Urteil des StGH Hessen vom 14.03.2017

StGH Hessen: juristische person, handel und gewerbe, hessen, auflösung, angemessene entschädigung, verordnung, bekanntmachung, verkehr, körperschaft, genehmigung

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Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 15
Dokumenttyp:
Urteil
Quelle:
Normen:
Art 15 Verf HE, Art 45 Verf HE
Leitsatz
1. Der Zusammenschluß von Personen und Unternehmen zu einem rechtsfähigen
Verein (hier Technischer Überwachungsverein) ist nur auf freiwilliger Grundlage möglich;
Zwangsmitgliedschaft in einem solchen Verein sowie eine Zwangssatzung verstoßen
gegen den Freiheitssatz des Art. 2 HV.
2. Art. 15 HV schützt die Mitglieder eines einmal gebildeten Vereins vor einer ohne
ihren Willen erfolgenden Auflösung.
3. Die §§ 3, 4 Abs. 3 und 5 Satz 2 des Hessischen Gesetzes über die Neuordnung der
Technischen Überwachung vom 19.08.1947 (GVBl. S. 78) widersprechen insoweit dem
Art. 45 HV, als ein technischer Überwachungsverein nach seiner Auflösung die in
Ausübung der technischen Überwachungsaufgaben erlangten Unterlagen an staatliche
technische Überwachungsämter entschädigungslos herausgeben soll.
Tenor
I.
Die folgenden Bestimmungen des Hessischen Gesetzes über die Neuordnung der
Technischen Überwachung vom 19.VIII.1947 (GVBl. 1947 S.78) sind
verfassungswidrig und daher ungültig:
a) Die Bestimmungen der §§ 3, 4 Abs. 3, 5 Satz 2,
b) die Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 mit der Maßgabe, dass für die Folgezeit
alle dort genannten Gesetze, Anordnungen und Ausführungsbestimmungen
insoweit aufgehoben sind, als sie dem Grundsatz entgegenstehen, dass Jede
Vereinigung von Personen und Unternehmen auf freiwilliger Mitgliedschaft unter
Ausschluss jeder Zwangssatzung beruhen muss.
II.
Im übrigen wird der Antrag zurückgewiesen.
III.
Das Verfahren ist gebührenfrei. Auslagen werden nicht erstattet.
Gründe
I.
§ 24 der Gewerbeordnung (GewO) für den Norddeutschen Bund vom 21.VI.1869
(Bundesgesetzblatt vom 1.VII.1869 S. 245), deren Geltungsgebiet nach Gründung
des Deutsche Reiches allmählich auf das ganze Reichsgebiet ausgedehnt worden
ist, hat vorgeschrieben, dass zur Anlegung von Dampfkesseln die Genehmigung
der nach den Landesgesetzen zuständigen Behörden erforderlich sei. Es
bestanden damals in den einzelnen Ländern des Norddeutschen Bundes und. des
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bestanden damals in den einzelnen Ländern des Norddeutschen Bundes und. des
späteren Deutschen Reiches schon mannigfache Vorschriften über die Anlage und
den Betrieb von Dampfkesseln, und die GewO beschränkte sich zunächst darauf,
unbeschadet der landesrechtlichen Regelungen allgemeine Vorschriften über die
Anlage, Genehmigung und Überwachung von Dampfkesselanlagen zu erlassen.
Insbesondere wurde die Prüfung der Zulässigkeit der Anlagen nach den bau- und
sonstigen polizeilichen Vorschriften vor Erteilung der Genehmigung
vorgeschrieben; bevor die Kessel in Betrieb genommen wurden, sollte untersucht
werden, ob die Ausführung den Bestimmungen der erteilten Genehmigung
entsprach In der Folgezeit sind zum Vollzuge des § 24 GewO, welcher durch die
Bekanntmachung vom 26.VII.1900 (RGBl. 1900 S. 8 ff) neu gefasst wurde,
allgemeinpolizeiliche Bestimmungen des Bundesrates und der Reichsregierung,
außerdem aber auch von Seiten der einzelnen Bundesstaaten besondere Gesetze
und Ausführungsanweisungen ergangen, welche teils die
Zuständigkeitsverhältnisse in Bezug auf die Genehmigt der Dampfkessel und das
Verfahren hierbei enthielten, teils die Pflichten der Dampfkesselbesitzer
hinsichtlich des Betriebes und schließlich die Dampfkesselrevisionsvereine
betrafen. Solche Dampfkesselrevisionsvereine hatten sich schon zuvor in den
einzelnen Ländern aus Kreisen der gewerblichen Wirtschaft gebildet; sie waren
Zusammenschlüsse der Dampfkesselbesitzer in einzelnen Ländern und
Landesteilen und machten sicher "eine regelmäßige sorgfältige Überwachung der
den Vereinsmitglieder gehörigen Dampfkessel zur Aufgabe" (de Grais-Peters,
Handbuch S. 686), indem sie ihre Dampfkesselanlagen von den Fachingenieuren,
die in den Dienst der Vereine traten, laufend untersuchen ließen und in mehr oder
weniger engem Zusammenhange damit wirtschaftliche Untersuchungen, und
Beratungen, Speisewasseruntersuchungen, Werkstoffprüfungen, Förderung
schweißtechnischer Aufgaben, Übernähme sicherheitstechnischer Arbeiten im
Auftrage der Berufsgenossenschaften und der Feuerversicherungsgesellschaften
durchführen ließen. Neben diesen privaten Überwachungsaufgaben, welche die
Vereine durch ihre Ingenieure im Interesse und im Auftrage der Vereinsmitglieder
erfüllten, wurden den Ingenieuren der anerkannten Vereine in zunehmendem
Umfange staatliche Aufgaben überwiesen, nämlich die periodische amtliche
Prüfung der Dampfkessel, auch solche von Nichtmitgliedern, ferner die technisch
beratende und begutachtende Unterstützung der Gewerbeaufsichtsämter,
welchen die Zulassungsentscheidung oblag. Vielfach wurden die Aufgaben der
Vereine auf sonstige überwachungspflichtige Anlasen sowie auf Kraftfahrzeuge
ausgedehnt; insbesondere übernahmen häufig die Ingenieure der Vereine auch die
Prüfungen für Anwärter, auf Kraftfahrzeugführerscheine.
Dampfkesselüberwachungsvereine der vorgenannten Art bildeten sich an vielen
Orten, auch in Frankfurt a.M. Der Dampfkesselüberwachungsverein Frankfurt a.M.
geht auf das Jahr 1872 zurück. Er war ein rechtsfähiger Verein Seine Satzungen
bezeichneten als Zwecke des Vereins:
1.) Die amtliche Untersuchung der Kessel- und sonstigen
überwachungsbedürftigen Anlagen der Vereinsmitglieder und der dem Verein vom
Minister für Handel und Gewerbe überwiesenen Dampfkessel- und
überwachungsbedürftigen Anlagen mindestens in dem behördlicherseits
vorgeschriebenem Umfange;
2.) Sammlung der Erfahrungen bei Erzeugung und Verwendung des Dampfes, der
Elektrizität usw. und die Verbreitung derselben unter den Mitgliedern;
3.) Unterweisung der Kessel- und Maschinenwärter der Mitglieder.
Die Mitglieder waren nach den Satzungen berechtigt:
1.) die Untersuchung der von ihnen der Vereinsaufsicht unterstellten Einrichtungen
nach Maßgabe der Ausführungsbestimmungen des Vereins zu verlangen, welche
in keinem Falle unter das behördlich oder seitens des Zentralverbandes
vorgeschriebene Mass der Sicherheit hinabgehen durfte;
2.) diejenigen amtlichen Handlungen von den Vereinsingenieuren an deren
Aufsicht unterstellten Einrichtungen vornehmen zu lassen, zu welchen jene
berechtigt waren;
3.) Rat und Auskunft über alle die Vereinstätigkeit betreffenden Dinge von den
Vereinsbeamten zu verlangen;
4.) in der Hauptversammlung persönlich durch einen gesetzlich befugten oder
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4.) in der Hauptversammlung persönlich durch einen gesetzlich befugten oder
einen mit Vollmacht versehenen Vertreter Sitz und Stimme zu führen.
Außer der Überwachung der Dampfkessel- und sonstigen Überwachungspflichtigen
Anlagen seiner Mitglieder übernahm der Verein auch die Überwachung von
solchen Anlagen, welche ihm im Auftrage des Preussischen Staates vom Minister
für Handel und Gewerbe anvertraut wurden. Gegenüber den Besitzern derartiger
Anlagen sollte aber der Verein nicht verpflichtet sein, durch seine
Ingenieurschriftliche Gutachten zu erstatten, Versuche anstellen zu lassen oder
Ratschläge zu erteilen, welche über den Sicherheitszweck hinausgingen. Solche
Vergünstigungen standen vielmehr nur den Vereinsmitgliedern zu, welche dem
Verein Beiträge zahlten, während die vereinsfremden Kesselbesitzer zur Zahlung
der staatlich festgesetzten Gebühren an staatliche Kassen verpflichtet waren,
welch letztere wiederum diese Gelder an den Verein abzuführen hatten.
Anders war die Lage jedoch im früheren Grossherzogtum späteren Lande Hessen.
Dort oblagen außer der Erteilung der Betriebserlaubnis auch die technische
Prüfung, Untersuchung und Überwachung sämtlicher im Lande befindlicher
feststehender, beweglicher und Schiffsdampfkessel auf Grund eines die
Dampfkessel und Dampfgefäße betreffenden Gesetzes vom 26.III.1902 (RegBl. S.
93), sowie hierzu ergangener Verordnungen vom gleichen Tage (RegBl. S. 95) und
vom 8.XI.1909 (RegBl. S. 297, §§ 89 ff) einer Dampfkesselinspektion als Behörde;
Dampfkesselüberwachungsvereine gab es im damaligen lande Hessen nicht.
II.
§ 24 der GewO, welcher zuletzt in der Fassung der Bekanntmachung vom
26.VII.1900 (RGBl. S. 871) gegolten hatte, wurde durch die Verordnung vom
30.VIII.1937 (RGBl. S. 918) geändert. Absatz 3 der Neufassung bestimmte, dass
der Reichswirtschaftsminister auf dem Gebiete der Überwachungspflichtigen
Anlagen Zusammenschlüsse bilden und die Zugehörigkeit zu solchen
Zusammenschlüssen anordnen könne. Diese Bestimmung gab die Grundlage für
eine tiefgreifende Umgestaltung des technischen Überwachungswesens, die durch
die VO über die Technische Überwachung der Dampfkessel und der sonstigen
überwachungspflichtigen Anlagen vom 19.III.1938 (RGBl. I S. 297) und durch die
Bekanntmachung des Reichswirtschaftsministers (RWiMi) vom gleichen Tage
(MBlWi 1938 S. 72) in Angriff genommen wurde.
Es ist eine Reichshauptstelle für die Technische Überwachung der Dampfkessel
und sonstigen Überwachungspflichtigen Anlagen errichtet und dem RWiMi
unterstellt worden, auf dessen Anweisung sie zu handeln hatte. Ihr wurden mit
Ausnahme der Gewerbe- und Bergaufsichtsbehörden, sowie der Polizei alle mit der
gesetzlich vorgeschriebenen Überwachung beauftragten Stellen, vornehmlich also
die einzelnen Überwachungsvereine unterstellt. Letztere als "Träger der
Technischen Überwachung" in den 14 Bezirken, in welche das Reichsgebiet
eingeteilt wurde, und für die jeweils ein Verein bestimmt wurde, in den die übrigen
Vereine des Bezirks aufgehen sollten, sowie ihre Leiter wurden vom RWiMi
bestimmt. Einrichtungen und Personal der "nicht mehr für die technische
Überwachung zuständigen Überwachungsstellen" sind den neu gebildeten
Vereinen zur Verfügung gestellt worden (Ziffer 1 des Erlasses des RWiMi vom
29.IX.1938). Ihnen wurde "bis zu ihrem endgültigen Aufgehen in den neuen
Vereinen" lediglich Vermögensverwaltung und Abwicklung überlassen. Alle
natürlichen und juristischen Personen, weiche Anlagen betrieben, die
wiederkehrenden Untersuchungen durch die Technischen Überwachungsvereine
unterlagen, sind zwangsweise Mitglieder der neuen Technischen
Überwachungsvereine geworden (AO des RWiMi vom 22.XI.1938). Durch die AO des
RWiMi vom 5.X.1939 (MBlWi 1939 S. 482) ist den neuen Technischen
Überwachungsvereinen "die Stellung rechtsfähiger Vereine" verliehen worden. Es
ist eine Zwangssatzung für sie festgelegt worden; die bestehenden Technischen
Überwachungsvereine sind in die neugebildeten Vereine "unter Übernahme
sämtlicher Rechte und Verbindlichkeiten" überführt worden.
Die Umbildung des Dampfkesselüberwachungsvereins Frankfurt a.M. e.V. in den
Technischen Überwachungsverein Frankfurt a.M. (TÜV Ffm) erfolgte auf einer
außerordentlichen Mitgliederversammlung am 6.VII.1938, auf der die
Vereinsmitglieder die nach der letztgenannten VO notwendige Satzungsänderung
beschlossen und den anderen ans kannten Überwachungsvereinen des
neugebildeten Bezirks das Recht einräumten, korporativ Mitglieder des Vereins zu
werden. Der neugebildete Bezirk umfasste das damalige Land Hessen, den
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werden. Der neugebildete Bezirk umfasste das damalige Land Hessen, den
Regierungsbezirk Kassel ohne den Kreis Herrschaft Schmalkalden, den
Regierungsbezirk Wiesbaden, die Bayerische Pfalz und das Saarland. Die in diesen
Gebieten bestehenden Dampfkesselüberwachungsvereine Kasse] Saarbrücken
und Kaiserslautern erwarben jene korporative Mitgliedschaft des TÜV Ffm, der
später auch die ihm auferlegte Zwangssatzung beschloss.
Diese Zwangssatzung, die den Verein als "Träger der Technischen Überwachung"
gem. § 6 der genannten Verordnung vom 19.III.1938 in dem "vom RWiMi
bestimmten Überwachungsbezirk" bezeichnete, erklärte als Zweck des Vereins:
a) Die Durchführung der technischen Überwachung der überwachungspflichtigen
Anlagen im Sinne des § 2 GewO nach den bestehenden Vorschriften,
b) die Übernahme und Durchführung weiterer Überwachungs- und
Prüfungsaufgaben im Auftrage oder mit Zustimmung des RWiMi,
c) die Beratung beim Bau und Betrieb technischer Anlagen.
Eine beispielsweise Aufzählung der Überwachungspflichtigen Anlagen enthält
Dampfkessel, Dampffässer, Druckgefäße, Aufzüge, Anlagen zur Herstellung,
Aufbewahrung und Verwendung von Azetylen, elektrische Anlagen in Theatern,
Kinos und Versammlungsräumen, Tankanlagen und Tankwagen für brennbare
Flüssigkeiten u.a. Zu den "weiteren Aufgaben" zählten die Prüfung der
Kraftfahrzeuge und Kraftfahrzeugführer (nachdem die VO vom 6.I.1940 RGBl. I S.
23-und die 1. AO des Reichsverkehrsministers zur Durchführung dieser VO vom
11.I.1940 den TÜV auch die Aufgabe der "Technischen Prüfungstellen für den
Kraftfahrzeugverkehr" übertragen hatten), Heizungsanlagen, Förderanlagen,
Hebezeuge, elektrischen Anlagen in Bergwerken und vieles andere.
Mitglied des Vereins wurde zwangsweise jede natürliche oder juristische Person,
welche im Überwachungsbezirk überwachungspflichtige Anlagen betrieb, die
wiederkehrenden Untersuchungen durch die TÜV unterlagen; die Mitgliedschaft
begann mit der Inbetriebnahme und endete mit dem Schluss des Jahres der
Einstellung. Die Mitglieder hatten Anspruch auf Ausführung der Prüfungen und
Untersuchungen sowie auf Beratung in allen sicherheitstechnischen fragen dieser
Anlagen. Gegen festgesetzte Gebühren konnte jedes Mitglied die Tätigkeit des
Vereins im Rahmen seiner Aufgaben in Anspruch nehmen. Es war zu
Anmeldungen und Gebührenzahlung verpflichtet.
Der Vereinsvorsitzende wurde nicht mehr gewählt, sondern vom RWiMi berufen,
welch letzterer auch die Anstellung und Entlassung des geschäftsführenden
Technischen Leiters und die Aufstellung des Haushaltsplanes zu genehmigen
hatte. Bei der Führung der Dienstgeschäfte musste der Technische Leiter des
Vereins die Geschäftsanweisung des RWiMi und die Dienstanweisung des
Vereinsvorsitzenden beachten. Als beratendes Organ wurde ein "Beirat"
eingesetzt.
Für Satzungsänderungen und Auflösung des Vereins war nach Anhörung dieses
Beirats der RWiMi zuständig, der auch "die mit der Auflösung verbundenen
vermögensrechtlichen Fragen" zu regeln hatte.
Die Eintragung im Vereinsregister des Amtsgerichts Frankfurt a.M. ist am.1.II.1939
erfolgt.
Dieser Rechtszustand blieb unverändert bis zum Zusammenbruch des
nationalsozialistischen Staates.
Im damaligen Lande Hessen ist die Zuständigkeit der Dampfkesselinspektion
Darmstadt am 1.IV.1939 auf den TÜV Ffm gemäß § 30 der hess. AusführungsVO
zur GewO vom 20.III.1912 (RegBl. S. 48) in der Fassung der AO des
Reichsstatthalters in Hessen (Landesregierung) vom 27.I. 1939 (RegBl. S. 7)
übergegangen.
III.
Am 7.IX.1945 hat die Deutsche Regierung des Landes Hessen in Darmstadt
folgende Verordnung bestimmt:
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I.) Der TÜV Ffm übt im Bereiche der Deutschen Regierung des Landes Hessen
keinerlei Gutachtertätigkeit mehr sowohl auf dem Gebiete der Gewerbepolizei, wie
auch auf dem Gebiete des Kraftfahrzeugwesens aus.
II.) Soweit dem TÜV Ffm Aufgaben gewerbepolizeilicher bezw.
kraftfahrzeugtechnischer Art auf Grund reichs- oder landesgesetzlicher
Bestimmungen, insbesondere auf Grund der Durchführungsbekanntmachung vom
27.I.1939 (RegBl. 1939 S. 7), auf Grund der Bekanntmachung über das Verfahren
bei Aufstellung von Dampfgefäßen vom 2.XII.1939 (RegBl. S. 156 ff) sowie auf
Grund der VO vom 22.X.1934 (RGBl. I S. 106) übertragen sind, gehen diese
Befugnisse mit sofortiger Wirkung auf die Hessische Dampfkessel-Inspektion in
Darmstadt als allein zuständige Behörde über.
§ 2.
Sämtliche Akten und Unterlagen sind von dem TÜV Ffm an die Hessische
Dampfkessel-Inspektion in Darmstadt auszuhändigen.
§ 3.
Diese Bekanntmachung tritt mit sofortiger Wirkung in Kraft.“
Zu Beginn des Jahres 1946 wurde im Hessischen Staatsministerium - Minister für
Wirtschaft und Verkehr -eine Neuregelung des Technischen Überwachungswesens
im ganzen Lande Hessen erwogen. Am 12.IV., 29.V. und 28.IX.1946 teilte der
Minister für Wirtschaft und Verkehr dem TÜV Ffm mit, dass er beabsichtige, “dem
TÜV Ffm die bisher widerruflich im staatlichen Auftrage erteilten Befugnisse zu
entziehen", da er eine einheitliche Durchführung der technischen und
Gewerbeaufsicht im jetzigen Lande Hessen ähnlich dem vor 1938 im damaligen
Lande Hessen bestehenden Zustande erstrebe. Er gab dem TÜV Ffm auf, den
Weisungen der Gewerbeaufsichtsämter, in Frankfurt a.M. und Kassel Folge zu
leisten, insbesondere deren Vorarbeiten für die Überführung der Vereinsaufgaben
auf ein staatliches Technisches Überwachungsamt durch Auskünfte und tätige
Mitarbeit zu fördern.
Am 27.IX.1946 erließ der Minister für Wirtschaft und Verkehr folgende "Anordnung
über die Heuordnung der Technischen Überwachung Auf Grund des § 24 der GewO
ordne ich folgendes an:
1.) Die dem Technischen Überwachungsverein Frankfurt a.M. auf dem Gebiete des
Dampfkesselwesens und der sonstigen überwachungspflichtigen Anlagen sowie
der Kraftfahrzeuge und der Kraftfahrzeugführer übertragenen Befugnisse werden
mit Wirkung vom 1. November 1946 widerrufen.
2.) Die Befugnisse gehen am 1. November 1946 auf die staatlichen Technischen
Überwachungsämter über. Es werden zwei Technische Überwachungsämter neu
errichtet und zwar das "Technische Überwachungsamt Kassel" für den
Regierungsbezirk Kassel und das "Technische Überwachurigsamt Frankfurt a.M."
für den Regierungsbezirk Wiesbaden. Die im Regierungsbezirk Darmstadt
bestehende staatliche Dampfkesselinspektion führt ab 1. November 1946 die
Dienstbezeichnung "Technisches Überwachungsamt Darmstadt".
Die Technischen Überwachungsämter in Kassel, Frankfurt a.M. und Darmstadt
werden den Leitern der Gewerbeaufsichtsämter in Kassel, Frankfurt a.M. und
Darmstadt unterstellt.
3.) Die Entscheidung über die Auflösung des nicht mehr für die Technische
Überwachung zuständigen bisherigen Technischen Überwachungs-Vereins
Frankfurt a.M. und über die damit verbundenen vermögensrechtlichen Fragen
behalte ich mir vor. Dem Verein bleibt ab 1. November 1946 bis zu seiner
Auflösung lediglich die Verwaltung seines Vermögens und die Abwicklung seiner
Vereinsangelegenheiten unter Aufsicht des Leitenden Gewerbeaufsichtsbeamten
beim Regierungspräsidenten in Wiesbaden. Der Leitende Gewerbeaufsichtsbeamte
wird ermächtigt, die dazu erforderlichen Maßnahmen im Benehmen mit dem
Leitenden Gewerbeaufsichtsbeamten das Regierungsbezirks Kassel und dem
Vorsitzenden des bisher zuständigen Technischen Überwachungsvereins zu
treffen.
4.) Ergeben sich bei. der Durchführung der Ziffer 3 Unstimmigkeiten, so ist meine
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4.) Ergeben sich bei. der Durchführung der Ziffer 3 Unstimmigkeiten, so ist meine
Entscheidung herbeizuführen.
5.) Die Übernahme der Beamten und Angestellten des Technischen
Überwachungs-Vereins auf die staatlichen Technischen Überwachungsämter wird
besonders geregelt."
Der TÜV Ffm erhob Einspruch gegen die Verordnung der Deutschen Regierung des
Landes Hessen und gegen die Anordnung des Ministers für Wirtschaft und Verkehr.
Letzterer teilte daraufhin am 28.II.1947 dem TÜV Ffm mit, dass er dem
Hessischen Landtag einen Gesetzentwurf über die Neuregelung der Technischen
Überwachung Zugeleitet habe; bis zur Beschlussfassung über diesen
Gesetzentwurf müsse es bei der getroffenen Übergangsregelung verbleiben.
Nun erhob der TÜV Ffm am 15.III.1947 beim Verwaltungsgerichtshof in Kassel eine
Klage, mit der er die Verordnung der Deutschen Regierung des Landes Hessen
vom 7.IX.1945, die Erlasse des Ministers für Wirtschaft und Verkehr vom 29.V. und
28.IX.1946, dessen Anweisung vom 28.X.1946 sowie den Einspruchsbescheid vom
28.II.1947 anfocht und die Aufhebung dieser Verwaltungsakte begehrte.
Nachdem am 19.VIII.1947 das nunmehr als verfassungswidrig angefochtene
Gesetz über die Neuordnung der Technischen Überwachung erlassen worden war,
und die im Rubrum dieses Urteils bezeichneten Antragsteller zu 1) den
Staatsgerichtshof angerufen hatten, ist vom Hessischen Verwaltungsgerichtshof
am 6.I.1949 das bei ihm anhängige Verfahren bis zur Entscheidung des
Staatsgerichtshofs über die Gültigkeit jenes Gesetzes ausgesetzt worden.
Das Gesetz vom 19.VIII.1947, welches den Gegenstand des vorliegenden
Verfahrens bildet, hat folgenden Wortlaut:
"Der Landtag hat auf Grund des § 24 der Reichsgewerbeordnung in der Fassung
der Verordnung zur Abänderung der §§ 24, 25 und 147 der Reichsgewerbeordnung
vom 30. August 1937 (RGBl. I S. 918) folgendes Gesetz beschlossen, das hiermit
verkündet wird:
§ 1
Die auf dem Gebiete des Dampfkesselwesens, der Überwachungspflichtigen
Anlagen sowie der Überwachung der Kraftfahrzeuge und der Prüfung der
Kraftfahrzeugführer bisher den Technischen Überwachungsvereinen übertragenen
Aufgaben werden ausschließlich von staatlichen technischen
Überwachungsämtern wahrgenommen.
§ 2
Sitz und Tätigkeitsbereich der Technischen Überwachungsämter bestimmt die
zuständige oberste Verwaltungsbehörde.
§ 3
Die bisherigen Träger der Technischen Überwachung sind verpflichtet, die
Unterlagen, die sie in Ausübung ihrer technischen Überwachungsaufgaben erlangt
haben, an die Technischen Überwachungsämter herauszugeben.
§ 4
Die Verordnung über die Technische Überwachung der Dampfkessel und der
sonstigen überwachungspflichtige Anlagen vom 19. März 1938 (BGBl. I S. 297), die
Anordnung über Zusammenschlüsse für die technische Überwachung der
Dampfkessel und der sonstigen überwachungspflichtigen Anlagen vom 22.
November 1938 (MBlWi. S. 281) und die Anordnung zur Ergänzung und Änderung
dieser Anordnung vom 5. Oktober 1939 (MBlWi. S. 282) und die sonstigen dazu
ergangenen Anordnungen und Ausführungsvorschriften werden aufgehoben.
Gleichzeitig treten landesrechtliche Vorschriften, die den Bestimmungen dieses
Gesetzes entgegenstehen außer Kraft.
Der Technische Überwachungsverein Frankfurt a.M. wird aufgelöst.
§ 5
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Die Durchführungsbestimmungen zu diesem Gesetz erlässt der Minister für Arbeit
und Wohlfahrt. Die sich aus der Auflösung des Technischen Überwachungsvereins
Frankfurt a.M. ergebenden vermögensrechtlichen und sonstigen Fragen werden im
Einvernehmen mit dem Minister der Finanzen und mit dem Minister der Justiz
geregelt.
§ 6
Das Gesetz tritt am 1. Oktober 1947 in Kraft."
Die in § 4 Abs. 3 dieses Gesetzes ausgesprochene Auflösung des TÜV ffm führte
dazu, dass das Amtsgericht Frankfurt a.M. auf Antrag des Hessischen Ministers für
Arbeit und Wohlfahrt durch Beschluss vom 11.XII.1947 (5
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VI 999/47) feststellte,
dass das Vermögen des aufgelösten Vereins mit dem Inkrafttreten des Gesetzes
(1.X.1947) an den Fiskus des Landes Hessen gefallen sei. Auf Beschwerde des TÜV
Ffm hob das Amtsgericht Frankfurt a.M. diesen Beschluss am 10.V.1948 mit der
Begründung auf, dass, wie nachträglich festgestellt, vor Auflösung des TÜV Ffm
satzungswidrig der Beirat des Vereins nicht gehör worden sei. Die hiergegen
eingelegte Beschwerde, des Ministers für Arbeit und Wohlfahrt wurde vom
Landgericht in Frankfurt a.M. durch Beschluss vom 24.VI.1948 (2/9 I 253/48) als
unbegründet zurückgewiesen, weil möglicher Weise die in § 5 des angefochtenen
Gesetzes vorbehaltene vermögensrechtliche Regelung von dem in § 45 Abs. 3
BGB bestimmten Vermögensanfall abweichen könne.
IV.
Zehn Abgeordnete des Hessischen Landtags, welche in der Fraktion der Liberal-
Demokratischen Partei (jetzt Freien Demokratischen Partei)
zusammengeschlossen sind, haben den Staatsgerichtshof des Landes Hessen
angerufen. Sie haben vorgebracht, die Auflösung des TÜV Ffm (§ 4 Abs. 3 des
Gesetzes vom 19.VIII.1947) stehe in Widerspruch zur Hessischen Verfassung (HV).
Demgemäß haben sie beantragt die Bestimmung des § 4 Abs. 3 für
verfassungswidrig zu erklären. gemäß § 17 Abs. 4 des Gesetzes über den
Staatsgerichtshof vom 12.XII.1947 (GVBl. 48 S. 3 - StGHG) haben sie einen
Bevollmächtigten für dieses Verfahren benannt. Einer dieser zehn Abgeordneten
hat sein Mandat verlören. Die verbliebenen neun Abgeordneten haben ihren
Antrag dahin geändert,
der Staatsgerichtshof wolle erkennen,
"1.) das Gesetz über die Neuordnung der Technisch. Überwachung vom
19.VIII.1947 (GVBl.1947 Nr. vom 25.IX.1947) verletzt die verfassungsmäßigen
Grundrechte der Vereinsfreiheit (Art. XI der Freiheit des wissenschaftlichen Schaffe
(Art. 10) und der Freiheit der wirtschaftlich Betätigung (Art. 38 Abs. 2) sowie den in
der HV festgelegten Grundsatz der Wahrung der gesamtdeutschen Rechtseinheit
(Art. 151) und ist deshalb verfassungwidrig und damit ohne Gesetzeskraft,
2.) die Kosten des Verfahrens trägt das Land Hessen."
Dem Antrage sind 51 Mitglieder des TÜV Ffm beigetreten. In der
Hauptverhandlung haben die Antragsteller ihren Antrag auch darauf gestützt, dass
das Gesetz dem Grundrecht des Privateigentums (Art. 45 HV) wider spreche.
Der Landesanwalt hat sich dem Verfahren angeschlossen und beantragt,
den Antrag als unbegründet zurückzuweisen.
Den gleichen Antrag wie der Landesanwalt hat das Land Hessen, vertreten durch
den Ministerpräsidenten, als Antragsgegner gestellt.
V.
1. Der Antrag der FDP-Fraktion ist zulässig. Nach Art. 131 Abs. 1 und 2 HV sowie §
17 Abs. 2 Ziff. 3 StGHG kann den Antrag, die Verfassungsmäßigkeit eines
Gesetzes zu prüfen, ein Zehntel der gesetzlichen Zahl der Mitglieder des Landtags
stellen. Der Hessische Landtag besteht aus 90 Abgeordneten (§ 1 des
Wahlgesetzes für den Landtag des Landes Hessen vom 14.X.1946 - GVBl. 1946 S.
177 -). Die neun Abgeordneten der FDP-Fraktion sind ein Zehntel der gesetzlichen
Mitgliederzahl des Hessischen Landtags.
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2. Der Anschluss des Landesanwalts ist zulässig (§ 18 Abs. 2 StGHG).
3. Fraglich ist, ob auch der Beitritt der Mitglieder des TÜV Ffm zulässig ist.
a) Nach § 45 Abs. 2 StGHG kann der Antrag zur Verteidigung der Grundrechte von
jedermann gestellt werden, der geltend macht, dass ein ihm von der Verfassung
gewährtes Grundrecht verletzt sei. Die dem Verfahren beigetretenen Mitglieder
des TÜV Ffm machen geltend, dass mehrere der ihnen von der Verfassung
gewährten Grundrechte verletzt seien.
b) Die dem Verfahren beigetretenen Mitglieder des TÜV Ffm sind teils Kaufleute im
Sinne des HGB, die den Beitritt unter ihrem Firmennamen erklärt haben, teils
juristische Personen (Aktiengesellschaften, Gesellschaften m.b.H.,
Kommanditgesellschaften, offene Handelsgesellschaften). Es erhebt sich einmal
die Frage, ob Kaufleute unter ihrem Firmennamen die Grundrechtsklage erheben
können, sodann, ob juristische Personen Träger von Grundrechten sind. Beide
Fragen können jedoch offen bleiben, weil der Antrag der beigetretenen Mitglieder
über den Antrag der FDP-Fraktion nicht hinausgegangen ist. Insbesondere können
diese Fragen auch für die Kostenentscheidung auf sich beruhen, da im
vorliegenden Verfahren Auslagen nicht erstattet werden sollen.
VI.
Die Bestimmungen des angefochtenen Gesetzes gliedern sich in drei Gruppen:
A) Die Übertragung der seither vom TÜV Ffm wahrgenommenen Aufgaben auf
staatliche Überwachungsämter (§ 1) und die Bestimmung von deren Sitz und
Tätigkeitsbereich (§ 2).
B) Die Auflösung des TÜV Ffm.
C) Die Bestimmungen der §§ 3, 4 Abs. 1 und 2, 5 Satz 2.
A.
Die Übertragung der früher von den TÜV wahrgenommenen Aufgaben auf die TÜ-
Ämter.
Die Antragsteller haben beantragt, der Staatsgerichthof solle das Gesetz vom
19.VIII.1947 als ganzes, also auch die Bestimmungen der §§ 1 und 2 für
verfassungswidrig erklären. Sie haben allerdings im Widerspruch zu diesem Antrag
vorgetragen, dass keine Entscheidung darüber begehrt werde, ob der TÜV Ffm
vom Lande Hessen weiter zur Überwachung überwachungsbedürftiger Anlagen
herangezogen und ihm ein früher erteilter Auftrag des Staates entzogen werden
könne. In der Tat steht, wenn das Aufgabengebiet der seither in Selbstverwaltung
geführten Technischen Überwachung in die Hände einer Behörde gelegt worden
ist, keine Bestimmung der HV solche Übertragung entgegen, auch nicht die
Bestimmung des Art. 151 HV, wonach alle Maßnahmen, die Hessen auf Gebieten
treffen wird, für welche die Deutsche Republik die Zuständigkeit beanspruchen
könnte, unter den Grundsatz zu stellen sind, dass die gesamtdeutsche Einheit zu
wahren, vor allem die bestehende Rechtseinheit nicht ohne zwingenden Grund
anzutasten ist. Eine solche Rechteinheit besteht aber auf dem Gebiete der
Landesverwaltung nicht, was auch in den Art. 84 Abs. 1, 85 Abs. 1 des
Grundgesetzes für die Bundesrepublik Deutschland seinen Niederschlag darin
gefunden hat, dass grundsätzlich die Einrichtung der Landesbehörden
Angelegenheit der Länder bleibt. Es kann deshalb auf sich beruhen, ob und aus
welchen Erwägungen andere deutsche Länder sieh zur Überführung der
Technischen Überwachung in das unmittelbare staatliche Behördensystem nicht
entschlossen haben.
Soweit der Antrag also die §§ 1 und 2 des angefochtenen Gesetzes betrifft,
musste er zurückgewiesen werde
B.
Die Auflösung des TÜV Ffm.
1. Bei Prüfung der Frage, ob die Auflösung, des TÜV Ffm als verfassungswidrig
gellen muss, kommt es wesentlich darauf an, welche Rechtsnatur die bisherigen
sogenannten "Träger der Technischen Überwachung" gehabt haben
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a) Die eingangs behandelten Dampfkessel-Revisions-Vereine
(Dampfkesselüberwachungsvereine, Technische Überwachungsvereine), wie sie
vor 1938 in Deutschland bestanden haben, können als Körperschaften des
öffentlichen Rechts nicht angesprochen werden. Es waren ihnen zwar, wie
dargelegt, bestimmte, in den Bereich staatlicher Überwachung fallende Aufgaben
übertragen worden. Diese Tatsache allein bedingt aber noch keineswegs, dass
Vereine solcher Art nach außen hin bereits Anteil an der Sonderstellung des
staatlichen Behördensystems im Rahmen mittelbarer Staatsverwaltung gehabt,
also ein wesentliches Merkmal der Körperschaften des öffentlichen Rechts erfüllt
haben. Vielmehr gehörten die früher zur Technischen Überwachung berufenen
Verein schon deshalb nicht als Körperschaften des öffentliche Rechts in den
Komplex mittelbarer Staatsverwaltung, wenn sie eines unter damaligen
Beurteilungsgrundsätzen mit Recht für notwendig befundenen, konstitutiven Aktes
der Staatsgewalt entbehrten (vgl. Preuss. OVG Urteil vom 8.VII.1902 in Entsch. Bd.
72 S. 66 ff und RG Urteil des 6. Zivilsenats vom 20.XII.1913 in Recht 1914 Sp. 173).
b) Es erhebt sich die Frage, ob das Gesetzgebungswerk der Jahre 1938 ff an
diesem Rechtszustand etwas geändert hat.
Der Landesanwalt hat die Auffassung vertreten, der TÜV Ffm, wie er durch die
Bekanntmachung des RWiMi vom j 19.III.1938, die AO des RWiMi vom 22.XI.1938
gebildet und nach Maßgabe der AO des RWiMi vom 5.X.1939 mit dem Charakter
eines rechtsfähigen Vereins versehen worden i sei ein Verein nur dem Namen
nach, nicht aber der Sache nach gewesen: sachlich und rechtlich sei er als
Zwangszusammenschluss eine öffentlich rechtliche Körperschaft gewesen.
Aufgabenbereich und Struktur hätten keine der Merkmale eines
bürgerlichrechtlichen Vereins enthalten, dagegen alle Merkmale einer dem RWiMi
nachgeordneten Reichsbehörde, die als solche schon 1945 mit dem militärischen
Zusammenbruch zu bestehen aufgehört habe, weshalb die im angefochtenen
Gesetz nur bestätigte Auflösung des Vereins der Verfassung nicht widersprechen
könne.
Die Beantwortung der Frage nach der Rechtsnatur des TÜV Ffm nötigt zu einer
Erörterung, wie für die Zeit, als jenes Gesetzgebungswerk geschaffen wurde, die
Grenzen zwischen Organisationen des privaten und solchen des öffentlichen
Rechts zu ziehen sind.
Die autoritäre Staatslehre und Praxis des Nationalsozialismus haben schlechthin
die Grenzen zwischen privatem und öffentlichem Recht, insbesondere auf dem
Gebiet der öffentlichen Verwaltung, weitgehend verwischt. Nach Weber (Die
Körperschaften, Anstalten und Stiftungen des öffentlichen Rechts, 2. erweitere
Auflage, München 1943, S. 57 ff) war auch "das deutsche Organisationsrecht"
jener Zeit "dadurch gekennzeichnet, dass zwischen den Körperschaften, Anstalten
und Stiftungen des öffentlichen Rechts einerseits und dem Verbandswesen des
volksgenössischen Rechtslebens auf der anderen Seite eigentümliche
Sonderbildungen entstanden" waren, die "mit den herkömmlichen Kategorien des
privatrechtlichen oder öffentlichrechtlichen Organisationswesens in ihrer reinen
Form nicht mehr begreifbar erscheinen und deshalb der Darstellung eines eigenen
Mischtypus neuer Prägung zustreben". Solchen hier von Weber angenommenen
Mischcharakter hatten, was zutreffend erscheint, vorzüglich die
Organisationsformen der sogenannten "gelenkten Unternehmerwirtschaft“, wie die
Gruppen der gewerblichen Wirtschaft und der Verkehrswirtschaft, die
Arbeitsgemeinschaften der Industrie- und Handelskammer, die Landes
Fremdenverkehrsverbände, das Kalisyndikat und viele andere. Zahlreichen solcher
Mischgebilde ist vom Gesetzgeber ausdrücklich die Stellung von rechtsfähigen
Vereinen verliehen worden (so den Reichsgruppen der gewerblichen Wirtschaft
durch AO des RWiMi. vom 12.I., 5.II., 23.III.1935 - RuStAnz Nr. 12, 33, 71 -,
11.XI.1939 - RuStAnz Nr. 267 -, 9.VI.1941 - RuStAnz Nr. 135 -, 6.1.1942 - RuStAnz
Nr. 6 -, ferner den Wirtschaftsgruppen durch § 5 der 1. DVO zum Gesetz zur
Vorbereitung des organischen Aufbaues der Deutschen Wirtschaft vom 27.XI.1934
- RGBl. I S. 1194 -, der Arbeitsgemeinschaft der Industrie- und Handelskammer
durch Ziffer 1 des Erl. des RWiMi vom 24.VII.1939 - RuStAnz. Nr. 172 usw-), obwohl
sie und andere ähnliche Organisationen mannigfache öffentliche, ihnen vom Staat
übertragene Aufgaben erfüllten, also mit stärkeren oder schwächeren
Hoheitsrechten und öffentlichrechtlichen Vorzugsstellungen ausgestattet, der
Staatsaufsicht unterstellt und mit Zwangscharakter versehen waren. Nicht anders
liegt die Sache bei den Technischen Überwachungsvereinen. Erscheint es danach
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liegt die Sache bei den Technischen Überwachungsvereinen. Erscheint es danach
bedenklich, sich ohne weiteres mit der Feststellung zu begnügen, dass diese
Verbände und Einrichtungen formal als Erscheinungen des Privatrechts
ausgewiesen waren, weil die Rechtsform einer juristischen Person des Privatrechts
nur ein technischer Behelf gewesen sein konnte, um ihre Rechtsverkehrsfähigkeit
deutlich zu machen (vgl. Huber, Die Rechtsgestalt der NSDAP, Deutsche
Rechtswissenschaft 1939 S. 336 ff), so ist doch die Annahme nicht minder
bedenklich, auch ein in privatrechtlicher Vereinsform errichteter Verband habe
schon die rechtliche Natur einer Körperschaft des öffentlichen Rechts gehabt,
wenn er nur mit einzelnen hoheitlichen Prädikaten ausgestattet war, wie sie von
den Körperschaften des öffentlichen Rechts her bekannt sind, die der Gesetzgeber
als solche errichtet hat. Denn keines dieser hoheitlichen Prädikate ist, was auch
der früheren, oben erörterten Rechtsmeinung entsprach, für die Frage
entscheidend gewesen, ob eine juristische Person des öffentlichen Rechts oder
eine solche des Privatrechts vorgelegen hat. Allgemein können auch solche
Zwecke, deren Erfüllung im öffentlichen Interesse gelegen ist, durch juristische
Personen des Privatrechts verfolgt werden (Knocke i. Handbuch der
Rechtswissenschaft, "Juristische Personen" S. 437). - Auch auf den Umfang der
hoheitsrechtlichen Tätigkeit kann es angesichts der Unmöglichkeit sicherer
Abgrenzung nicht ankommen. - Ebenso kann die Zwangsmitgliedschaft nicht
entscheidend sein, obwohl sie den TÜV immerhin das genommen hat, was eine
wesentliche Eigenschaft bürgerlichrechtlicher Vereine ist, nämlich die Freiheit des
Zusammenschlusses. Allgemein aber eignet gerade den wichtigsten
Körperschaften des öffentlichen Rechts ein Zwang zur Mitgliedschaft nicht, wobei
nur auf Kirchen, Religions- und Weltanschauungsgemeinschaften, soweit sie als
Körperschaften des öffentlichen Rechts anerkannt sind (vgl. Art. 51 HV),
hingewiesen sei.
Indes kann trotz mancher begrifflichen Unsicherheit die Zuweisung einer
juristischen Person in den Bereich der öffentlichen Ordnung oder der
Privatrechtsordnung auch für die hier fragliche Zeit keinesfalls in der Schwebe
bleiben. Die Lösung muss vielmehr, ebenso wie für die frühere Zeit, aus der
Überlegung gefunden werden, dass immer nur durch einen nach außen hin
erkennbaren Staatsakt die Erhebung einer Organisation zur juristischen Person
des öffentlichen Rechts vollzogen werden konnte (vgl. Komm. der RGR zum BGB 9.
Auflage, Anm. 1 zu § 89 BGB Jedenfalls lässt sich so viel sagen, dass niemals eine
Körperschaft des öffentlichen Rechts geschaffen sein kann, wenn der Organisation
eindeutig die Rechtsform des Privatrechts verliehen worden ist. Diese Rechtsform
hat aber in Verfolg des § 1 der AO des RWiMi vom 5.X.1939 der TÜV Ffm erhalten.
Die Verleihung einer Rechtsnorm des Privatrechts durch den Staat war mithin auch
im Rahmen des in den Jahren 1938 ff. begründeten Gesetzgebungswerks "die
untrügliche, negative Entscheidung darüber, dass eine Organisation trotz
hoheitlicher Wesenszüge nicht zum vollen Bestandteil der mittelbaren
Staatsverwaltung und ihrer automatischen Rechtswirkung erhoben werden" sollte
(Weber a.a.O. S. 69).
Damit stimmt es überein, dass maßgebende Stellen der nationalsozialistischen
Staatsführung, so der Beauftragte für den Vierjahresplan und
Generalbevollmächtigte für den Arbeitseinsatz in einem Schreiben an RWiMi Nr. III
b 18 873 / 42 vom 9.IX.1942 - und der RWiMi selbst in einem Schreiben III G 32
070/42 vom 24.IX.1942 an den Reichsverband der TÜV erklärt haben, dass die TÜV
nicht zum öffentlichen Dienst gehören, sondern als privat Organisationen
anzusehen sind.
Hiernach war der TÜV Ffm in der Gestalt, die er in Verfolg des
Gesetzgebungswerks der Jahre 1938 ff. erhalte hat, eine juristische Person des
Privatrechts und zwar ein rechtsfähiger Verein im Sinne der einschlägigen
Vorschriften des BGB.
c) Auch nach dem Zusammenbruch im Jahre 1945 ist der TÜV Ffm ein
rechtsfähiger Verein geblieben. Dass er von der Militärregierung nicht lizenziert
worden ist, steht dem nicht entgegen. Es ist nirgends bestimmt, dass Vereine, die
nicht von der Militärregierung lizenziert worden sind, ihre Rechtsfähigkeit
automatisch verloren haben, was nicht hindert, dass vor einer Lizenzierung
Satzungsänderungen notwendig werden können.
Demgemäß hat der TÜV Ffm auch in dem Zeitpunkt, in welchem das
angefochtene Gesetz vom 19.VIII.1947 in Kraft trat, noch als ein Verein des
bürgerlichen Rechts bestanden.
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2. Die Auflösung des genannten Vereins, wie sie in § 4 Abs. 3 des angefochtenen
Gesetzes ausgesprochen ist, begegnet verfassungsrechtlichen Bedenken.
Nach Art. 15 HV haben alle Deutschen das Recht, Vereine oder Gesellschaften zu
bilden. Auf dieses Grundrecht kann sich nur derjenige nicht berufen, der den
verfassungsmäßigen Zustand angreift oder gefährdet (Art. 17 Abs. 2 HV). Das
Grundrecht ist unabänderlich; es bindet den Gesetzgeber, den Richter und die
Verwaltung unmittelbar (Art. 26 HV). Ein Fall des Art. 63 HV liegt nicht vor.
Die Freiheit, Vereine zu bilden, umfasst auch die Freiheit, in einem einmal
gebildeten Verein zu bleiben. Art. 15 HV schützt die Mitglieder eines einmal
gebildeten Vereins vor einer ohne ihren Willen erfolgenden Auflösung.
Der Auffassung, dass die Vereinsfreiheit als. Ausfluss einer demokratischen
Grundordnung des Staates ihre Grenze bei solchen Vereinen fände, welche ihre
Existenz einem auf nationalsozialistischer Gewaltherrschaft beruhenden
Zusammenschluss von Personen verdanken, mithin gleichsam die Negation
demokratischen Vereinsrechts darstellen, vermag der Staatsgerichtshof nicht zu
folgen, weil der Zusammenschluss sehr wohl als ein freiwillig gewordener jene
Gewaltherrschaft überdauern kann.
Abzulehnen ist auch eine im Verlaufe des Verfahrens vom Minister für Arbeit und
Wohlfahrt vertretene Rechtsmeinung, welche davon ausgeht, dass nach der
Zwangssatzung des TÜV Ffm der RWiMi über die Auflösung des Vereins befinden
und eine Regelung der sich aus einer solchen Auflösung ergebenden
vermögensrechtlichen Fragen treffen konnte. Die hieraus gezogene Folgerung, das
Land Hessen sei berechtigt gewesen, auch seinerseits im Verordnungswege den
TÜV Ffm aufzulösen, lässt eben jene Rechtsnatur des fraglichen Vereins als einer
juristischen Person des Privatrechts unbeachtet. Nur wenn es sich um eine
Körperschaft des öffentlichen Rechts handeln wurde, wäre auch jetzt noch eine
Aufhebung im Verordnungswege zulässig.
C.
Die Bestimmungen der §§ 3, 4 Abs. 1 und 2, 5 Satz 2 des Gesetzes vom
19.VIII.1947.
1. Ersichtlich ist der Gesetzgeber davon ausgegangen, dass die von ihm
geschaffenen staatlichen Technischen Überwachungsämter, welche in Zukunft die
Überwachungsaufgaben des TÜV übernehmen sollen, zur Erfüllung ihrer Aufgaben
der unterlagen bedürfen, welche der TÜV in Ausübung seiner technischen
Überwachungsaufgaben in der Vergangenheit erlangt hat. Der Ausdruck
"Unterlagen" ist seiner Unbestimmtheit wegen bedenklich, da er nicht mit
Sicherheit erkennen lässt, was alles gemeint ist. Es leuchtet aber andererseits
ohne weiteres ein, dass die vom TÜV Ffm in über 70 jähriger Tätigkeit
gesammelten Erfahrungen, die in Instrumenten, technischen Zeichnungen,
Gutachten u.s.w. ihren Niederschlag gefunden haben, von großem Werte sind, und
dass die nun errichteten staatlichen Technischen Überwachungsämter nur sehr
schwer werden arbeiten können, wenn sie nicht in den Genuss dieser Erfahrungen
kommen. Indes steht der vom Gesetzgeber befohlenen Herausgabe dieser im
einzelnen nicht bezeichneten Unterlagen zwingende verfassungsrechtliche
Vorschrift entgegen:
Die HV hat in Art. 45 das Privateigentum gewährleistet. Sie hat bestimmt, dass -
nach Maßgabe der Gesetze jedermann berechtigt ist, Eigentum zu erwerben und
darüber zu verfügen. Zwar verpflichtet Privateigentum gegenüber der
Gemeinschaft, und sein Gebrauch darf dem Gemeinwohl nicht zuwiderlaufen. Doch
darf Privateigentum nur im öffentlichen Interesse, nur auf Grund eines Gesetzes,
nur in dem darin vorgesehenen Verfahren und nur gegen angemessene
Entschädigung eingeschränkt oder enteignet werden. Da der TÜV Ffm, wie
dargelegt, nicht eine Körperschaft des öffentlichen Rechtes ist, deren Vermaßen
öffentliches Vermögen wäre, sondern ein privatrechtlicher Verein, ist sein
Vermögen Privateigentum. Mag die Herausgabe der Unterlagen, welche die
bisherigen Träger der Technischen Überwachung in Ausübung ihrer technischen
Überwachungsaufgaben erlangt haben, auch im öffentlichen Interesse liegen, so
hätte der Gesetzgeber ihre Enteignung jedoch nur in einem ordnungsmäßigen
Verfahren und nur gegen angemessene Entschädigung anordnen dürfen.
§ 3 des Gesetzes vom 19.VIII.1947 widerspricht also dem Art. 45 HV und ist
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§ 3 des Gesetzes vom 19.VIII.1947 widerspricht also dem Art. 45 HV und ist
deshalb ungültig.
2. Noch in anderer Hinsicht musste, weil der TÜV Ffm als eine juristische Person
des Privatrechts anzusprechen ist, die Berufung auf Art. 45 HV Erfolg haben.
Grundsätzlich schützt die verfassungsrechtliche Gewährleistung des
Privateigentums vor jeder entschädigunglosen Beeinträchtigung, "sofern der
Eingriff das Gepräge eines Einzeleingriffes trägt, also im Gegensatz zur
bestehenden allgemeinen Rechtsordnung in bestimmten einzelnen Fällen erfolgt"
(Nawiasky-Leusser, Die Verfassung des Freistaates Bayern S. 238).
In den Rahmen der Beeinträchtigung von Mitgliederrechten eines Vereins, wie sie
in den §§ 43, 44 BGB durch die allgemeine Rechtsordnung begründet sind, fällt
auch eine durch Einzeleingriff, insbesondere Sondergesetzgebung herbeigeführte
Entziehung der Rechtsfähigkeit des Vereins. Materiell widerstreitet es jener
Rechtsordnung, wenn die in § 43 BGB für die Entziehung der Rechtsfähigkeit
vorgesehenen Gründe nicht festgestellt sind; verfahrensrechtlich widerstreitet es
ihr, wenn die Vorschriften des § 44 BGB, wonach grundsätzlich die Feststellung im
Verwaltungsstreitverfahren zu erfolgen hat, unbeachtet geblieben sind. Wird im
übrigen bei der Sondergesetzgebung in Ansehung des Vereins-Vermögens die
Berücksichtigung etwaiger, aus § 45 BGB abgeleiteter Anfallrechte der
Vereinsmitglieder ebensowenig, gewährleistet, wie nach Maßgabe §§ 47 ff BGB die
von der allgemeinen Rechtsordnung vorgeschriebene Durchführung eines
Liquidationsverfahrens, so rundet sich hierdurch das Bild eines nach Art. 45 HV
verfassungswidrigen Gesetzgebungswerks ab, wenn angesichts solcher
Beeinträchtigung des Privateigentums das Gesetz dem Träger der ordentlichen
Gewalt nicht die Verpflichtung auferlegt hat, an die von seinem Einzeleingriff
betroffenen Personen Entschädigung zu leisten.
In der so gekennzeichneten Weise hat der Gesetzgeber im vorliegenden Falle
seine legislativen Befugnisse überschritten, indem er in § 4 Abs. 1 und 2 des
Gesetzes vom 19.VIII.1947 summarisch alle eingangs erörterten, die
Rechtsgrundlage des TÜV Ffm darstellende; Vorschriften aufgehoben, dem Verein
hiermit die auf diesen Vorschriften beruhende Rechtsfähigkeit genommen, die
vermögensrechtliche Regelung offen gelassen, endlich dem Hessischen Staat eine
Entschädigungspflicht nicht auferlegt hat.
Die genannten Bestimmungen des § 4 Abs. 1 und 2 des angefochtenen Gesetzes
sind mithin verfassungswidrig, daher ungültig. Hierbei war jedoch aus folgenden
Erwägungen die aus dem Urteilstenor ersichtliche Einschränkung zu machen:
Nach Art. 2 Abs. 1 und 2 HV ist der Mensch frei; er darf tun und lassen, was die
Rechte anderer nicht verletzt oder die verfassungsmäßige Ordnung des
Gemeinwesens nicht beeinträchtigt; niemand kann zu einer Handlung,
Unterlassung oder Duldung gezwungen werden, wenn nicht ein Gesetz oder eine
auf Gesetz beruhende Bestimmung es verlangt oder zulässt. Diesem elementaren
Grundrechte der Demokratie widerspricht aber die Organisation des TÜV Ffm als
eines Zwangszusammenschlusses und die ihr auferlegte Zwangssatzung, wie sie
in dem Gesetzgebungswerk der Jahre 1938 ff. enthalten ist. Nach demokratischer
Staatsauffassung muss jede Vereinigung von Personen, und Unternehmen auf
freiwilliger Mitgliedschaft unter Ausschluss jeder Zwangssatzung beruhen. Wenn
auch, wie dargelegt, § 4 Abs. 1 und 2 des angefochtenen Gesetzes insoweit der HV
widerspricht, als hier dem TÜV Ffm seine Rechtsgrundlage überhaupt entzogen
wird, so ist er doch insoweit nicht nur nicht verfassungswidrig, sondern durch die
HV positiv geboten, als er Zwangsmitgliedschaft und Zwangssatzung aufhebt.
3. Wenn aus den oben unter VI B dargelegten Gründen die in § 4 Abs. 3 des
Gesetzes vom 19.VIII.1947 vorgeschriebene Auflösung des TÜV Ffm entfallt, wird
hiermit die in § 5 Satz 2 daselbst getroffene Bestimmung, wonach die sich aus der
Auflösung ergebenden vermögensrechtlichen und sonstigen Fragen einer den
Ministern der Finanzen und Justiz übertragenen Regelung vorbehalten bleiben, an
sich gegenstandslos; sie wird aber ohne weiteres von der Ungültigkeit jener
Grundvorschrift mitumfasst. Es bedarf mithin keiner Erörterung, ob hier
verfassungswidrig Maßnahmen dem Verordnungsweg überlassen worden sind, für
die gemäß Art. 45 Abs. 2 Setz 2 HV gesetzliche Regelung vorgeschrieben ist.
Während sonach § 5 Satz 2 des angefochtenen Gesetzes in Verfolg der Aufhebung
von § 4 Abs. 3 gleichfalls der Aufhebung verfallen muss, bleibt angesichts der für
gültig erachteten Vorschriften der §§ 1 und 2 des Gesetzes für
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gültig erachteten Vorschriften der §§ 1 und 2 des Gesetzes für
Durchführungsbestimmungen im Sinne des § 5 Satz 1 weiterhin Raum.
VII.
Hiernach rechtfertigt sich die im entscheidenden Teil des Urteils getroffene
Feststellung, wonach die Bestimmungen des angefochtenen Gesetzes nur
hinsichtlich der §§ 3, 4 Abs. 3 und 5 Satz 2 sowie mit der oben erörterten
Einschränkung auch des § 4 Abs. 1 und 2 verfassungswidrig und mithin ungültig
sind, während im übrigen der auf Ungültigkeitserklärung des Gesetzes schlechthin
gerichtete Antrag als unbegründet zurückzuweisen war.
VIII.
Es erschien nicht geboten, gemäß § 24 StGHG eine Gebühr festzusetzen und die
Erstattung von Auslagen anzuordnen.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.