Urteil des SozG Würzburg vom 29.06.2010

SozG Würzburg: sozialhilfe, rückerstattung, versicherungspflicht, mitgliedschaft, krankenkasse, stadt, leistungsfähigkeit, zweigstelle, zustellung, versicherungsverhältnis

Sozialgericht Würzburg
Urteil vom 29.06.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 6 KR 333/09
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen. III. Der Streitwert wird auf
17.462,34 EUR festgesetzt.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Erstattung von 17.462,34 EUR.
1. Der am 14. Februar 1956 geborene Hilfebedürftige S. bezog ab 21. Februar 2006 Arbeitslosengeld II von der
Beigeladenen. Das Arbeitslosengeld II wurde zum 31. Juli 2006 eingestellt, weil der Ärztliche Dienst der Agentur für
Arbeit in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 21. Juli 2006 festgestellt hatte, dass der Hilfebedürftige S. täglich
Arbeiten lediglich im Umfang von weniger als 3 Stunden für voraussichtlich länger als 6 Monate verrichten könne. Ab
1. August 2006 gewährte daraufhin die Klägerin dem Hilfebedürftigen S. Leistungen nach dem SGB XII, die u.a. mit
Bescheid vom 7. August 2007 und 30. August 2007 bis 31. Dezember 2008 und mit Bescheid vom 8. August 2008 bis
31. Dezember 2009 bewilligt wurden. Der Hilfebedürftige S. wurde von der Klägerin über § 264 SGB V bei der
Beklagten gemeldet. Die Klägerin erstattete der Beklagten nach § 264 Abs. 7 SGB V für die Zeit vom 1. Oktober 2007
bis 31. August 2008 Aufwendungen in Höhe von 17.462,34 EUR.
2. Unter dem 2. August 2007 wandte sich die Klägerin an die Beigeladene mit der Bitte einer Nachuntersuchung zur
Feststellung der Erwerbsfähigkeit des Hilfebedürftigen S. Gleichzeitig stellte sie nach § 95 SGB XII formlos einen
Antrag auf Arbeitslosengeld II. Erst mit Schreiben vom 16. Juli 2008 wies die Klägerin den Hilfebedürftigen S. auf
seine Mitwirkungspflichten hin und bat um eine persönliche Vorsprache, um einige Formulare wegen der
beabsichtigten Nachuntersuchung auszufüllen. Der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit kam in seinem Gutachten
nach Aktenlage vom 6. August 2008 zu dem Ergebnis, dass der Kläger täglich Arbeiten im Umfang von weniger als 3
Stunden verrichten könne. Die verminderte oder aufgehobene Leistungsfähigkeit bestünde voraussichtlich bis zu 6
Monaten. Zum jetzigen Zeitpunkt hätten medizinische Maßnahmen absolut Vorrang, die Strategie dazu sei von den
behandelnden Ärzten festzulegen. Mit Schreiben vom 14. August 2008 erklärte die Klägerin gegenüber dem
Hilfebedürftigen, dass die Hilfegewährung zum 31. August 2008 ende. Er werde noch einen Einstellungsbescheid
erhalten und gebeten, umgehend bei der Beigeladenen Arbeitslosengeld II zu beantragen. Mit Bescheid vom 20.
August 2008 teilte die Klägerin dem Hilfebedürftigen S. dann mit, dass die bisher gewährte Sozialhilfe ab 1. Oktober
2008 eingestellt werde. Durch den Gutachter der Agentur für Arbeit sei festgestellt worden, dass er bis zu 6 Monaten
nicht in der Lage sei, unter den üblichen Bedingungen des Arbeitsmarktes mindestens drei Stunden täglich belastbar
zu sein. Da die Dauer der Leistungsminderung noch in einem 6-Monats-Zeitraum liege, sei die gewährte Sozialleistung
einzustellen. Der Bescheid vom 8. August 2008 über die Leistungsgewährung nach dem SGB XII werde daher ab 1.
Oktober 2008 aufgehoben und die bisher gewährte Sozialhilfe ab diesem Zeitpunkt eingestellt. Der Hilfebedürftige S.
möge umgehend bei der Beigeladenen Arbeitslosengeld II beantragen.
Mit Schreiben vom 20. August 2008 meldete die Klägerin gegenüber der Beigeladenen einen Erstattungsanspruch für
den Zeitraum vom 1. Oktober 2007 bis 30. September 2008 unter Verweis auf die Ziffer 3b der geschlossenen
Vereinbarung "Zusammenarbeit des Fachbereichs Soziales der Stadt Würzburg mit der ARGE Arbeit und
Grundsicherung Würzburg vom 22. Februar 2006" an, die am 9. Juni 2008 mit Wirkung ab 1. Juli 2008 dahingehend
geändert wurde, dass der erstattungsberechtigte Zeitraum für die Stadt Würzburg spätestens ab dem ersten Tag des
auf das Anschreiben des Fachbereichs Soziales folgenden zweiten Monats beginne. Mit Bescheid vom 17.
September 2008 bewilligte die Beigeladene dem Hilfebedürftigen S. rückwirkend ab 1. Oktober 2007 bis 30.
September 2008 Arbeitslosengeld II und befriedigte den Erstattungsanspruch der Klägerin in der angemeldeten Höhe
von 6.352,62 EUR.
Der Ärztliche Dienst der Agentur für Arbeit äußerte sich in seinem Gutachten nach Aktenlage vom 28. Oktober 2008
erneut zur Leistungsfähigkeit des Hilfebedürftigen S. Der Hilfebedürftige sei voraussichtlich bis zu 6 Monaten täglich
weniger als 3 Stunden einsetzbar. Erst in seinem Gutachten vom 30. Juni 2009 kam der vom Ärztlichen Dienst der
Agentur für Arbeit beauftragte (externe) Gutachter nach umfänglicher Untersuchung zu dem Ergebnis, dass der Kläger
vollschichtig leistungsfähig sei. Trotz fehlender Behandlung seit dem letzten Gutachten sei es nicht zu einer Zunahme
des Beschwerdebildes gekommen.
3. Mit Schreiben vom 21. August 2008 übersandte die Klägerin der Beklagten die "Meldung für die
Leistungserbringung nach § 264 SGB". Die krankenhilfeberechtigte Person werde wegen Ende der
Leistungserbringung abgemeldet. Ende der Leistungserbringung sei der 31. August 2008. Gleichzeitig meldete die
Klägerin gegenüber der Beklagten ebenfalls einen Erstattungsanspruch nach § 104 SGB X für die Zeit vom 1. Oktober
2007 bis 31. August 2008 an. Der Hilfebedürftige S. werde ab 1. Oktober 2007 Arbeitslosengeld II erhalten und sei
daher pflichtversichert. Unter dem 15. Oktober 2008 bezifferte die Klägerin gegenüber der Beklagten den
Erstattungsanspruch mit 11.845,02 EUR. Am 23. Oktober 2008 lehnte die Beklagte den Erstattungsanspruch ab. Es
läge ab 1. Oktober 2007 keine Anmeldung durch die ARGE vor. Hierauf erwiderte die Klägerin, dass - laut Auskunft
der Beigeladenen - die Pflichtbeiträge abgeführt worden seien. In der Folge wandte sich die Klägerin erneut wiederholt
an die Beklagte und machte Erstattungsansprüche in Höhe von zuletzt 17.462,34 EUR geltend, die die Beklagte nicht
erfüllte.
4. Am 9. Oktober 2009 erhob die Klägerin Klage. Für den Hilfebedürftigen seien der Beklagten in der Zeit vom 1.
Oktober 2007 bis 31. August 2008 Aufwendungen in Höhe von 17.462,34 EUR erstattet worden. Da der Hilfebedürftige
S. Arbeitslosengeld II ab 1. Oktober 2007 bezogen habe, sei er pflichtversichert, weshalb ein Anspruch auf
Rückerstattung nach § 112 SGB X bestehe. Der Vertreter der Klägerin beantragt zuletzt, die Beklagte zu verpflichten,
der Klägerin die für den Zeitraum vom 1. Oktober 2007 bis 31. August 2008 für Herrn S. gemäß § 264 Abs. 7 SGB V
erstatteten Leistungen in Höhe von 17.462,34 EUR zu erstatten.
5. Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen. Beim Hilfebedürftigen S. hätten schwerwiegende Erkrankungen
vorgelegen. Es sei nicht ersichtlich, welche Verbesserungen des Gesundheitszustandes sich zum 6. August 2008
ergeben hätten. Das Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für Arbeit habe am 6. August 2008 noch
festgestellt, dass anhand der einsehbaren medizinischen Befundunterlagen und den sich daraus ergebenden
medizinische Sachverhalt zum jetzigen Zeitpunkt nicht davon auszugehen sei, dass der Hilfebedürftige S. in der Lage
sei, unter den üblichen Bedingungen des allgemeinen Arbeitsmarktes mindestens 6 Stunden täglich belastbar zu sein.
Die Umstellung der Leistung von Sozialhilfe auf Arbeitslosengeld II könne erst erfolgen, wenn festgestellt worden sei,
dass wieder Leistungsfähigkeit für mehr als 3 Stunden täglich auf Dauer bestehe. Dies sei nicht der Fall gewesen.
6. Am 12. November 2009 ist der Beiladungsbeschluss ergangen. Die Beigeladene äußerte sich erstmals mit
Schriftsatz vom 11. Juni 2010. Der Hilfebedürftige S. sei für den streit-gen Zeitraum bei der Beklagten
krankenversichert. Es komme nicht darauf an, ob die Rückdatierung des Bewilligungsbeginns rechtmäßig gewesen
sei. Entscheidend sei vielmehr, dass die Beklagte in diesem Zusammenhang kein materiell rechtliches Prüfungsrecht
zustehe. Der Hilfebedürftige S. sei auch erwerbsfähig gewesen. Denn erwerbsfähig sei auch, wer die gesundheitlichen
Voraussetzungen innerhalb von 6 Monaten erfüllen könne. Dies sei ausweislich des Gutachtens des Ärztlichen
Dienstes vom 6. August 2008 der Fall gewesen.
7. Im Übrigen wird wegen der weiteren Einzelheiten auf die beigezogenen Akten und die Gerichtsakte verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage, gegen deren Zulässigkeit als reine Leistungsklage zwischen zwei hoheitlichen Trägern, die im
Gleichordnungsverhältnis stehen, keine Bedenken bestehen, ist unbegründet. Die Klägerin hat gegenüber der
Beklagten keinen Anspruch auf Rückerstattung der nach § 264 Abs. 7 SGB V erstatteten Leistungen in Höhe von
17.462,34 EUR.
1. Klagegegenstand ist die Rückerstattung der nach § 264 Abs. 7 SGB V durch die Klägerin der Beklagten erstatteten
Aufwendungen für die Krankenbehandlung des Hilfebedürftigen S. in Höhe von 17.462,34 EUR. In der Zeit des Bezugs
von Sozialhilfe durch den Hilfebe-ürftigen S. hat die Beklagte die Krankenbehandlung nach § 264 SGB V übernommen
und die Klägerin hat hierfür der Beklagten nach § 264 Abs. 7 SGB V die Aufwendungen erstattet, die in der Zeit vom
1. Oktober 2007 bis 31. August 2008 in Höhe von 17.462,34 EUR angefallen sind, was zwischen den Beteiligten
unstreitig ist. Um die Rückforderung dieses Erstattungsbetrages geht es.
2. Es kann dahingestellt werden, ob für eine derartige Rückerstattung der Aufwendungen §§ 103 f SGB X einen
Erstattungsanspruch regeln oder ob jedenfalls § 112, der für Erstattungen allgemein gültige Grundsätze festlegt und
damit über die §§ 102 f SGB X hinaus auf alle Erstattungsansprüche zwischen Leistungsträgern Anwendung findet
(BSG, Urteil vom 29.11.1990 – 2 RU 10/90 – zitiert nach Juris), einschlägig ist. Denn der Erstattungsanspruch
scheitert vorliegend daran, dass die Klägerin den Betrag in Höhe von 17.462,34 EUR nicht zu Unrecht der Beklagten
erstattet hat. Eine derartige Situation wäre nur dann gegeben, wenn der Hilfebedürftige S. ab 1. Oktober 2007 Mitglied
der Beklagten gewesen wäre und auch zwischen der Klägerin und der Beklagten im Fall der Umstellung der Leis-tung
von Sozialhilfe auf Arbeitslosengeld II bzw. umgekehrt Erstattungsansprüche entstehen könnten. Beides ist zu
verneinen.
2.1 Der Kläger war vom 1. Oktober 2007 bis 31. August 2008 nicht Mitglied der Beklagten.
2.1.1 Zur Begründung einer Mitgliedschaft – sei es als Pflichtmitgliedschaft, sei es als freiwillige Mitgliedschaft, die
vorliegend von vornherein offensichtlich ausscheidet – bedarf es keines Verwaltungsaktes der Beklagten oder
sonstiger Maßnahmen der Beteiligten. Die Versicherungspflicht kraft Gesetzes tritt vielmehr bereits dann ein, wenn
die Voraussetzungen hierfür vorliegen. Einer "Aufnahmeerklärung" oder der gleichen bedarf es nicht. Denn Wesen der
Versicherungspflicht ist es, dass ein Versicherungsverhältnis unabhängig vom Willen der Beteiligten, vom Erfüllen
formalen Voraussetzungen, insbesondere der Meldepflicht und der Beitragszahlung zustande kommt. Die
Versicherungspflicht tritt auch unabhängig davon ein, ob die versicherungspflichtige Person davon Kenntnis hat
(Peters in: Kasseler Kommentar, Loseblattsammlung, Stand Oktober 2008, § 5 SGB V Rd.Nr. 207; Baier in:
Krauskopf, Soziale Krankenversicherung, Loseblattsammlung, Stand Juni 2008, Vor § 5 SGB V Rd.Nr. 3).
2.1.2 Eine Versicherungspflicht nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V ist vorliegend nicht eingetreten.
2.1.2.1 Nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V sind versicherungspflichtig Personen in der Zeit, für die sie Arbeitslosengeld II
nach dem Zweiten Buch beziehen, soweit sie nicht familienversichert sind, es sei denn, dass diese Leistung nur
darlehensweise gewährt wird oder nur Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 SGB II bezogen werden; dies gilt auch,
wenn die Entscheidung, die zum Bezug der Leistung geführt hat, rückwirkend aufgehoben oder die Leistung
zurückgefordert oder zurückgezahlt worden ist. Voraussetzung der Versicherungspflicht ist nach dem Wortlaut der
Norm ("Arbeitslosengeld II beziehen") der tatsächliche Bezug von Arbeitslosengeld II. Dass dieser ausschlaggebend
ist, wird bestätigt durch den zweiten Halbsatz des § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V, wonach selbst die Aufhebung der
Bewilligung von Arbeitslosengeld II an der durch tatsächliche Umstände eingetretenen Pflichtversicherung nichts mehr
ändern kann. Daran wird deutlich, dass dem tatsächlichen Moment ausschlaggebende Bedeutung zukommt (vgl.
Baier in Krauskopf, SGB V, Loseblattsammlung, Stand November 2009, § 5 Rd.Nr. 15). Die Feststellung der
Mitgliedschaft soll zeitnah möglich sein. Kriterium hierfür ist der tatsächliche Bezug. Nachträgliche Änderungen sind
ohne Belang.
2.1.2.2 Der Hilfebedürftige S. hat weder am 1. Oktober 2007 noch am 31. August 2008 und auch nicht am 30.
September 2008 Arbeitslosengeld II bezogen. Dem Antragsteller wurde tatsächlich bis einschließlich 30. September
2008 Sozialhilfe gewährt. Der (Dauer-)Bewilligungsbescheid wurde erst mit Wirkung vom 1. Oktober 2008 am 20.
August 2008 aufgehoben. Auch hat die Beigeladene der Beklagten Aufwendungen in Höhe von 6.352,62 EUR für die
Zeit bis 30. September 2008 erstattet. Dies ist nur möglich, wenn der Hilfebe-dürftige S. auch tatsächlich bis
einschließlich 30. September 2008 Hilfe von der Klägerin bezogen hat. Andernfalls hätte die Beigeladene der Klägerin
zuviel erstattet, wofür nichts ersichtlich ist. Im Übrigen erklärte die Klägerin in ihrer "Meldung für die
Leistungserbringung nach § 264 SGB" gegenüber der Beklagten selbst, dass das Ende der Leistungserbringung erst
der 31. August 2008 sei. Daher hat der Hilfebedürftige S. tatsächlich zumindest bis 31. August 2008 kein
Arbeitslosengeld II bezogen. An diesem tatsächlichen Moment kann der Bescheid der Beigeladenen vom 17.
September 2008, mit dem dem Hilfebedürftigen S. rückwirkend ab 1. Oktober 2007 Arbeitslosengeld II bewilligt wurde,
nichts ändern. Denn insofern "galt" nach § 107 SGB X der Anspruch des Hilfebedürftigen S. gegen die Beigeladene
auf Arbeitslosengeld II lediglich als erfüllt, er "war" nicht erfüllt. Deshalb ändert die Fiktion des § 107 SGB X an dem
tatsächlichen Bezug von Sozialhilfe nichts.
2.1.3 Demnach ist der Hilfebedürftige S. nicht ab 1. Oktober 2007 (rückwirkend) nach § 5 Abs. 1 Nr. 2a SGB V
Mitglied der Beklagten geworden. Eine Pflichtmitgliedschaft nach § 5 Abs. 1 Nr. 13 SGB V kommt aufgrund des
Bezugs von Sozialhilfe nicht in Betracht, § 5 Abs. 8a SGB V. Somit scheidet eine Rückerstattung der erstatteten
Aufwendungen bereits deshalb aus, weil der Hilfebedürftige S nicht Mitglied der Beklagten war bzw. geworden ist.
2.2 Davon unabhängig scheidet ein Rückerstattungsanspruch auch deshalb aus, weil im Fall der Umstellung der
Leistung von Sozialhilfe auf Arbeitslosengeld II bzw. umgekehrt Erstattungsansprüche zwischen Sozialhilfeträger
(Klägerin) und Krankenkasse (Beklagte) nicht entstehen könnten Nach § 44a SGB II erbringt bis zur Entscheidung der
Einigungsstelle die Agentur für Arbeit und der kommunale Träger Leistungen der Grundsicherung für Arbeitssuchende.
Entscheidet die gemeinsame Einigungsstelle, dass ein Anspruch auf Leistungen der Grundsicherung für
Arbeitssuchende nicht besteht, steht der Agentur für Arbeit und dem kommunalen Träger ein Erstattungsanspruch
entsprechend § 103 SGB X zu, wenn dem Hilfebedürftigen eine andere Leistung zur Sicherung des Lebensunterhaltes
zuerkannt wird. Daraus, insbesondere aus der ausdrücklichen Nennung der Erstattungsberechtigten, sowie aus der
Regelung, dass die rückwirkende Aufhebung der Bewilligung von Arbeitslosengeld II die Versicherungspflicht (§ 5
Abs. 1 Nr. 2a Halbsatz 2 SGB V) nicht beseitigt, wird ersichtlich, dass im Fall der Umstellung der Leistung von
Arbeitslosengeld II auf Sozialhilfe die Krankenkasse für die "an sich" fehlerhafte Mitgliedschaft keine
Erstattungsansprüche hat und damit außen vor bleibt. Aus Gründen des Vertrauensschutzes wird das einmal
begründete Versicherungsverhältnis in die gesetzliche Krankenversicherung nicht beseitigt, selbst dann nicht, wenn
sie auf einem rechtswidrigen und rückabgewickelten Zustand beruht (vgl. Peters in Kasseler Kommentar,
Loseblattsamm-lung, Stand April 2010, § 5 Rd.Nr. 45). Wird aber das Hilfeverhältnis von Sozialhilfe auf
Arbeitslosengeld II (rückwirkend) umgestellt, gibt es keinen vernünftigen Grund dafür, dass diese rückwirkende
Umstellung erneut zu Lasten der Krankenkassen gehen soll. Von daher ist den genannten Regelungen nach ihrem
Sinn und Zweck der allgemeine Rechtsgedanke zu entnehmen, dass im Fall der Umstellung der Hilfeart auf eine
andere Hilfeart die Krankenkassen nicht tangiert werden und Erstattungsansprüche nicht bestehen. Von daher besteht
auch deshalb kein Rückerstattungsanspruch der Klägerin.
2.3 Da der Erstattungsanspruch bereits aus diesen zwei Gründen nicht gegeben ist, bedarf es keiner Entscheidung
darüber, ob die Klägerin und die Beigeladene zutreffend davon ausgingen, dass der Hilfebedürftige bereits ab 1.
Oktober 2007 als erwerbsfähig anzusehen sei, obwohl sowohl das Gutachten des Ärztlichen Dienstes der Agentur für
Arbeit vom 6. August 2008 und vom 28. Oktober 2008 noch erklärten, dass weiterhin Erwerbsminderung bestehe, und
ob ggf. die dieser fehlerhaften Annahme folgende Rechtswidrigkeit den Verwaltungsakten der Klägerin und der
Beigeladenen "auf die Stirn" geschrieben war und damit zu deren Nichtigkeit führte. Es bedarf auch keiner
Entscheidung, ob dem Erstattungsanspruch ggf. ein kollusives Verhalten zwischen der Klägerin und der Beigeladenen
zu entnehmen ist, weil beide rückwirkend die Umstellung der Leistung zum 1. Oktober 2007 zulassen wollten. Es
bedarf auch keiner Entscheidung, ob die entsprechende Umstellung tatsächlich ihre Grundlage in der Vereinbarung
"Zusammenarbeit des Fachbereichs Soziales der Stadt Würzburg mit der ARGE Arbeit und Grundsicherung Würzburg
vom 22. Februar 2006 in der Fassung vom 9. Juni 2008" finden kann. Denn die Ziffer 3b, mit der der
erstattungsberechtigte Zeitraum auf dem ersten Tag des auf das Anschreiben des Fachbereichs Soziales folgenden
zweiten Monats festgelegt wird, gilt - ausweislich der Vereinbarung - erst ab 1. Juli 2008. Von daher konnte diese
Vereinbarung keinen erstattungsberechtigten Zeitraum auf den 1. Oktober 2007 legen. Es bedarf auch keiner
Entscheidung, ob es sich bei dieser Vereinbarung und ihrer Erstattungsregelungen ggf. um eine unzulässige
Vereinbarung zu Lasten Dritter, nämlich zu Lasten der Beklagten, handelt. Wie aufgezeigt, scheitert das
Erstattungsbegehren der Klägerin bereits daran, dass der Hilfebedürftige S. zumindest vom 1. Oktober 2007 bis 31.
August 2008 nicht Mitglied der Beklagten war, und darüber hinaus daran, dass ein Erstattungsanspruch zwischen
Sozialhilfeträger und Krankenkasse bei Umstellung der Leistung nicht besteht.
3. Somit hat die Klägerin keinen Anspruch auf Rückerstattung der erstatteten Aufwendungen in Höhe von 17.462,34
EUR.
Die Klage war daher abzuweisen.
4. Die Entscheidung über die Kosten beruht auf § 197a SGG, § 154 Abs. 1 VwGO. Der Beigeladenen konnten keine
Kosten auferlegt werden, weil sie sich mangels Antragstellung nicht am Kostenrisiko beteiligt hat.
5. Die Streitwertfestsetzung beruht auf § 52 Abs. 1 GKG.
Hinsichtlich Ziffer I. und II. ergeht folgende
Rechtsmittelbelehrung:
Dieses Urteil kann mit der Berufung angefochten werden. Die Berufung ist innerhalb eines Monats nach Zustellung
des Urteils beim Bayer. Landessozialge-richt, Ludwigstraße 15, 80539 München, oder bei der Zweigstelle des Bayer.
Landessozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift des
Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Die Berufungsfrist ist auch gewahrt, wenn die Berufung innerhalb
der Frist beim Sozialgericht Würzburg, Ludwigstraße 33, 97070 Würzburg, schriftlich oder mündlich zur Niederschrift
des Ur-kundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird. Die Berufungsschrift soll das angefochtene Urteil
bezeichnen, einen bestimmten Antrag enthalten und die zur Begründung der Berufung dienenden Tatsachen und
Beweismittel angeben. Der Berufungsschrift und allen folgenden Schriftsätzen sollen Abschriften für die übrigen
Beteilig-ten beigefügt werden.
Hinsichtlich der Streitwertfestsetzung in Ziffer III. ergeht folgende
Rechtsbehelfsbelehrung:
Gegen diesen Beschluss ist gemäß § 197a Abs.1 Satz 1 SGG iVm § 68 Abs.1 GKG Beschwerde zum Bayer.
Landessozialgericht statthaft, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 EUR übersteigt. Die Beschwerde ist
innerhalb von sechs Monaten, nachdem das Verfahren sich erledigt hat, beim Sozialgericht Würzburg, Ludwigstraße
33, 97070 Würzburg, schriftlich oder zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle einzulegen. Ist der
Streitwert später als einen Monat vor Ab-lauf dieser Frist festgesetzt worden, ist die Beschwerde innerhalb eines
Monats nach Zustellung oder formloser Mitteilung des Festsetzungsbeschlusses einzulegen. Die Beschwerdefrist ist
auch gewahrt, wenn die Beschwerde innerhalb der Frist beim Bayer. Lan-dessozialgericht, Ludwigstraße 15, 80539
München, oder bei der Zweigstelle des Bayer. Landes-sozialgerichts, Rusterberg 2, 97421 Schweinfurt, schriftlich
oder mündlich zur Niederschrift des Urkundsbeamten der Geschäftsstelle eingelegt wird.