Urteil des StGH Hessen vom 14.03.2017

StGH Hessen: hessen, wählbarkeit, wechsel, zweifelsfall, stellvertreter, demokratie, präsident, unterliegen, altersgrenze, amtszeit

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Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 322
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Normen:
§ 2 StGHG HE, § 11 StGHG
HE, Art 127 Abs 4 Verf HE, Art
98 Abs 5 GG
(Wechsel eines Richters vom Landesdienst in den
Bundesdienst)
Leitsatz
Ein nicht im Dienste des Landes Hessen stehender Richter kann nicht richterliches
Mitglied des Staatsgerichtshofs sein. Scheidet ein Richter wegen Übernahme in den
Bundesdienst aus dem Dienst des Landes Hessen aus, so sind gemäß StGHG HE § 11
Abs 3 die Voraussetzungen seiner Wählbarkeit nicht mehr erfüllt. Der Richter ist kraft
Gesetzes nicht mehr Mitglied des Hessischen Staatsgerichtshofes.
Tenor
,
.
Gründe
...
Nachdem er im April 1959 aus dem Dienste des Landes Hessen in den
...
ob er dadurch kraft Gesetzes aus seinem Amte als stellvertretendes richterliches
.
,
seiner ausdrücklichen Erklärung nach wie vor als stellvertretendes richterliches
.
,
.
.
§ 11 StGHG enthält die Voraussetzungen, unter denen ein Mitglied des
Staatsgerichtshofs aus seinem Amte ausscheidet. Danach scheidet das Mitglied
aus,
a) das sein Amt niedergelegt hat (§ 11 Abs. 1 StGHG),
b) das auf Antrag des Landtags durch Urteil des Staatsgerichtshofs seines Amtes
enthoben ist (§ 11 Abs. 2 StGHG),
c) bei dem die Voraussetzungen seiner Wählbarkeit nicht mehr erfüllt sind (§ 11
Abs. 3 StGHG).
Zu diesen unter c) genannten Voraussetzungen gehört bei einem richterlichen
Mitglied, daß es im Dienste des Landes Hessen als planmäßiger hauptamtlicher
Richter angestellt ist. Das ergibt sich aus § 2 Abs. 1 Satz 1 StGHG. Diese Vorschrift
lautet:
"Die fünf Mitglieder, die Richter (Art 127 Abs. 1 HV) sein müssen, werden vom
Landtag auf sieben Jahre gewählt".
Nach Art 127 Abs. 1 HV werden die planmäßigen hauptamtlichen Richter auf
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Nach Art 127 Abs. 1 HV werden die planmäßigen hauptamtlichen Richter auf
Lebenszeit berufen. Diese Vorschrift, auf die ausdrücklich in § 2 Abs. 1 Satz 1
StGHG verwiesen ist, kann sich als eine Bestimmung der Hessischen Verfassung
nur auf die im Dienste des Landes Hessen angestellten planmäßigen
hauptamtlichen Richter beziehen, die nach Art 127, Abs. 3 HV vom Hessischen
Justizminister gemeinsam mit einem Richterwahlausschuß berufen worden sind.
Da also die richterlichen Mitglieder des Staatsgerichtshofs Richter im Sinne von Art
127 Abs. 1 HV sein müssen, folgt allein schon aus dieser gesetzlichen Regelung,
daß nicht oder nicht mehr richterliches Mitglied des Staatsgerichtshofs sein kann,
wer nicht als planmäßiger hauptamtlicher Richter im Dienste des Landes Hessen
steht.
Dieses Ergebnis wird durch folgende Überlegungen gestützt:
1. Nach Art 127 Abs. 4 HV in Verbindung mit Art 98 Abs. 5 GG kann das
Bundesverfassungsgericht einen planmäßigen hauptamtlichen hessischen Richter
auf Antrag des Hessischen Landtags oder Justizministers seines Amtes für
verlustig erklären, wenn er nach seiner Berufung auf Lebenszeit die Erwartungen
nicht erfüllt hat, daß er sein Amt im Geiste der Demokratie und des sozialen
Verständnisses ausüben werde (Richteranklage). Gegen diesen in der Hessischen
Verfassung vorgesehenen Amtsverlust ist auch der Richter nicht geschützt, der
Mitglied des Staatsgerichtshofs ist.
Verbliebe nun ein aus dem hessischen Richterdienst ausgeschiedener Richter im
Staatsgerichtshof, so wäre die Folge, daß sich im Staatsgerichtshof zwei
Kategorien, richterlicher Mitglieder befinden könnten, nämlich Richter, gegen die
eine Richteranklage nach Art 127 Abs. 4 HV erhoben werden kann mit der Folge
der vorläufigen Enthebung vom Amte durch Zustellung der Anklage (§ 29 Abs. 2
StGHG), und Richter, die dieser Anklage nicht ausgesetzt sind. Es widerstreitet
jeder vernünftigen Überlegung, daß der hessische Gesetzgeber eine solche
Regelung treffen wollte.
2. Da dem Lande Hessen nicht die Befugnis zusteht, gegen Richter eines anderen
Landes oder des Bundes dienststrafrechtlich einzuschreiten, könnten, falls aus
dem hessischen Richterdienst ausgeschiedene Richter im Staatsgerichtshof
verblieben, diesem sowohl Richter angehören, die der Dienststrafgewalt des
Landes Hessen unterliegen, als auch Richter, gegen die in Hessen
dienststrafrechtlich trotz Vorliegens der gesetzlichen Voraussetzungen nicht
vorgegangen werden kann, weil sie nicht im Dienste des Landes Hessen stehen.
Umgekehrt könnte durch Dienststrafverfahren des Bundes oder anderer Länder im
Ergebnis Über die Zugehörigkeit zum Hessischen Staatsgerichtshof entschieden
werden. Hierdurch könnte die Eigenständigkeit der hessischen Staatsgewalt
beeinträchtigt werden.
3. Nach § 1 des Gesetzes zur Ergänzung des Gesetzes über den Staatsgerichtshof
vom 13. Dezember. 1948 (GVBl. 1949, S. 1) wird bei allen Mitgliedern des
Staatsgerichtshofs, soweit sie Richter sind, während der Zeit ihrer Mitgliedschaft
im Staatsgerichtshof ... § 17 des Richterwahlgesetzes nicht angewandt. Das hat
zur Folge, daß diese Richter, solange sie dem Staatsgerichtshof angehören, nach
Vollendung des 65. Lebensjahres wider ihren Willen nicht in den Ruhestand treten.
Da die Vorschriften des genannten Gesetzes für andere Länder und den Bund
nicht verbindlich sind, werden die nicht im Dienste des Landes Hessen stehenden
Richter nach Erreichen der Altersgrenze in den Ruhestand versetzt ohne Rücksicht
darauf, ob sie Mitglieder des Staatsgerichtshofs des Landes Hessen sind.
Auch dieses Ergebnis kann der Gesetzgeber nicht gewollt haben. Er ist vielmehr
offensichtlich davon ausgegangen, daß nur hessische Richter dem
Staatsgerichtshof angehören, die er durch das Ergänzungsgesetz so lange dem
Staatsgerichtshof erhalten wollte, als ihre Amtszeit nach § 2 Abs. 1 Satz 1 StGHG
nicht abgelaufen ist.
Zusammenfassend ist demnach festzustellen, daß ein nicht im Dienste des
Landes Hessen stehender Richter nicht richterliches Mitglied des
Staatsgerichtshofs sein kann.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.
die obersten Bundesgerichte erfolgt.