Urteil des SozG Würzburg vom 28.07.2010

SozG Würzburg: wiedereinsetzung in den vorigen stand, entschädigung, verschulden, versetzung, unverzüglich, beweisanordnung, sachverständiger, eng, fristversäumnis, verwirkung

Sozialgericht Würzburg
Kostenbeschluss vom 28.07.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 2 SF 52/10
Der Antrag vom 01.03.2010 auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand und Erstattung der
Sachverständigenentschädigung für das Gutachten vom 08.08.2007 (eingegangen am 04.10.2007) in Höhe von
2.452,48 Euro wird abgelehnt.
Gründe:
I. In dem am Sozialgericht Würzburg (SG) anhängig gewesenen Rechtsstreit der U. G. gegen die S. M. (S 5 U 146/04)
hat der Antragsteller (Ast) auf Beweisanordnung vom 03.07.2006 am 08.08.2007 (Eingang am 04.10.2007 beim SG)
ein Gutachten erstellt. Der Ast hat mit Rechnung vom 01.03.2010 (Eingang beim SG am 03.03.2010) einen
Rechnungsbetrag in Höhe von 2.452,48 Euro in Rechnung gestellt. Die verspätete Rechnungsstellung hat er damit
begründet, dass infolge monatelanger Erkrankung seiner Mitarbeiterin, die langjährig für das Rechnungswesen
zuständig gewesen sei, und eines internen Ablageversehens, er soeben festgestellt habe, dass seine Rechnung vom
15.12.2007 offensichtlich noch nicht beglichen sei. Er bitte das Gericht um wohlwollende Prüfung. Sofern
Verjährung/Verwirkung vorliege, möchte er beantragen, dass eine Versetzung in den vorherigen Stand vorgenommen
werde. Der Urkundsbeamte hat mit Schreiben vom 26.04.2010 die Entschädigung wegen Fristversäumnis abgelehnt.
Eine Wiedereinsetzung bei Nichtverschulden an der Einhaltung der 3-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 Satz 1
Justizvergütungs- und Entschädigungsgesetz (JVEG) könne nach Ablauf eines Jahres nicht mehr beantragt werden (§
2 Abs. 2 Satz 2 JVEG). Falls die Ablehnung nicht gerechtfertigt erscheine, könne unter Darlegung der Gründe die
richterliche Festsetzung der Entschädigung gemäß § 4 Abs. 1 JVEG beantragt werden. Mit Schreiben vom
25.05.2010 bat der Ast um Versetzung in den vorherigen Stand und richterliche Festsetzung. Seine langjährige
Direktionsassistentin, die stets zuverlässig gearbeitet habe und von ihm eng überwacht und angeleitet worden sei,
habe in einer ihm unzugänglich gewesenen Zwischenablage unberechnete Akten und unversandte Rechnungen
angesammelt. Da sie mehrere Monate krankgeschrieben gewesen sei, vermute er, dass schon zuvor eine dieses
Handeln erklärende Erkrankung vorgelegen habe, die ihm verborgen geblieben sei. Dieser Umstand sei ihm erst nach
Auffinden der Zwischen-ablage aufgefallen, sodass er unverzüglich gehandelt habe. Ihm seien die
Verjährungsvorschriften bekannt, aber er sehe bei sich kein Verschulden. Zwischenzeitlich sei die Mitarbeiterin fristlos
entlassen worden. Er weise außerdem auf eine Entscheidung des Bayerischen LSG hin (L 15 SF 352/09). Der
Urkundsbeamte des SG hat dem Antrag nicht abgeholfen und den Vorgang der 2. Kammer des SG zur Entscheidung
vorgelegt.
II. Die erkennende Kammer ist als die durch den Geschäftsverteilungsplan A des SG bestimmte Kostenkammer auch
unmittelbar für die Entscheidung über Anträge auf Wieder-einsetzung in den vorigen Stand nach § 2 Abs. 2 JVEG
zuständig. Der Antrag vom 01.03.2010 ist statthaft und zulässig. Er ist jedoch nicht begründet. § 2 Abs. 2 Sätze 1
und 2 JVEG, die hier anzuwenden sind, weil der Gutachtensauftrag nach dem 30.06.2004 erteilt worden ist,
bestimmen: "War der Berechtigte ohne sein Verschulden an der Einhaltung der Frist nach § 2 Abs. 1 JVEG gehindert,
gewährt ihm das Gericht auf Antrag Wiedereinsetzung in den vorigen Stand, wenn er innerhalb von zwei Wochen nach
Beseitigung des Hindernisses den Anspruch beziffert und die Tatsachen glaubhaft macht, welche die
Wiedereinsetzung begründen. Nach Ablauf eines Jahres, von dem Ende der versäumten Frist an gerechnet, kann die
Wiedereinsetzung nicht mehr verlangt werden." Ein Sachverständiger muss danach seinen Vergütungsanspruch nach
Grund und Höhe innerhalb der 3-Monats-Frist des § 2 Abs. 1 JVEG vollständig beziffern. Unabhängig da-von ist die in
§ 2 Abs. 2 Satz 2 JVEG normierte Jahresfrist, die zusätzlich zu beachten ist, bei weitem versäumt. Unter
Ausschöpfung aller Fristen (3-Monats-Frist gem. § 2 Abs. 1 JVEG und der Jahresfrist im Sinne von § 2 Abs. 2 Satz 2
JVEG) hätte der Antrag auf Entschädigung des Gutachtens spätestens am Montag den 05.01.2009 beim SG
eingereicht werden müssen. Der Antrag vom 01.03.2010 ist daher verspätet eingegangen. Die Jahresfrist des § 2 Abs.
2 Satz 2 JVEG ist eine Ausschlussfrist. Nach Ablauf dieser Frist kann die Wiedereinsetzung nicht mehr beantragt
werden. Auf die Frage eines Verschuldens kam es daher nicht mehr an.
Eine Beschwerde ist zulässig, da der Wert des Beschwerdegegenstandes 200 Euro übersteigt.