Urteil des VerfGH Berlin vom 14.03.2017

VerfGH Berlin: anspruch auf rechtliches gehör, verfassungsbeschwerde, öffentliche gewalt, widerklage, unterlassen, bestätigung, verfassungsrecht, urteilsbegründung, mandat, schriftstück

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
127/00
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
Art 15 Abs 1 Verf BE
Tenor
Die Verfassungsbeschwerde wird zurückgewiesen.
Das Verfahren ist gerichtskostenfrei.
Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I. Der Beschwerdeführer wendet sich gegen ein Urteil des Landgerichts Berlin, durch das
er verurteilt wurde, an die in einer Rechtsanwaltssozietät verbundenen Beteiligten zu 2.
ein Honorar für verschiedene außergerichtliche Tätigkeiten zu zahlen.
1. Die von den Beteiligten zu 2. gegenüber dem Beschwerdeführer zunächst vor dem
Amtsgericht Charlottenburg geltend gemachte Klageforderung in Höhe von insgesamt
4.462,12 DM setzte sich aus verschiedenen Honoraransprüchen zusammen. Dazu
gehörte ein Honoraranspruch in Höhe von 3.703,-- DM, den die Beteiligten zu 2. in einer
Angelegenheit des Beschwerdeführers gegen die H. GmbH forderten. Hierzu trugen sie
vor, der Beschwerdeführer habe sie im Juli 1995 wegen von der H. GmbH nicht erfolgter
Zahlungen aus einem Bauvertrag mit der Vorbereitung einer Klage betraut. Der
Beschwerdeführer habe ihnen zugleich umfangreiche Unterlagen übergeben. Nach
umfassender Prüfung der Angelegenheit sei die Angelegenheit mit dem
Beschwerdeführer im Juli besprochen worden. Dabei habe der Beschwerdeführer um die
Anfertigung eines Entwurfes einer Klageschrift gebeten. Letztlich sei dem
Beschwerdeführer kein Klageentwurf übergeben worden, weil er keine
Gebührenvorschüsse geleistet habe. In der Folgezeit habe der Beschwerdeführer
Rechtsanwalt F. mit der Durchführung der Klage vor dem Landgericht Berlin (6.0.64/96)
beauftragt.
Das Amtsgericht Charlottenburg gab der Klage durch ein am 26. November 1998
verkündetes Urteil - 11 C 130/98 - nur teilweise statt und wies die Klage in Höhe der von
den Beteiligten zu 2. in der Angelegenheit der H. GmbH geltend gemachten Forderung
mit der Begründung ab, daß die Beteiligten zu 2. einen Anspruch gegen den Beklagten
insofern nicht unter Beweis gestellt hätten.
Hiergegen legten die Beteiligten zu 2. beim Landgericht Berlin Berufung ein, der sie zum
Nachweis, daß sie in der Angelegenheit der H. GmbH vom Beschwerdeführer beauftragt
worden seien, verschiedene, die H. GmbH betreffende Unterlagen beifügten, die nach
ihren Angaben am 13. Juli 1995 vom Beschwerdeführer überreicht worden sein sollen.
Der Beschwerdeführer trat der Berufung entgegen und legte zugleich unter Erhebung
der Widerklage Anschlußberufung ein.Er beantragte, die Klage insgesamt abzuweisen
und die Beteiligten zu 2. zur Zahlung von 5.598,99 DM zu verurteilen. Dabei machte er
gegenüber den Beteiligten zu 2. einen Gegenanspruch in Höhe von 6.966,-- DM geltend,
mit dem er gegenüber der vom Amtsgericht ausgeurteilten Forderung Aufrechnung
erklärte. Der Beschwerdeführer bestritt, daß er den Beteiligten zu 2. in der
Angelegenheit der H. GmbH im Juli 1995 einen Auftrag erteilt habe. Es habe auch keinen
Besprechungstermin gegeben. Die Angaben der Beteiligten zu 2. zum Zeitpunkt der
angeblichen Besprechungen und Übergabe von Unterlagen seien widersprüchlich. In
diesem Zusammenhang verwies der Beschwerdeführer ferner darauf, daß sich unter den
von den Beteiligten zu 2. eingereichten Unterlagen ein Schriftstück befinde, das
automatische Aufdrucke hinsichtlich im Jahr 1996 erfolgter Telefaxübermittlungen
enthalte. Jedenfalls dieses Schriftstück könne er den Beteiligten zu 2. nicht bereits im
Jahr 1995 überreicht haben. Aus der unstreitigen Tatsache, daß die Beteiligten zu 2. die
H. GmbH betreffende Unterlagen überhaupt in ihrem Besitz hätten, könnte allenfalls
dann etwas in Richtung auf ein erteiltes Mandat geschlußfolgert werden, wenn es keine
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dann etwas in Richtung auf ein erteiltes Mandat geschlußfolgert werden, wenn es keine
andere Erklärung dafür gäbe, wie sie zu den Unterlagen gekommen seien. Eine solche
Erklärung gebe es aber, da ihnen die Schriftstücke im Zusammenhang mit Prozessen
gegen andere Firmen übergeben worden seien.
Hinsichtlich des von ihm geltend gemachten Gegenanspruchs behauptete der
Beschwerdeführer, daß er in der Strafverteidigungsangelegenheit eines Herrn K. K. das
Mandat für die Beteiligten zu 2. vermittelt und einen Vorschuß in Höhe von 6.966,-- DM
an sie gezahlt habe. Nach dem Freispruch von K. K. seien die Beteiligten zu 2.
verpflichtet gewesen, den nicht benötigten Vorschluß zurückzuzahlen. Zu einer von den
Beteiligten zu 2. vorgelegten Erklärung des K. K. vom 10. September 1999, in der dieser
ausführt, daß er selbst das Mandat erteilt und der Beschwerdeführer lediglich den
Auftrag gehabt habe, für ihn als Bote tätig zu sein und in seinem Namen Geld an die
Rechtsanwaltskanzlei weiterzuleiten,äußerte sich der Beschwerdeführer in seinem
Schriftsatz vom 15. Dezember 1999 wie folgt: Die Behauptung der Beteiligten zu 2., K. K.
habe die Vereinbarung selbst abgeschlossen, werde ebenso bestritten wie die
Behauptung, der Betrag sei von K. K. an ihn, den Beschwerdeführer, ausgehändigt
worden, um an die Beteiligten zu 2. weitergeleitet zu werden.Weiter führte der
Beschwerdeführer im einzelnen aus, aus welchen Gründen der Vortrag der Beteiligten zu
2. insofern widersprüchlich sei.
Nachdem das Landgericht über die Behauptung der Beteiligten zu 2., der
Beschwerdeführer habe sie im Sommer 1995 mit seiner Vertretung in der Angelegenheit
gegen die H. GmbH beauftragt und es habe in dieser Sache am 13. Juli 1995 ein
Besprechungstermin stattgefunden, durch Zeugenvernehmung von Rechtsanwalt F. und
der in der Kanzlei der Beteiligten zu 2. angestellten H. Beweis erhoben hatte, änderte es
durch Urteil vom 19. Juni 2000, dem Beschwerdeführer zugestellt am 7. August 2000,
das Urteil des Amtsgerichts Charlottenburg, indem es den Beschwerdeführer verurteilte,
an die Beteiligten zu 2. einen Betrag von 4.462,12 DM zu zahlen. Die Anschlußberufung
des Beschwerdeführers wies das Landgericht zurück.
Zur Begründung führte das Landgericht aus, daß den Beteiligten zu 2. ein
Vergütungsanspruch gemäß §§ 675, 611, 612 BGB gegen den Beschwerdeführer in der
Angelegenheit H. GmbH zustehe. Sie hätten ihre Beauftragung durch den
Beschwerdeführer im Juli 1995 ausreichend dargetan und bewiesen. Nach ihren
Ausführungen sei ihnen zu diesem Zeitpunkt von dem Beschwerdeführer die
Schlußrechnung des Objekts sowie eine Rechnungsübersicht über die einzelnen
Teilaufträge übergeben worden; darüber hinaus hätten Besprechungen am 13. und 28.
Juli 1995 in dieser Angelegenheit stattgefunden. Aus den Aussagen der Zeugen
Rechtsanwalt F. und Frau H. ergäben sich ebenfalls eindeutige Hinweise für eine
entsprechende Beauftragung. Der Zeuge Rechtsanwalt F. habe überzeugend dargetan,
daß er mit einem der Beteiligten zu 2. ein Telefongespräch über diese Angelegenheit
geführt habe. Ihm seien auch entsprechende Unterlagen von den Beteiligten zu 2. zur
Verfügung gestellt worden. Die Zeugin H. habe ausgesagt, sie sei von den Beteiligten zu
2. im Sommer 1995 mit der Anlegung einer entsprechenden, umfangreichen Akte H.
GmbH beauftragt worden, und sie habe den diese Angelegenheit betreffenden
Besprechungstermin für den 13. Juli 1995 in den Terminkalender eingetragen.
Gegen die Glaubhaftigkeit dieser Zeugenaussagen bestünden unter keinem
Gesichtspunkt Bedenken. Das Bestreiten des Beschwerdeführers, daß an den
Besprechungsterminen am 13. Juli und 28. Juli 1995 über die Angelegenheit der H.
GmbH gesprochen worden sei, sei nicht erheblich, weil er zu den substantiierten
Angaben der Beteiligten zu 2. keine Angaben gemacht habe, was seiner Auffassung
nach Gegenstand der einzelnen Besprechungstermine gewesen sei. Seinem Einwand,
die von den Beteiligten zu 2. zu den Akten gereichten Unterlagen würden aus dem von
ihm gegen die H. GmbH vor dem Landgericht Berlin geführten Verfahren 6.O.64/96
stammen und seien den Beteiligten zu 2. lediglich zur Weiterleitung an die Klägerin in
einem anderen Verfahren gegen ihn überlassen worden, könne nicht gefolgt werden.
Denn eine Durchsicht der beigezogenen Akten des Verfahrens 6.O.64/96 habe ergeben,
daß sich eine Vielzahl der von den Beteiligten zu 2. mit der Berufungsbegründung zu den
Akten gereichten Schriftstücke nicht in den dortigen Akten befänden.
Die vom Beschwerdeführer im Rahmen einer Anschlußberufung erhobene Widerklage sei
abzuweisen, weil er nicht schlüssig dargetan habe, daß zwischen ihm und den Beteiligten
zu 2. ein Geschäftsbesorgungsvertrag über die Strafverteidigung zugunsten des K. K.
geschlossen worden sei. Ein an ihn gerichtetes Schreiben der Beteiligten zu 2. vom 4.
August 1997 sei nicht geeignet, seinen Vortrag zu stützen. Denn aus diesem Schreiben
ergebe sich, daß der Betroffene K. K. den in Rede stehenden Betrag dem
Beschwerdeführer übergeben habe, damit dieser ihn an die Beteiligten zu 2. habe
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Beschwerdeführer übergeben habe, damit dieser ihn an die Beteiligten zu 2. habe
weiterleiten können. Letzteres habe der Beschwerdeführer aber offenbar zunächst
unterlassen, was Anlaß für das Schreiben der Beteiligten zu 2. gewesen sei.
Gegen die Darstellung des Beschwerdeführers, er habe das Geld nicht lediglich als Bote
übergeben, spreche auch die Erklärung eines der klagenden Rechtsanwälte anläßlich
dessen richterlicher Vernehmung vor dem Amtsgericht Tiergarten am 21. Juni 1999,
wonach der Beschwerdeführer ihn nicht mandatiert, sondern lediglich gefragt habe, ob er
bereit sei, für einen Mandanten in Stuttgart tätig zu sein. Schließlich habe der
Beschwerdeführer es unterlassen, sich mit der schriftlichen Bestätigung des K. K. vom
10. September 1999 auseinanderzusetzen, in der K. K. die Botentätigkeit des
Beschwerdeführers ausdrücklich bestätigt habe.
2. Mit der am 9. Oktober 2000 eingegangenen Verfassungsbeschwerde gegen das
Berufungsurteil rügt der Beschwerdeführer eine Verletzung von Art. 15 Abs. 1 der
Verfassung von Berlin - VvB -. Die Entscheidung verletze sowohl hinsichtlich der
Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils als auch hinsichtlich der Zurückweisung der
Anschlußberufung seinen Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs.
Hinsichtlich der Auftragserteilung betreffend die H. GmbH stütze das Landgericht seine
Entscheidung ausschließlich auf den Vortrag der Beteiligten zu 2. und die Angaben der
Zeugin H. Dabei habe die Zeugin keine Angaben über die Art und den Zeitpunkt der
angeblich erbrachten anwaltlichen Tätigkeit machen können. Unabhängig von der
Glaubwürdigkeit einer Mitarbeiterin der Beteiligten zu 2. habe damit ein direkter Beweis
weder für den Abschluß eines Anwaltsvertrages noch für erfolgte anwaltliche Tätigkeiten
erbracht werden können. Die Angaben der Zeugin hätten allenfalls als Indiz für
Schlußfolgerungen dahingehend dienen können, daß es zum Abschluß eines
Anwaltsvertrages gekommen sein könnte. Das Landgericht habe aber insofern nicht alle
für oder gegen Beauftragung und Tätigkeit sprechenden Indizien gewürdigt. Die
Beteiligten zu 2. hätten nämlich widersprüchliche Zeitangaben dazu gemacht, an
welchen Tagen des Juli 1995 sie beauftragt und wann ihnen in diesem Zusammenhang
Unterlagen übergeben worden seien. Dabei verwies der Beschwerdeführer wie in seiner
Berufungsbegründung darauf, daß eines der angeblich im Juli 1995 übergebenen
Schriftstücke Aufdrucke trage, die sich auf Telefaxversendungen im Jahr 1996 bezögen.
Auf diese gravierende Unstimmigkeit habe er in seinen Schriftsätzen vom 16. Juli 1999
und 15. Dezember 1999 hingewiesen. Das Landgericht habe jedoch die
Widersprüchlichkeit und Fragwürdigkeit des klägerischen Vortrags übergangen. Hätte
das Landgericht den insgesamt widersprüchlichen Vortrag der Beteiligten zu 2.
gewürdigt, hätte es den Indizwirkungen, die es der Aussage der Zeugin H. unterstellt
habe, keine so starke Wirkung zugemessen, daß es davon ausgehend den Abschluß
eines Anwaltsvertrages als erwiesen angesehen hätte.
Im übrigen habe sich das Landgericht mit einer Einlassung auseinandergesetzt, die er,
der Beschwerdeführer, nicht gemacht habe. Denn er habe zu keinem Zeitpunkt
behauptet, daß die von den Beteiligten zu 2. eingereichten Unterlagen aus dem von ihm
geführten Gerichtsverfahren gegen die H. GmbH zum Aktenzeichen 6.0.64/96
stammten. Das verfassungsrechtliche Gebot auf rechtliches Gehör verbiete es aber den
Gerichten, anderes als tatsächlich Vorgetragenes als Vorbringen zu unterstellen, dieses
dann zu widerlegen und daraus für die Partei negative Schlußfolgerungen zu ziehen.
Das angefochtene Urteil beruhe zudem auf einem Verstoß gegen Art. 15 Abs. 1 VvB,
soweit die Anschlußberufung zurückgewiesen worden sei. Das Landgericht sei
ausweislich seiner Urteilsbegründung davon ausgegangen, daß er, der
Beschwerdeführer, es unterlassen habe, sich mit der schriftlichen Bestätigung des K. K.
vom 10. September 1999 auseinander zu setzen. Dies sei jedoch nicht zutreffend.
Tatsächlich habe er zu der Erklärung im einzelnen in seinem Schriftsatz vom 15.
Dezember 1999 vorgetragen. Die offenkundige Nichtbeachtung dieses ausdrücklichen
Vortrags habe dazu geführt, daß das Landgericht die offensichtliche Widersprüchlichkeit
und Unglaubwürdigkeit des Vortrags der Beteiligten zu 2. übersehen habe. Darauf
beruhe das angefochtene Urteil.
3. Gemäß § 53 Abs. 1 und 2 VerfGHG ist den Beteiligten zu 1. und 2. Gelegenheit
gegeben worden, sich zu der Verfassungsbeschwerde zu äußern.
II. 1. Die Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
Gemäß § 49 Abs. 1 VerfGHG kann jedermann Verfassungsbeschwerde mit der
Behauptung erheben, durch die öffentliche Gewalt des Landes Berlin in einem seiner in
der Verfassung von Berlin enthaltenen subjektiven Rechte verletzt zu sein. Soweit, wie
hier, Gegenstand der Verfassungsbeschwerde die Anwendung von Bundesrecht ist,
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hier, Gegenstand der Verfassungsbeschwerde die Anwendung von Bundesrecht ist,
besteht die Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofs in den Grenzen der Art. 142,
31 GG allein hinsichtlich solcher Grundrechte der VvB, die inhaltlich nicht im Widerspruch
zu Bundesrecht stehen (Beschluß vom 2. Dezember 1993 - VerfGH 89/93 - LVerfGE 1,
169 <179 ff.>; st. Rspr.)
2. Die Verfassungsbeschwerde ist jedoch unbegründet.
a) Art. 15 Abs. 1 VvB gewährleistet jedermann den Anspruch auf rechtliches Gehör vor
Gericht. Er verpflichtet das mit einem Verfahren befaßte Gericht dazu, die Ausführungen
eines Verfahrensbeteiligten zur Kenntnis zu nehmen und in Erwägung zu ziehen. Dies
bedeutet indessen nicht, daß das Fachgericht jedes Vorbringen ausdrücklich bescheiden
müßte, namentlich nicht bei letztinstanzlichen, mit ordentlichen Rechtsmitteln nicht
mehr angreifbaren Entscheidungen. Vielmehr ist grundsätzlich davon auszugehen, daß
ein Gericht das Vorbringen der Beteiligten zur Kenntnis genommen und in Erwägung
gezogen hat. Ein Verstoß gegen die Berücksichtigungspflicht ist demnach nur dann
anzunehmen, wenn im Einzelfall besondere Umstände deutlich machen, daß erhebliches
Vorbringen überhaupt nicht zur Kenntnis genommen oder bei der Entscheidung nicht
erwogen wurde (Beschlüsse vom 16. November 1995 - VerfGH 48/94 - LVerfGE 3, 113
<116 f.>, vom 26. Juni 1997 - VerfGH 40/97 - und vom 26. Oktober 2000 - VerfGH 54/00
-; st. Rspr.; vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 22, 267 <273 f.>; 47,182 <187>; 65, 293
<295>).
Nach diesen Grundsätzen kann eine Verletzung des Grundrechts auf rechtliches Gehör
durch das Landgericht im Hinblick auf die Abänderung des amtsgerichtlichen Urteils
nicht festgestellt werden.
b) Es trifft zwar zu, daß das Landgericht in der angegriffenen Entscheidung nicht
ausdrücklich auf die Ausführungen des Beschwerdeführers eingegangen ist, der Vortrag
der Beteiligten zu 2. sei widersprüchlich, weil diese zum einen unterschiedliche
Zeitangaben zum Zeitpunkt von Besprechungsterminen und des Erhalts der Unterlagen
gemacht sowie zum anderen ein Schriftstück vorgelegt hätten, das ihnen angeblich
1995 übergeben worden sei, das aber Aufdrucke über eine Telefaxübermittlung aus dem
Jahr 1996 enthalte. Hierin liegt jedoch kein Verstoß gegen den verfassungsrechtlichen
Anspruch auf Gewährung rechtlichen Gehörs. Wie dargelegt, ist ein Gericht nicht
verpflichtet, jeden einzelnen Vortrag einer Partei ausdrücklich zu bescheiden. Es
bestehen zudem keine Anhaltspunkte dafür, daß das Landgericht das diesbezügliche
Vorbringen des Beschwerdeführers nicht zur Kenntnis genommen oder nicht in seiner
Entscheidung berücksichtigt hat. Das Landgericht hat nämlich eine ausführliche
Beweiswürdigung zu der entscheidungserheblichen Frage vorgenommen, ob die
Beteiligten zu 2. in der Angelegenheit der H. GmbH gegen den Beschwerdeführer einen
Vergütungsanspruch haben. Aus der Urteilsbegründung ergibt sich zugleich, daß das
Landgericht demgegenüber dem Vorbringen des Beschwerdeführers keine maßgebliche
Bedeutung beigemessen hat, weil es den Zeugenaussagen „eindeutige Hinweise“ für
die von den Beteiligten zu 2. geltend gemachte Beauftragung entnahm und gegen die
Glaubhaftigkeit der Zeugenaussagen „unter keinem Gesichtspunkt Bedenken“ hatte.
Damit wendet sich der Beschwerdeführer mit der Rüge, sein Vorbringen sei übergangen
worden, der Sache nach gegen die Gewichtung der für und gegen eine Beauftragung der
Beteiligten zu 2. sprechenden Umstände. Diese vom Landgericht vorgenommene
Gewichtung obliegt indes nicht der Überprüfung durch den Verfassungsgerichtshof. Es
kommt nicht darauf an, ob das Landgericht zu Recht dem Vortrag des
Beschwerdeführers keine Bedeutung zugemessen hat. Soweit Gegenstand einer
Verfassungsbeschwerde gerichtliche Entscheidungen sind, besteht nämlich die
Prüfungsbefugnis des Verfassungsgerichtshofs nur in engen Grenzen. Die Gestaltung
des Verfahrens, die Feststellung und Würdigung des Sachverhalts, die Auslegung des
einfachen Rechts und seine Anwendung auf den Einzelfall sind Sache der dafür allgemein
zuständigen Gerichte und der Nachprüfung durch den Verfassungsgerichtshof entzogen.
Es ist nicht Aufgabe des Verfassungsgerichtshofs, gerichtliche Entscheidungen - ähnlich
wie eine Rechtsmittelinstanz - in jeder Hinsicht auf ihre Übereinstimmung mit dem
einfachen Recht zu kontrollieren (Beschlüsse vom 30. Juni 1992 - VerfGH 9/92 - LVerfGE
1, 7 <8> und vom 26. Oktober 2000 - VerfGH 54/00 -; st. Rspr). Nur bei Verletzung von
spezifischem Verfassungsrecht kann das Verfassungsgericht auf
Verfassungsbeschwerde hin eingreifen. Spezifisches Verfassungsrecht ist aber nicht
schon dann verletzt, wenn eine Entscheidung die Beweislage verkennen und objektiv
fehlerhaft sein sollte (vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 22, 267 <273 f.>).
c) Soweit der Beschwerdeführer rügt, daß das Landgericht seinen Vortrag insofern
mißverstanden habe, als es davon ausgegangen sei, er habe behauptet, die von den
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mißverstanden habe, als es davon ausgegangen sei, er habe behauptet, die von den
Beteiligten zu 2. eingereichten Unterlagen stammten aus dem Verfahren des
Beschwerdeführers gegen die H. GmbH zum Aktenzeichen 6.O.64/96, kann die
Verfassungsbeschwerde ebenfalls keinen Erfolg haben. Es spricht einiges dafür, daß das
Landgericht den Vortrag des Beschwerdeführers im Hinblick auf dessen Ausführungen
im Schriftsatz vom 12. Juni 2000 in diese Richtung verstehen durfte. Selbst wenn man
dies anders sieht, liegt im Ergebnis kein Gehörverstoß vor. Da, wie bereits ausgeführt,
die Feststellung und Würdigung des Tatbestandes allein Sache der Gerichte ist und
spezifisches Verfassungsrecht nicht schon dann verletzt wird, wenn eine Entscheidung,
am einfachen Recht gemessen, objektiv fehlerhaft ist, vermag die Behauptung, die
richterlichen Feststellungen seien falsch oder der Richter habe einem tatsächlichen
Umstand nicht die richtige Bedeutung für weitere tatsächliche oder rechtliche
Folgerungen beigemessen, grundsätzlich einen Verstoß gegen Art.15 Abs. 1 VvB nicht
zu begründen. Der Anspruch auf rechtliches Gehör ist nicht schon dann verletzt, wenn
der Richter zu einer unrichtigen Tatsachenfeststellung im Zusammenhang mit der ihm
obliegenden Tätigkeit der Sammlung, Feststellung und Bewertung der von den Parteien
vorgetragenen Tatsachen gekommen ist (Beschluß vom 25. Januar 2001 - VerfGH
148/00 -; vgl. zum Bundesrecht: BVerfGE 22, 267 <273 f.>), sondern erst dann, wenn
die Entscheidung auch auf dem entsprechenden Gehörverstoß beruht. Hier hielt das
Landgericht auf Grund der Zeugenaussagen das Zustandekommen eines
Auftragsverhältnisses für erwiesen, und es ist nichts dafür ersichtlich, daß bei Erkenntnis
des vom Beschwerdeführer gerügten „Mißverständnisses“ die Entscheidung anders
ausgefallen wäre.
d) Die angegriffene Entscheidung kann schließlich auch im Hinblick auf die Abweisung
der im Rahmen der Anschlußberufung erhobenen Widerklage nicht wegen eines
Verstoßes gegen Art. 15 Abs. 1 VvB aufgehoben werden.
Zwar hat das Landgericht ausweislich seiner Urteilsbegründung, wonach es der
Beschwerdeführer unterlassen habe, sich mit der schriftlichen Bestätigung des K. K. vom
10. September 1999 auseinanderzusetzen, den diesbezüglich tatsächlich mit Schriftsatz
vom 15. Dezember 1999 erfolgten Vortrag des Beschwerdeführers offensichtlich nicht
zur Kenntnis genommen und nicht in seine Erwägungen einbezogen. Dennoch ist die
Verfassungsbeschwerde unbegründet. Eine gerichtliche Entscheidung kann nämlich nur
dann wegen einer Verletzung des Anspruchs auf rechtliches Gehör aufgehoben werden,
wenn die Entscheidung auf dieser Verletzung beruht, d.h. wenn nicht ausgeschlossen
werden kann, daß die unterbliebene Anhörung zu einer anderen, dem Betroffenen
günstigeren Entscheidung geführt hätte (Beschluß vom 25. Januar 2001 - VerfGH 148/00
- ; vgl. zum Bundesrecht BVerfGE 13, 132 <145>). Diese Voraussetzungen liegen nicht
vor.
Das Landgericht stellte nämlich bei der Abweisung der im Rahmen einer
Anschlußberufung erhobenen Widerklage ausdrücklich maßgeblich darauf ab, daß der
Beschwerdeführer den Abschluß eines Geschäftsbesorgungsvertrages zwischen ihm und
den Beteiligten zu 2. über die Strafverteidigung zugunsten des K. K. nicht schlüssig
dargetan habe. Ob das Landgericht zu Recht allein einen Anspruch auf Zahlung aus
einem Geschäftsbesorgungsvertrag geprüft und andere Anspruchsgrundlagen außer
Betracht gelassen hat, ist verfassungsrechtlich unerheblich, da dies eine Frage der
Anwendung des einfachen Rechts ist und darum nicht der verfassungsgerichtlichen
Überprüfung unterliegt. Wegen der Zugrundelegung des vertraglichen Anspruch war für
das Landgericht jedenfalls allein entscheidend, ob der Beschwerdeführer als insofern
beweispflichtige Partei für die Annahme eines Vertragsabschlusses ausreichend
vorgetragen hatte. Zur maßgeblichen Frage eines Vertragsabschlusses geben die vom
Landgericht nicht zur Kenntnis genommenen Ausführungen des Beschwerdeführers in
seinem Schriftsatz vom 15. Dezember 1999 jedoch nichts her. Vielmehr beschränkt sich
der Beschwerdeführer darauf zu bestreiten, daß K. K. selbst die Beteiligten zu 2.
beauftragt und das Geld dem Beschwerdeführer als Boten zur Weiterleitung an die
Beteiligten zu 2. übergeben habe. Selbst wenn sich das Landgericht also mit diesen
Ausführungen des Beschwerdeführers auseinandergesetzt hätte, ist nicht ersichtlich,
daß es zu einem anderen Ergebnis in Gestalt einer für den Beschwerdeführer
günstigeren Entscheidung gelangt wäre.
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieser Beschluß ist unanfechtbar.
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