Urteil des VerfG Brandenburg vom 02.04.2017

VerfG Brandenburg: verfassungsgericht, erlass, verfassungsbeschwerde, eigentümer, grundrecht, staat, zugang, kunst, hauptsache, sammlung

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Gericht:
Verfassungsgericht
des Landes
Brandenburg
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
54/09, 12/09 EA
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
Art 34 Abs 2 Verf BB, Art 34 Abs
3 Verf BB, § 45 Abs 1 VerfGG BB
Tenor
1. Die Verfassungsbeschwerde wird verworfen.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
Gründe
A.
Die Beschwerdeführer erstreben den Erhalt der Ernst-Thälmann-Gedenkstätte in Königs-
Wusterhausen, Ortsteil Niederlehme/Ziegenhals.
I.
Im Jahr 1958/59 wurde in der wiederaufgebauten ehemaligen Gaststätte „Sporthaus
Ziegenhals“, dem Versammlungsort der Kommunistischen Partei Deutschlands bei ihrer
letzten Tagung unter Leitung des Vorsitzenden Ernst Thälmann im Jahr 1933, die Ernst-
Thälmann-Gedenkstätte errichtet. Sie ist in der Denkmalliste des Landes Brandenburg
als Denkmal verzeichnet.
Von 1990 bis Ende 2002 nutzte der Beschwerdeführer zu 1. die Gedenkstätte aufgrund
privatrechtlicher Vereinbarungen mit dem jeweiligen Eigentümer. Der jetzige Eigentümer
beabsichtigt den Abriss des Gebäudes. Er ist nach einem im Mai 2009 mit dem
Landkreis Dahme-Spreewald vor dem Oberverwaltungsgericht Berlin-Brandenburg
geschlossenen Vergleich berechtigt, die Gedenkstätte von ihrem Standort zu entfernen.
II.
Mit ihrer am 22. Dezember 2009 bei Gericht eingegangenen Verfassungsbeschwerde
rügen die Beschwerdeführer eine Verletzung ihrer Rechte aus Art. 34 der Verfassung des
Landes Brandenburg (LV). Sie sind der Ansicht, Art. 34 Abs. 2 LV gewährleiste den
Schutz und die Förderung des kulturellen Erbes als umfassendes und vorbehaltloses
Grundrecht. In dieses Grundrecht sei eingegriffen worden, da es nur unzulänglich im
Brandenburgischen Denkmalschutzgesetz und der Verwaltungspraxis umgesetzt worden
sei. Der Eingriff sei nicht durch entgegenstehende Eigentümerinteressen gerechtfertigt.
Jedenfalls hätte die Gedenkstätte im Wege der Enteignung als Ort des Erinnerns an den
Beginn des Widerstandes gegen den Faschismus und an das DDR-Kulturleben erhalten
werden können. Der Beschwerdeführer zu 1. werde durch die Grundrechtsverletzung
betroffen, da er an der ihm durch seine Satzung vorgegebenen Erhaltung der
Gedenkstätte gehindert sei. Dadurch werde zugleich die Beschwerdeführerin zu 2. an
ihrem durch Art. 34 Abs. 3 LV gewährleisteten Zugangsrecht gehindert. Der Erlass einer
einstweiligen Anordnung sei erforderlich, um den drohenden Verlust der Gedenkstätte
abzuwehren.
B.
Die Anträge haben keinen Erfolg.
I.
Die Verfassungsbeschwerde ist unzulässig. Die Beschwerdeführer sind nicht
beschwerdebefugt.
Die Beschwerdeführer rügen die Verletzung von Art. 34 Abs. 2 und 3 LV. Bei diesen
Verfassungsbestimmungen handelt es sich jedoch entgegen der Auffassung der
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Verfassungsbestimmungen handelt es sich jedoch entgegen der Auffassung der
Beschwerdeführer nicht um in der Verfassung gewährleistete Grundrechte im Sinne des
§ 45 Abs. 1 Verfassungsgerichtsgesetz Brandenburg.
Nach Art. 34 Abs. 2 Satz 1 LV werden das kulturelle Leben in seiner Vielfalt und die
Vermittlung des kulturellen Erbes öffentlich gefördert. Gemäß Satz 2 dieser Bestimmung
stehen Kunstwerke und Denkmale der Kultur unter dem Schutz des Landes, der
Gemeinden und Gemeindeverbände. Absatz 3 bestimmt, dass das Land, die Gemeinden
und Gemeindeverbände die Teilnahme am kulturellen Leben unterstützen und den
Zugang zu den Kulturgütern ermöglichen. Die danach weitgehend unbestimmte Fassung
beider Absätze lässt keinen Raum für die Annahme, die Regelung beabsichtige,
subjektive Rechte des Einzelnen oder einer gesellschaftliche Gruppe (vgl. Art. 5 Abs. 1
LV) gegen den Staat – etwa auf Schutz der Kunst und/oder der Kulturdenkmäler – zu
begründen. Vielmehr handelt es sich um Staatszielbestimmungen, d.h. um
Verfassungsnormen, die dem Staat lediglich eine objektivrechtliche Verpflichtung
auferlegen, sein Handeln (auch) an dem betreffenden Staatsziel auszurichten (so zu Art.
34 Abs. 2 LV bereits Verfassungsgericht des Landes Brandenburg, Beschluss vom 14.
Dezember 2000 – VfGBbg 62/00 EA -, www.verfassungsgericht.brandenburg.de; vgl. zu
Art. 34 Abs. 2 und 3 LV auch Ernst, in: Lieber/Iwers/Ernst, Verfassung des Landes
Brandenburg, EL 2008, 4.-6. zu Art. 34 und Iwers, Entstehung, Bindungen und Ziele der
materiellen Bestimmungen der Landesverfassung Brandenburg (II), S. 543). Subjektive
Rechtspositionen Dritter könnten daher erst nach Maßgabe der Vorschriften entstehen,
die der Gesetzgeber aufgrund der Staatszielbestimmungen des Art. 34 Abs. 2 und 3 LV
erlassen hat, nicht aber durch die Verfassungsnormen selbst.
II.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist abzulehnen. Eine einstweilige
Anordnung kommt nicht in Betracht, wenn das Begehren in der Hauptsache erfolglos ist.
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