Urteil des SozG Würzburg vom 17.08.2010

SozG Würzburg: aufschiebende wirkung, vollziehung, gerichtsgebühr, verfahrenskosten, beschwerdegegenstand, ausgabe, hauptsache, beendigung, aussetzung, beitragsnachforderung

Sozialgericht Würzburg
Kostenbeschluss vom 17.08.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Würzburg S 2 SF 53/10 E
I. Die Erinnerung der Antragsstellerin vom 12.07.2010 gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 21.06.2010 wird
zurückgewiesen.
II. Das Verfahren ist gerichtsgebührenfrei. Kosten werden nicht erstattet.
Gründe:
I. Die Antragsstellerin (A) wendet sich mit ihrer Erinnerung dagegen, dass das Gericht keine Gebührenermäßigung
nach Nr. 7211 Gerichtskostenverzeichnis (KV) angenommen hat.
Im Antragsverfahren S 8 R 101/10 ER hatte die damalige Antragstellerin (S) mit ihrem Eilantrag vom 22.02.2010
beantragt, die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs vom 22.02.2010 gegen den Nachforderungsbescheid der
jetzigen Antragsstellerin (A.) vom 17.02.2010 anzuordnen und der A. die Kosten des Verfahrens aufzuerlegen. Am
04.03.2010 setzte die A. auf den Antrag der S. die Vollziehung der mit Bescheid vom 17.02.2010 festgestellten
Beitragsnachforderung in voller Höhe bis zum Abschluss des Widerspruchsverfahrens aus. Die S. erklärte daraufhin
die Sache für erledigt und beantragte den Streitwert festzusetzen sowie die Kosten durch Beschluss der A.
aufzuerlegen. Die A. erklärte sich mit der Übernahme der Verfahrenskosten nicht einverstanden. Die S. habe es
versäumt, zunächst bei der A. einen Antrag auf Aussetzung der Vollziehung gemäß § 86 a SGG zu stellen und somit
die Gerichtskosten unnötig verursacht.
Mit Beschluss vom 29.03.2010 verpflichtete die 8.Kammer die A., die Kosten des Verfahrens zu tragen. Der
Streitwert wurde auf 20.000 EUR festgesetzt.
Mit Gerichtskostenfeststellung vom 30.03.2010 ging die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle von einer nach Nr. 7211
KV zu § 34 GKG ermäßigten Gebühr von 0,5 aus, das sind 144 EUR Gerichtskosten. Diesen Betrag überwies die A.
an das Sozialgericht.
Auf Hinweis des Bezirksrevisors beim Bayerischen Landessozialgericht vom 09.06.2010, dass zu Unrecht in der
Gerichtskostenfeststellung vom 30.03.2010 die ermäßigte KV-Nr. 7211 angesetzt worden sei, obwohl nicht der
gesamte Rechtsstreit durch die Erledigungserklärung der S. erledigt worden sei und das Gericht deshalb mit
Beschluss vom 29.03.2010 über die Kosten habe entscheiden müssen, forderte die Urkundsbeamtin mit weiterer
Gerichtskostenfeststellung vom 21.06.2010 zusätzlich 288 EUR bei der A. an. Diese wurden auch von ihr an das
Sozialgericht überwiesen.
Am 12.07.2010 legte die A. Erinnerung gegen die Gerichtskostenfeststellung vom 21.06.2010 ein. Sie wies daraufhin,
dass der Gebührentatbestand nach § 197a SGG in Verbindung mit GKG und KV-Nr. 7211 nicht lediglich die
Erledigung des Antragsverfahrens in Rechnung stelle, sondern dass sich gleichzeitig die Gebühr nach dem
Gebührentatbestand nach § 197a SGG in Verbindung mit GKG und KV-Nr. 7210 auf 0,5 ermäßige. Insoweit sei sie
mit Zahlung der Gerichtskosten in Höhe von 144 EUR nach dem Gebühren-tatbestand 7211 (Gebührenfeststellung
vom 30.03.2010) ihrer Zahlungsverpflichtung bereits voll umfänglich nachgekommen. Es werde deshalb um
Rücküberweisung der auf Grund der Gerichtskostenfeststellung vom 21.06.2010 zusätzlich gezahlten Gerichtskosten
in Höhe von 288 EUR auf eines der von ihr genannten Konten gebeten.
Die Urkundsbeamtin half der Erinnerung nicht ab und legte den Vorgang zur endgültigen Entscheidung der 2. Kammer
vor.
II. Die Erinnerung ist statthaft und zulässig. Sie ist jedoch nicht begründet.
Gemäß § 66 Abs. 1 Satz 1 GKG entscheidet über Erinnerung des Kostenschuldners und der Staatskasse gegen den
Kostenansatz das Gericht, bei dem die Kosten angesetzt sind.
Zu Recht hat die Urkundsbeamtin dem Begehren der A. nicht entsprochen und die Erinnerung zur Entscheidung der 2.
Kammer vorgelegt.
Nach dem eindeutigen Gesetzeswortlaut ist für Verfahren im vorläufigen Rechtschutz in der Regel nach Nr. 7210 KV
von einem Gebührensatz von 1,5 auszugehen.
Eine Ermäßigung der 1,5-Gebühr auf 0,5 nach Nr. 7211 KV-GKG kommt nur in Betracht, wenn einer der dort in Ziffern
1 bis 3 angeführten Ermäßigungstatbestände vorliegt und dies zur Beendigung des gesamten Verfahrens führt.
Nach Ziffer 3 liegt diese Voraussetzung für Erledigungserklärungen nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG in Verbindung mit
§ 161 Abs. 2 VwGO vor, wenn keine Entscheidung über die Kosten ergeht oder die Entscheidung einer zuvor
mitgeteilten Einigung der Beteiligten über die Kostentragung oder der Kostenübernahmeerklärung eines Beteiligten
folgt.
Hintergrund und Zweck dieser Regelung ist es, dass dann, wenn dem Gericht Arbeit erspart wird, dies dadurch
honoriert wird, dass eine Ermäßigung der Gerichtsgebühr erfolgt.
Muss jedoch eine Entscheidung über die Kosten ergehen, weil sich die Beteiligten nicht einigen können, so ist für eine
Ermäßigung kein Raum mehr.
So liegt der Fall hier.
Die S. hatte mit Schreiben vom 05.03.2010 die Sache für erledigt erklärt und beantragt, die Kosten durch Beschluss
der A. aufzuerlegen. Mit Schriftsatz vom 18.03.2010 widersprach dem die A. und erklärte sich mit der Übernahme der
Verfahrenskosten nicht einverstanden. Es war deshalb erforderlich, dass die 8. Kammer mit Beschluss vom
29.03.2010 festlegte, dass die A. die Kosten des Verfahrens zu tragen hat.
Aus den vorstehend dargestellten Gründen kommt eine Ermäßigung der Gerichtsgebühr von 1,5 auf 0,5 auch nicht
deswegen in Betracht, weil die Beteiligten den Rechtsstreit durch Anerkenntnis und Erledigungserklärung in der
Hauptsache beendet haben.
Eine Kostenentscheidung ist nicht veranlasst, § 66 Abs. 8 GKG.
Die Entscheidung ist endgültig. Ein Rechtsmittel ist nicht zulässig (§ 197 Abs. 2 SGG).
Die Kammer lässt eine Beschwerde in Kenntnis des § 66 Abs. 2 Satz 1 GKG nicht zu, auch wenn der
Beschwerdegegenstand 200 EUR übersteigt, weil für das gerichtliche Verfahren am Sozialgericht das SGG als "lex
specialis" zu betrachten ist und dem für alle Gerichtszweige geltenden GKG deshalb vorgeht. Auf die Ausführungen in
der Zeitschrift "Die Sozialgerichtsbarkeit (SGb)", Ausgabe Oktober 2008, Seite 620 ff. zu dem Verhältnis der
Verfahrensvorschriften des Sozialgerichtsgesetzes und des Rechtsanwaltsvergütungsge-setzes wird hingewiesen.