Urteil des StGH Niedersachsen vom 27.01.2006

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Zur Antragsbefugnis im Organstreitverfahren.
Niedersächsischer Staatsgerichtshof, Beschluss vom 27.01.2006, 3/05, StGH 3/05
Art 54 Nr 1 Verf ND, § 8 Nr 6 StGHG ND
Tenor
Der Antrag wird verworfen.
Gründe
I.
Der Antragsteller will festgestellt wissen, dass
1. alle Städte und Gemeinden des Landes Niedersachsen grundsätzlich dazu
verpflichtet sind, auf Antrag eine Bescheinigung nach § 7 h Abs. 2 Satz 1 EStG
bei Belegenheit von Gebäuden im gesamten Gemeinde-/Stadtgebiet als
städtebaulichem Entwicklungsbereich (§ 165 Abs. 3 BauGB) auszustellen,
2. § 165 Abs. 3 BauGB mit Art. 3 Abs. 1 GG und der Niedersächsischen
Verfassung vereinbar ist.
Mit diesem Ziel beantragt er bei dem Niedersächsischen Staatsgerichtshof den
Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines offenbar angestrebten
Verfahrens nach Art. 54 Nr. 1 NV (= § 8 Nr. 6 StGHG). In Kenntnis des Wortlauts
dieser Bestimmungen bezeichnet er sich als antragsbefugter Beteiligter. Als
weitere Beteiligte benennt er
a) alle niedersächsischen Finanzämter,
b) alle niedersächsischen Städte und Gemeinden.
Der Antragsteller ist vom Staatsgerichtshof darauf hingewiesen worden, dass im
Sinne des Art. 54 Nr. 1 NV nur Personen beteiligt und damit antragsbefugt sind,
die durch die Landesverfassung oder in der Geschäftsordnung des Landtags
oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind. Dies sei bei
ihm nicht der Fall, so dass der Staatsgerichtshof nicht in der Sache über seinen
Antrag entscheiden dürfe. Der Antragsteller hält den Antrag gleichwohl aufrecht.
II.
Der Antrag ist unstatthaft.
Der Staatsgerichtshof darf in Verfahren nach Art. 54 Nr. 1 NV nur auf Antrag des
obersten Landesorgans oder eines Beteiligten im Sinne dieser
Verfassungsbestimmung entscheiden. Nach deren Wortlaut und dem insoweit
wortgleichen § 8 Nr. 6 StGHG können antragsbefugte Beteiligte nur Personen
sein, die durch die Niedersächsische Verfassung oder in der Geschäftsordnung
des Landtags oder der Landesregierung mit eigenen Rechten ausgestattet sind.
Das gilt sowohl für den Verfassungsstreit in der Hauptsache als auch für einen
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung im Rahmen eines solchen
(angestrebten) Verfassungsstreits.
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Eigene Rechte im Sinne des Art. 54 Nr. 1 NV können nur solche sein, die dem
Betreffenden über die jedermann zustehenden Rechte und
verfassungsrechtlichen Gewährleistungen hinaus zustehen. Solche Rechte
macht der Antragsteller im Zusammenhang mit seinem Bemühen um die
Ausstellung bestimmter gemeindlicher Bescheinigungen, das ersichtlich den
Hintergrund seines Antrages bildet, nicht für sich geltend und kann das auch
nicht. Er ist weder durch die Niedersächsische Verfassung noch durch eine der
genannten Geschäftsordnungen allgemein oder in Bezug auf die Erlangung der
erstrebten Bescheinigungen mit besonderen Rechten ausgestattet, deren
Umfang durch Auslegung der Niedersächsischen Verfassung zu ermitteln wäre.
Eine solche besondere Rechtsstellung erwächst ihm insbesondere nicht daraus,
dass die im Grundgesetz für die Bundesrepublik Deutschland festgelegten
Grundrechte und staatsbürgerlichen Rechte nach Art. 3 Abs. 2 Satz 1 NV
Bestandteil der Niedersächsischen Verfassung sind. Denn dabei handelt es sich
um Gewährleistungen, auf die sich jedermann berufen kann.
Der Hinweis des Antragstellers auf die gemäß § 30 StGHG in Verfahren vor dem
Staatsgerichtshof entsprechend geltenden Vorschriften des
Bundesverfassungsgerichtsgesetzes geht ins Leere. Diese Vorschriften wären
nur anzuwenden, wenn das Verfahren als solches zulässig wäre. Daran aber
mangelt es wegen der fehlenden Beteiligtenfähigkeit des Antragstellers.
Der Antrag ist nach alledem als unstatthaft zu verwerfen.
Die Entscheidung ergeht kostenfrei.