Urteil des VerfGH Berlin vom 14.03.2017

VerfGH Berlin: wahlvorschlag, vertrauensperson, ersetzung, ablauf der frist, wahlkreis, bezirk, abberufung, ex tunc, historische auslegung, delegiertenversammlung

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Gericht:
Verfassungsgerichtshof
des Landes Berlin
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
192/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
§ 14 Nr 2 VGHG BE, §§ 40ff
VGHG BE, § 40 Abs 1 Nr 1
VGHG BE, § 40 Abs 2 Nr 1
VGHG BE, § 40 Abs 2 S 2 VGHG
BE
VerfGH Berlin: Wahlprüfungsverfahren: Wahlen zum
Abgeordnetenhaus 2001 im Bezirk Steglitz-Zehlendorf trotz
Verstoßes gegen Verbot des Doppelauftretens von Parteien
nicht ungültig - Delegiertenwahl und Satzungsrecht der Parteien
- wahlrechtliche Vorschriften zur Abwahl von Kandidaten und
erneuter Kandidatenaufstellung - Mitwirkung der
Vertrauensperson bei Ersetzung von Wahlvorschlägen
Gründe
I.
Die Einsprechenden wenden sich gegen die Gültigkeit der Wahlen zum
Abgeordnetenhaus von Berlin am 21. Oktober 2001 im Bezirk Steglitz-Zehlendorf und
begehren ihre Zulassung als Bewerber für eine Wiederholungswahl.
1. Dem Bezirkswahlleiter von Steglitz-Zehlendorf lagen im September 2001 zwei
unterschiedliche Wahlvorschläge der Partei CDU, Kreisverband Steglitz-Zehlendorf, vor:
a) Ein auf der Grundlage einer Delegiertenversammlung vom 15. Juli 2001 erstellter
Wahlvorschlag, der beim Bezirkswahlleiter am 5. September 2001 eingegangen war,
b) ein auf der Grundlage einer Delegiertenversammlung vom 12. bis 15. September
2001 erstellter Wahlvorschlag, der am 17. September 2001 bei dem Bezirkswahlleiter
eingegangen war.
Die Vorgeschichte dieser Wahlvorschläge stellt sich wie folgt dar:
Der Ortsverband Dahlem der CDU hatte auf seiner Jahreshauptversammlung am 23.
Februar 2001 die Delegierten für den Wahl-Kreisparteitag der CDU bestimmt. Die
entsprechenden Beschlüsse waren wegen Nichteinhaltung der Ladungsfrist umstritten
und wurden im parteigerichtlichen Verfahren angefochten. Mit Beschluss vom 17. März
2001 erklärte das Kreisparteigericht der CDU Berlin-Zehlendorf die Wahlen auf dieser
Versammlung für unwirksam. Auf Beschwerde des Ortsverbandes hob das
Landesparteigericht der CDU Berlin am 2. April 2001 diesen Beschluss auf und wies die
Wahlanfechtung zurück. Über die hiergegen gerichtete Rechtsbeschwerde war im Juli
2001 noch nicht entschieden. Am 15. Juli 2001 wurde auf dem Kreisparteitag der CDU
der Einsprechende zu 1. als Bewerber für den Wahlkreis 7 sowie den Platz 5 der
Bezirksliste aufgestellt; der Einsprechende zu 2. wurde als Bewerber für den Wahlkreis 1
und Platz 3 der Bezirksliste nominiert.
Unter dem 20. August 2001 reichte die CDU, Kreisverband Steglitz-Zehlendorf, beim
Bezirkswahlleiter die auf der Grundlage dieses Kreisparteitags erstellten Wahlvorschläge
ein. Darin wurden die auf Platz 4 der Bezirksliste nominierte Beteiligte P. G. als
Vertrauensperson und der Einsprechende zu 2. als stellvertretende Vertrauensperson
benannt.
Nachdem das Bundesparteigericht der CDU mit Beschluss vom 7. August 2001 den
Beschluss des Landesparteigerichts geändert und die Beschwerde gegen den die
Wahlen im Ortsverband Dahlem vom 23. Februar 2001 für unwirksam erklärenden
Beschluss des Kreisparteigerichts zurückgewiesen hatte, wurden am 10. September
2001 auf einer weiteren Mitgliederversammlung des Ortsverbandes Dahlem dessen
Delegierte für den Kreisparteitag neu gewählt. Am 12. bis 15. September 2001 fand
nunmehr ein weiterer Kreisparteitag der CDU Steglitz-Zehlendorf statt, auf dem die
Delegierten erneut Bewerber für sämtliche Wahlkreise des Bezirks und eine neue
Bezirksliste aufstellten. Die Einsprechenden wurden dabei weder als Bewerber eines
Wahlkreisvorschlags noch auf der Bezirksliste nominiert. Die auf der Grundlage dieses
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Wahlkreisvorschlags noch auf der Bezirksliste nominiert. Die auf der Grundlage dieses
Kreisparteitags erstellten Wahlvorschläge wurden am 17. September 2001 bei dem
Bezirkswahlleiter eingereicht. Vertrauenspersonen waren darin nicht benannt.
2. Der Bezirkswahlausschuss ließ am 19. September 2001 nur die zuletzt eingereichten
Wahlvorschläge der CDU Steglitz-Zehlendorf zu den Wahlen zum Abgeordnetenhaus zu.
Die hiergegen eingereichte Beschwerde der Einsprechenden wies der
Landeswahlausschuss am 26. September 2001 zurück. Die Wahlen zum
Abgeordnetenhaus fanden am 21. Oktober 2001 im Bezirk Steglitz-Zehlendorf auf der
Grundlage der am 19. September 2001 zugelassenen Wahlvorschläge statt.
3. Mit dem am 27. Dezember 2001 beim Verfassungsgerichtshof eingegangenen
Einspruch wenden sich die Einsprechenden gegen die Gültigkeit dieser Wahlen zum
Abgeordnetenhaus von Berlin im Bezirk Steglitz-Zehlendorf, weil sie als Bewerber zu
Unrecht nicht zugelassen worden seien. Die Wahlvorschläge vom 20. August 2001 seien
form- und fristgerecht beim Bezirkswahlleiter eingereicht und nicht gemäß § 35 Abs. 3
LWahlO zurückgenommen oder geändert worden. Entsprechende Erklärungen hätten
weder die Einsprechenden noch die Vertrauenspersonen abgegeben.
Mit der Einreichung weiterer Wahlvorschläge am 17. September 2001 seien die
Wahlvorschläge vom 20. August 2001 weder ersetzt noch stillschweigend
zurückgenommen worden. Die Wahlvorschläge vom 20. August 2001 hätten deshalb zu
den Wahlen zugelassen werden müssen. Die am 17. September 2001 eingereichten
Wahlvorschläge seien hingegen nicht zuzulassen gewesen, weil bereits zulässige
Wahlvorschläge vorgelegen hätten. Die Aufstellung mehrerer Kandidaten für einen
Wahlkreis oder die Einreichung mehrerer Landeslisten durch eine Partei sei unzulässig.
Die weiteren Wahlvorschläge seien überdies nicht satzungsgemäß zustande gekommen.
Die Abberufung der nominierten Wahlkreis- oder Listenbewerber auf dem
Septemberparteitag hätte einer eigenen Abstimmung bedurft und nicht mit der Neuwahl
anderer Bewerber verbunden werden dürfen. Denn diese Frage könne nicht gemäß § 43
Abs. 5 der Satzung des CDU-Landesverbands mit Ja oder Nein beantwortet werden.
Zudem hätte dieser Beschluss in entsprechender Anwendung des § 43 Abs. 9 der
Satzung eine Zweidrittelmehrheit der Delegierten erfordert, die nicht vorgelegen habe.
Schließlich seien die Delegierten des Kreisparteitags vom September 2001 nicht gesetz-
und satzungsgemäß gewählt worden. Die Zusammensetzung dieses Parteitages habe
auf der Wahl von Delegierten des Ortsverbandes Dahlem am 10. September 2001
beruht, die unter Verstoß gegen § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LWahlG nicht in geheimer
Abstimmung und unter Teilnahme von Personen, die der Partei oder dem Ortsverband
nicht angehörten oder deren Mitgliedschaftsrechte ruhten, gewählt worden seien. Es
verstoße ferner gegen § 12 Abs. 1 LWahlG, dass Personen bei der Kandidatenaufstellung
mitgewirkt hätten, die im Wahlkreis oder im Bezirk nicht wahlberechtigt gewesen seien.
Die Einsprechenden beantragen,
1. die Wahlen zum Abgeordnetenhaus im Bezirk Steglitz-Zehlendorf für ungültig zu
erklären,
2. die Zulassung der Wahlvorschläge des Kreisverbands Steglitz-Zehlendorf der
Christlich Demokratischen Union (CDU) vom 20. August 2001 unter Streichung der
bisherigen Bewerber anzuordnen,
hilfsweise,
die Wahlen zum Abgeordnetenhaus des Landes Berlin vom 21. Oktober 2001 im Land
Berlin für ungültig zu erklären.
Die Senatsverwaltung für Inneres, der Landeswahlleiter und der Bezirkswahlleiter von
Steglitz-Zehlendorf sowie die im Wahlkreisverband Steglitz-Zehlendorf auf Vorschlag der
CDU gewählten Mitglieder des Abgeordnetenhauses M. B., O. F., Prof. Dr. Ch. S. und K.-
G. W. beantragen,
den Einspruch zurückzuweisen.
Sie und der Abgeordnete M. B. tragen vor:
Der Einspruch sei unzulässig, weil die Einsprechenden tatsächlich geltend machten, der
Bezirkswahlausschuss des Bezirks Steglitz-Zehlendorf habe den am 17. September
2001 eingereichten Wahlvorschlag des Kreisverbandes Steglitz-Zehlendorf der CDU zu
Unrecht zugelassen. Diese Rüge sei jedoch nach § 40 Abs. 2 Satz 2 VerfGHG im
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Unrecht zugelassen. Diese Rüge sei jedoch nach § 40 Abs. 2 Satz 2 VerfGHG im
Wahlprüfungsverfahren ausgeschlossen. Diese Beschränkung betreffe auch den
vorliegenden Fall. Sie stelle sicher, dass innerparteiliche und organisationsinterne
Streitigkeiten weder bei der Wahlvorbereitung noch bei oder nach Durchführung der Wahl
zum Gegenstand einer Wahlprüfung gemacht werden könnten. Diese Zielsetzung liege
auch § 13 Abs. 2 Satz 2 LWahlG zugrunde, wonach die Prüfung derartiger Vorgänge
durch die Wahlausschüsse ausgeschlossen sei.
Der Einspruch sei ferner unbegründet. Der Bezirkswahlausschuss habe den am 17.
September 2001 eingereichten Wahlvorschlag zulassen dürfen, weil dieser
Wahlvorschlag denjenigen vom 20. August 2001 ersetzt habe. Der Wortlaut des § 35
LWahlO gebe über die Voraussetzungen der Ersetzung eines eingereichten
Wahlvorschlags keine Auskunft. § 35 Abs. 3 LWahlO treffe zum Schutz eines
eingereichten Wahlvorschlags lediglich eine Regelung darüber, dass nicht Parteiorgane
oder aufgestellte Bewerber, sondern nur Vertrauenspersonen einen Wahlvorschlag
zurückziehen könnten. Der Ersetzung eines Wahlvorschlags stände § 35 LWahlO nur
dann entgegen, wenn diese Norm - was nicht der Fall sei - den eingereichten
Wahlvorschlag auch gegenüber einer erneuten Kandidatennominierung durch die
Aufstellungsversammlung abschirmen solle. § 35 Abs. 1 LWahlO erachte zur Änderung
eines Wahlvorschlags eine erneute Aufstellungsversammlung für maßgeblich. Diese
Norm verdeutliche, dass sich die wahlrechtliche Vertretungsbefugnis der
Vertrauensperson (§ 29 Abs. 7 Satz 1 LWahlO) nicht auf die Willensbildung der
Aufstellungsversammlung beziehe. Daraus folge, dass auch die zur Rücknahme
notwendige Erklärung der Vertrauenspersonen nach § 35 Abs. 3 LWahlO den
Wahlvorschlag zwar grundsätzlich vor dem Zugriff der Parteiorgane schützen solle, eine
erneute Kandidatennominierung durch die Aufstellungsversammlung aber nicht
ausschließe. Mit der Einreichung des im September 2001 aufgestellten Wahlvorschlags
habe sich der frühere Wahlvorschlag erledigt, ohne dass es einer Erklärung der
Vertrauenspersonen des Wahlvorschlags vom 20. August 2001 bedurft habe.
Die beteiligten Mitglieder des Abgeordnetenhauses führen weiterhin aus: Der
Wahlvorschlag vom 20. August 2001 sei "ex tunc" nichtig gewesen, denn die Aufstellung
der Kandidaten sei unter Mitwirkung von im Ortsverband Dahlem satzungswidrig
gewählten Delegierten erfolgt. Nach der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs seien
Wahlakte, die von satzungswidrig gewählten Delegierten vorgenommen worden seien,
von Anfang an nichtig. Bei dieser Sachlage habe eine erneute Kandidatenaufstellung
vorgenommen werden müssen, die fehlerfrei erfolgt sei. Dabei seien die Einsprechenden
wie auch andere auf dem Juliparteitag aufgestellte Bewerber, die ebenfalls nicht auf ihre
Nominierung verzichtet hätten, in verbundener Einzelwahl geheim mit 3/4-Mehrheit
abgewählt worden.
Es sei auch nicht richtig, dass es auf der Versammlung des Ortsverbandes Dahlem, auf
der die Delegierten zu dem Septemberparteitag gewählt worden seien, zu
Satzungsverstößen gekommen sei. Der am 17. September 2001 eingereichte
Wahlvorschlag sei ordnungsgemäß von dem geschäftsführenden Vorsitzenden B.
unterzeichnet worden. Einer Benennung von Vertrauenspersonen habe es - wie sich § 29
Abs. 7 Satz 2 LWahlO entnehmen lasse - nicht bedurft. Wie die auf dem Wahlvorschlag
vom Juli 2001 benannten Personen zu Vertrauenspersonen geworden seien, sei nicht
geklärt. Ein formelles Benennungsverfahren habe es nicht gegeben.
Für den Einspruch fehle es den Einsprechenden bereits am Rechtsschutzbedürfnis.
Gegen ihre sie bindende Abwahl seien sie während des Kreisparteitags nicht
vorgegangen. Dem Einsprechenden zu 2. fehle die Einspruchsbefugnis, weil er im Fall der
begehrten Wahlaufhebung kein Mandat erringen würde. Er hätte weder auf der
Grundlage des Erststimmenergebnisses im Wahlkreis 1 noch unter Berücksichtigung
seines Platzes auf der Bezirksliste in das Abgeordnetenhaus einziehen können.
Die Einsprechenden könnten ferner keine Rechte aus den vorgetragenen angeblichen
Verstößen gegen die Landessatzung der CDU herleiten. Derartige Verstöße seien
grundsätzlich unbeachtlich im Wahlprüfungsverfahren. Selbst wenn eine offenkundige
Verletzung des Demokratieprinzips als Anfechtungsgrund genügen könnte, so nähmen
sich die vorgetragenen und bestrittenen Mängel als geringe formelle Satzungsverstöße
aus. Im Übrigen scheine der Einsprechende zu 1. von der Satzungskonformität der Wahl
auszugehen. Anders lasse es sich nicht erklären, warum er das von ihm angestrengte
Schiedsgerichtsverfahren trotz Fristsetzung nicht weiterbetrieben habe.
Die Fraktion von Bündnis 90/Die Grünen im Abgeordnetenhaus von Berlin beantragt,
den Hilfsantrag der Einsprechenden zurückzuweisen.
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Sie hält jedenfalls eine Neuwahl im gesamten Wahlgebiet für nicht sachgerecht.
4. Der Richter Dr. M. ist gemäß § 16 Abs. 1 Nr. 3 VerfGHG von der Ausübung seines
Richteramts in diesem Verfahren ausgeschlossen.
Die Selbstablehnung des Präsidenten Prof. Dr. S. hat der Verfassungsgerichtshof durch
Beschluss vom 16. Mai 2002 gemäß § 17 Abs. 3 VerfGHG für begründet erklärt.
II.
Die auf § 40 Abs. 2 Nr. 1 VerfGHG gestützten Einsprüche sind zulässig.
a) Den Einsprechenden steht die Einspruchsberechtigung zu.
aa) Nach § 40 Abs. 3 Nr. 1 VerfGHG kann der Einspruch in Fällen des § 40 Abs. 2 Nrn. 1,
5 und 6 von der Vertrauensperson des betroffenen Wahlvorschlags, dem betroffenen
Bewerber, Abgeordneten oder Bezirksverordneten eingelegt werden.
Die Einsprechenden sind als Bewerber im Sinne des § 40 Abs. 3 Nr. 1 VerfGHG
anzusehen. Betroffene Bewerber sind neben Vertrauenspersonen in den Fällen des § 40
Abs. 2 Nr. 1 VerfGHG einspruchsberechtigt (Beschluss vom 21. Februar 2000 - VerfGH
123/99 - ; vgl. ferner Beschlüsse des Wahlprüfungsgerichts bei dem Abgeordnetenhaus
vom 12. November 1975 -WPG 2.75 - und vom 28. Mai 1979 - WPG 7.79 - zu den mit §
40 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 und Abs. 3 Nr. 1 VerfGHG insoweit übereinstimmenden
Regelungen des damals geltenden Wahlprüfungsgesetzes).
Der Wortlaut des § 40 Abs. 3 Nr. 1 VerfGHG ließe zwar auch die Auslegung zu, dass sich
die Einspruchsberechtigung des betroffenen Bewerbers nur auf den Fall des § 40 Abs. 2
Nr. 5 VerfGHG bezieht und im Fall des § 40 Abs. 2 Nr. 1 VerfGHG nur die
Vertrauensperson einspruchsberechtigt sein soll. Entsprechend hat das
Wahlprüfungsgericht bei dem Abgeordnetenhaus in einem Beschluss vom 22. Juni 1989 -
WPG 6.89 - ohne nähere Begründung "ausschließlich" den Vertrauensmann des
Wahlvorschlags für einspruchsberechtigt gehalten. Für eine restriktive Interpretation des
§ 40 Abs. 3 Nr. 1 VerfGHG könnte schließlich auch angeführt werden, dass sich die
Einspruchsberechtigung der in dieser Norm genannten Abgeordneten und
Bezirksverordneten ersichtlich nur auf den Fall des § 40 Abs. 2 Nr. 6 VerfGHG bezieht.
Einer derartigen Auslegung des § 40 Abs. 3 Nr. 1 VerfGHG steht jedoch entgegen, dass
sich die Einspruchsberechtigung des "betroffenen Bewerbers" nicht nur auf den Fall des §
40 Abs. 2 Nr. 5 VerfGHG, sondern daneben zumindest auch auf bestimmte Fälle des §
40 Abs. 2 Nr. 1 VerfGHG beziehen muss. Soweit die Zulassung von Einzelbewerbern im
Streit steht, kann deren Nichtzulassung nur von diesen selbst gerügt werden (vgl.
Beschluss des Wahlprüfungsgerichts vom 10. Juli 1979 - WPG 9.79 -), da die Institution
der Vertrauensperson auf Wahlvorschläge von Parteien und Wählergemeinschaften
beschränkt ist. Für eine Auslegung dahingehend, dass sich die Einspruchsberechtigung
nach § 40 Abs. 3 Nr. 1 VerfGHG im Falle des § 40 Abs. 2 Nr. 1 VerfGHG nur auf
Einzelbewerber beziehe, bietet der Wortlaut des § 40 Abs. 3 Nr. 1 VerfGHG jedoch keinen
Ansatz. Ebenso wenig sprechen Sinn und Zweck dieser Norm dafür, Bewerber, die auf
Wahlvorschlägen politischer Parteien oder von Wählergemeinschaften benannt werden,
hinsichtlich ihrer Rechtsschutzmöglichkeiten im Falle der Nichtzulassung zur Wahl
schlechter zu behandeln als Einzelbewerber. Das Einspruchsrecht der Vertrauensperson
als Vertreterin des Wahlvorschlagsträgers soll lediglich den Rechtsschutz der Parteien
und Wählergemeinschaften gewährleisten und dient nicht dazu, "Parteibewerber" zu
mediatisieren.
bb) Allerdings vertreten die beteiligten Mitglieder des Abgeordnetenhauses des Weiteren
die Auffassung, die Wahlvorschläge vom 20. August 2001 seien durch die Einreichung
der neuen Kandidatenlisten am 17. September 2001 gegenstandslos geworden und die
Einsprechenden hätten dadurch ihren formellen Status als Bewerber verloren. Selbst
wenn diese Annahme zutreffen sollte, folgt daraus nicht, dass die Einsprechenden nicht
einspruchsberechtigt i. S. d. § 40 Abs. 3 Nr. 1 VerfGHG sind. Es bedarf hier keiner
Entscheidung, ob und gegebenenfalls in welchem Umfang der Einsprechende allgemein
seine Eigenschaft als Bewerber darlegen und belegen muss, um zur Zulässigkeit des
Einspruchs zu kommen. Im vorliegenden Fall steht nämlich fest, dass die
Einsprechenden jedenfalls mit Einreichung der Wahlvorschläge vom 20. August 2001 am
5. September 2001 formell Bewerber geworden waren. Selbst wenn sie diesen Status
noch vor der Entscheidung des Bezirkswahlausschusses verloren haben sollten, müssen
sie jedoch insoweit noch als Bewerber im Sinne des § 40 Abs. 2 Nr. 1, Abs. 3 Nr. 1
VerfGHG gelten, als sie das Fortbestehen dieses Status geltend machen und hieraus
Rechte herleiten. Nur so kann das sie betreffende Verhalten der mit der
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Rechte herleiten. Nur so kann das sie betreffende Verhalten der mit der
Wahlvorbereitung betrauten Stellen gerichtlich überprüft und können die dem auf einem
eingereichten Wahlvorschlag benannten Bewerber zustehenden Rechte nach §§ 13, 14
LWahlG, §§ 35 ff. LWahlO gewahrt werden.
b) Soweit der Bezirkswahlausschuss die Wahlvorschläge vom 20. August 2001 in seiner
Sitzung vom 19. September 2001 übergangen hat, ist diese Unterlassung ein tauglicher
Gegenstand der Einsprüche.
aa) Die beteiligten Mitglieder des Abgeordnetenhauses halten die Einsprüche für
unzulässig, weil der Bezirkswahlausschuss über die Wahlvorschläge vom 20. August
2001 gar nicht entschieden habe. Dem kann nicht gefolgt werden. Nach dem Wortlaut
des § 40 Abs. 2 Nr. 1 VerfGHG kommt es nicht darauf an, ob der Bezirkswahlausschuss
förmlich über bestimmte Wahlvorschläge und Bewerber entschieden und eine Zulassung
abgelehnt hat. Die Vorschrift knüpft vielmehr an eine Unterlassung ("Nichtzulassung")
des zuständigen Wahlorgans an und erklärt damit auch die schlichte
Nichtberücksichtigung von Wahlvorschlägen und Bewerbern für angreifbar.
Anhaltspunkte dafür, dass die Norm einem "außer Acht" gelassenen Bewerber weniger
Rechtsschutz als einem förmlich abgelehnten gewährt, sind nicht ersichtlich. Es kann
nicht Sache des mit der Wahlvorbereitung betrauten Bezirkswahlausschusses sein,
durch sein Verhalten darüber zu bestimmen, ob ein Wahlbewerber seine
Berücksichtigung gerichtlich durchsetzen kann oder nicht.
bb) Die Einsprüche sind ferner nicht deshalb unzulässig weil die Einsprechenden geltend
machen, der Bezirkswahlausschuss habe den am 17. September 2001 eingereichten
Wahlvorschlag zu Unrecht zugelassen. Zwar kann nach § 40 Abs. 2 Satz 2 VerfGHG ein
Einspruch nicht darauf gestützt werden, dass ein Wahlkreisvorschlag, eine Liste oder ein
Bezirkswahlvorschlag zu Unrecht zugelassen worden sei. Nach Auffassung des
Landeswahlleiters soll diese Bestimmung u. a. eingreifen, wenn der Einspruch darauf
gestützt wird, ein Wahlvorschlag sei deshalb nicht zugelassen worden, weil an dessen
Stelle ein anderer Wahlvorschlag zugelassen worden sei. Damit seien die meisten
Streitigkeiten zwischen Wahlvorschlägen derselben Partei aus dem
Wahlprüfungsverfahren ausgeschlossen. Diese These findet weder im Wortlaut noch in
der Systematik der Norm eine Stütze. In § 40 Abs. 2 Nr. 1 VerfGHG ist die
Nichtzulassung eines Wahlvorschlags oder Bewerbers ohne jeden einschränkenden
Zusatz als Einspruchsgrund benannt. Nach dem Wortlaut des Satzes 2 des § 40 Abs. 2
VerfGHG bezieht sich diese Regelung zwar auf sämtliche zuvor aufgeführten acht
Einspruchsgründe und nicht nur auf den "Auffangtatbestand" der Nr. 8. Sie schließt
jedoch lediglich aus, dass ein Einspruchsberechtigter die Wahl allein schon deshalb
anfechten kann, weil nach seiner Auffassung ein konkurrierender Wahlvorschlag zu
Unrecht zugelassen wurde. Der Fall, dass der Einspruch eines betroffenen Bewerbers
auch darauf gestützt wird, er selbst sei zu Unrecht nicht zugelassen worden, fällt nicht
darunter.
Dass diese Regelung nicht einen Wahlvorschlagsträger oder Bewerber von der
Durchsetzung seines Rechtes auf Wahlteilnahme "auf Kosten" anderer Wahlvorschläge
oder Bewerber ausschließen soll, zeigt außerdem die Regelung des § 42 Nr. 1 VerfGHG.
Könnte mit einem Einspruch nach § 40 Abs. 2 Nr. 1 VerfGHG nicht auch jedenfalls
mittelbar gegen die Zulassung eines anderen Wahlvorschlages oder Bewerbers
vorgegangen werden, so wäre nicht verständlich, warum in der die Tenorierung durch
den Verfassungsgerichtshof regelnden Vorschrift des § 42 Nr. 1 VerfGHG ausdrücklich
die Streichung bisheriger Bewerber vorgesehen ist.
Dasselbe Ergebnis wird schließlich durch die historische Auslegung der Norm belegt. Die
Vorschriften über die Einspruchsberechtigung im Gesetz über den
Verfassungsgerichtshof beruhen im Wesentlichen auf einer Übernahme der Regelungen
des Wahlprüfungsgesetzes, welches bis zur Errichtung des Verfassungsgerichtshofs die
Wahlprüfung dem Wahlprüfungsgericht bei dem Abgeordnetenhaus von Berlin zuwies.
Nach § 3 Abs. 2 Buchst. a des Wahlprüfungsgesetzes vom 16. Oktober 1958 (GVBl.
S.1021) konnte ein Einspruch u. a. darauf gestützt werden, dass ein Wahlvorschlag, ein
Bewerber oder ein Ersatzbewerber zu Unrecht nicht zugelassen worden sei. Eine § 40
Abs. 2 Satz 2 VerfGHG entsprechende Regelung war in der ursprünglichen Fassung des
Wahlprüfungsgesetzes nicht enthalten. Erst mit Art. 1 Nr. 1 des Gesetzes zur Änderung
des Wahlprüfungsgesetzes vom 7. Oktober 1974 (GVBl. S. 2566) wurde § 3 Abs. 2 des
Wahlprüfungsgesetzes folgender Satz 2 angefügt: "Der Einspruch kann nicht darauf
gestützt werden, dass ein Kreiswahlvorschlag, eine Bezirksliste oder ein
Bezirkswahlvorschlag zu Unrecht zugelassen worden sei." Es handelte sich nach der
damaligen Gesetzesbegründung um eine "Klarstellung" dahingehend, dass ein bis dato
gesetzlich nicht ausdrücklich geregelter, vom Wahlprüfungsgericht aber unter die
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gesetzlich nicht ausdrücklich geregelter, vom Wahlprüfungsgericht aber unter die
Auffangvorschrift des § 3 Abs. 2 Buchst. h WahlPrüfG subsumierter Einspruch gegen die
Zulassung eines Wahlvorschlags nicht mehr möglich sein sollte (vgl. Nr. 1 der
Begründung zur Vorlage des Senats vom 29. April 1974 über die Vorlage zum Zweiten
Gesetz zur Änderung des Wahlprüfungsgesetzes, Abgh-Drucks. 6/1384 S. 2). Aus der
Entstehungsgeschichte des § 3 Abs. 2 Satz 2 WahlPrüfG ergibt sich mithin, dass der
Ausschluss des Einspruchs gegen die Zulassung von (konkurrierenden) Wahlvorschlägen
zwar - wie dies auch vom Landeswahlleiter in Bezug auf § 40 Abs. 2 Satz 2 VerfGHG
vorgetragen wird - aus Gründen der Entlastung der mit der Beurteilung parteiinterner
Vorgänge "überforderten" Wahlorgane geregelt werden sollte. Dabei wurde dem
Umstand, dass die Stimmen eines zu Unrecht zugelassenen Bewerbers bei
Nichtzulassung u. U. einem konkurrierenden Bewerber zugute kommen, nicht als
zwingender Grund dafür gesehen, die Zulassung eines Wahlvorschlags nachträglich zum
Gegenstand eines Wahlprüfungsverfahrens zu machen. Ein (partieller) Ausschluss der in
§ 3 Abs. 2 Buchst. a i.V.m. Abs. 3 Buchst. a WahlPrüfG verbrieften Einspruchsbefugnis
von Wahlvorschlagsträgern und Bewerbern in Bezug auf die eigene Teilnahme an der
Wahl war jedoch weder Gegenstand der Novellierung des § 3 Abs. 2 WahlPrüfG im Jahre
1974 noch späterer Änderungen des Wahlprüfungsgesetzes.
c) Die Einsprechenden haben auch ein Rechtsschutzbedürfnis hinsichtlich der
beantragten Entscheidungen.
Soweit die beteiligten Mitglieder des Abgeordnetenhauses meinen, den Einsprechenden
fehle ein solches Rechtsschutzbedürfnis, weil sie auf dem Parteitag im September 2001
als Bewerber abgewählt worden seien und hiergegen nicht vorgegangen seien, kann
dem nicht gefolgt werden. Das Rechtsschutzbedürfnis wäre nur dann zu verneinen, wenn
der Einspruch den Einsprechenden keinen rechtlichen Vorteil bringen könnte, es
einfachere oder effektivere Möglichkeiten des Rechtsschutzes gäbe oder der Einspruch
sich als rechtsmissbräuchlich darstellen würde. Mit einem erfolgreichen Einspruch und
nur durch einen solchen könnten sich die Einsprechenden jedoch die Teilnahme als
Kandidaten an einer Wiederholungswahl zum Abgeordnetenhaus sichern.
Die Anfechtung ihrer Abwahl hätten sie allenfalls dann als einfachere Möglichkeit in
Betracht ziehen müssen, wenn damit die Ungültigkeit der Abwahl bis zu der
Entscheidung über die Zulassung der Wahlvorschläge hätte festgestellt werden können
und wenn in Folge einer entsprechenden schiedsgerichtlichen Entscheidung zu erwarten
gewesen wäre, dass die auf der Grundlage des Septemberparteitags erstellten
Wahlvorschläge nicht eingereicht bzw. zurückgezogen worden wären. Mit einer solchen
schiedsgerichtlichen Klärung der Rechtmäßigkeit ihrer Abwahl konnten die
Einsprechenden jedoch nach Lage der Dinge nicht innerhalb der hierfür zur Verfügung
stehenden Zeit zwischen ihrer Abwahl am 15. September 2001 und der Entscheidung
des Bezirkswahlausschusses vom 19. September 2001 rechnen und auch nicht bis zur
Beschwerdeentscheidung des Landeswahlausschusses am 26. September 2001.
Der Einspruch ist auch nicht rechtsmissbräuchlich. Soweit die beteiligten Abgeordneten
meinen, die Einsprechenden müssten sich auf die "Regeln der Demokratie" verweisen
lassen und ihre Abwahl hinnehmen, ergibt sich hieraus noch nicht, dass die
Einsprechenden auf einen Einspruch zu "verzichten" hätten. Dass die in ihrer Gültigkeit
umstrittene Abwahl der Einsprechenden überhaupt von Bedeutung für die begehrte
Zulassung der Wahlvorschläge vom 20. August 2001 ist, wird von den Einsprechenden
nämlich bestritten, und die Erheblichkeit der Abwahl ist durchaus zweifelhaft im Hinblick
auf den die Rücknahme oder Änderung von Wahlvorschlägen regelnden § 35 LWahlO
sowie den Grundsatz des § 13 Abs. 2 Satz 2 LWahlG, wonach die Prüfung partei- und
organisationsinterner Vorgänge im Zulassungsverfahren ausgeschlossen ist.
d) Der Einspruch des Einsprechenden zu 2. ist schließlich entgegen der Auffassung der
beteiligten Abgeordneten auch nicht wegen fehlender Mandatsrelevanz unzulässig.
Fehlende Mandatsrelevanz führt allenfalls zur Unbegründetheit, nicht aber zur
Unzulässigkeit des Einspruchs (vgl. Beschluss vom 17. März 1997 - VerfGH 82/95 -
LVerfGE 6, 28 <30>; vgl. ferner Wahlprüfungsgericht bei dem Abgeordnetenhaus, Urteil
vom 12. November 1975 - WPG 2.75 - OVGE Bln 13, 244 <247 f.> sowie BVerfGE 89,
243 <254 f.>).
e) Die Monatsfrist für die Einlegung der Einsprüche nach § 40 Abs. 4 VerfGHG ist
gewahrt. Die Einsprüche wurden am 27. Dezember 2001 und mithin innerhalb eines
Monats nach der Bekanntmachung des Wahlergebnisses vom 27. November 2001 im
Amtsblatt für Berlin (S. 5133) eingelegt. Sie wurden innerhalb dieser Frist auch
begründet. Zweifelhaft ist lediglich, ob die im Schriftsatz vom 25. Juli 2002
nachgeschobene weitere Begründung berücksichtigungsfähig ist, soweit darin erstmals
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nachgeschobene weitere Begründung berücksichtigungsfähig ist, soweit darin erstmals
gerügt wird, dass "bezirksfremde" Parteimitglieder an der Nominierung der Delegierten
im Kreisverband Steglitz-Zehlendorf teilgenommen haben. Auf diesen Vortrag kommt es
jedoch für die getroffene Entscheidung nicht an.
2. Die Einsprüche sind unbegründet.
Das in § 14, Nr. 2, §§ 40 ff. VerfGHG geregelte Wahlprüfungsverfahren dient dem Schutz
des objektiven Wahlrechts, somit der Gewährleistung der richtigen Zusammensetzung
des Abgeordnetenhauses und der Bezirksverordnetenversammlungen. Der
Verfassungsgerichtshof kann die Wahlen im Falle eines auf § 40 Abs. 1 Nr. 1 VerfGHG
gestützten Einspruchs nur dann für ungültig erklären und unter Streichung der
bisherigen Bewerber die Zulassung eines Wahlvorschlags anordnen, wenn ein
Wahlvorschlag zu Unrecht nicht zugelassen worden ist. Die Nichtzulassung eines
Wahlvorschlags oder eines Bewerbers ist - wie sich mittelbar aus § 40 Abs. 2 Nr. 8
VerfGHG ("sonst") ergibt - an den Vorschriften des Grundgesetzes, der Verfassung von
Berlin, des Landeswahlgesetzes und der Landeswahlordnung zu messen. Nach § 13 Abs.
1 LWahlG entscheidet der Bezirkswahlausschuss über die Zulassung der
Wahlkreisvorschläge und Bezirkslisten sowie die in den Wahlkreisvorschlägen und
Bezirkslisten aufgestellten Personen. Dabei ist die Prüfung partei- oder
organisationsinterner Vorgänge ausgeschlossen (§ 13 Abs. 2 Satz 2 LWahlG).
a) Gemäß § 13 Abs. 2 Satz 3 LWahlG regelt die Landeswahlordnung die
Nichtzulassungsgründe. Dementsprechend sind in § 38 LWahlO Gründe für eine
Nichtzulassung von Wahlvorschlägen und Bewerbern aufgeführt. Eine nähere Prüfung
dieser Gründe wäre vorliegend nur dann entbehrlich, wenn die Wahlvorschläge vom 20.
August 2001 im Zeitpunkt der Entscheidung des Bezirkswahlausschusses
zurückgenommen waren oder sich sonst erledigt hatten. Da die Landeswahlordnung für
einen derartigen Fall keinen förmlichen Abschluss des Verfahrens vorsieht, hätte der
Bezirkswahlausschuss die Wahlvorschläge vom 20. August 2001 bei seiner Entscheidung
vom 19. September 2001 in diesem Fall ohne weiteres "außer Acht" lassen können.
Nach § 35 Abs. 1 Satz 1 LWahlO kann der Wahlvorschlag einer Partei bis zum Ablauf der
Einreichungsfrist durch schriftliche Erklärung der Vertrauensperson geändert werden,
wenn eine neue Aufstellungsversammlung stattgefunden hat. Weiterhin kann der
Wahlvorschlag bis zum Zeitpunkt der Zulassungsentscheidung durch gemeinsame
schriftliche Erklärung der Vertrauensperson und ihres Stellvertreters zurückgezogen
werden (§ 35 Abs. 3 Alt. 1 LWahlO). In den Wahlvorschlägen vom 20. August 2001 waren
die Beteiligte G. als Vertrauensperson und der Einsprechende zu 2. als ihr Stellvertreter
benannt worden. Diese Personen haben gegenüber dem Bezirkswahlausschuss keine
Erklärung über die Änderung oder die Rücknahme der Wahlvorschläge abgegeben.
Es kann insoweit auch offen bleiben, ob diese Vertrauenspersonen des Wahlvorschlags
wirksam benannt wurden. Enthalten Wahlvorschläge von Parteien oder
Wählergemeinschaften entgegen § 29 Abs. 7 Satz 1 LWahlO keine Angaben zu der zu
ihrer Vertretung ermächtigten Vertrauensperson und ihres Stellvertreters, so gilt nach
Satz 2 dieser Vorschrift die erste (den Wahlvorschlag) unterzeichnende Person als
Vertrauensperson, die zweite als Stellvertreter. Als Erst- und Zweitunterzeichner der
Wahlvorschläge traten der Kreisvorsitzende Dr. A. und der Beisitzer K. auf. Diese
Personen haben jedoch ebenfalls keine gemeinsame Rücknahmeerklärung nach § 35
Abs. 3 LWahlO gegenüber dem Bezirkswahlausschuss abgegeben. Der Beisitzer K. ist
allerdings als Drittunterzeichner der Wahlvorschläge vom 17. September 2001
aufgetreten. Hierin kann jedoch keine die Änderung der Wahlvorschläge vom 20. August
2001 betreffende schriftliche Erklärung nach § 35 Abs. 1 LWahlO gesehen werden.
Es ist auch nichts dafür ersichtlich, dass die hinsichtlich der Wahlvorschläge vom 20.
August 2001 ursprünglich benannten Vertrauenspersonen abberufen und durch andere
ersetzt worden wären und durch diese neu benannten Vertrauenspersonen Änderungs-
oder Rücknahmeerklärungen abgeben wurden. Anders als § 22 Abs. 3 BWG enthält das
Berliner Wahlrecht keine Vorschrift, welche die Abberufung und Ersetzung von
Vertrauenspersonen regelt. Wenn man eine solche gleichwohl für zulässig hält, so fehlt
es vorliegend jedenfalls an den entsprechenden Erklärungen zur Benennung neuer
Vertrauenspersonen. Eine ausdrückliche Abberufung der Beteiligten G. und des
Einsprechenden zu 2., die gegenüber dem Bezirkswahlausschuss hätte erklärt werden
müssen, hat zu keinem Zeitpunkt stattgefunden. Allerdings hatte der stellvertretende
Kreisvorsitzende der CDU, der beteiligte Abgeordnete B., dem Bezirkswahlleiter im
Zusammenhang mit der Einreichung neuer Wahlvorschläge schriftlich mitgeteilt, dass
die bisher eingereichten Vorschläge obsolet geworden seien und die nunmehr
eingereichten Unterlagen gälten. In dieser mit der Einreichung neuer Wahlvorschläge
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eingereichten Unterlagen gälten. In dieser mit der Einreichung neuer Wahlvorschläge
verbundenen Erklärung mag zwar inhaltlich die Erklärung einer Abberufung der für die
früheren Wahlvorschläge benannten Vertrauenspersonen und einer Rücknahme der
zunächst eingereichten Wahlvorschläge gesehen werden können. Dafür fehlt es jedoch
hinsichtlich der Abberufungserklärung an der Form des § 29 Abs. 8 LWahlO und
hinsichtlich der Rücknahmeerklärung an der Form des § 35 Abs. 3 LWahlO. Weder in der
Erklärung des beteiligten Abgeordneten B. noch in den neu eingereichten, von diesem
Beteiligten als Erstem unterzeichneten Wahlvorschlägen lassen sich im Übrigen Hinweise
dafür finden, dass - für welchen Wahlvorschlag auch immer - Vertrauenspersonen
benannt werden sollten. Für die neu eingereichten Wahlvorschläge wurde auf die
Benennung von Vertrauenspersonen verzichtet; das entsprechende Feld auf den
Formularen blieb unausgefüllt. Dies hatte zur Folge, dass die Fiktion des § 29 Abs. 7 Satz
2 LWahlO eingriff und der Erstunterzeichner B. als Vertrauensperson für diese
Wahlvorschläge galt. Wurde aber in Zusammenhang mit der Einreichung der neuen
Wahlvorschläge der Abgeordnete B. gerade nicht als Vertrauensperson für die neuen
Wahlvorschläge benannt und erhielt er diese Stellung mithin lediglich im Wege der
Fiktion, so kann in den betreffenden Erklärungen nicht gleichzeitig eine Benennung
dieses Beteiligten zur (neuen) Vertrauensperson bezüglich der bisherigen
Wahlvorschläge gesehen werden. Auch insoweit hätte eine Abberufung der bisherigen
Vertrauenspersonen allenfalls dazu geführt, dass nunmehr die Erst- und
Zweitunterzeichner der alten Wahlvorschläge, Dr. A. und K., entsprechend § 29 Abs. 7
Satz 2 LWahlO als Vertrauenspersonen gegolten hätten und mithin für die Rücknahme
der alten Wahlvorschläge zuständig gewesen wären. Wie bereits oben ausgeführt, haben
diese Personen jedoch keine derartigen Erklärungen abgegeben.
Der Landeswahlleiter, die Senatsverwaltung für Inneres, der Bezirkswahlleiter von
Steglitz-Zehlendorf und die beteiligten Mitglieder des Abgeordnetenhauses vertreten
weiterhin die Auffassung, dass mit Einreichung der von einer neuen
Aufstellungsversammlung beschlossenen Wahlvorschläge die ursprünglich eingereichten
Wahlvorschläge obsolet geworden und "ersetzt" worden seien. Da § 35 LWahlO den Fall
der Ersetzung nicht regele, gälten auch dessen Voraussetzungen für den Fall der
Ersetzung eines Wahlvorschlags nicht.
Insoweit ist zunächst zu berücksichtigen, dass die landeswahlrechtlichen Normen -
ebenso wie die für die Wahl zum Bundestag geltenden Vorschriften - keine
(ausdrücklichen) Regelungen über die "Ersetzung" von Wahlvorschlägen enthalten. Eine
stillschweigende Anerkennung eines im Wege der Auslegung oder auch der Analogie zu
entwickelnden Instituts der "Ersetzung" von Wahlvorschlägen würde zunächst einmal
voraussetzen, dass hierfür angesichts der differenzierenden Regelungen des § 35
LWahlO Raum ist und ein entsprechendes Bedürfnis besteht. Zwar dürfte es zutreffen,
dass die Regelung über die Änderung oder Rücknahme von Wahlvorschlägen nicht den
Zweck hat, eingereichte Wahlvorschläge gegen die Ersetzung durch - eventuell neuen
Mehrheitsverhältnissen Rechnung tragende - neue Wahlvorschläge abzuschirmen. Dies
ergibt sich schon daraus, dass § 35 Abs. 3 LWahlO die Änderung von Wahlvorschlägen
unter der Voraussetzung zulässt, dass zuvor eine neue Aufstellungsversammlung
stattgefunden hat. Auch die Regelung des § 14 Abs. 1 Satz 3 LWahlG bestätigt das Recht
der Parteien, vor Ablauf der Einreichungsfrist neue Wahlvorschläge einzureichen oder
Wahlvorschläge zu ändern. Hieraus kann geschlossen werden, dass es Parteien im
Interesse einer möglichst aktuellen demokratischen Legitimation möglich sein muss,
auch gegen den Willen der ursprünglich benannten Vertrauensperson Wahlvorschläge zu
ersetzen.
Dies belegt aber noch nicht die Notwendigkeit einer abweichend von den Formalien des §
35 LWahlO zu beurteilenden, formungebundenen "Ersetzung" von Wahlvorschlägen. Die
Partei hat weiterhin die Möglichkeit, die eingereichten Wahlvorschläge zu ändern oder
ganz zurückzunehmen und so die Wahlvorschläge an die aktuellen Mehrheitsverhältnisse
anzupassen. Dies setzt allerdings die Mitwirkung der Vertrauensperson(en) des zuerst
eingereichten Wahlvorschlags voraus. Es ist nicht auszuschließen, dass diese
Vertrauenspersonen die Abgabe der Rücknahmeerklärung verweigern, obwohl eine
spätere Aufstellungsversammlung die Nominierung neuer Kandidaten beschlossen hat.
Dies gilt insbesondere dann, wenn die betreffende Person aufgrund ihrer eigenen
Nominierung ein Interesse an der Aufrechterhaltung des Wahlvorschlags hat. Im Falle
einer solchen "Blockade" muss die Partei die Vertrauenspersonen abberufen.
Zwar enthält das Berliner Wahlrecht, wie bereits erwähnt, keine ausdrückliche Regelung
zur Abberufung und Ersetzung von Vertrauenspersonen. Hieraus folgt jedoch nicht, dass
die Abberufung und Ersetzung von Vertrauenspersonen grundsätzlich unzulässig wäre.
Einziger Sinn und Zweck der Regelung des § 29 Abs. 7 LWahlO, welche die gesetzliche
Vertretung der Parteien und Wählergemeinschaften hinsichtlich der von diesen
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Vertretung der Parteien und Wählergemeinschaften hinsichtlich der von diesen
eingereichten Wahlvorschläge durch besondere Vertreter bestimmt, ist es, den Kontakt
zwischen den Wahlbehörden und -organen und den Trägern der Wahlvorschläge zu
erleichtern. Die Vorschrift bezweckt hingegen nicht, den Vertrauenspersonen als solchen
einen bestimmenden Einfluss auf die Kandidatenaufstellung einzuräumen und sie
gegenüber Einflüssen oder Weisungen ihrer Partei zu immunisieren. Wie der Begriff der
Vertrauensperson andeutet, gehört das Fortbestehen einer Vertrauenslage zur
Geschäftsgrundlage zwischen Wahlvorschlagsträger und dem Vertreter ihres
Wahlvorschlags. Ist dieses Vertrauen nachträglich entfallen, so ist es dem nach § 12
LWahlG zur Aufstellung von Wahlvorschlägen berechtigten Wahlvorschlagsträger
möglich, die Benennung der jeweiligen Vertrauensperson zu widerrufen und neue
Vertrauenspersonen zu benennen. Dies ist aber - wie bereits ausgeführt - nicht erfolgt.
Wenn die Abberufung und Ersetzung von Vertrauenspersonen nach dem Berliner
Landeswahlrecht möglich ist, tatsächlich jedoch unterbleibt, so ist weder Raum noch
besteht ein Bedürfnis dafür, neben den gesetzlichen Regelungen über die Einreichung,
Rücknahme und Änderung von Wahlvorschlägen ein ungeschriebenes Rechtsinstitut der
Ersetzung von Wahlvorschlägen anzuerkennen.
b) Da die Wahlvorschläge vom 20. August 2001 somit weder geändert noch
zurückgezogen wurden und sich auch nicht durch "Ersetzung" erledigt hatten, musste
der Bezirkswahlausschuss nach § 37 LWahlO über die Zulassung der Wahlvorschläge und
der aufgestellten Bewerber entscheiden. Eine derartige Entscheidung hat er unterlassen.
Im Ergebnis ist diese Unterlassung allerdings nicht zu beanstanden, denn die Zulassung
der Wahlvorschläge vom 20. August 2001 musste abgelehnt werden.
aa) Zwar scheiterte die Zulassung dieser Wahlvorschläge nicht schon daran, dass sie
nicht die Vorschriften über die Aufstellung von Wahlvorschlägen erfüllten (§ 38 Abs. 1
Buchst. e LWahlO). Die beteiligten Mitglieder des Abgeordnetenhauses halten die den
Wahlvorschlägen zugrunde liegende Aufstellung der Bewerber für nichtig, weil sie unter
Beteiligung von satzungswidrig gewählten Delegierten des Ortsverbandes Dahlem
durchgeführt worden sei. Das Bundesparteigericht der CDU habe die Unwirksamkeit der
auf der Jahreshauptversammlung des Ortsverbandes Dahlem durchgeführten Wahlen
der Delegierten bestätigt, weil die Ladungsfrist für die Jahreshauptversammlung des
Ortsverbandes Dahlem nicht eingehalten worden sei. Dieser Einwand greift nicht durch.
§ 12 LWahlG regelt die Aufstellung der Wahlvorschläge durch Parteien. Danach ist über
die Wahlkreisvorschläge und Bezirkslisten in einer Versammlung der Parteimitglieder, die
im Wahlkreisverband wahlberechtigt sind oder der dem Wahlkreisverband
entsprechenden bezirklichen Gliederung der Partei angehören, geheim abzustimmen
(Abs. 1 Satz 1). An die Stelle der Mitgliederversammlung kann eine
Delegiertenversammlung treten, die von den bezeichneten Parteimitgliedern "für die
Aufstellung von Wahlvorschlägen satzungsgemäß gewählt" worden ist (Abs. 1 Satz 2).
Fraglich ist, wie dieser Verweis auf die jeweilige Parteisatzung vor dem Hintergrund der
Forderung des § 13 Abs. 2 Satz 2 LWahlG zu verstehen ist, wonach bei der Entscheidung
über die Zulassung der Wahlvorschläge die Prüfung partei- und organisationsinterner
Vorgänge ausgeschlossen ist. Nach dem Wortlaut des § 12 Abs. 1 Satz 2 LWahlG könnte
dies im Sinne einer lückenlosen Beachtung der Bestimmungen der Parteisatzung in
Bezug auf die Wahl einer Delegiertenversammlung zu verstehen sein. Die Formulierung
"satzungsmäßig gewählt" könnte aber auch lediglich das Erfordernis einer
satzungsmäßigen Ermächtigung für die Abhaltung von Delegiertenversammlungen
enthalten.
Für eine Deutung im letzteren Sinne spricht, dass § 12 Abs. 1 LWahlG bei der Wahl der
Kandidaten durch die Mitgliederversammlung oder die Delegiertenversammlung gerade
keine satzungsgemäße Wahl verlangt. Es wäre kaum einsichtig, wenn an die Wahl der
Delegiertenversammlung höhere Anforderungen gestellt würden als an die Aufstellung
der Bewerber selbst. Für ein Verständnis des § 12 Abs. 1 Satz 2 LWahlG im Sinne einer
"satzungsgemäß vorgesehenen" Delegiertenversammlung spricht auch, dass sich so
das mit § 13 Abs. 2 Satz 2 LWahlG verfolgte Ziel, den Wahlorganen die Prüfung
parteiinterner Vorgänge zu entziehen, am weitgehendsten erreichen lässt (vgl. zur
Zielsetzung der Vorschrift die Begründung zur Vorlage über das Vierte Änderungsgesetz
zum Landeswahlgesetz vom 28. Februar 1973, Abgh-Drucks. 6/801 S. 3).
Dass § 12 Abs. 1 Satz 2 LWahlG keine Delegiertenwahl unter Beachtung der
Satzungsbestimmungen verlangt, belegt schließlich die Entstehungsgeschichte der
Norm. Ein Hinweis auf die Parteisatzung war in den die Aufstellung von Wahlvorschlägen
durch Delegiertenversammlungen regelnden Vorschriften des Landeswahlgesetzes bis
zum Jahre 1984 überhaupt nicht enthalten. Mit Art. I Nr. 8 des Zweiten Gesetzes zur
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zum Jahre 1984 überhaupt nicht enthalten. Mit Art. I Nr. 8 des Zweiten Gesetzes zur
Änderung des Gesetzes über die Wahlen zum Abgeordnetenhaus und zu den
Bezirksverordnetenversammlungen vom 17. April 1984 (GVBl. S. 600) erhielt dann § 12
Abs. 1 Satz 1 LWahlG folgende Fassung: "Über die Wahlvorschläge einer Partei hat im
Wahlkreisverband eine Versammlung der Mitglieder der Partei oder eine satzungsgemäß
dafür bestimmte Vertreterversammlung abzustimmen." Damit sollte sichergestellt
werden, dass eine Vertreterversammlung bei der Aufstellung von Wahlvorschlägen nur
dann an die Stelle der Mitgliederversammlung treten darf, wenn dies in der
Parteisatzung ausdrücklich vorgesehen ist (vgl. die Begründung des Senats zur Vorlage
dieses Gesetzes, Abgh-Drucks. 9/1590 S. 6). Durch Art. I Nr. 4 des Vierten Gesetzes zur
Änderung des Landeswahlgesetzes vom 7. Juni 1994 (GVBl. S. 165) wurde schließlich die
derzeit geltende Fassung des § 12 Abs. 1 LWahlG eingeführt. Nach der Begründung des
von den Fraktionen der CDU und der SPD eingereichten Gesetzentwurfes diente diese
Änderung der "Klarstellung". Hiermit dürfte die im Vergleich zur früheren Fassung
präzisierte Umschreibung des Kreises der zur Aufstellung berechtigten Personen
gemeint gewesen sein. Anhaltspunkte dafür, dass mit der vorgenommenen Änderung
die Regelung über die satzungsgemäß bestimmte Vertreterversammlung im Sinne einer
gesetzlichen Verweisung auf das Satzungsrecht der Parteien umgestaltet werden sollte,
sind nicht ersichtlich.
Ist mithin § 12 Abs. 1 Satz 2 LWahlG schon dann genügt, wenn das Satzungsrecht der
Partei die Möglichkeit einer Kandidatenaufstellung durch eine Delegiertenversammlung
vorsieht, ist es unerheblich, ob bei der Wahl der Delegierten die Satzung der Partei in
jeder Hinsicht beachtet wurde. Dementsprechend ist es entgegen der Auffassung der
beteiligten Mitglieder des Abgeordnetenhauses wahlrechtlich auch ohne Bedeutung, ob
die Wahl vereinsrechtlich wegen eines Satzungsverstoßes nichtig ist.
Der geltend gemachte Satzungsverstoß wäre nur dann wahlrechtlich relevant, wenn er
so schwerwiegend wäre, dass die durch den Ortsverband Dahlem bestimmten
Delegierten nicht als im Rechtssinne "gewählt" bezeichnet werden könnten. So hat das
Bundesverfassungsgericht aus der Funktion der wahlrechtlichen Regelungen in den §§
21, 27 BWG, die personale Grundlage einer demokratischen Wahl zu schaffen, den
Schluss gezogen, dass bei der Bestimmung der Delegierten ein Kernbestand an
Verfahrensgrundsätzen eingehalten werden müsse. Werde von einer Partei hiergegen
verstoßen, könne der hieraus hervorgegangene Kandidatenvorschlag nicht Grundlage
eines demokratischen Wahlvorgangs sein (BVerfGE 89, 243 <252 f.>). Es hat allerdings
ausgeführt, Bundeswahlgesetz und Bundeswahlordnung regelten den äußeren Ablauf
von Wahlkreismitgliederversammlungen nicht und überließen alle Einzelheiten ihrer
näheren Ausgestaltung der wahlrechtlich nicht überprüfbaren autonomen inneren
Ordnung der Parteien. Das Gericht hielt deshalb Rügen, die gegen den äußeren Rahmen
der Veranstaltung und gegen einzelne Begleitumstände ihrer Einberufung gerichtet
waren, für wahlrechtlich unerheblich.
Auch das Hamburgische Verfassungsgericht hat die Auffassung vertreten, dass auf
Satzungsrecht einer Partei oder einer tatsächlichen Durchführung des
Wahlbewerberauswahlverfahrens beruhende schwere Fehler bei der Auswahl, Aufstellung
und Nominierung von Wahlbewerbern für Volksvertretungen zur Zurückweisung von
Wahlvorschlägen führen könnten (HambVerfG, Urteil vom 4. Mai 1993 - HVerfG 3/92 -,
HmbJVBl 1993, 56 <63>). Ob und gegebenenfalls in welchem Umfang diese
verfassungsgerichtliche Rechtsprechung auch auf die Rechtslage in Berlin anwendbar ist,
bedarf keiner Entscheidung. Ein wahlrechtlich erheblicher Fehler bei der Wahl der
Delegierten im Ortsverband Dahlem im Sinne eines Verstoßes gegen einen Kernbestand
an demokratischen Verfahrensgrundsätzen liegt nämlich nicht vor. Die von den
beteiligten Mitgliedern des Abgeordnetenhauses gerügte Nichteinhaltung der
Ladungsfrist von einer Woche für die am 23. Februar 2001 abgehaltene
Mitgliederversammlung des Ortsverbandes Dahlem ist wahlrechtlich unerheblich, weil
nach den Feststellungen des Bundesparteigerichts der CDU im Beschluss vom 7. August
2001 die Dispositionsfrist der Parteimitglieder lediglich um zwei auf fünf Tage verkürzt
wurde. Eine Ladungsfrist von einer Woche gehört nicht zu dem vom
Bundesverfassungsgericht angeführten elementaren Kernbestand von
Verfahrensgrundsätzen. Ihre faktische Verkürzung um bis zu zwei Tage schränkt die
Parteimitglieder noch nicht unzumutbar in ihrer Dispositionsfreiheit ein und führt nicht
dazu, dass der anschließenden Bestimmung der Delegierten der Charakter einer "Wahl"
abgesprochen werden kann. Diese Verkürzung der Dispositionsfrist der Parteimitglieder
ist dementsprechend auch nicht als ein zur Nichtzulassung des hierauf beruhenden
Wahlvorschlags führender schwerer Wahlrechtsverstoß einzustufen.
bb) Die Zulassung der Wahlvorschläge vom 20. August 2001 und der darin benannten
Bewerber scheitert auch nicht an dem in § 38 Abs. 2 Buchst. b LWahlO genannten
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Bewerber scheitert auch nicht an dem in § 38 Abs. 2 Buchst. b LWahlO genannten
Nichtzulassungsgrund. Danach sind Bewerber und Bewerberinnen nicht zuzulassen, die
bei einer Doppelbewerbung die nach § 33 Abs. 2 LWahlO geforderte Erklärung nicht
fristgerecht abgegeben haben. Nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LWahlO kann jeder Bewerber
oder jede Bewerberin nur jeweils auf einem Wahlkreisvorschlag, auf einer Bezirks- oder
Landesliste und auf einem Bezirkswahlvorschlag aufgestellt werden. Die auf der am 5.
September 2001 eingereichten Bezirksliste der CDU aufgeführten Bewerber und
Bewerberinnen Prof. Dr. S., Dr. A., G., W., B., A., Dr. L., K., Dr. H., M.., S., E., L. und R. sind
auch als Bewerber auf der am 17. September 2001 eingereichten Liste dieser Partei
aufgeführt. Damit lagen zwar nach § 33 Abs. 1 Satz 1 LWahlO untersagte
Doppelbewerbungen vor. Eine Nichtzulassung der betroffenen Bewerber und
Bewerberinnen nach § 38 Abs. 2 Buchst. b LWahlO setzt aber weiterhin voraus, dass die
nach § 33 Abs. 2 LWahlO geforderten Erklärungen für eine bestimmte Liste nicht
fristgerecht abgegeben wurden. Diese Voraussetzung ist hier nicht erfüllt, weil es
unterlassen wurde, den betroffenen Bewerbern entsprechende Erklärungen unter
Fristsetzung abzuverlangen. Die in den Wahlvorschlägen vom 20. August 2001 benannte
Vertrauensperson G. wurde zwar nach dem Vorbringen der Einsprechenden am Tag der
Entscheidung über die Zulassung telefonisch um Mitteilung gebeten, ob sie die zunächst
eingereichten Wahlvorschläge zurücknehme. Abgesehen davon, dass damit lediglich die
Bewerberin G. und diese erkennbar auch nur in ihrer Funktion als Vertrauensperson
angesprochen wurde, lag darin auch inhaltlich keine mit einer zumutbaren Frist
verbundene Aufforderung, sich zwischen zwei Bewerbungen zu entscheiden.
cc) Der Zulassung der Wahlvorschläge vom 20. August 2001 stand jedoch § 38 Abs. 1
Buchst. b LWahlO entgegen. Danach sind Wahlvorschläge ungültig und nicht zuzulassen,
wenn deren Mängel bis zum Ablauf der Frist für die Mängelbeseitigung nicht beseitigt
worden sind.
Die Mängelbeseitigungsfrist war am 17. September 2001 abgelaufen. Diese Frist endet
im Fall einer vorzeitigen Beendigung der Wahlperiode mit dem Ablauf der
Einreichungsfrist für die Wahlvorschläge (§ 34 Abs. 4 i. m. V. § 80 a Nr. 5 LWahlO). Die
Wahlvorschläge für die Wahl zum Abgeordnetenhaus am 21. Oktober 2001 waren gemäß
§ 28 Abs. 1 Satz 1 i. V. m. § 80 a Nr. 4 LWahlO spätestens 34 Tage vor dem Wahltag
einzureichen.
"Mängel" im Sinne des § 38 Abs.1 Buchst. b LWahlO liegen vor, wenn die eingereichten
Wahlvorschläge nicht vollständig sind oder nicht den Erfordernissen des
Landeswahlgesetzes oder der Landeswahlordnung entsprechen (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 1
LWahlO). Hierzu gehören auch unzulässige Mehrfachkandidaturen und unzulässige
Doppelunterschriften (vgl. § 34 Abs. 1 Satz 2, Abs. 2 Satz 1 LWahlO).
Vorliegend hat die CDU Steglitz-Zehlendorf dadurch, dass sie neben den
Wahlvorschlägen vom 20. August 2001 am 17. September 2001 weitere Wahlvorschläge
eingereicht hat, gegen das Verbot des Doppelauftretens von Parteien verstoßen. Für
Bundestagswahlen wird ein allgemeines Verbot des Doppelauftretens in § 18 Abs. 5 BWG
ausgesprochen. Danach kann eine Partei in jedem Wahlkreis nur einen
Wahlkreisvorschlag und in jedem Land nur eine Landesliste einreichen. Die für die
Wahlen zum Abgeordnetenhaus geltenden Vorschriften enthalten keine allgemeine
Regelung über das Verbot des Doppelauftretens. § 10 Abs. 3 LWahlG legt jedoch fest,
dass jede Partei entweder eine Landesliste oder in den Wahlkreisverbänden jeweils eine
Bezirksliste einreichen kann. Diese Regelung bringt mit hinreichender Klarheit zum
Ausdruck, dass ein Doppelauftreten von Parteien bei der Listenwahl verboten ist.
Dass jede Partei nur einen Wahlkreisvorschlag einreichen darf, legt § 10 Abs. 4 LWahlG
ebenfalls nicht ausdrücklich fest. Satz 2 dieser Vorschrift bestimmt jedoch, dass
Wahlkreisvorschläge einer Partei den Namen der Partei und gegebenenfalls auch die
Kurzbezeichnung enthalten müssen. Diese der eindeutigen Identifizierung der
verschiedenen Wahlvorschläge dienende Vorschrift liefe zum Teil leer, wenn unter
derselben Bezeichnung mehrere Vorschläge eingereicht werden könnten. Nach § 10
Abs. 8 LWahlG muss jeder Wahlkreisvorschlag von mindestens 45 Wahlberechtigten
unterzeichnet sein. Dabei darf nur ein Wahlkreisvorschlag unterzeichnet werden; hat
jemand mehrere Wahlkreisvorschläge unterzeichnet, sind sämtliche Unterschriften
ungültig (§ 10 Abs. 10 LWahlG). Hieraus ergibt sich, dass der Gesetzgeber jeder
natürlichen Person nur das Recht auf einen Wahlkreisvorschlag zugesteht. Aus dieser -
unbeschadet der Sonderregelung für die im Bundestag oder Abgeordnetenhaus
vertretenen Parteien (vgl. § 10 Abs. 11 LWahlG) - auch für Wahlkreisvorschläge der
Parteien geltenden Vorschrift ergibt sich zwar nicht zwingend, dass der Gesetzgeber
auch den Parteien nur einen Wahlvorschlag pro Wahlkreis zubilligt; denn das Verbot des
§ 10 Abs. 10 LWahlG wäre dann nicht verletzt, wenn die Wahlvorschläge einer Partei von
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§ 10 Abs. 10 LWahlG wäre dann nicht verletzt, wenn die Wahlvorschläge einer Partei von
jeweils anderen Personen unterzeichnet worden sind. Gleichwohl spricht die in § 10 Abs.
8 LWahlG enthaltene Beschränkung des Wahlvorschlagsrechts natürlicher Personen
dafür, diese Beschränkung auch den Parteien aufzuerlegen. Würde den Parteien in
Bezug auf Wahlkreisvorschläge ein Mehrfachvorschlagsrecht zugebilligt, würden diese
gegenüber anderen Wahlvorschlagsträgern ("den einzelnen Wahlberechtigten"; vgl. § 10
Abs. 1 Satz 1 LWahlG) bevorzugt, ohne dass hierfür ein sachlicher Grund ersichtlich ist.
Gegen eine derartige Auslegung der Regelungen des § 10 LWahlG über das
Wahlvorschlagsrecht spricht im Übrigen, dass auch für eine unterschiedliche
Ausgestaltung des Vorschlagsrechts der Parteien in Bezug auf Landes- und Bezirkslisten
einerseits und auf Wahlkreisvorschläge andererseits kein Grund ersichtlich ist.
Nach alledem ist bei einer Gesamtschau der Regelungen des § 10 LWahlG ein
Doppelauftreten von Parteien sowohl bei der Listenwahl als auch in Bezug auf
Wahlkreisvorschläge verboten. Dieses Verbot ist verfassungsrechtlich unbedenklich. Es
widerstreitet nicht dem Grundsatz der Freiheit der Wahl (Art. 28 Abs. 1 Satz 2 GG ).
Denn das von diesem Grundsatz umfasste freie Wahlvorschlagsrecht für alle
Wahlberechtigten (vgl. BVerfGE 42, 399 <417>; 47, 253 <282>), das seinerseits eine
freie Kandidatenaufstellung unter Beteiligung der Mitglieder der Parteien und
Wählergruppen voraussetzt, verlangt nur, dass jede Partei und Wählergruppe mit einem
eigenen Wahlvorschlag zur Wahl zugelassen wird, nicht hingegen, dass sich dieselbe
Gruppe - sei es offen oder verdeckt - mehrfach zur Wahl stellen darf (BVerwG, Beschluss
vom 18. Dezember 1991 - 7 B 127/91 - , NVwZ 1992, 489; vgl. ferner BayVerfGH, NVwZ-
RR 1993, 569 ff.).
Ein solcher Fall eines mehrfachen (doppelten) Wahlvorschlags war zum Zeitpunkt der
Entscheidung des Bezirkswahlausschusses jedoch gegeben.
Bei dieser Sachlage ist weiterhin zu prüfen, ob trotz des Zulassungshindernisses des
Doppelauftretens eine Entscheidung zu Gunsten der Wahlvorschläge, die die
Einsprechenden begünstigen, deshalb geboten war, weil der andere konkurrierende
Vorschlag seinerseits wegen eines Wahlrechtsverstoßes nicht zugelassen werden durfte.
Der Grundsatz der Freiheit der Wahl erfordert es nämlich, den Tatbestand des Verbots
des Doppelauftretens bzw. die hieran geknüpfte Rechtsfolge der Nichtzulassung der
betroffenen Wahlvorschläge restriktiv zu interpretieren. Dies bedeutet, dass im Falle
eines Doppelauftretens einer Partei ein Wahlvorschlag dann zuzulassen ist, wenn der
andere schon wegen der ihm anhaftenden sonstigen Mängel nicht zuzulassen wäre (vgl.
BayVGH, VGHE NF. 3/I, 35 <49>; 32/I, 153 <155 ff.>; Schreiber, Handbuch des
Wahlrechts, 7. Aufl. 2002, § 18 BWG Rn. 25). In diesem Fall liegt entweder schon kein
Doppelauftreten im Rechtssinne vor oder es ist zumindest zwecks Vermeidung eines
unverhältnismäßigen Eingriffs in das Wahlvorschlagsrecht der betroffenen Partei die
Rechtsfolge der Nichtzulassung lediglich auf den Wahlvorschlag zu erstrecken, der
bereits aus anderen Gründen zurückgewiesen werden müsste.
Die Einsprechenden halten die am 17. September 2001 eingereichten Wahlvorschläge
für unwirksam, weil an den Delegiertenwahlen für die Kandidatenaufstellung unter
Verstoß gegen § 12 Abs. 1 LWahlG eine Reihe von Mitgliedern des Kreisverbandes
Steglitz-Zehlendorf mitgewirkt hätten, die mangels Wohnsitzes im Wahlkreis oder im
Bezirk nicht wahlberechtigt gewesen seien. Sie wenden ferner ein, das Mitglied Dr. H.
habe bei der Delegiertenwahl abgestimmt, obwohl es nicht Mitglied des Ortsverbandes
Dahlem gewesen sei. Des Weiteren hätten die Parteimitglieder B. und N. ihre Stimme
abgegeben, obwohl sich beim Ausfüllen der Stimmzettel ein weiteres Parteimitglied in
der Wahlkabine befunden habe.
§ 12 Abs. 1 Satz 1 LWahlG erklärt nicht nur Parteimitglieder, die im Wahlkreisverband
(Bezirk) wahlberechtigt sind (1. Alt.), sondern auch - wie sich aus der Formulierung "oder"
entnehmen lässt - solche Parteimitglieder für wahlberechtigt, die der dem
Wahlkreisverband entsprechenden bezirklichen Gliederung der Partei angehören (2. Alt.).
Damit unterscheidet sich die Rechtslage für die Wahlen zum Abgeordnetenhaus von der
für die Bundestagswahlen maßgeblichen (vgl. § 21 Abs. 1 Sätze 2 und 3, § 27 Abs. 5
BWG), wonach die über die Aufstellung von Parteibewerbern für Kreiswahlvorschläge bzw.
Landeslisten abstimmenden Mitglieder bzw. Delegierten im Wahlkreis bzw. im Land
wahlberechtigt sein müssen.
Die Berliner Regelung über die Teilnahme bezirksfremder Parteimitglieder an der
Aufstellung von Parteibewerbern für die Wahl zum Abgeordnetenhaus ist als solche
verfassungsrechtlich unbedenklich. Sie ist allerdings - um mit dem Prinzip der Gleichheit
der Wahl (Art. 39 Abs. 1 VvB) vereinbar zu sein - so auszulegen, dass Parteimitgliedern,
die in einem Bezirk wohnhaft sind und in einem anderen der dortigen bezirklichen
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die in einem Bezirk wohnhaft sind und in einem anderen der dortigen bezirklichen
Gliederung der Partei angehören, nur dort und nicht auch ein zweites Mal in ihrem
Wohnbezirk ihre Stimme abgeben dürfen. In dieser Auslegung verstößt die Regelung
nicht gegen das aus dem demokratischen Prinzip abzuleitende Gebot der Identität von
Herrschenden und Beherrschten (Art. 20 Abs. 1 und 2 GG, Art. 2 Sätze 1 und 2 VvB).
Auch der im Wahlkreis gewählte Abgeordnete ist Vertreter aller Berliner und nicht nur der
im Wahlkreis wohnhaften (vgl. Art. 38 Abs. 4 Satz 1 VvB). Mit dem Demokratieprinzip
wäre nur eine Auslegung des § 12 Abs. 1 LWahlG unvereinbar, die auch die Teilnahme
von nicht in Berlin wohnhaften und mithin nicht dem Volk von Berlin angehörenden
Parteimitgliedern an der Aufstellung von Parteibewerbern zulässt.
Dementsprechend ist es entgegen der Auffassung der Einsprechenden grundsätzlich
nicht zu beanstanden, dass an der Aufstellung der am 17. September 2001
eingereichten Wahlvorschläge auch "bezirksfremde" Parteimitglieder mitgewirkt haben
sollen. Es ist auch innerhalb der Frist des § 40 Abs. 4 Satz 1 VerfGHG nicht vorgetragen,
dass diese Mitglieder sich in einem anderen Bezirk an der Kandidatenaufstellung für die
Wahl zum Abgeordnetenhaus beteiligt haben. Nach der von den Einsprechenden
eingereichten Liste der "bezirksfremden" Mitglieder sollen sich allerdings zwei Mitglieder
beteiligt haben, die keine Berliner Anschrift aufweisen. Sollten diese Mitglieder nicht in
Berlin wahlberechtigt gewesen sein, läge insoweit ein Verstoß gegen § 12 Abs. 1 LWahlG
vor. Ein weiterer Verstoß gegen § 12 Abs. 1 LWahlG läge vor, wenn es zutreffen sollte,
dass das in Berlin-Weißensee wohnhafte und mithin nicht nach § 12 Abs. 1 Satz 1 Alt. 1
LWahlG abstimmungsberechtigte Parteimitglied Dr. H. nicht Mitglied des Ortsverbandes
Dahlem war. Schließlich kommt auch je nach den konkreten Umständen ein Verstoß
gegen das in § 12 Abs. 1 Satz 1 LWahlG festgelegte Gebot der geheimen Stimmabgabe
in Betracht, wenn sich beim Ausfüllen der Stimmzettel im Fall der Parteimitglieder B. und
N. ein weiteres Parteimitglied in der Wahlkabine aufgehalten hat.
Diese Verstöße hätten - ihr Vorliegen unterstellt - jedoch nur dann zur Nichtzulassung
der am 17. September 2001 eingereichten Wahlvorschläge führen müssen, wenn die
Teilnahme dieser Parteimitglieder sich auf das Ergebnis der Wahl der Delegierten und
letztlich auf den Inhalt der Wahlvorschläge hätte auswirken können. Davon kann hier
nicht ausgegangen werden.
Es ist von den Einsprechenden innerhalb der Frist des § 40 Abs. 4 Satz 1 VerfGHG nicht
dargelegt worden, dass die behauptete Teilnahme zweier nicht in Berlin wahlberechtigter
Parteimitglieder und eines nicht dem Ortsverband Dahlem angehörenden
Parteimitglieds sowie die angebliche offene Abstimmung zweier Parteimitglieder bei den
Delegiertenwahlen sich im Ergebnis auf die Wahl auch nur eines Delegierten ausgewirkt
haben. Damit ist erst recht nicht ersichtlich, dass bei einer anderen Verfahrensweise
möglicherweise andere Kandidaten nominiert worden wären. Ohne einen solchen Vortrag
gibt es für den Verfassungsgerichtshof aber keinen Anlass, der Anregung der
Einsprechenden zu folgen und dem Kreisverband Steglitz-Zehlendorf der CDU
aufzugeben, die Protokolle und die Anwesenheitslisten der Aufstellungsversammlungen
seiner Ortsverbände vorzulegen, in denen die Delegierten des Kreisparteitags vom
September 2001 aufgestellt wurden.
Die Einsprechenden halten schließlich die am 17. September 2001 eingereichten
Wahlvorschläge für fehlerhaft, weil das Verfahren ihrer Abwahl satzungswidrig gewesen
sei. Die Abwahl habe weder auf der Tagesordnung des Septemberparteitages gestanden
noch hätte sie mit der Neuwahl der Kandidaten verbunden werden dürfen. Ferner sei die
notwendige Zweidrittelmehrheit nicht zustande gekommen. Die Neuwahl der Kandidaten
habe ferner gegen § 6 Abs. 3 der Satzung des CDU-Landesverbandes verstoßen, weil an
der Wahl der Delegierten des Ortsverbandes Dahlem Parteimitglieder teilgenommen
hätten, deren Mitgliedschaft ruhte.
Diese Satzungsverstöße sind - ihr Vorliegen unterstellt - für die Zulassung der am 17.
September 2001 eingereichten Wahlvorschläge gemäß § 13 Abs. 2 Satz 2 LWahlG
irrelevant, weil sie nicht zugleich einen Verstoß gegen gesetzliche Bestimmungen
darstellen. Insbesondere setzt § 12 LWahlG nicht voraus, dass die Aufstellung neuer
Wahlvorschläge durch eine Partei nur bei (satzungsgemäßer) Abwahl der von einer
früheren Aufstellungsversammlung bestimmten Bewerber zulässig ist. Schließlich ist
auch die Teilnahme von Parteimitgliedern, deren Mitgliedschaftsrechte ruhen, an
Delegiertenwahlen mit § 12 Abs. 1 Sätze 1 und 2 LWahlG vereinbar, da diese Vorschrift
allein auf die Mitgliedschaft als solche abstellt.
Abschließend ist deshalb festzustellen, dass die am 17. September 2001 eingereichten
Wahlvorschläge - abgesehen vom Verstoß gegen das Verbot des Doppelauftretens -
keine Fehler aufweisen, die ihre Nichtzulassung rechtfertigten. Es lag somit für beide
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keine Fehler aufweisen, die ihre Nichtzulassung rechtfertigten. Es lag somit für beide
Vorschläge ein Verstoß gegen das Verbot des Doppelauftretens vor. Aufgrund dieses
Verstoßes waren die Wahlvorschläge vom 20. August 2001 zurückzuweisen. Dass
dementsprechend gleichzeitig auch die später eingereichten Wahlvorschläge nicht
zuzulassen waren, macht das Begehren der Einsprechenden nicht (teilweise) begründet.
Insoweit wären ihre Einsprüche allein auf die zu Unrecht erfolgte Zulassung anderer
Wahlvorschläge gestützt, was im Wahlprüfungsverfahren nicht zum Erfolg führen kann
(vgl. § 40 Abs. 2 Satz 2 VerfGHG).
Die Kostenentscheidung beruht auf den §§ 33, 34 VerfGHG.
Dieses Urteil ist unanfechtbar.
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