Urteil des StGH Hessen vom 07.12.1999

StGH Hessen: öffentliches interesse, hessen, erlass, verfügung, verfassungsgericht, strafvollzug, verurteilter, quelle, rechtsschutz, mehrheit

1
2
3
4
5
6
Gericht:
Staatsgerichtshof
des Landes
Hessen
Entscheidungsdatum:
Aktenzeichen:
P.St. 1459 eA
Dokumenttyp:
Beschluss
Quelle:
Norm:
§ 26 StGHG HE
Leitsatz
Eine einstweilige Anordnung des Staatsgerichtshofs als Verfassungsgericht ist nicht
dringend geboten, wenn einem Antragsteller zur Abwehr von - vermeintlichen oder
tatsächlichen - Grundrechtsverletzungen fachgerichtlicher Eilrechtsschutz zur
Verfügung steht.
Tenor
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird als offensichtlich
unbegründet zurückgewiesen.
Gerichtskosten werden nicht erhoben, außergerichtliche Kosten nicht erstattet.
Gründe
A
I.
Der Antragsteller begehrt mit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
Eilrechtsschutz gegen Rahmenrichtlinien des Hessischen Ministeriums der Justiz
für das Telefonieren von erwachsenen männlichen Gefangenen im geschlossenen
Strafvollzug unter Benutzung von Kartentelefonen.
Nach dem Vorbringen des Antragstellers erhalten Verurteilte gemäß dieser
Verwaltungsvorschrift monatlich eine Telefonkarte im Wert von DM 12,-. Der
Antragsteller sieht hierin einen Verstoß gegen den Gleichheitssatz. Verurteilte mit
Angehörigen im Ortsnetzbereich würden gegenüber Verurteilten, die - wie er -
Angehörige im benachbarten Ausland hätten, bevorzugt, da im Ortsnetzbereich
Telefongespräche günstiger seien. Zudem habe das Ministerium der Justiz
willkürlich gehandelt. Es könne sein, dass er aufgrund dieser Regelung über das
Telefonieren seinen Rechtsanwalt nicht erreichen könne. Es gehe dem
Justizminister allein darum, Wahlversprechen einzuhalten, vermutlich wolle er die
Wiedereingliederung Verurteilter in die Gesellschaft verhindern. Die Regelung
werde am 1. Dezember 1999 in Kraft treten, so dass Eile geboten sei.
Am 21. November 1999 hat der Antragsteller beim Staatsgerichtshof um
vorläufigen Rechtsschutz nachgesucht.
Der Antragsteller beantragt sinngemäß,
im Wege der einstweiligen Anordnung die Anwendung der Rahmenrichtlinien des
Hessischen Ministeriums der Justiz für das Telefonieren von erwachsenen
männlichen Gefangenen im geschlossenen Strafvollzug unter Benutzung von
Kartentelefonen bis zur Klärung von deren Gesetzmäßigkeit auszusetzen.
II.
Landesregierung und Landesanwaltschaft, denen Gelegenheit zur Äußerung
6
7
8
9
10
11
12
Landesregierung und Landesanwaltschaft, denen Gelegenheit zur Äußerung
gegeben worden ist, haben nicht Stellung genommen.
III.
Der Staatsgerichtshof hat die angegriffenen Rahmenrichtlinien mit dem
Aktenzeichen 4570-IV/7-254/88 beigezogen.
B
I.
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung ist offensichtlich unbegründet.
Nach § 26 Abs. 1 des Gesetzes über den Staatsgerichtshof - StGHG - kann der
Staatsgerichtshof, um im Streitfall einen Zustand vorläufig zu regeln, eine
einstweilige Anordnung erlassen, wenn es zur Abwendung schwerer Nachteile, zur
Verhinderung drohender Gewalt oder aus einem anderen wichtigen Grund
dringend geboten ist und ein vorrangiges öffentliches Interesse nicht
entgegensteht.
Für das vom Antragsteller begehrte Eingreifen des Staatsgerichtshofs ist keiner
der genannten Anordnungsgründe gegeben. Denn eine einstweilige Anordnung
des Staatsgerichtshofs als Verfassungsgericht ist nicht dringend geboten, wenn
einem Antragsteller zur Abwehr von - vermeintlichen oder tatsächlichen -
Grundrechtsverletzungen fachgerichtlicher Eilrechtsschutz zur Verfügung steht
(ständige Rechtsprechung des StGH, vgl. zuletzt Beschluss vom 23.6.1999 - P.St.
1393 e.A. -). Dies ist hier der Fall. Sein erkennbares Begehren, Kartentelefone in
größerem Umfang als für einen Geldbetrag von DM 12,- monatlich benutzen zu
können, kann der Antragsteller - nach erfolglos gebliebenem Antrag bei der
Anstaltsleitung - mit den Rechtsbehelfen des Strafvollzugsgesetzes - StVollzG -
verfolgen. Nach § 114 StVollzG ist fachgerichtlicher Eilrechtsschutz durch die
Strafvollstreckungskammer gewährleistet.
II.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 28 StGHG.
III.
Dieser Beschluss ist mit der qualifizierten Mehrheit des § 26 Abs. 3 Satz 2 StGHG
ergangen. Widerspruch gegen ihn kann deshalb nicht erhoben werden.
Hinweis: Die Entscheidung wurde von den Dokumentationsstellen der hessischen Gerichte
ausgewählt und dokumentiert. Darüber hinaus ist eine ergänzende Dokumentation durch
die obersten Bundesgerichte erfolgt.