Urteil des VerfG Brandenburg vom 02.04.2017

VerfG Brandenburg: amt, zusammenschluss von gemeinden, verfassungsgericht, öffentliche bekanntmachung, eingriff, gesetzgebungsverfahren, anhörung, erfüllung, verfassungsbeschwerde, entziehen

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Gericht:
Verfassungsgericht
des Landes
Brandenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
19/01
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 97 Abs 1 S 1 Verf BB, Art 97
Abs 2 Verf BB, Art 100 Verf BB, §
203 Abs 2 BauGB, § 2 Abs 1
BauGB
Diese Entscheidung hat
Gesetzeskraft.
VerfG Potsdam: Wegen Verstoßes gegen kommunales
Selbstverwaltungsrecht Nichtigkeit der Übertragung der
Zuständigkeit der Flächennutzungsplanung von
amtsangehörigen Gemeinden auf die Ämter durch
Gemeindestrukturgesetzes Art 2 Abs 4
Gründe
A.
Die kommunale Verfassungsbeschwerde wendet sich gegen die Verlagerung der
Zuständigkeit für die Flächennutzungsplanung von den Gemeinden auf die Ämter.
I.
Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Reform der Gemeindestruktur und zur Stärkung der
Verwaltungskraft der Gemeinden im Land Brandenburg (im folgenden:
Gemeindestrukturreformgesetz) führt in § 5 der Amtsordnung folgenden Absatz 4 ein:
"Die Ämter nehmen gemäß § 203 Abs. 2 des Baugesetzbuches die
Flächennutzungsplanung für das Gesamtgebiet der amtsangehörigen Gemeinden wahr.
Für im Verfahren befindliche Flächennutzungspläne amtsangehöriger Gemeinden treten
die Regelungen nach Satz 1 mit Wirksamwerden des letzten noch fehlenden
Flächennutzungsplanes einer amtsangehörigen Gemeinde in Kraft, spätestens jedoch
am Tag nach den nächsten landesweiten Kommunalwahlen. Vor der Beschlussfassung
über den Flächennutzungsplan sind die amtsangehörigen Gemeinden anzuhören. Die
Anregungen der Gemeinden sind zu berücksichtigen."
II.
Die Beschwerdeführerin gehört dem Amt Schenkenländchen an. Für das
Gemeindegebiet der Beschwerdeführerin gibt es keinen genehmigten
Flächennutzungsplan. Mit der Planaufstellung ist noch nicht begonnen worden. Für zwei
zum Amt Schenkenländchen gehörende Gemeinden liegt ein rechtskräftiger
Flächennutzungsplan vor. In den übrigen sieben Gemeinden des Amtes befindet sich das
Planverfahren in unterschiedlichen Stadien.
1. Die Beschwerdeführerin ist der Ansicht, dass die Befugnis, einen Flächennutzungsplan
für das Gemeindegebiet aufzustellen bzw. zu ändern, zu dem durch Art. 97 Abs. 1 und 2
Verfassung des Landes Brandenburg (Landesverfassung - LV) absolut geschützten
Kernbereich der kommunalen Selbstverwaltung gehöre. § 5 Abs. 4 Amtsordnung
(AmtsO), der ihr - und allen anderen amtsangehörigen Gemeinden - diese Befugnis
entziehe, verletze deshalb das Recht auf kommunale Selbstverwaltung.
2. Auch wenn man die Planungshoheit nicht dem Kernbereich der kommunalen
Selbstverwaltung zuordne, verletze die angegriffene Norm das Recht der Gemeinden auf
Selbstverwaltung. Eine Aufgabe mit relevantem örtlichem Charakter dürfe der
Gesetzgeber nur aus Gründen des Gemeinwohls, vor allem dann entziehen, wenn
anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen sei. Gründe, die
eine Verlagerung der Befugnis zur Aufstellung eines Flächennutzungsplans auf das Amt
rechtfertigen könnten, seien nicht ersichtlich. Ökonomische Gründe in der Qualität eines
"unverhältnismäßigen Kostenanstiegs" gebe es nicht, um so weniger als die
verwaltungstechnische Ausführung des Planungsbeschlusses ohnehin dem Amt obliege.
Die Übertragung der Befugnis zur Planung auf das Amt biete keine höhere Gewähr dafür,
dass die Aufgabe ordnungsgemäßer erfüllt werde. Im Gegenteil sei zu befürchten, dass
das Amt als Folge von Ortsferne, ungenügender Ortskenntnis und geringerem Einblick in
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das Amt als Folge von Ortsferne, ungenügender Ortskenntnis und geringerem Einblick in
die spezifisch örtlichen Angelegenheiten eine weniger treffende Planung beschließe.
3. § 5 Abs. 4 AmtsO sei auch aus kompetenzrechtlichen Gründen verfassungswidrig. Das
Amt im Land Brandenburg könne nicht Übertragungsempfänger im Sinne von § 203 Abs.
2 BauGB sein. Zum einen verstoße § 203 Abs. 2 BauGB seinerseits gegen Art. 28 Abs. 2
GG und Art. 97 Abs. 1 und 2 LV zum anderen ermächtige die Vorschrift den
Landesgesetzgeber - unabhängig von den Auswirkungen auf die kommunale
Selbstverwaltung - nicht zu der hier getroffenen Regelung, weil die Ämter im Land
Brandenburg die Tatbestandsvoraussetzungen des § 203 Abs. 2 BauGB nicht erfüllten.
Bei der Auslegung der Vorschrift unter Beachtung des verfassungsrechtlichen Schutzes
der kommunalen Selbstverwaltung und unter Einbeziehung der Entstehungsgeschichte
der Regelung falle das Amt i. S. der brandenburgischen Amtsordnung nicht unter die
Begriffe "Verbandsgemeinde", "Verwaltungsgemeinschaft" und "vergleichbare
gesetzliche Zusammenschlüsse von Gemeinden".
4. Im übrigen habe die Landesregierung vor der Einbringung der Regierungsvorlage zum
Gesetz zur Reform der Gemeindestruktur und zur Stärkung der Verwaltungskraft der
Gemeinden im Land Brandenburg keine Daten über die Kosten der
Flächennutzungsplanung erhoben. Auch jetzt sei sie nicht um eine Feststellung der
tatsächlichen Kosten einer Planung durch die Gemeinden einerseits und durch das Amt
andererseits bemüht, sondern setze die Ämter unter Druck, Daten zu liefern, die die
Auffassung der Regierung belegten.
5. Die angegriffene Regelung sei auch wegen der Verletzung des Art. 97 Abs. 4 LV
verfassungswidrig und damit aufzuheben. Gegen die dort normierte Pflicht, die
Gemeinden und Gemeindeverbände in Gestalt ihrer kommunalen Spitzenverbände
rechtzeitig zu hören, sei im Gesetzgebungsverfahren verstoßen worden. Ob der Städte-
und Gemeindebund Brandenburg in ordnungsgemäßer Form gehört worden sei, könne
dahinstehen. Jedenfalls sei der Gemeindetag Brandenburg nicht angehört worden. Der
Gemeindetag Brandenburg sei ein kommunaler Spitzenverband im Sinne des Art. 97
Abs. 4 LV. Seine Interessenvertretung unterscheide sich von der des Städte- und
Gemeindebundes und des Landkreistages.
Die Beschwerdeführerin beantragt zu erkennen:
Art. 2 Nr. 4 des Gesetzes zur Reform der Gemeindestruktur und zur Stärkung der
Verwaltungskraft der Gemeinden im Land Brandenburg vom 13. März 2001 (GVBl. I S.
30) verletzt das Recht der Beschwerdeführerin auf Selbstverwaltung nach der
Verfassung und ist nichtig.
III.
Der Landtag hat von einer Stellungnahme abgesehen.
IV.
Die Landesregierung hat zu dem Verfahren Stellung genommen. Sie hält die
kommunale Verfassungsbeschwerde jedenfalls für unbegründet.
1. § 5 Abs. 4 AmtsO sei mit dem Bundesrecht vereinbar. Das Amt brandenburgischer
Prägung sei ein mit den rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinden und den baden-
württembergischen Verwaltungsgemeinschaften vergleichbarer gesetzlicher
Zusammenschluss von Gemeinden, dem auch in dem erforderlichen Umfang i. S. von §
203 Abs. 2 BauGB örtliche Selbstverwaltungsaufgaben oblägen. Dies ergebe sich
zunächst aus einem Vergleich mit den Verbandsgemeinden des Landes Rheinland- Pfalz
und den Verwaltungsgemeinschaften des Landes Baden- Württemberg. Insbesondere
die baden-württembergische Verwaltungsgemeinschaft sei - wie das Amt in Brandenburg
- als Gemeindeverwaltungsverband keine Gebietskörperschaft, sondern eine
mitgliedschaftlich organisierte Körperschaft des öffentlichen Rechts. Die Ämter nähmen
auch nur örtliche und keine überörtlichen Aufgaben wahr. Sie unterschieden sich in
dieser Hinsicht von dem Stadtverband Saarbrücken, der nach der Rechtsprechung des
Bundesverfassungsgerichts nicht die Voraussetzungen des § 147 Abs. 2 BBauG (§ 203
Abs. 2 BauGB) erfülle.
§ 203 Abs. 2 Satz 1 BauGB verlange - abgesehen von dem restriktiv zu
interpretierenden Kreis der Übertragungsempfänger - keinen qualitativ oder quantitativ
bestimmten Umfang an Selbstverwaltungsaufgaben, die dem
Gemeindezusammenschluss zustehen müssten. Das Bundesverfassungsgericht habe §
147 Abs. 2 BBauG dahingehend ausgelegt, dass der Landesgesetzgeber die Möglichkeit
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147 Abs. 2 BBauG dahingehend ausgelegt, dass der Landesgesetzgeber die Möglichkeit
habe, die im Rahmen einer Gebietsreform als mildere Lösung gegenüber der Bildung
von Einheits-Großgemeinden geschaffenen Organisationsformen einer zweiten
Gemeindeebene zwangsweise auch mit den Aufgaben nach dem Baugesetzbuch zu
betrauen. Die Ämter im Lande Brandenburg seien "Verwaltungshilfeeinrichtungen" i. S.
einer solchen zweiten gemeindlichen Ebene. Die amtsangehörigen Gemeinden in
Brandenburg hätten infolge ihrer Finanz- und Verwaltungsschwäche in großem Umfang
freiwillige und pflichtige Selbstverwaltungsaufgaben auf die Ämter übertragen. Diese auf
gesetzlicher Grundlage erfolgende Ausstattung der Ämter mit örtlichen
Selbstverwaltungsaufgaben, die auch der Rechtslage in Rheinland-Pfalz und Baden-
Württemberg entspreche, unterstreiche, dass gerade die brandenburgischen Ämter
Gemeindezusammenschlüsse darstellten, denen vergleichsweise viele
Selbstverwaltungsaufgaben zur Erfüllung für ihre Gemeinden zustünden.
2. Der Schutzbereich der Selbstverwaltungsgarantie sei zwar tangiert, der Eingriff sei
jedoch im Ergebnis gerechtfertigt. Zu den von Art. 97 LV umfassten Angelegenheiten
der örtlichen Gemeinschaft zähle auch die Aufgabe der Flächennutzungsplanung als
vorbereitender Teil der Bauleitplanung; sie falle als sog. pflichtige
Selbstverwaltungsaufgabe grundsätzlich in die Zuständigkeit der Gemeinden. Ein
Belassen der Aufgabe der Flächennutzungsplanung bei den Gemeinden führe jedoch zu
einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg bei den Gemeinden bzw. habe bereits dazu
geführt. Die Flächennutzungsplanung stelle insbesondere für kleinere Gemeinden eine
erhebliche Belastung ihres Haushalts dar. Generell könne die Aufstellung von
Flächennutzungsplänen auf Amtsebene erheblich kostengünstiger erfolgen. Die Höhe
der Planungskosten liege zwischen 2.400 DM und 600.000 DM. Erfahrungswerte
ergäben, dass ein Amts- Flächennutzungsplan um 20 - 30 % kostengünstiger als
entsprechende Einzel-Flächennutzungspläne der Gemeinden sei. Eine Modellrechnung
für einen Flächennutzungsplan nach § 37 HOAI zeige, dass bei einem aus vier
Gemeinden in der Größe der Gemeinde Fahrland bestehenden Amt ein gemeinsamer
Amtsflächennutzungsplan nur etwa die Hälfte dessen koste, was für vier eigenständige
Flächennutzungspläne zu veranschlagen sei. Das Verfahren bis zur Genehmigung des
Flächennutzungsplanes sei äußerst kompliziert und zeitaufwendig. Der Entwurf eines
Flächennutzungsplans bedürfe immer wieder der Anpassung. Die daraus folgende
wiederholte öffentliche Auslegung des Entwurfs und öffentliche Bekanntmachung von
Auslegung und Änderungsbeschluss sowie die wiederholte Beteiligung der - bis zu 70 -
Träger öffentlicher Belange sei kostenintensiv, fehleranfällig und verwaltungsaufwändig.
Das im vorliegenden Verfahren vorgelegte Zahlenmaterial ergebe sich größtenteils aus
einer Umfrage, die vom Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr an die
Landräte und Amtsdirektoren gerichtet worden sei und dazu diene, im Rahmen des
Verfassungsbeschwerdeverfahrens bereits vorhandene Erkenntnisse zu verdichten und
aktuelle Beispiele zu liefern. Die Landesregierung verfüge derzeit über keine weiteren
Berechnungen zu den Kosten der Flächennutzungsplanung und ihrer Zuordnung zum
Amt bzw. den amtsangehörigen Gemeinden. Zahlenmaterial zu den im Verfahren
befindlichen Flächennutzungsplänen könne nachgereicht werden.
Der Gesetzgeber habe sich zu der Regelung in § 5 Abs. 4 Satz 1 AmtsO entschließen
müssen, weil anders die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung der
Flächennutzungsplanung nicht sicherzustellen sei. So sei es in zahlreichen Ämtern im
Land Brandenburg zu ineffizienten und unkoordinierten Planungen gekommen. Infolge zu
geringer Verwaltungsressourcen müssten die überwiegend kleinen amtsangehörigen
Gemeinden die Durchführung der Planung an private Planungsbüros abgeben. Eine
Konzentration auf Amtsebene bringe viele Vorteile mit sich, ohne die Rechte der
Gemeinden in nennenswerter Weise zu schmälern. Zur Zeit verfügten nach Auskunft des
Ministeriums für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr nur 395 (27 % von 1.479
Gemeinden des Landes über einen genehmigten Flächennutzungsplan (inklusive
Teilflächennutzungsplänen). Davon hätten nur 169 Gemeinden mit weniger als 500
Einwohnern einen genehmigten Flächennutzungsplan. Hiernach bestehe offensichtlich
kein ausgeprägtes Bedürfnis für einen Flächennutzungsplan. Weiter sei es bei den
Einzelplanungen der Gemeinden zu Problemen im Hinblick auf das interkommunale
Abstimmungsgebot des § 2 Abs. 2 BauGB gekommen. Die kleinräumige Planung habe in
der Vergangenheit nachweisbar dazu geführt, dass in bestimmten Bereichen des Landes
Gewerbe- und Industriegebiete teilweise in direkter Konkurrenz zueinander und entgegen
dem tatsächlichen Bedarf ausgewiesen worden seien. Gleiches gelte für großflächige
Einzelhandelszentren. Eine weitere Fehlentwicklung - auch im Bereich von
Windkraftanlagen - könne in Zukunft durch die Übertragung der Flächennutzungsplanung
auf die Ämter vermieden werden. Die Flächennutzungsplanung auf Amtsebene könne
eine Schutzfunktion gegenüber den Nachbargemeinden und der überörtlichen Regional-
und Landesplanung entfalten. Die Regional- und Landesplanung könne im Sinne des
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und Landesplanung entfalten. Die Regional- und Landesplanung könne im Sinne des
Gegenstromprinzips in dem Umfang grobmaschiger werden, in dem bereits auf
Amtsebene eine koordinierte und zusammenhängende Planung erfolgt sei.
Die Übertragung der Flächennutzungsplanung auf die Ämter sei insgesamt nicht nur
sachgerecht, sondern auch geboten und gemessen an dem abgeschwächten
verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilungsprinzip verfassungslegitim.
Flächennutzungsplanung auf Amtsebene sei in besonderer Weise geeignet, den in § 3
Abs. 2 AmtsO normierten Strukturanforderungen zu genügen. Damit verfolge der
Landesgesetzgeber zugleich das verfassungsrechtlich legitime Ziel einer
Strukturstärkung gerade des ländlichen Raumes und einer Verbesserung der
regionalplanerischen Abstimmung mit benachbarten Gemeinden und Städten.
Es sei das gemeinsame zentrale Anliegen von Landtag und Landesregierung, durch die
Gemeindestruktur- und -gebietsreform die Verwaltungskraft der Gemeinden zu stärken
und die Lebensverhältnisse im gesamten Land möglichst gleichwertig zu gestalten. Dies
könne nur geschehen, wenn amtsfreie Gemeinden und Ämter als gleichwertige
Organisationsformen ausgestaltet seien. Die Übertragung der Bauleitplanung auf die
Ämter sei Teil der notwendigen materiellen Weiterentwicklung des Amtes entsprechend
den Leitlinien der Landesregierung vom 11. Juli 2000.
3. Die Übertragung der Bauleitplanung auf die Ämter entspreche den
verfassungsrechtlichen Anforderungen des Verhältnismäßigkeitsgrundsatzes. Den
Gründen, die die Verlagerung der Trägerschaft für die Flächennutzungsplanung auf die
Ämter rechtfertigten, sei ein höheres Gewicht beizumessen, als - in planerischer Hinsicht
- dem Selbstverwaltungsrecht der einzelnen amtsangehörigen Gemeinde. In die
Abwägung sei einzustellen, dass den Gemeinden die Zuständigkeit zur Aufstellung der
Bebauungspläne verbleibe. Auch bei vorgegebenem Flächennutzungsplan behalte die
Gemeinde ein gewisses Maß an gestalterischer Freiheit. Die Flächennutzungsplanung sei
- im Verhältnis zur Bebauungsplanung - nicht der wesentliche Bestandteil der
Bauleitplanung.
Daneben hätten die amtsangehörigen Gemeinden bei der Gestaltung des
Flächennutzungsplans in ausreichendem Maße Mitwirkungsrechte. Sie seien vor der
Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan im Amtsausschuss anzuhören. Ihre
Anregungen seien zu berücksichtigen. "Berücksichtigen" i. S. von § 5 Abs. 4 Satz 3
AmtsO bedeute zwar nicht "maßgeblich berücksichtigen". Der Begriff sei indes
verfassungskonform auszulegen. Dies bedeute, dass örtliche Planvorstellungen für den
planaufstellenden Amtsausschuss bindend seien, wenn und soweit gerechtfertigte und
überwiegende überörtliche Abstimmungsinteressen nicht entgegenstünden. Die
eigenständige Aufgabenwahrnehmung werde im übrigen durch die Partizipation an der
Entscheidung des Amtes ersetzt. Die Beschlusspraxis im Amtsausschuss lasse sich
verfassungskonform ausgestalten. Das Amt habe nur eine dienende Funktion. Es nehme
mit der Flächennutzungsplanung eine Tätigkeit wahr, die Ausfluss der Planungshoheit
der amtsangehörigen Gemeinde sei. Auch nach ihrer gesetzlichen Übertragung auf das
Amt bleibe diese Aufgabe weiterhin in der Gemeinde verankert.
4. Der Gemeindetag Brandenburg erfülle nicht die Voraussetzungen eines kommunalen
Spitzenverbandes. Unabhängig davon sei er während des Gesetzgebungsverfahrens
vom Innenausschuss des Landtages Brandenburg angehört worden.
V.
Der Städte- und Gemeindebund Brandenburg vertritt die Auffassung, dass § 5 Abs. 4
AmtsO zwar in das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinden eingreife. Dieser Eingriff sei
indes vor dem Hintergrund der anstehenden Gemeindestrukturreform als ein Element
der notwendigen Fortentwicklung der Ämter zu sehen. Die Aufgabenverlagerung auf das
Amt bilde eine zentrale Säule der Gemeindestrukturreform. Der Flächennutzungsplan
habe - durch Änderungen des Baugesetzbuches und des Bundesnaturschutzgesetzes -
in den letzten Jahren erheblich an Bedeutung gewonnen. Die kleinen und
Kleinstgemeinden im Land Brandenburg seien nicht in der Lage, diese komplizierte
Planung durchzuführen. Dies zeige sich in der geringen Anzahl (378) bislang
genehmigter Flächennutzungspläne.
VI.
Der Gemeindetag Brandenburg hat in der mündlichen Verhandlung die Argumente der
Beschwerdeführerin aufgegriffen und vertieft.
B.
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Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulässig und begründet.
I.
Die kommunale Verfassungsbeschwerde ist zulässig.
1. Die Beschwerdeführerin ist beschwerdebefugt. Der Entzug der
Flächennutzungsplanung als gemeindliche Aufgabe begründet ihre Beschwerdebefugnis.
Das Selbstverwaltungsrecht der Gemeinde schließt ein, geltend machen zu können, ihr
werde die Zuständigkeit für eine bestimmte Aufgabe entzogen (vgl. Verfassungsgericht
des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 1996 - VfGBbg 5/95 - LVerfGE 5, 79, 84
für den Entzug einer pflichtigen Selbstverwaltungsaufgabe zur Erfüllung nach Weisung).
2. Die Beschwerdeführerin ist auch unmittelbar betroffen. Die durch Art. 2 Nr. 4
Gemeindestrukturreformgesetz eingeführte Regelung des § 5 Abs. 4 AmtsO bedarf
keines behördlichen Umsetzungsaktes. Mit Inkrafttreten dieser Vorschrift am 16. März
2001 ist das Amt Träger der Flächennutzungsplanung geworden. Die Übergangsregelung
des § 5 Abs. 4 Satz 2 AmtsO, wonach die Regelung des Satzes 1 der Vorschrift zu einem
späteren Zeitpunkt (mit Wirksamwerden des letzten noch fehlenden
Flächennutzungsplanes einer amtsangehörigen Gemeinde, spätestens am Tag nach den
nächsten landesweiten Kommunalwahlen) in Kraft tritt, gilt nach ihrem Sinn und Zweck
nur für im Verfahren befindliche Flächennutzungspläne und damit nur für Gemeinden,
die das Planverfahren bereits eingeleitet haben. Hierzu zählt die Beschwerdeführerin
nicht; sie hat mit der Aufstellung eines Flächennutzungsplans noch nicht begonnen.
II.
Die Verfassungsbeschwerde ist begründet. § 5 Abs. 4 AmtsO ist nicht mit Art. 97 LV
vereinbar. Zwar handelt es sich bei den brandenburgischen Ämtern um "vergleichbare
gesetzliche Zusammenschlüsse von Gemeinden" i. S. des § 203 Abs. 2 BauGB. § 5 Abs.
4 AmtsO wird jedoch den Anforderungen nicht gerecht, die Art. 97 LV an die Hochzonung
einer Selbstverwaltungsaufgabe stellt. Im einzelnen:
1. Das gemeindliche Selbstverwaltungsrecht i. S. von Art. 97 LV umfasst die
eigenverantwortliche Wahrnehmung von Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft.
Hierzu gehört das Recht der Gemeinde, die städtebauliche Entwicklung ihres Gebietes
sowie seine bauliche und sonstige Nutzung zu ordnen. Teil dieser Planungshoheit ist die
örtliche Bauleitplanung. Sie zählt zu den Aufgaben des örtlichen Wirkungskreises, die von
der Selbstverwaltungsgarantie umfasst sind (so Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg, Urteil vom 15. Juni 2000 - VfGBbg 32/99 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11,
99, 118 unter Hinweis auf BVerfGE 76, 107, 117; Löwer, in: von Münch/Kunig, GG, Bd. 2,
5. Aufl. 2001, Art. 28 Rn. 74). Die durch § 5 Abs. 4 AmtsO bewirkte Übertragung der
Zuständigkeit für die Flächennutzungsplanung auf das Amt entzieht den
amtsangehörigen Gemeinden die Kompetenz zu vorbereitender Bauleitplanung. Das
stellt sich offenkundig als Eingriff in die Planungshoheit der Beschwerdeführerin dar.
2. Offenbleiben kann, ob die Planungshoheit - und speziell die Kompetenz, einen
Flächennutzungsplan aufzustellen -in den Kernbereich der kommunalen
Selbstverwaltung fällt. Denn einer vollständigen Unentziehbarkeit der Bauleitplanung
stehen jedenfalls Regelungen des Bundesrechts entgegen (vgl. dazu Löwer, in: von
Münch/Kunig, GG, Bd. 2, 5. Aufl. 2001, Art. 28 Rn. 76, der in der gesetzlichen
Bestimmung einer Ausübung der Planungshoheit nur im Verbund mit anderen
Gemeinden keine Verletzung des Kernbereichs sieht). Nach § 203 Abs. 2 BauGB kann
der Landesgesetzgeber unter den dort genannten Voraussetzungen den Gemeinden die
Befugnis zur Bauleitplanung entziehen. Diese bundesrechtliche Bestimmung ginge
einem weitergehenden landesverfassungsrechtlichen Schutz der kommunalen
Selbstverwaltung vor. § 203 Abs. 2 BauGB verstößt auch nicht seinerseits gegen das
Grundgesetz und das dort geregelte Recht auf kommunale Selbstverwaltung. Das
Bundesverfassungsgericht hat in seiner Entscheidung über den Stadtverband
Saarbrücken (BVerfGE 77, 288 ff.) § 147 Abs. 2 BBauG, als wortgleiche Vorgängernorm
zu § 203 Abs. 2 BauGB, als verfassungsrechtlich unbedenklich angesehen (vgl. BVerfGE
77, 288, 306 f.). § 203 Abs. 2 BauGB lässt damit als vorrangiges Bundesrecht unter den
dort bestimmten Voraussetzungen einem Eingriff in die kommunale Selbstverwaltung
nach Maßgabe der hierfür geltenden allgemeinen Vorgaben grundsätzlich zu (in diesem
Sinne auch Staatsgerichtshof des Landes Baden-Württemberg, Urteil vom 8. Mai 1976 -
GR 2, 8/75 -, DÖV 1976, 595, 597).
3. § 5 Abs. 4 AmtsO unterfällt der durch § 203 Abs. 2 BauGB eröffneten
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3. § 5 Abs. 4 AmtsO unterfällt der durch § 203 Abs. 2 BauGB eröffneten
landesgesetzlichen Regelungsbefugnis.
a. Gesetzgebungskompetenz des Landes ist gegeben. Das erkennende Gericht prüft in
ständiger Rechtsprechung, ob sich der brandenburgische Gesetzgeber im Rahmen
seiner landesgesetzlichen Kompetenz hält. Es handelt sich insoweit nicht um eine
bundesrechtliche Vorfrage, so dass das Gericht nicht etwa gehalten wäre,
gegebenenfalls das Bundesverfassungsgericht nach Art. 100 Abs. 1 GG anzurufen. Das
Landesverfassungsgericht hat vielmehr eigenständig und abschließend zu prüfen, ob ein
Verstoß gegen bundesrechtliche Kompetenzvorschriften einen Verstoß gegen die
brandenburgische Landesverfassung darstellt. Der landesverfassungsrechtliche
Anknüpfungspunkt liegt dabei im Rechtsstaatsgebot des Art. 2 LV, das es dem
Landesgesetzgeber untersagt, Landesrecht zu setzen, ohne dazu befugt zu sein (vgl.
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 21. März 1996 - VfGBbg 18/95 -
, LVerfGE 4, 114, 129; Urteil vom 18. Juni 1998 - VfGBbg 27/97 -, LVerfGE 8, 97, 118 ff.; s.
auch Urteil vom 15. Juni 2000 - VfGBbg 32/99 -, LVerfGE Suppl. Bbg. zu Bd. 11, 99, 121).
Das Gericht hält an dieser Rechtsprechung fest. Der Beschluss des
Bundesverfassungsgerichts vom 7. Mai 2001, in dem es sich als Verfassungsgericht des
Landes Schleswig-Holstein gegen ein Hineinwirken bundesrechtlicher
Kompetenzabgrenzungsregelungen in die Landesverfassung ausspricht (vgl. BVerfG,
DVBl. 2001, 1415 ff.), gibt keinen Anlass, davon abzugehen. Die Verfassungslage im
Land Brandenburg unterscheidet sich von derjenigen in Schleswig-Holstein. Art. 2 Abs. 5
LV bestimmt ausdrücklich, dass die Bestimmungen des Grundgesetzes denen der
Landesverfassung vorgehen und die Gesetzgebung an Bundesrecht und die
Landesverfassung gebunden ist. Damit öffnet sich die Landesverfassung für die im
Grundgesetz getroffene Kompetenzabgrenzung zwischen Bund und Ländern.
b. Der Bund hat von seiner ihm durch Art. 72 Abs. 1 Nr. 18 GG zugewiesenen
Gesetzgebungskompetenz mit dem Baugesetzbuch abschließend Gebrauch gemacht
(vgl. BVerfGE 77, 288, 301). Gemäß § 2 Abs. 1 BauGB fällt die Flächennutzungsplanung
danach in die Zuständigkeit der Gemeinden. Der Landesgesetzgeber ist zu einer hiervon
abweichenden Regelung nur befugt, soweit § 203 Abs. 2 BauGB dies zulässt.
c. Die brandenburgischen Ämter sind gesetzliche Zusammenschlüsse i. S. von § 203
Abs. 2 BauGB.
aa. "Gesetzliche" Zusammenschlüsse sind auch solche, die durch freiwilligen
Zusammenschluss benachbarter Gemeinden entstanden sind, sofern die Möglichkeit
hierzu landesweit gegeben ist und das Zustandekommen des Zusammenschlusses
sowie seine Aufgaben und Arbeitsweise durch Landesgesetz geregelt sind (vgl. zu den
freiwilligen Zusammenschlüssen: Kalb, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 203 Rn.
34). Nach § 203 Abs. 2 BauGB können Aufgaben der Gemeinden nach dem
Baugesetzbuch auf "Verbandsgemeinden", "Verwaltungsgemeinschaften" oder
"vergleichbare gesetzliche Zusammenschlüsse von Gemeinden" übertragen werden. Mit
den im Gesetz benannten Gemeindeverbänden sind die (rheinland-pfälzische)
Verbandsgemeinde und die (baden- württembergische) Verwaltungsgemeinschaft
gemeint. Andere "gesetzliche Zusammenschlüsse von Gemeinden", auf die an sich den
Gemeinden zustehende Aufgaben durch Landesgesetz übertragen werden können,
müssen einem dieser beiden Modelle vergleichbar sein. Insoweit sind lediglich
weitgehende strukturelle Übereinstimmungen, nicht jedoch eine vollständige Identität in
Struktur und Kompetenzen erforderlich.
bb. Gegen die Bewertung des brandenburgischen Amtes als vergleichbarer gesetzlicher
Zusammenschluss i. S. von § 203 Abs. 2 BauGB spricht nicht, dass es sich bei den
Ämtern um Gemeindeverbände, also nicht um Gebietskörperschaften handelt. Einer
dahingehenden Auslegung des § 203 Abs. 2 BauGB steht die Aufnahme der (baden-
württembergischen) Verwaltungsgemeinschaften entgegen, mit denen die
brandenburgischen Ämter durchaus "vergleichbar" sind. Auf die Struktur der
niedersächsischen Samtgemeinde kommt es für die Auslegung des § 203 Abs. 2 BauGB
schon deshalb nicht an, weil die Samtgemeinden nicht mit genannt sind. Die in § 203
Abs. 2 BauGB genannte (rheinland-pfälzische) Verbandsgemeinde ist freilich eine
Gebietskörperschaft mit einem direkt gewählten Verbandsgemeinderat; die Auflösung
und Neubildung einer Verbandsgemeinde ist dem Gesetzgeber vorbehalten (vgl. § 64
Abs. 1, § 65 Abs. 2 GemO Rh-Pf). Mit diesen Strukturen ist das brandenburgische Amt in
der Tat nicht vergleichbar. Dagegen sind die baden-württembergische
Verwaltungsgemeinschaft und das brandenburgische Amt ohne weiteres vergleichbar. In
Baden- Württemberg können benachbarte Gemeinden desselben Landkreises eine
Verwaltungsgemeinschaft bilden bzw. vereinbaren, dass eine Gemeinde die Aufgaben
eines Gemeindeverwaltungsverbandes erfüllt (§ 59 Abs. 1 GemO BW). Ähnlich gibt in
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eines Gemeindeverwaltungsverbandes erfüllt (§ 59 Abs. 1 GemO BW). Ähnlich gibt in
Brandenburg § 1 Abs. 1 Satz 1 AmtsO vor, dass Ämter Körperschaften des öffentlichen
Rechts sind, die aus aneinander grenzenden Gemeinden desselben Landkreises
bestehen. Dem Amtsausschuss nach § 6 Abs. 1 AmtsO vergleichbar besteht die
Verbandsversammlung des Gemeindeverwaltungsverbandes in Baden-Württemberg aus
dem Bürgermeister und mindestens einem weiteren Vertreter jeder Mitgliedsgemeinde,
der von der Gemeindeversammlung aus ihrer Mitte gewählt wird (§ 60 Abs. 3 GemO BW).
Insgesamt lässt sich der Anführung der baden-württembergischen
Verwaltungsgemeinschaften als Beispielsfall für "vergleichbare gesetzliche
Zusammenschlüsse" in § 203 Abs. 2 BauGB entnehmen, dass als "vergleichbare
gesetzliche Zusammenschlüsse" auch solche freiwilligen Zusammenschlüsse von
Gemeinden anzusehen sind, für die, wie es bei den brandenburgischen Ämtern der Fall
ist, eine allgemeine, landesweit geltende gesetzliche Regelung gilt, welche Bildung,
Ausgestaltung und Aufgaben des Zusammenschlusses regelt und die in diesem Sinne in
einer den in § 203 Abs. 2 BauGB genannten Beispielsfällen vergleichbaren Weise
gesetzlich durchstrukturiert sind (vgl. hierzu Schmidt-Eichstaedt, NVwZ 1997, 846, 849;
zur Vergleichbarkeit mit den baden- württembergischen Verwaltungsgemeinschaften
auch Kalb, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 203 Rn. 34) .
Die Gesetzesgeschichte zu § 203 Abs. 2 BauGB stützt diese Auslegung. Die wortgleiche
Vorgängernorm zu § 203 Abs. 2 BauGB, § 147 Abs. 2 BBauG, wurde 1976 auf Vorschlag
des Bundesrates in das Bundesbaugesetz eingefügt. Aus dem Gesetzgebungsverfahren
zu § 147 Abs. 2 BBauG ergibt sich kein greifbarer Anhaltspunkt dafür, dass "gesetzlicher
Zusammenschluss" i. S. von durch Gesetz vollzogener Zusammenschluss (so aber Kalb,
in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 203 Rn. 29 und 33; Fiskale, in: Berliner
Kommentar zum BauGB, 2. Aufl. 1995, § 203 Rn. 17) zu verstehen sei. Der von der
Bundesregierung erarbeitete "Entwurf eines Gesetzes zur Änderung des
Bundesbaugesetzes" sah die Einführung einer dem heutigen § 203 Abs. 2 BauGB
entsprechenden Vorschrift noch nicht vor. Diese Regelung gelangte erst über die
Stellungnahme des Bundesrates in das Gesetzgebungsverfahren. Der Bundesrat
begründete seinen Antrag wie folgt:
"Im Kommunalverfassungsrecht der Länder sind neue Formen kommunaler
Körperschaften in der Gemeindeebene geschaffen worden, z. B. die Samtgemeinden im
Lande Niedersachsen, die Verbandsgemeinden im Lande Rheinland-Pfalz und der
Stadtverband Saarbrücken im Saarland. Es kann zweckmäßig sein, diesen neuen
kommunalen Körperschaften städtebauliche Aufgaben zu übertragen. Dies soll durch die
neue Vorschrift ermöglicht werden." (BT-Drs. 7/2496 vom 22.08.1974).
Im Bericht und Antrag des Ausschusses für Raumordnung, Bauwesen und Städtebau
(15. Ausschuss) heißt es:
"Die von der Ausschussmehrheit empfohlene Ergänzung des § 147 Abs. 1 a sieht
dagegen entsprechend dem Bundesratsvorschlag vor, dass durch Landesgesetz
sämtliche städtebaulichen Aufgaben auf im Zusammenhang mit der Verwaltungsreform
neu geschaffene gesetzliche Gemeindezusammenschlüsse übertragen werden können.
Die Ausschussminderheit sprach sich auch hier dafür aus, die Aufgabenübertragung auf
die Flächennutzungsplanung zu beschränken. Der Ausschuss hat im übrigen
ausdrücklich klargestellt, dass die Gemeinde in jedem Fall der Aufstellung der
Bauleitplanung durch andere Planungsträger zu beteiligen ist . ... Bei einer
Aufgabenübertragung nach § 147 Abs. 1 a ist gleichzeitig zu regeln, wie die Gemeinden
an der Aufgabenerfüllung mitwirken." (BT-Drs. 7/4793, S. 9).
Die zunächst - neben den rheinland-pfälzischen Verbandsgemeinden - im Entwurf
genannten niedersächsischen Samtgemeinden wurden sodann im
Vermittlungsverfahren gestrichen. In seinem Beschluss, den Vermittlungsausschuss
anzurufen, hat der Bundesrat die Änderung wie folgt begründet:
"In Absatz 1 a ist in Satz 1 a) das Wort 'Samtgemeinden' zu streichen und b) nach dem
Wort 'Verbandsgemeinden' das Wort 'Verwaltungsgemeinschaften' einzufügen.
Begründung zu Buchstabe a: Im Unterschied zu den rheinland-pfälzischen
Verbandsgemeinden sind die niedersächsischen Samtgemeinden freiwillige
Zusammenschlüsse und damit Planungsverbände im Sinne des § 4 Abs. 1 des
Bundesbaugesetzes. Das ist in der Begründung zum niedersächsischen Zweiten Gesetz
zur Verwaltungs- und Gebietsreform vom 9. Juli 1971 (Einführung der heutigen Form der
Samtgemeinde) und bei seiner parlamentarischen Beratung ausdrücklich
hervorgehoben worden. Eine Übertragung von Aufgaben durch Landesgesetz im Sinne
von § 147 Abs. 1 a liegt somit nicht vor und kann auch in Zukunft nicht in Betracht
kommen. § 147 Abs. 1 a ist daher auf die niedersächsischen Samtgemeinden, die schon
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kommen. § 147 Abs. 1 a ist daher auf die niedersächsischen Samtgemeinden, die schon
heute für die Aufstellung der Flächennutzungspläne zuständig sind, nicht anwendbar. Die
Bildung von weiteren Samtgemeinden ist in Niedersachsen nicht vorgesehen. Die
Neubildung ist bereits im Jahr 1974 abgeschlossen worden. Die vom Bundestag
beschlossene Formulierung geht daher für die Samtgemeinden ins Leere. Allenfalls kann
sie dazu führen, dass Missverständnisse auftreten, und dass dadurch die
Rechtmäßigkeit von Planungen der heute bereits bestehenden Samtgemeinden in
Zweifel gezogen wird.
Zu Buchstabe b: Nach der vom Bundestag beschlossenen Fassung des Absatzes 1 a
können Aufgaben nur auf den Samtgemeinden, 'vergleichbare gesetzliche
Zusammenschlüsse von Gemeinden' übertragen werden. Bei dieser Formulierung ist
nicht gewährleistet, dass eine Aufgabenübertragung auch auf
Verwaltungsgemeinschaften, wie sie insbesondere in Baden- Württemberg gebildet
wurden, erfolgen kann. Verwaltungsgemeinschaften können nicht als 'vergleichbare
Zusammenschlüsse' angesehen werden, weil einmal mit Rücksicht auf den
Verbandscharakter der Verwaltungsgemeinschaften das Merkmal der Vergleichbarkeit
mit den Samt- und Verbandsgemeinden nicht gegeben ist, zum anderen, weil es auch
freiwillig gebildete Verwaltungsgemeinschaften gibt." (BT-Drs. 7/5059, S. 10).
Der Vermittlungsausschuss übernahm diesen Antrag (vgl. BT-Drs. 7/5204, S. 5). Die
Änderung wurde Gesetz. Hiernach ergeben die Bundestagsdrucksachen insgesamt,
dass über die Aufnahme von "Verwaltungsgemeinschaften", "wie sie insbesondere in
Baden- Württemberg gebildet wurden", gerade auch Zusammenschlüsse von
Gemeinden mit Verbandscharakter und auf freiwilliger Basis mit erfasst werden sollten.
Die von der Beschwerdeführerin vertretene Auslegung des § 203 Abs. 2 BauGB dahin,
dass die Kompetenz zur Flächennutzungsplanung nur auf Gebietskörperschaften oder
andere Körperschaften mit direkt gewählter Vertretung übertragen werden dürfe, ist
verfassungsrechtlich nicht geboten. Richtig ist; dass die brandenburgischen Ämter -
ebenso wie die baden-württembergischen Verwaltungsgemeinschaften - nicht über eine
für diesen Zweck unmittelbar gewählte demokratische Volksvertretung verfügen. Der
Amtsausschuss setzt sich aus den Bürgermeistern der amtsangehörigen Gemeinden
und weiteren aus der Mitte der Gemeindevertretung gewählten Vertretern zusammen.
Seine Mitglieder werden somit nicht unmittelbar durch das Volk gewählt. Sie sind jedoch
- über die Wahl der Bürgermeister und aus der Mitte der Gemeindevertretungen -
mittelbar demokratisch legitimiert. Die Erstellung eines Flächennutzungsplans durch
eine Körperschaft, deren Entscheidungsträger nur mittelbar demokratisch legitimiert
sind, ist nicht von vornherein unzulässig und bleibt mit dem System des
Baugesetzbuches in Einklang (vgl. z. B. § 205 BauGB). Der Flächennutzungsplan ist
keine Satzung und hat keinen Rechtsnormcharakter. Er entfaltet dem Bürger gegenüber
keine unmittelbare Rechtswirkung. In dem hier in Rede stehenden Zusammenhang
interessiert im übrigen vor allem die Wirkung, die die Übertragung der Bauleitplanung auf
eine andere Körperschaft als Eingriff in das Recht auf kommunale Selbstverwaltung
entfaltet. Diese Wirkung auf die Gemeinde ist die nämliche unabhängig davon, ob der
Übertragungsempfänger unmittelbar oder nur mittelbar demokratisch legitimiert ist.
cc. Allerdings lässt sich die zwangsweise Übertragung der Bauleitplanung auf eine
andere Körperschaft überhaupt nur dann rechtfertigen, wenn die
Flächennutzungsplanung auf der kommunalen Ebene verbleibt. Voraussetzung hierfür ist
deshalb, dass es sich bei dem Übertragungsempfänger um eine "zweite
Gemeindeebene" (vgl. BVerfGE 77, 288, 307) handelt, d. h. um eine Körperschaft, der
durch Landesrecht Selbstverwaltungsaufgaben übertragen sind. Das
Bundesverfassungsgericht hat im Hinblick auf § 147 Abs. 2 BBauG darauf abgestellt,
dass Verbandsgemeinden, Verwaltungsgemeinschaften und vergleichbaren gesetzlichen
Zusammenschlüssen von Gemeinden gemeinsam sei, dass ihnen nach Landesrecht
örtliche Selbstverwaltungsaufgaben obliegen. Erst eine solche Betrauung mit örtlichen
Selbstverwaltungsaufgaben mache die "Zusammenschlüsse" mit den
Verbandsgemeinden und Verwaltungsgemeinschaften "vergleichbar". Allein dies
entspreche dem Zweck der Vorschrift und ihrem systematischen Verhältnis zu § 147
Abs. 1 BBauG (jetzt: § 203 Abs. 1 BauGB). Während Absatz 1 die
Kompetenzübertragung auch "auf eine andere Gebietskörperschaft" im Einvernehmen
mit der Gemeinde gestatte, fasse Absatz 2 den Kreis der möglichen
Übertragungsempfänger wesentlich enger und gestatte dem Landesgesetzgeber (nur),
die im Rahmen der Gebietsreform als mildere Lösung gegenüber der Bildung von
Einheits-Großgemeinden geschaffenen Organisationsformen einer "zweiten
Gemeindeebene" mit Aufgaben nach dem Baugesetzbuch zu betrauen, wenn
Ortsgemeinden mit zu geringer Verwaltungskraft sich nicht zu einer freiwilligen Lösung
nach Absatz 1 zusammen gefunden hätten (BVerfGE 77, 288, 306 f.). Im Sinne des §
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nach Absatz 1 zusammen gefunden hätten (BVerfGE 77, 288, 306 f.). Im Sinne des §
147 Abs. 2 BBauG seien "nach Landesrecht obliegende" örtliche
Selbstverwaltungsaufgaben nur solche, die unmittelbar und konkret durch Landesgesetz
übertragen worden seien. Eben und gerade dadurch werde die Zugehörigkeit zur zweiten
örtlichen Ebene bestimmt und abgesichert (BVerfGE 77, 288, 307; dem folgend:
Schmidt-Eichstaedt, NVwZ 1997, 846, 849 f. und Battis, in: Battis/Krautzberger/Löhr,
BauGB, 8. Aufl. 2002, § 203 Rn. 7). In Abgrenzung zur überörtlichen Landkreisebene wird
damit der Schwerpunkt auf die "zweite Gemeindeebene" gelegt. Besondere
Anforderungen an die gesetzlich übertragenen Selbstverwaltungsaufgaben stellt das
Bundesverfassungsgericht hingegen nicht. Hierfür ergibt sich auch keine Veranlassung.
Sinn und Zweck der Gemeindeverbände ist es, die Selbstverwaltungskraft der
verbandsangehörigen Gemeinden zu stärken und eine Alternative zur Einheitsgemeinde
zu bieten bzw. deren Bildung zu verhindern. Vor diesem Hintergrund ist es folgerichtig,
wenn sich der Gesetzgeber mit der zwingenden Verlagerung von
Selbstverwaltungsaufgaben auf die Verbandsebene zurückhält und den
verbandsangehörigen Gemeinden diese Aufgaben weitgehend belässt bzw. die
Übertragung auf den Gemeindeverband in die Entscheidungskompetenz der Gemeinden
stellt. Auch den - als Regelbeispiel in § 203 Abs. 2 BauGB genannten - baden-
württembergischen Verbandsgemeinden nach §§ 59 ff. GemO BW obliegen in erster Linie
dienende Aufgaben zugunsten der verbandsangehörigen Gemeinden. Nach § 61 GemO
BW haben die Verwaltungsgemeinschaften die Gemeinden zu beraten und ihnen
Personal zur Verfügung zu stellen. Im Namen der Mitgliedsgemeinden und nach deren
Beschlüssen und Anordnungen erledigt der Verwaltungsverband die technischen
Angelegenheiten bei der verbindlichen Bauleitplanung und der Durchführung von
Bodenordnungsmaßnahmen und Maßnahmen nach dem Städtebauförderungsgesetz,
ferner die Planung, Bauleitung und örtliche Bauaufsicht bei den Vorhaben des Hoch- und
Tiefbaus, die Unterhaltung und den Ausbau der Gewässer zweiter Ordnung sowie die
Abgaben-, Kassen- und Rechnungsgeschäfte (sog. Erledigungsaufgaben). Zur Erfüllung
in (originär) eigener Zuständigkeit und an Stelle der Mitgliedsgemeinden werden den
Verwaltungsgemeinschaften nach § 61 Abs. 4 Satz 1 GemO BW (nur) die vorbereitende
Bauleitplanung und die Aufgaben des Trägers der Straßenbaulast für die
Gemeindeverbindungsstraßen übertragen.
Auch in dieser Hinsicht ist das brandenburgische Amt der baden- württembergischen
Verwaltungsgemeinschaft im Sinne einer "zweiten Gemeindeebene" vergleichbar. Das
Amt dient nach § 1 Abs. 2 AmtsO der Stärkung der Selbstverwaltung der
amtsangehörigen Gemeinden und verwaltet deren Gebiete zum Besten ihrer Einwohner.
Die Ämter treten als Träger von Aufgaben der öffentlichen Selbstverwaltung an die Stelle
der amtsangehörigen Gemeinden, soweit die Gesetze es bestimmen oder zulassen.
Aufgabe des Amtes ist die Unterstützung der Gemeinden und ihre Beratung bei der
Wahrnehmung ihrer gesetzlichen Aufgaben (vgl. § 5 Abs. 3 Satz 1 AmtsO). Gemäß § 4
Abs. 1 AmtsO bereitet das Amt durch den Amtsdirektor im Benehmen mit dem
jeweiligen Bürgermeister bei Selbstverwaltungsaufgaben die Beschlüsse der
Gemeindevertretung vor und führt sie nach Beschlussfassung durch. Dem Amt obliegt
aber nicht etwa - was über eine zweite "Gemeinde"ebene hinausführen würde - die
Kommunalaufsicht; die Rechte der Aufsichtsbehörden bleiben unberührt (vgl. § 5 Abs. 3
Satz 2 AmtsO). Zwar können nach § 5 Abs. 1 Satz 2 AmtsO zur Gewährleistung einer
bürgernahen Aufgabenerledigung Ämtern, die über die erforderliche Verwaltungskraft
verfügen, Verwaltungsaufgaben übertragen werden, die ansonsten die Landkreise
wahrnehmen, sofern die Leistungskraft des jeweiligen Landkreises erhalten bleibt. Auch
dies begründet jedoch keine Kommunalaufsicht über die amtsangehörigen Gemeinden,
sondern geht gegebenenfalls "zu Lasten" des Kreises. Ansonsten ist das Amt aber nach
§ 5 Abs. 1 Satz 1 AmtsO Träger der ihm durch Gesetz oder Verordnung übertragenen
Pflichtaufgaben zur Erfüllung nach Weisung. Sie stellen sich im Land Brandenburg als
Aufgabentypus dar, der von einem - dualistisch gesprochen - staatlichen Weisungsrecht
"überlagert" wird, jedoch Elemente gemeindlicher Selbstverwaltung enthält und deshalb
zumindest teilweise - nämlich auf den weisungsfreien Raum bezogen - dem
Selbstverwaltungsbereich angehört (Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil
vom 17. Oktober 1996 - VfGBbg 5/95 -, LVerfGE 5, 79, 88 f.).
4. Nach Art. 97 Abs. 4 LV sind die Gemeinden und die Gemeindeverbände in Gestalt
ihrer kommunalen Spitzenverbände rechtzeitig zu hören, bevor durch Gesetz oder
Rechtsverordnung allgemeine Fragen geregelt werden, die sie unmittelbar berühren.
Diesem Anhörungserfordernis ist hier ausreichend Genüge getan. Das Gericht hat für
den Fall der Auflösung eines Gemeindeverbandes entschieden, dass für die von
Verfassungs wegen geforderte Anhörung (Art. 98 Abs. 3 Satz 3 LV) kein bestimmtes
förmliches Verfahren vorgeschrieben ist (vgl. Verfassungsgericht des Landes
Brandenburg, Urteil vom 15. September 1994 - VfGBbg 3/93 -, LVerfGE 2, 143, 156).
Entsprechendes hat für die (allgemeine) Anhörung nach Art. 97 Abs. 4 LV zu gelten
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Entsprechendes hat für die (allgemeine) Anhörung nach Art. 97 Abs. 4 LV zu gelten
(Urteil vom 17. Oktober 1996 - VfGBbg 5/95 -, LVerfGE 5, 79, 90). Von daher kann hier
dahinstehen, ob der Gemeindetag Brandenburg neben dem Landkreistag Brandenburg
und dem Städte- und Gemeindebund Brandenburg die Voraussetzungen eines
kommunalen Spitzenverbandes i. S. des Art. 97 Abs. 4 LV erfüllt. Denn jedenfalls ist er in
einer Weise angehört worden, die den verfassungsrechtlichen Anforderungen genügen
würde. In der 21. Sitzung des Ausschusses für Inneres des Landtages Brandenburg am
15. Februar 2001 wurden - neben einzelnen Gemeinden und Ämtern sowie dem
Kommunalwissenschaftlichen Institut der Universität Potsdam, dem
Kommunalpolitischen Forum Land Brandenburg und anderen Institutionen - die Vertreter
des Landkreistages Brandenburg und des Städte- und Gemeindebundes Brandenburg
sowie des Gemeindetages Brandenburg gehört. Gegenstand dieser öffentlichen
Anhörung waren der Gesetzentwurf der Landesregierung für das "Gesetz zur Reform der
Gemeindestruktur und zur Stärkung der Verwaltungskraft der Gemeinden im Land
Brandenburg" (LT-Drs. 3/2233) und der Entwurf der Fraktion der PDS für ein "Gesetz über
die Grundsätze der Gemeindegebietsreform im Land Brandenburg" (LT- Drs. 3/2250).
Diese Entwürfe wurden zusammen mit einem Fragenkatalog auch dem Gemeindetag
Brandenburg zur Vorbereitung der Anhörung zugeleitet. Alle drei Verbände haben
sodann schriftliche Stellungnahmen abgegeben und vor dem Ausschuss für Inneres
mündlich ihre Auffassungen dargelegt.
5. § 5 Abs. 4 AmtsO wird aber nicht den Anforderungen gerecht, die Art. 97 LV an die
Übertragung einer Selbstverwaltungsaufgabe von den Gemeinden auf die Ämter stellt.
Ebenso wie Art. 28 Abs. 2 Satz 1 GG (vgl. hierzu BVerfGE 79,127, 152) räumt auch Art.
97 Abs. 2 LV Gemeinden in den Angelegenheiten der örtlichen Gemeinschaft einen
Vorrang ein, den der Gesetzgeber bei der Zuordnung von Aufgaben grundsätzlich auch
im Verhältnis der Gemeinden zu den Ämtern zu berücksichtigen hat (vgl.
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 1996 - VfGBbg
5/95 -, LVerfGE 5, 79, 89 f.). Nur wenn die Aufgabe keinen oder keinen relevanten
örtlichen Charakter besitzt, ist der Gesetzgeber in der Aufgabenzuordnung frei (vgl.
BVerfGE 79, 127, 152). Hat die Aufgabe indes örtliche Relevanz, muss der Gesetzgeber
berücksichtigen, dass sie insoweit grundsätzlich der Gemeindeebene zuzuordnen ist
(BVerfGE, ebd.). Will er die Aufgabe den Gemeinden gleichwohl entziehen, kann er dies
nur, wenn die den Aufgabenentzug tragenden Gründe gegenüber dem
verfassungsrechtlichen Aufgabenverteilungsprinzip des Art. 97 LV überwiegen (vgl. dazu
BVerfGE 79, 127, 152).
a. Bei der Bestimmung der Voraussetzungen, unter denen eine Aufgabe den
Gemeinden entzogen werden darf, greift das erkennende Gericht auf die in der
Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts entwickelten Grundsätze zurück (vgl.
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 17. Oktober 1996 - VfGBbg
5/95 - LVerfGE 5, 79, 91; vgl. BVerfGE 79, 127, 153). Danach darf eine Aufgabe mit
relevantem örtlichen Charakter den Gemeinden nur aus Gründen des Gemeininteresses,
also im wesentlichen nur dann entzogen werden, wenn anders die ordnungsgemäße
Aufgabenerfüllung nicht sicherzustellen wäre (in diesem Sinne bereits
Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom 19. Mai 1994 - VfGBbg 9/93 -,
LVerfGE 2, 93, 104 und Urteil vom 17. Juli 1997 - VfGBbg 1/97 -, LVerfGE 7, 74, 92 und
98). Allerdings ist zu berücksichtigen, dass die vom Bundesverfassungsgericht
aufgestellten Grundsätze nicht in gleicher Stringenz für das Verhältnis der
amtsangehörigen Gemeinden zu den Ämtern gelten. Vielmehr sind, weil den
amtsangehörigen Gemeinden noch gewisse Einwirkungsmöglichkeiten auf die
Entscheidung der Ämter verbleiben, insoweit weniger strenge Anforderungen zu stellen.
Der Charakter der den Gemeinden entzogenen Aufgaben muss allerdings
Berücksichtigung finden (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Urteil vom
17. Oktober 1996 - VfGBbg 5/95 - LVerfGE 5, 79, 91). Hiernach gilt folgendes:
aa. Soweit es um die Kompetenz zur Aufstellung eines Flächennutzungsplanes geht, ist
der besondere Stellenwert der vorbereitenden Bauleitplanung als Angelegenheit der
örtlichen Gemeinschaft zu beachten (vgl. Verfassungsgericht des Landes Brandenburg,
Urteil vom 17. Oktober 1996 - VfGBbg 5/95 - LVerfGE 5, 79, 91 f. m.w.N.). Das BauGB
weist den Gemeinden die Aufgabe der Bauleitplanung als pflichtige
Selbstverwaltungsaufgabe zu (§§ 2 Abs. 1 i.V.m. § 1 Abs. 2 und 3 BauGB). Sie umfasst
den Flächennutzungsplan als vorbereitenden und den Bebauungsplan als verbindlichen
Bauleitplan (§ 1 Abs. 2 BauGB). Im Flächennutzungsplan ist für das gesamte
Gemeindegebiet die sich aus der beabsichtigten städtebaulichen Entwicklung ergebende
Art der Bodennutzung nach den voraussichtlichen Bedürfnissen der Gemeinde in den
Grundzüge darzustellen (§ 5 Abs. 1 Satz 1 BauGB). Die Bebauungspläne sind nach § 8
Abs. 2 Satz 1 BauGB aus dem Flächennutzungsplan zu entwickeln. Der
Regelungszusammenhang macht deutlich, dass der Flächennutzungsplan das
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Regelungszusammenhang macht deutlich, dass der Flächennutzungsplan das
städtebauliche Gesamtkonzept für das gesamte Gemeindegebiet wiedergibt und damit -
wie § 8 Abs. 2 Satz 1 BauGB belegt - nicht nur eine bloße Vorstufe des Bebauungsplanes
darstellt (so Schrödter, in: Schrödter, BauGB, 6. Aufl. 1998, § 1 Rn. 12), sondern
vielmehr die maßgebliche Vorgabe für die rechtsverbindlichen Bebauungspläne ist
(Bielenberg/Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg/Krautzberger, BauGB, § 5 Rn. 8). Indem
der Flächennutzungsplan die Gemeinde und - wie § 7 BauGB zeigt - andere
Planungsträger bindet, schafft er gleichzeitig "eine notwendige Voraussetzung für die
richtige Erfüllung der der Ortsstufe gestellten Verwaltungsaufgabe ..., die Bebauung
planvoll zu leiten" (BVerfGE 3, 407, 424). Mit ihm werden im Hinblick auf das jeder
Bauleitplanung immanente Abwägungsgebot (§ 1 Abs. 5 und 6 BauGB) sowohl
bauleitplanerische Abwägungsaufgaben wahrgenommen (Bielenberg/Söfker, in:
Ernst/Zinkahn/Bielenberg, BauGB, § 5 Rn. 8) als auch für den Fall, dass ein
Bebauungsplan fehlt, unmittelbare städtebauliche Rechtswirkungen herbeigeführt.
Schon der Flächennutzungsplan kann im Gemeindegebiet nach § 35 Abs. 1 und Abs. 2
BauGB die bodenrechtliche Zulässigkeit eines Vorhabens begründen; die im
Flächennutzungsplan darzustellenden Grundzüge der städtebaulichen Entwicklung in der
Gemeinde sind zur Konkretisierung des Begriffs der geordneten städtebaulichen
Entwicklung in den §§ 22 Abs. 2, 25 Abs. 1 und § 34 Abs. 4 BauGB heranzuziehen (vgl.
nur Gaentzsch, in: Berliner Kommentar zum Baugesetzbuch, 2. Aufl. 1995, § 5, Rn. 2).
Art. 2 Nr. 4 Gemeindestrukturreformgesetz greift in das so beschaffene städtebauliche
Handlungsinstrumentarium der Gemeinde erheblich ein. Mag auch die Zuständigkeit der
Gemeinde für die Aufstellung des Bebauungsplanes unberührt bleiben, zeigt sich doch,
dass der Gemeinde mit der Flächennutzungsplanung eine Verwaltungsaufgabe
genommen wird, die für die städtebauliche Entwicklung grundlegende Bedeutung hat.
Indem Art. 2 Nr. 4 Satz 1 Gemeindestrukturreformgesetz mit der
Flächennutzungsplanung der Gemeinde die kommunale Steuerungsfunktion nimmt,
unterwirft er sie zugleich einer "planungsrechtlichen Fremdbestimmung" durch das Amt.
bb. Das erkennende Gericht übersieht nicht, dass nach § 7 Abs. 1 Satz 1 AmtsO die
Entscheidung über einen Amtsflächennutzungsplan dem Amtsausschuss zugewiesen ist,
in dem die amtsangehörigen Gemeinden durch ihren Bürgermeister und - je nach Größe
- durch einen oder mehrere weitere Mitglieder der Gemeindevertretung vertreten sind
(vgl. § 6 Abs. 1 und 2 AmtsO), dass nach § 5 Abs. 4 Satz 3 AmtsO die amtsangehörigen
Gemeinden vor der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan anzuhören und
dass nach Satz 4 ihre Anregungen zu berücksichtigen sind. Der Kompetenzverlust der
Gemeinde, der durch Art. 2 Nr. 4 Gemeindestrukturreformgesetz bewirkt wird, wird
hierdurch nicht hinreichend aufgefangen: Der Amtsausschuss entscheidet mit einfacher
Mehrheit. Damit können die Vertreter einer einzelnen Gemeinde überstimmt werden.
Zwar sieht § 7 Abs. 5 Satz 1 AmtsO vor, dass die Gemeindevertretung einer
amtsangehörigen Gemeinde einem Beschluss des Amtsausschusses widersprechen
kann, wenn der Beschluss das Wohl der Gemeinde gefährdet. Der Amtsausschuss
seinerseits kann einen solchen Widerspruch aber binnen eines Monats mit einer
Mehrheit von zwei Drittel der gesetzlichen Zahl der Mitglieder wieder zurückweisen (vgl. §
7 Abs. 5 Satz 3 AmtsO). Auch § 5 Abs. 4 Satz 3 und 4 AmtsO schafft keine hinreichende
Kompensation für den bewirkten Aufgabenentzug. Soweit die amtsangehörigen
Gemeinden hiernach vor der Beschlussfassung über den Flächennutzungsplan
anzuhören und ihre Anregungen zu berücksichtigen sind, verpflichtet dies das Amt
allgemeinen planungsrechtlichen Grundsätzen folgend lediglich dazu, die
städtebaulichen Vorstellungen der amtsangehörigen Gemeinde in die zu treffende
Abwägungsentscheidung einzustellen (zu den planungsrechtlichen
Berücksichtigungsgeboten s. statt vieler Kopp/Ramsauer, Verwaltungsverfahrensgesetz,
7. Aufl. 2000, § 74 Rn. 52 ff.).
Auch eine Auslegung des § 5 Abs. 4 AmtsO dahin, dass die Kompetenz zur
Flächennutzungsplanung nur dann gegen den Willen einer einzelnen Gemeinde ausgeübt
werden dürfe, wenn dies durch Belange einer überörtlichen Abstimmung und eine
Entwicklung des gesamten Verwaltungsraumes oder durch raumordnerische oder
landesplanerische Ziele gerechtfertigt sei, wie sie die Landesregierung in ihrer
Stellungnahme zum vorliegenden Verfahren in Anlehnung an das Urteil des
Staatsgerichtshofes des Landes Baden-Württemberg vom 8. Mai 1976 (- GR 2, 8/75 -,
DÖV 1976, 595, 597) zur Diskussion stellt, würde den Kompetenzverlust der Gemeinde
nicht hinreichend ausgleichen. Eine solche Auslegung würde nichts daran ändern, dass
es sich um eine Aufgabenverlagerung von der Gemeinde auf das Amt handelt, die der
Gemeinde insoweit die Eigenverantwortlichkeit für ihr eigenes Gebiet entzieht. Das Amt
wird nach der Neuregelung eben nicht nur in dienender Funktion tätig, sondern nimmt
die Flächennutzungsplanung als eigene Aufgabe wahr, während der Gemeinde die
sachliche Alleinverantwortlichkeit entzogen wird (vgl. StGH BW, DÖV 1976, 595, 597). An
die Stelle der eigenen Aufgabenwahrnehmung tritt eine durch § 5 Abs. 4 Satz 4
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die Stelle der eigenen Aufgabenwahrnehmung tritt eine durch § 5 Abs. 4 Satz 4
vermittelte Partizipation (vgl. für die Rechtslage in Sachsen SächsVerfGH, Urteil vom 18.
November 1999 - Vf. 174-XIII-98, JbSächsOVG 7, 51, 58), die nichts daran ändert, dass
die bei Aufstellung des Amtsflächennutzungsplanes zu beachtenden Gemeindebelange
keinerlei planungsrechtlichen Vorrang genießen und sich im Rahmen der
Abwägungsentscheidung nach § 1 Abs. 6 BauGB nur als einer von vielen
planungsrechtlich zu beachtenden - gegebenenfalls zurücktretenden - Belangen
darstellen. Bezeichnenderweise sind im Gesetzgebungsverfahren denn auch Bedenken
an der Vereinbarkeit des § 5 Abs. 4 Satz 4 AmtsO mit § 1 Abs. 6 BauGB geäußert
worden. In dem dort beschriebenen Abwägungssystem sei für eine gesonderte Vorgabe,
nach der die Anregungen der amtsangehörigen Gemeinden zu berücksichtigen seien,
kein Raum (vgl. Stellungnahme des Landkreistages Brandenburg, Anlage zum
Ausschussprotokoll 3/285).
b. Das von der Landesregierung ausweislich der Leitlinien und der amtlichen Begründung
zum Gemeindestrukturreformgesetz angestrebte Gesamt-Umstrukturierungskonzept
führt nicht dazu, dass ein weniger strenger Maßstab an die Übertragung der
Flächennutzungsplanung zu stellen wäre. Mit Zuweisung der Bauleitplanung an die
Gemeinden als eigene Angelegenheit wollte das Baurecht des Bundes die Sachnähe der
örtlichen Ebene stärken und zugleich gewährleisten, dass neben der Initiative auch die
Verantwortung für die Bauleitpläne eindeutig im örtlichen Bereich, nämlich bei der
Gemeinde liegt (vgl. BVerfGE 77, 288, 307). Ein - diese Aufgabenzuweisung teilweise
korrigierender - Eingriff in diese Aufgabenzuweisung darf nur dann erfolgen, wenn anders
die ordnungsgemäße Aufgabenerfüllung in diesem Bereich der städtebaulichen
Entwicklungsplanung nicht sicherzustellen wäre. Demgemäß vermögen nur Gründe, die
in dem vom Aufgabenentzug betroffenen Sachgebiet selbst wurzeln, das zugunsten der
Gemeinde verfassungsrechtlich vorgegebene Aufgabenverteilungsprinzip
zurückzudrängen. "Demgegenüber scheidet" - mit den Worten des
Bundesverfassungsgerichts - "das bloße Ziel der Verwaltungsvereinfachung oder
Zuständigkeitskonzentration - etwa im Interesse der Übersichtlichkeit der öffentlichen
Verwaltung - als Rechtfertigung eines Aufgabenentzugs aus; denn dies zielte
ausschließlich auf die Beseitigung eines Umstandes, der gerade durch die vom
Grundgesetz gewollte dezentrale Aufgabenansiedlung bedingt wird. Auch Gründe der
Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit der öffentlichen Verwaltung insgesamt rechtfertigen
eine 'Hochzonung' nicht schon aus sich heraus, sondern erst dann, wenn ein Belassen
der Aufgabe bei den Gemeinden zu einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führen
würde" (BVerfGE 79, 127, 153) .
c. Auch unter Berücksichtigung der Einwirkungsmöglichkeiten, die den Gemeinden auf
die Entscheidung der Ämter verbleiben, ist für das erkennende Gericht nicht ersichtlich,
dass hinreichend gewichtige Gründe für die Verlagerung der Flächennutzungsplanung
auf das Amt sprechen würden.
aa. Es ist nicht erkennbar, dass das Sachnäheprinzip, welches der bundesgesetzlichen
Zuweisung der Bauleitplanung an die Gemeinden zugrunde liegt (vgl. BVerfGE 77, 288,
307), in Brandenburg zu städtebaulichen Mängeln geführt hätte. Weder den
Gesetzesmaterialien noch den Stellungnahmen der Landesregierung in dem
vorliegenden Verfahren lässt sich entnehmen, dass eine ordnungsgemäße
Flächennutzungsplanung bei Wahrnehmung dieser Aufgabe durch die Gemeinden nicht
sichergestellt wäre. Insbesondere lässt sich den Gesetzesmaterialien nicht entnehmen,
dass Erkenntnisse über eine unzureichende Flächennutzungsplanung auf
Gemeindeebene vorliegen. Dem Gesetzgeber lagen hierzu jedenfalls im Zeitpunkt des
Gesetzesbeschlusses keine verwertbaren Erhebungen vor. Aus den Stellungnahmen der
Landesregierung im vorliegenden Verfahren ergibt sich vielmehr, dass Umfragen hierzu
erst während des verfassungsgerichtlichen Verfahrens stattgefunden haben. Konkrete
Fälle, dass amtsangehörige Gemeinden nicht in der Lage gewesen wären,
ordnungsgemäße Flächennutzungspläne zu erstellen, sind dem Gericht weder benannt
worden noch sonst wie ersichtlich. Eine überprüfbare Begründung für den durch § 5 Abs.
4 AmtsO vorgenommenen Eingriff in die kommunale Planungshoheit (§ 2 Abs. 1 BauGB)
wäre aber erforderlich. Denn in tatsächlicher Hinsicht liegt die verwaltungstechnische
Abwicklung ohnehin in der Verantwortung des Amtes. Nach § 4 Abs. 1 AmtsO bereitet
das Amt bei Selbstverwaltungsaufgaben die Beschlüsse der Gemeindevertretung vor.
Die Vorbereitung der zur Aufstellung eines Flächennutzungsplanes erforderlichen
Verfahrensschritte (§§ 3 Abs. 1 und 2, 4 Abs. 1 BauGB) ist daher Sache des Amtes.
Verfahrensfehler sind demgemäß ggf. auf das Amt, nicht auf die Gemeinde
zurückzuführen, so dass schon von daher nicht ersichtlich ist, warum die Verlagerung
der Aufgaben im Rechtssinne unter gleichzeitiger Beibehaltung der Aufgabenerfüllung in
verwaltungstechnischer Hinsicht zu einer effektiveren Aufgabenerledigung führen soll.
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Auch hiervon abgesehen ist davon auszugehen, dass die Gemeinden von den
vielfältigen Möglichkeiten des Baugesetzbuches Gebrauch machen, Dritte in die
Erarbeitung der Bauleitpläne sowie die Vorbereitung der notwendigen Verfahrensschritte
(vgl. §§ 3 Abs. 2, 4 Abs. 1 BauGB) einzubeziehen. Sowohl aus § 11 Abs. 1 Nr. 2 wie aus §
4 b BauGB wird deutlich, dass der Gesetzgeber die "Privatisierung" des
Bauleitplanverfahrens gerade auch deswegen eröffnet hat, damit sich Gemeinden
externen Sachverstand zunutze machen können. Es macht im Ergebnis keinen
Unterschied, ob sich das Amt oder die Gemeinde etwa eines sachkundigen
Planungsbüros bedient, um möglicherweise auf der Verwaltungsebene vorhandene
Defizite auszugleichen.
bb. Ausschlaggebend geht es bei der Übertragung der Flächennutzungsplanung auch
nicht um die Beseitigung planerischer Missstände, sondern unabhängig davon um einen
ersten Schritt zur Stärkung und Umstrukturierung der Ämter durch Zuweisung weiterer
Selbstverwaltungsaufgaben. In den Leitlinien der Landesregierung (s. http://www.starke-
gemeinden.de/grundlagen/leitlinien) heißt es dazu:
"Zur Erhöhung der Leistungsfähigkeit der Ämter und zur Verbesserung der Bürgernähe
ist neben der Reduzierung der Zahl der amtsangehörigen Gemeinden eine gesetzliche
Übertragung von Aufgaben auf die Ämter vorgesehen. Das betrifft zunächst die
Flächennutzungsplanung; vorstellbar ist auch, die Trägerschaft für Schulen und ggf. für
Kindertagesstätten zu übertragen (wobei amtsangehörige Gemeinden eine
Rückübertragung verlangen können, wenn sie ausreichend leistungsfähig sind)."
In der Begründung zu den Leitlinien (a.a.O.) heißt es:
"Das Amt bedarf daher auch, soll es ein gleichwertiges Modell zur amtsfreien Gemeinde
sein, im Interesse der amtsangehörigen Gemeinden und ihrer Bürger erweiterter
Befugnisse. Hierzu zählt die Flächennutzungsplanung. Die gemeinschaftliche
Flächennutzungsplanung im Amt ist ein geeignetes Instrument zur optimalen
Entwicklung aller einem Amt angehörenden Gemeinden. § 203 Abs. 2 Baugesetzbuch
eröffnet die Möglichkeit der gemeinsamen Planung auf Amtsebene. Örtliche
Zusammenhänge, insbesondere Wege- , Verkehrs-, Schul- und Wirtschaftsverhältnisse
(§ 3 Abs. 2 AmtsO) können so besser berücksichtigt werden. Darüber hinaus sichert sie
eine ausgewogene, den örtlichen Besonderheiten und übergemeindlichen Erfordernissen
Rechnung tragende Ausweisung der unterschiedlichen Flächennutzungen zur Siedlungs-,
Gewerbe- und Freiraumentwicklung. Damit kann zugleich ein hohes Maß an
Übereinstimmung zwischen kommunaler Bauleitplanung und den Zielen der
Raumordnung sowie der Landes- und Regionalplanung erreicht werden. Darüber hinaus
ist vorstellbar, u. a. die Trägerschaft für die Schulen und Kindertagesstätten auf das Amt
zu übertragen. Dies entspricht den in den Stellungnahmen von amtsangehörigen
Gemeinden und Ämtern vielfach geäußerten Vorstellungen. Diese
Aufgabenübertragungen sind - in Abhängigkeit von der Größe und Leistungskraft der
künftigen Gemeinden - zu prüfen."
Auch im Gesetzgebungsverfahren selbst wurde die Frage, ob die
Flächennutzungsplanung in der Hand der (amtsangehörigen) Gemeinden nicht
ordnungsgemäß erfüllbar sei, nicht vertieft diskutiert. Statt dessen stand das neue
Amtsmodell im Vordergrund. In der ersten Lesung des Gesetzes vom 24. Januar 2001
führte der Abgeordnete Petke etwa aus (Plenarprotokoll 3/29 ):
"Der Entwurf untersetzt somit die Bestimmung der Leitlinien zur Amtsordnung. Wir
werden in Zukunft in Brandenburg ein einheitliches Ämtermodell haben. Wir werden drei
bis sechs amtsangehörige Gemeinden haben und werden - das ist besonders wichtig -
auch zukünftig dem Amt Mehraufgaben übertragen. Ein erster Schritt in diese Richtung
ist mit der Übertragung der Flächennutzungsplanung auf die Ämter gegangen worden."
In der öffentlichen Anhörung des Ausschusses des Inneren vom 15.02.2001 begrüßten
der Städte- und Gemeindebund Brandenburg sowie der Landkreistag Brandenburg die
Übertragung der Flächennutzungsplanung auf die Ämter. Der Städte- und
Gemeindebund bedauerte das Absehen von der Übertragung weiterer Aufgaben (s.
Anlagen zum Ausschussprotokoll 3/285). In den Beratungen des Innenausschusses und
in den Lesungen im Plenum wurde sodann auf die Übertragung der
Flächennutzungsplanung nicht mehr weiter eingegangen; Änderungsvorschläge gab es
nicht.
Auch dass etwa das Belassen der Flächennutzungsplanung bei den Gemeinden zu
einem unverhältnismäßigen Kostenanstieg führen würde (BVerfGE 79, 127, 153) und
unter diesem Gesichtspunkt die Aufgabenübertragung auf das Amt gerechtfertigt wäre,
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unter diesem Gesichtspunkt die Aufgabenübertragung auf das Amt gerechtfertigt wäre,
ist nicht dargetan. Es ist nicht belegt, dass die Flächennutzungsplanung in der Hand der
amtsangehörigen Gemeinden zu unverhältnismäßig hohen Kosten führt. Die
Landesregierung beschränkt sich insoweit auf allgemeine Behauptungen. Sie bezieht
sich auf "Erfahrungswerte" und "fiktive Berechnungen", aus denen sich ergeben soll, dass
die einzelgemeindliche Flächennutzungsplanung zu einem unverhältnismäßigen
Kostenanstieg führen würde, und spricht für den Fall einer Übertragung der
Flächennutzungsplanung auf das Amt von Ersparnissen zwischen 20 bis 30 % und 49 %.
Es wird jedoch lediglich eine fiktive Rechnung für ein Amt mit vier Gemeinden vorgelegt.
Im übrigen beschränkt sich die Landesregierung auf die Beschreibung der
Kompliziertheit und Zeitaufwändigkeit des Planungsverfahrens und den Hinweis, dass es
"in zahlreichen Fällen" zu ineffizienten und unkoordinierten Planungen gekommen sei.
Konkrete Beispiele von Fehlplanungen werden jedoch nicht genannt und sind für das
Gericht auch sonst nicht ersichtlich. Die beiden Großprojekte (Cargo-Lifter und der
Flughafen BBI), die dafür angeführt werden, dass großräumige Projekte nicht an der
Gemeindegrenze kaltmachen, vermögen die Notwendigkeit einer Hochzonung der
Flächennutzungsplanung auf die Ämter nicht zu begründen; derartige Großprojekte
können auch Amtsgrenzen überschreiten. Auch dass erst 395 Gemeinden über einen
genehmigten Flächennutzungsplan verfügen, lässt für sich allein bestimmte
Rückschlüsse nicht zu. In sehr kleinen Gemeinden kann zur geordneten städtebaulichen
Entwicklung ein Bebauungsplan durchaus ausreichend sein (§ 8 Abs. 2 Satz 2 BauGB).
Zudem ist offen, in wie vielen Gemeinden Planverfahren im Gange sind.
cc. Zu berücksichtigen ist im übrigen, dass sich etwaigen Unzulänglichkeiten auch mit
den Möglichkeiten des geltenden Bauplanungsrechtes entgegenwirken lässt. So kann
etwa in Fällen, in denen ein Flächennutzungsplan für eine geordnete städtebauliche
Entwicklung unabdingbar ist, die Aufstellungsverpflichtung des § 1 Abs. 3 BauGB mit
Mitteln der Rechtsaufsicht erzwungen werden (Söfker, in: Ernst/Zinkahn/Bielenberg, a. a.
O., § 1 Rn. 42). Weiter zeigt § 204 Abs. 2 BauGB, dass durchaus auch gegen den Willen
einer einzelnen Gemeinde Koordinierungsinteressen des Amtes Rechnung getragen
werden kann. Wenn dies zum Wohl der Allgemeinheit dringend geboten ist, kann durch
eine zusammengefasste Bauleitplanung im Einzelfall auch auf der Grundlage der
bisherigen Aufgabenverteilung zwischen Amt und Gemeinden ein
Amtsflächennutzungsplan durchgesetzt werden. Zuzugeben ist freilich, dass eine
amtsweite Flächennutzungsplanung die Möglichkeit bietet, einen Ausgleich der
Interessen aller amtsangehörigen Gemeinden herbeizuführen, Gewerbe- und
Wohngebiete ausgewogen anzuordnen und die Entwicklung strukturschwacher Ämter zu
fördern. Sie kann mit höherer Gewähr dazu beitragen, dass, wie geboten (vgl. § 4 Abs. 1
ROG 1998, § 1 Abs. 4 BauGB) auch übergemeindlich Belange berücksichtigt und
Vorgaben der Regional- und Landesplanung beachtet werden (vgl. insoweit auch StGH
BW, DÖV 1976, 595, 597). Indes ist überörtlichen Belangen auch schon nach bisheriger
Rechtslage Rechnung zu tragen. Nach § 2 Abs. 2 BauGB sind die Bauleitpläne
benachbarter Gemeinden aufeinander abzustimmen. Darüber hinaus eröffnet § 203 Abs.
1 BauGB die Möglichkeit, die Bauleitplanung mit Zustimmung der Gemeinde durch
Rechtsverordnung auf eine andere Gebietskörperschaft oder auf einen Verband, an
dessen Willensbildung sie mitwirkt, also auch auf das brandenburgische Amt, zu
übertragen. Nach § 204 Abs. 1 Satz 1 BauGB sollen benachbarte Gemeinden einen
gemeinsamen Flächennutzungsplan aufstellen, wenn ihre städtebauliche Entwicklung
wesentlich durch gemeinsame Voraussetzungen und Bedürfnisse bestimmt wird oder
ein gemeinsamer Flächennutzungsplan einen gerechten Ausgleich der verschiedenen
Belange ermöglicht (vgl. hierzu Schmidt-Eichstaedt, NVwZ 1997, 846, 851 ff.). § 205
BauGB regelt die Bildung von Planungsverbänden zum Ausgleich der verschiedenen
Belange und lässt es auch zu, dass die Ämter als Planungsverband in diesem Sinne tätig
werden (vgl. dazu Schmidt-Eichstaedt, NVwZ 1997, 846, 850 f.). Nicht zuletzt können die
Gemeinden nach § 5 Abs. 5 AmtsO die Flächennutzungsplanung freiwillig auf das Amt
übertragen. Ohnehin bereitete der Amtsdirektor - wie bereits dargelegt - schon nach
bisheriger Rechtslage den Beschluss der Gemeindevertretung über den
Flächennutzungsplan vor und führte ihn anschließend aus. Auch auf diesem Wege
werden unkoordinierte Planungen innerhalb desselben Amtes in der Praxis im
allgemeinen vermieden werden können. Darüber hinaus bietet der Amtsausschuss
Gelegenheit, planerische Belange der einzelnen Gemeinden mit ihren Auswirkungen auf
das Amt zu erörtern und sich hierüber abzustimmen. Auch unter Mitberücksichtigung
dieser rechtlichen und tatsächlichen Gegebenheiten ist insgesamt nicht zu erkennen,
dass es im Bereich der Flächennutzungsplanung in der Hand amtsangehöriger
Gemeinden zu Missständen gekommen und es deshalb geboten wäre, den
amtsangehörigen Gemeinden diese Selbstverwaltungsaufgabe zu entziehen. Damit
erweist sich die Übertragung der Flächennutzungsplanung auf die Ämter als mit dem
Recht der kommunalen Selbstverwaltung im Sinne von Art. 97 Abs. 1 und 2 LV
unvereinbar.
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III.
Die Entscheidung über die Erstattung der notwendigen Auslagen beruht auf § 32 Abs. 7
Satz 2 VerfGGBbg.
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