche Mietpreisbindungen,
wie sie sich im Bereich des Wohnraummietrechts aus den Vorschriften des Gesetzes zur
Regelung der Miethöhe ergeben, schränken insoweit die grundsätzliche Freiheit des
Eigentümers ein, sein Eigentum durch Vermietung wirtschaftlich zu nutzen. Sie
bezwecken mit Blick auf die Sozialbindung des Eigentums und die hohe Bedeutung, die
der Wohnung für den Einzelnen und die Familie zukommt, einen angemessenen
Ausgleich zwischen den Interessen von Vermietern und Mietern (vgl. zur
Verfassungsmäßigkeit des MHG: BVerfGE 53, 352 <357>; zur Vorgängerregelung
BVerfGE 37, 132 <139 ff.>).
Die Gerichte, die mit einem im Klagewege geltend gemachten Anspruch des Vermieters
auf Mietzinserhöhung befaßt sind, haben diese vom Gesetzgeber im grundrechtlichen
Bereich vorgenommene Abwägung zwischen den Belangen des Mieters und denen des
Vermieters bei der Anwendung und Auslegung der einschlägigen Vorschriften zu
beachten (vgl. BVerfGE 53, 352 <357>). Sie müssen die im Gesetz auf
verfassungsmäßiger Grundlage zum Ausdruck gekommene Interessenabwägung
nachvollziehen und der Zweckbestimmung der gesetzlichen Vorschriften Rechnung
tragen. Bei der Entscheidung über die Zulässigkeit und Begründetheit eines auf § 2 MHG
gestützten Mieterhöhungsverlangens haben die Fachgerichte mithin sowohl den im
Gesetz bewußt verankerten Mieterschutz (vgl. BVerfGE 49, 244 < 251 >) als auch den
sich aus der verfassungsrechtlichen Eigentumsgarantie ergebenden Anspruch des
Vermieters auf gerichtliche Durchsetzung der gesetzlich zulässigen Miete zu
berücksichtigen (vgl. BVerfGE 53, 352 <353>; BVerfG, Beschluß vom 14. Mai 1986 – 1
BvR 494/85 – NJW 1987, 313 m.w.N.). Die gesetzgeberische Abwägung der gegenseitigen
Rechte und Pflichten darf dabei weder einseitig zu Lasten des Mieters noch zu Lasten
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Rechte und Pflichten darf dabei weder einseitig zu Lasten des Mieters noch zu Lasten
des Vermieters verändert werden.“
Diesen Anforderungen werden die vorliegend angegriffenen Entscheidungen des
Landgerichts gerecht.
Die Klageabweisungen stützen sich dabei erneut maßgeblich auf die Vorschrift des
§ 2 Abs. 1 Satz 2 MHG. Diese Vorschrift, der seit dem MietRRG vom 19. Juni 2001 (BGBl. I
S. 1149) die Regelung in § 558 Abs. 1 BGB entspricht, ist nach Art. 229 § 3 Nr. 2 EGBGB
auf die vorliegend umstrittenen Mieterhöhungsverlangen weiter anzuwenden.
Das Landgericht geht zurecht von seiner Bindung an den Rechtsentscheid des
Kammergerichts vom 17. Januar 2001 aus. Insoweit ist nunmehr zur Auslegung und
Anwendung des einfachen Rechts klargestellt, daß die bundesrechtliche Vorschrift des §
2 Abs. 1 MHG i. V. m. § 3 Abs. 1 Satz 1 bis 6 MHG (neu: § 559 a BGB) unabhängig davon
anzuwenden ist, ob es im Rahmen einer zu berücksichtigenden
Modernisierungsförderung eigenständige Vereinbarungen zu Mietobergrenzen gibt oder
nicht. Zwar führt dieses Nebeneinander von bundesrechtlichen Regelungen zur
Mieterhöhung und landesseitig vorgegebenen Mietobergrenzen im Einzelfall
möglicherweise dazu, daß bei Neuabschluß eines Mietvertrages über eine zuvor mit
öffentlichen Mitteln modernisierte Wohnung ein höherer Mietzins vereinbart werden
könnte, als er vom Vermieter für die gleiche Wohnung gegenüber einem Bestandsmieter
nach den Regelungen des MHG durchgesetzt werden kann. Diese Ungleichheit zwischen
zulässiger Miethöhe bei Neuvermietung und durchsetzbarer Mieterhöhung im Bestand
findet sich jedoch auch sonst im Wohnungsmietrecht und wird vom einfachen Recht im
Interesse des erhöhten Vertrauensschutzes der Bestandsmieter hingenommen.
Deshalb ist diese Ungleichheit auch im Rahmen der Anwendung der Vorschrift des § 2
Abs. 1 Satz 2 MHG nicht zu beanstanden.
Auf dieser Grundlage war der Beschwerdeführer für den Erfolg seiner Klagen darauf
angewiesen, die Höhe der Abzugsbeträge nach § 2 Abs. 1 Satz 2 MHG im
zivilgerichtlichen Verfahren darzulegen. Dies war im Rechtsentscheid des
Kammergerichts im einzelnen ausgeführt worden und damit für ihn eindeutig. Wenn er
gleichwohl im weiteren Verfahren hierzu sachlich nichts vorgetragen hat, so ist es
verfassungsrechtlich nicht beanstanden, wenn dies zu seinen Lasten geht.
Der Beschwerdeführer kann sich auch weder darauf berufen, daß ihm entsprechende
Darlegungen nicht möglich gewesen seien, noch darauf, daß entsprechende
Darlegungen nicht erforderlich gewesen seien, weil sich eine Versagung der geforderten
Mieterhöhung aus anderen Gründen als unzulässige Eigentumsbeschränkung darstelle.
Hinsichtlich der Möglichkeiten der Darlegung der Höhe der Abzugsbeträge gemäß § 3
Abs. 1 Satz 6 MHG hat das Kammergericht in seinem Rechtsentscheid ausreichende
Maßstäbe zur Verfügung gestellt, an denen sich der Beschwerdeführer im weiteren
Verfahren hätte orientieren können. Der Aufwand ist unter Berücksichtigung der
Tatsache, daß dem Beschwerdeführer alle entsprechenden Handwerkerrechnungen
vorliegen und von ihm ohnehin geprüft und bezahlt wurden, auch nicht unzumutbar.
Gegebenenfalls hätte es ausgereicht, wenn er Tatsachen vorgetragen hätte, die es dem
Landgericht ermöglicht hätten, die Höhe der Abzugsbeträge nach § 287 ZPO zu
ermitteln. Insoweit hat der Beschwerdeführer jedoch nicht einmal einen entsprechenden
Versuch unternommen.
Es ist entgegen der Auffassung des Beschwerdeführers auch nicht ersichtlich, daß die
Versagung der von ihm verlangten Mieterhöhung in jedem Fall zu einer von ihm nicht
hinnehmbaren Eigentumsbeschränkung führt. Der Beschwerdeführer geht insoweit
davon aus, daß er mit Rückzahlung eines Teils der Vorausleistungsbeträge, die er durch
Aufnahme eines Kredites habe finanzieren müssen, und aufgrund gestiegener
Betriebskosten ab 1996 einer Belastung ausgesetzt gewesen sei, die ihn in jedem Fall zu
einer Mieterhöhung berechtigt habe. Dies dürfte zutreffen. Der Beschwerdeführer hätte
insoweit den Weg der Mieterhöhungsmöglichkeit nach §§ 4 und 5 MHG (Erhöhung der
Betriebs- und der Kapitalkosten) gehen müssen. In diesem Zusammenhang hätte er
dann – worauf bereits das Kammergericht in seinem Rechtsentscheid hingewiesen hat –
die mit der Verpflichtung zur Rückzahlung von Kapital in Höhe von 173.443,02 DM
entstandenen Belastungen auf die Positionen des Wegfalls von
Wohnraummodernisierungsförderung einerseits und
Geschäftsraummodernisierungsförderung anderseits aufteilen müssen und nur den
Anteil geltend machen können, der auf die eingegangenen Verpflichtungen zur
Wohnraummodernisierung zurückzuführen ist. Statt dessen hat er in seinem
Erhöhungsverlangen ohne Hinweis auf § 5 MHG Zinsbelastungen aus dem vollen Betrag
von 173.443,02 DM geltend gemacht. Hiermit konnte er nach dem einfachen Recht
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von 173.443,02 DM geltend gemacht. Hiermit konnte er nach dem einfachen Recht
keinen Erfolg haben, ohne daß dies zu verfassungsrechtlichen Bedenken Anlaß gäbe.
Im übrigen wird auch aus den vielfältigen Vergleichsrechnungen, die der
Beschwerdeführer mit der Verfassungsbeschwerde eingereicht hat, nicht ersichtlich, daß
ohne Darlegung der auf die Wohnraummodernisierung entfallenden, ihm auch nach
1996 verbliebenen öffentlichen Mittel eine unzumutbare Eigentumsbeeinträchtigung
festgestellt werden könnte. Der Beschwerdeführer übersieht insoweit, daß auch im
Rahmen der von ihm als Vergleichsmaßstab herangezogenen Mieterhöhung nach § 3
MHG der Mieter von ihm hätte verlangen können, daß er im einzelnen darlegt und
nachweist, welche seiner Eigenleistungen er wirklich für die Modernisierung der
entsprechenden Wohnung aufgewandt hat. Diesem Anspruch entsprechen die
vorgelegten Vergleichsberechnungen nicht. Dementsprechend kann mit ihnen bereits
aus formalen Gründen nicht belegt werden, daß die Versagung der Mieterhöhung zu
einer unzumutbaren Belastung des Eigentümers führen würde.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
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