Urteil des SozG Stade vom 28.07.2009

SozG Stade: koch, portugal, getrennt leben, berufliche ausbildung, praktische ausbildung, hotel, industrie, berufsausbildung, beschäftigungsfähigkeit, handelskammer

Sozialgericht Stade
Urteil vom 28.07.2009 (rechtskräftig)
Sozialgericht Stade S 6 AL 196/06
Der Bescheid der Beklagten vom 2. August 2006 und der Wider-spruchsbescheid vom 11. September 2006 werden
aufgehoben. Die Beklagte wird verurteilt, dem Kläger Berufsausbildungsbeihilfe ab 1. April 2006 nach den
gesetzlichen Vorschriften zu gewähren. Die Beklagte hat dem Kläger seine notwendigen außergerichtlichen Kosten
des Rechtsstreits zu erstatten.
Tatbestand:
Der Kläger begehrt die Gewährung von Berufsausbildungsbeihilfe (BAB).
Der 1983 geborene Kläger nahm im Herbst 2001 eine Ausbildung zum Koch auf, die er im Frühjahr 2002 abbrach. Am
1. März 2003 begann er eine Ausbildung zum Bäcker, die er nach etwa einem Jahr abbrach. Am 20. Februar 2006
beantragte er bei der Beklagten die Gewährung von BAB für die von ihm angestrebte Ausbildung zum Koch bei der
Deutsch-Portugiesischen Industrie- und Handelskammer in Portugal. Vorgesehene Aus-bildungsdauer war vom 1.
April 2006 bis 30. September 2008. Die theoretische Ausbil-dung sollte im Berufsbildungszentrum der Deutsch-
Portugiesischen Industrie- und Han-delskammer an der Algarve, die praktische Ausbildung im Hotel Reid´s Palace auf
Madei-ra stattfinden. In den Antragsformularen gab der Kläger an, dass Unterkunft und Verpfle-gung während der
Ausbildung zur Verfügung gestellt würden. Laut 6. Klausel des Ausbil-dungsvertrages hatte der Kläger einen
monatlichen Betrag von 195,- EUR während der gesamten Laufzeit der Ausbildung zu zahlen. Darüber hinaus fiel eine
Einschreibegebühr von 525,- EUR sowie eine Prüfungsgebühr von 280,- EUR an.
Mit Bescheid vom 2. August 2006 lehnte die Beklagte die beantragten Leistungen ab mit der Begründung, die
Voraussetzungen für eine Förderung im Ausland nach § 62 Abs 2 Sozialgesetzbuch Drittes Buch (SGB III) seien nicht
erfüllt. Es sei auszuschließen, dass die Ausbildung zum Koch in Portugal für das Erreichen des Bildungsziels
besonders dienlich sei. Den dagegen eingelegten Widerspruch begründete der Kläger ua damit, er könne die
Begründung der Beklagten nicht nachvollziehen, da zB eine Kollegin aus Bux-tehude von der Beklagten BAB
bekomme. Die Ausbildung zum Koch in Verden habe er abgebrochen, weil er keine Fahrmöglichkeit gehabt habe. Der
letzte Zug nach Langwedel sei um 23.05 Uhr gefahren, seine Arbeitszeit habe bis 23.00 Uhr gedauert, so dass er den
Zug häufig nicht erreicht hätte. Er habe von seiner Mutter oft abgeholt werden müs-sen. Einen Führerschein habe er
nicht besessen. Die Ausbildung zum Bäcker habe er abgebrochen, da er gemerkt habe, dass seine Leidenschaft dem
Kochen gehöre. Mit Widerspruchsbescheid vom 11. September 2006 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers
zurück und führte aus, es sei nicht erkennbar, dass die Ausbildung des Klägers in Portugal für das Erreichen des
Ausbildungsziels besonders dienlich sei. Ausbildungs-ziel sei der erfolgreiche Abschluss der Berufsausbildung zum
Koch. Auch in Deutschland gebe es genügend geeignete Ausbildungsstellen. Die Berufsausbildung in Portugal sei
gegenüber einer Berufsausbildung in Deutschland zur Erreichung des Berufsabschlusses nicht dienlich. Es bestehe in
keinerlei Hinsicht ein Vorteil der Berufsausbildung im Gast-gewerbe in Portugal gegenüber der Berufsausbildung in
Deutschland. Die Tatsache, dass der Kläger im Ausbildungsbetrieb untergebracht sei, rechtfertige eine Förderung
ebenfalls nicht. Der Kläger habe keine Gründe dafür nennen können, weshalb in seinem Falle die Ausbildung im
Ausland besonders dienlich für das Erreichen des Berufsab-schlusses sein könnte. Der Hinweis auf andere Personen,
die nach seiner Kenntnis BAB erhalten würden, könne keinen Einfluss auf die Entscheidung in seiner
Leistungsangele-genheit haben.
Der Kläger hat am 10. Oktober 2006 Klage erhoben und trägt vor, er habe sein Ziel den Beruf des Kochs zu erlernen,
nie aus den Augen verloren. Anfang 2006 habe er auf seine Nachfrage von einem Mitarbeiter der Beklagten die
Broschüre "Europa Service" erhalten, verbunden mit dem Hinweis, dass eine Ausbildung auch im Ausland denkbar
sei. Die Beklagte habe ihm Reisekosten für die Teilnahme an einer entsprechenden Informati-onsveranstaltung in
Hamburg erstattet. In dem von ihm gewählten Ausbildungsberuf ist eine Ausbildung im Ausland für das Erreichen des
Bildungsziels und für die Beschäfti-gungsfähigkeit besonders dienlich. Es könne keinem Zweifel unterliegen, dass
gerade in dem Ausbildungsberuf Koch eine Ausbildung in einem renommierten ausländischen Ho-tel wie demjenigen,
in dem er nunmehr ausgebildet werde, für seinen künftigen berufli-chen Werdegang ausgesprochen hilfreich sei. Nur
ergänzend sei zu erwähnen, dass er auf diese Weise Fremdsprachenkenntnisse in Englisch und Portugiesisch
erhalten wür-de. Die Beklagte werbe sowohl durch Broschüren als auch im Internet ausdrücklich da-mit, die
Ausbildung im Ausland, insbesondere auch in Portugal zu absolvieren. Die Aus-bildung im Ausland sei auch unter
dem Gesichtspunkt für das Erreichen des Berufsziels durchaus dienlich gewesen, da er dadurch die Möglichkeit
gehabt habe, aus seinem bis-herigen Wirkungsbereich (Milieu) herauszukommen, um "schlechten Einflüssen" aus
dem Wege zu gehen.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 2. August 2006 und den Widerspruchsbescheid vom 11. September 2006
aufzuheben und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger BAB ab 1. April 2006 bis 30. September 2008 zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie weist darauf hin, dass der Spracherwerb sicher nicht ausreichend sei, eine besonde-re Dienlichkeit iSd SGB III zu
begründen. Das Bildungsziel sei das Bestehen der Ab-schlussprüfung. Dass hierfür eine vollständige Ausbildung im
Ausland besonders dienlich sei, kann nach wie vor nicht gesehen werden. Insbesondere habe der Kläger selbst nicht
dargelegt, aus welchen Gründen die Ausbildung im Ausland für das Erreichen des Bil-dungsziels und die
Beschäftigungsfähigkeit in seinem Fall besonders dienlich sein soll. Mit allgemeinen Floskeln wie zB Spracherwerb
oder dergleichen könne eine besondere Dienlichkeit nicht begründet werden.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sachverhalts und des Vorbringens der Beteiligten wird auf die Gerichtsakte und
die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten, die Ge-genstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist begründet. Der angefochtene Bescheid der Beklagten ist rechts-widrig und verletzt den Kläger
in seinen Rechten. Der Kläger hat einen Anspruch auf Gewährung von BAB ab 1. April 2006.
Nach den §§ 59 ff SGB III haben Auszubildende einen Anspruch auf BAB während einer beruflichen Ausbildung oder
einer berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme, wenn 1. die berufliche Ausbildung oder die berufsvorbereitende
Bildungsmaßnahme förderungsfähig ist, 2. sie zum förderungsfähigen Personenkreis gehören und die sonstigen
persönlichen Voraussetzungen für eine Förderung erfüllt sind und 3. ihnen die erforderlichen Mittel zur Deckung des
Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten, die sonstigen Aufwen-dungen und die Lehrgangskosten
(Gesamtbedarf) nicht anderweitig zur Verfügung ste-hen. Diese Voraussetzungen sind vorliegend erfüllt. Im Einzelnen:
1. Die vom Kläger durchlaufene Ausbildung zum Koch bei der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und
Handelskammer ist grundsätzlich förderungsfähig in diesem Sinne. Dies ist zwischen den Beteiligten unstreitig.
2. Der Kläger gehört auch zum förderungsfähigen Personenkreis iSv §§ 59, 63 ff SGB III. Der Förderung steht
insbesondere nicht entgegen, dass der Kläger zuvor bereits zwei Ausbildungen angefangen und abgebrochen hat.
Nach § 60 Abs 2 SGB III in der bis 29. August 2008 geltenden Fassung ist förderungsfähig grundsätzlich die
erstmalige Ausbil-dung; nach der vorzeitigen Lösung eines Ausbildungsverhältnisses darf erneut gefördert werden,
wenn für die Lösung ein berechtigter Grund bestand. Der Kläger hat dargelegt, aus welchen Gründen er die beiden
Ausbildungen abgebrochen und dass stets sein Ziel gewesen sei, den Beruf des Kochs zu erlernen. Auch die
Beklagte vertritt soweit ersicht-lich nicht den Standpunkt, dass die Förderungsfähigkeit der Ausbildung zum Koch in
Por-tugal daran scheitert, dass der Kläger bereits zwei Ausbildungen abgebrochen hat.
Vielmehr stützt sich die Beklagte bei der Ablehnung der begehrten Förderung ausschließ-lich darauf, dass die
Förderung der Ausbildung im Ausland nach § 62 SGB III nicht in Betracht komme. Nach § 62 Abs 2 Nr 2 SGB III ist
eine betriebliche Ausbildung, die voll-ständig im angrenzenden Ausland oder in den übrigen Mitgliedstaaten der
Europäischen Union durchgeführt wird, förderungsfähig, wenn die Ausbildung im Ausland für das Errei-chen des
Bildungsziels und die Beschäftigungsfähigkeit besonders dienlich ist.
Nach der bis 31. Dezember 2001 geltenden Fassung dieser Regelung setzte die Förde-rungsfähigkeit einer
Auslandsausbildung voraus, dass eine entsprechende Ausbildung im Inland für den Auszubildenden nicht möglich
oder nicht zumutbar war. Seit dem 1. Januar 2002 ist eine Förderung auch im Falle der Zumutbarkeit einer
Inlandsausbildung möglich.
Bei der Frage, ob eine Auslandsausbildung besonders dienlich iSd § 62 Abs 2 Nr 2 SGB III ist, ist der Agentur für
Arbeit kein Beurteilungsspielraum eingeräumt; sie ist im gericht-lichen Verfahren vielmehr voll überprüfbar (Wagner, in:
Mutschler/Bartz/Schmidt-De Ca-luwe (Hrsg), SGB III, § 63 Rdn 18). Die Vorschrift ist nach ihrem Sinn und Zweck und
nach dem gesetzgeberischen Willen nicht restriktiv auszulegen. Die gesetzgeberische Absicht kommt vor allem in der
zum 1. Januar 2002 geänderten Fassung der Norm ein-deutig zum Ausdruck. Der Wortlaut der Norm spricht nicht für
eine besonders enge Aus-legung. Nach der Gesetzesbegründung ist eine besondere Dienlichkeit regelmäßig zu
bejahen, wenn der Erwerb bzw die Vertiefung von Sprachkenntnissen und spezifischen Auslandserfahrungen zu einer
Kompetenzerweiterung führen (vgl BT-Drucksache 14/6944 Seite 33; Stratmann, in: Niesel, SGB III, 4. Aufl 2007, §
62 Rdn 5; Buser, in: Eicher/Schlegel, SGB III, § 62 Rdn 44). Aus der Gesetzesbegründung lassen sich inso-weit
Rückschlüsse auf die Auslegung des Begriffs der besonderen Dienlichkeit für das Bildungsziel und die
Beschäftigungsfähigkeit ziehen; das Erlernen oder Perfektionieren einer Sprache oder der Erfahrungsgewinn durch
eine im Ausland absolvierte Ausbildung rechtfertigen im Regelfall den Auslandsaufenthalt, wobei Ziel der Förderung
einer Ausbil-dung im Ausland nach wie vor der erfolgreiche Ausbildungsabschluss und nicht der Spracherwerb als
solcher sein muss (Fuchsloch in: Gagel, SGB III, § 62 Rdn 23). Nach alledem kann von einer besonderen Dienlichkeit
im Sinne der neuen Vorschrift im Allge-meinen zumindest dann ausgegangen werden, wenn in dem entsprechenden
Berufs-zweig Auslandserfahrungen Vorbedingungen für eine Einstellung oder zumindest erhebli-che
Wettbewerbsvorteile bei der Einstellung oder beim beruflichen Fortkommen verschaf-fen (Wagner in:
Mutschler/Bartz/Schmidt-De Caluwe (Hrsg), SGB III, § 63 Rdn 17).
Zur Überzeugung der Kammer steht fest, dass die vom Kläger angestrebte und inzwi-schen durchgeführte Ausbildung
zum Koch in Portugal für das Erreichen des Bildungs-ziels bzw der Beschäftigungsfähigkeit besonders dienlich in
diesem Sinne gewesen ist. Es kann hier offen bleiben, ob die aus den Gesetzesmaterialien und den Kommentaren zu
§ 62 SGB III hervorgehende weitgehende Auslegung des gesetzlichen Merkmals "be-sonders dienlich" so zu
verstehen ist, dass regelmäßig - insbesondere, wenn der Auszu-bildende die erforderlichen Grundkenntnisse wie zB
Sprachgrundkenntnisse mitbringt - eine besondere Dienlichkeit im Sinne des Gesetzes zu bejahen ist. Für die
Kammer steht jedoch außer Zweifel, dass im Bereich Gastronomie und Hotelgewerbe sowohl eine Aus-bildung in
einem renommierten ausländischen Hotel als auch ein späterer Auslandsauf-enthalt regelmäßig ganz erheblich
förderlich für die weitere berufliche Karriere des Betrof-fenen ist. Für diese Branche ist allgemein anerkannt, dass
berufliche Auslandsaufenthal-te und damit auch eine im Ausland absolvierte Ausbildung sehr gern gesehen werden
und die Einstellungschancen bei zukünftigen Bewerbungen ebenso verbessern wie die Karrierechancen insgesamt.
Dies gilt dann erst recht, wenn der Auslandsaufenthalt bzw die Ausbildung in einem international bekannten,
traditionsreichen Hotel stattfindet. Es kann vorliegend davon ausgegangen werden, dass die Ausbildung des Klägers
im Hotel Reid´s Palace auf Madeira sowie an der Algarve nicht nur die Sprachkenntnisse des Klä-gers verbessert hat,
sondern ganz erheblich zu einem Erfahrungs- und Kenntnisgewinn des Klägers beigetragen hat, der seine beruflichen
Chancen dauerhaft erheblich verbes-sert.
Die äußerst knappe Begründung der Beklagten im ablehnenden Bescheid vom 2. August 2006, die Ausbildung zum
Koch in Portugal sei für das Erreichen des Bildungsziels nicht besonders dienlich, ist in keiner Weise nachvollziehbar
oder verständlich. Der von der Beklagten vertretene Standpunkt ist deutlich zu restriktiv und trägt insbesondere dem
Willen des Gesetzgebers in keiner Weise Rechnung. Die Beklagte verkennt, dass der Gesetzgeber durch die
Änderung des § 62 SGB III zum 1. Januar 2002 gerade und ein-deutig beabsichtigt hat, dass die
Förderungsmöglichkeit einer Ausbildung im Ausland erleichtert wird. Entgegen der auch in diesem Verfahren von der
Beklagten vorgetrage-nen Argumentation kommt es eben nicht (mehr) darauf an, ob eine gleichwertige Ausbil-dung im
Inland auch möglich gewesen wäre. Die Beklagte legt insoweit ersichtlich diesel-ben Maßstäbe bei der
Entscheidungsfindung an wie zur Geltung der Rechtslage bis 2001. Auch setzt sich die Beklagte in keiner Weise mit
der Frage auseinander, ob bran-chenspezifische Besonderheiten dafür sprechen könnten, dass eine Ausbildung im
Aus-land besonders dienlich ist.
Die Beklagte kann zudem die Bejahung der besonderen Dienlichkeit nicht davon abhän-gig machen, dass vom
Auszubildenden dezidierte Ausführungen verlangt werden zu et-waigen über die Ausbildung im Ausland
hinausgehenden Zukunftsplänen und zu der Fra-ge, wann und in welcher Form sich die besondre Dienlichkeit der
Ausbildung im Ausland nach Einschätzung des Auszubildenden niederschlagen wird. Solche Anforderungen würden
nahezu jeden Auszubildenden zum Zeitpunkt vor Beginn der Ausbildung überfor-dern. Die Beklagte hat vielmehr in
erster Linie unter Berücksichtigung objektiver Kriterien zu prüfen, ob die Voraussetzungen des § 62 Abs 2 Nr 2 SGB
III, insbesondere das Merkmal der besonderen Dienlichkeit, erfüllt sind. Wenn die Agentur für Arbeit zum Er-gebnis
gelangt, dass eine bestimmte Ausbildung im Ausland - hier die Ausbildung zum Koch in Portugal bei der Deutsch-
Portugiesischen Industrie- und Handelskammer - be-sonders dienlich für die Beschäftigungsfähigkeit ist, so kann
diese Feststellung nicht in jedem Einzelfall dem Grunde nach völlig neu hinterfragt und überprüft werden, sondern
muss dann zunächst grundsätzlich gelten. Dies schließt allerdings nicht aus, dass in ei-nem zweiten Schritt die
Besonderheiten des Einzelfalls dazu führen können, dass den-noch eine besondere Dienlichkeit iSd Vorschrift
abzulehnen ist, wenn der betroffene Aus-zubildende in seiner Person liegende Besonderheiten aufweist, die in seinem
Fall eine besondere Dienlichkeit ausnahmsweise nicht begründen. Dies kann zB der Fall sein, wenn eine Ausbildung
im Ausland zwar grundsätzlich besonders dienlich für die Beschäf-tigungsfähigkeit ist, diese allerdings bestimmte
Grundkenntnisse einer Fremdsprache erfordert, über die nicht jeder Auszubildende gleichermaßen verfügt.
Wenig nachvollziehbar ist auch, dass die Beklagte einerseits durch Broschüren und auf ihrer Homepage nachdrücklich
über eine mögliche Ausbildung zB zum Koch in Portugal bei der Deutsch-Portugiesischen Industrie- und
Handelskammer informiert, dann jedoch, wenn ein Auszubildender diese Möglichkeit für sich auswählt und in Angriff
nimmt, eine Förderungsfähigkeit ohne plausible Begründung ablehnt. Das Gericht verkennt insoweit nicht, dass die
Beklagte im Rahmen der gesetzlichen Möglichkeiten nicht nur zur Förde-rung von Arbeitslosen und Auszubildenden
verpflichtet ist, sondern auch zur Informatio-nen über Ausbildungs- und Weiterbildungsmöglichkeiten. Daraus folgt
sicher noch nicht eine grundsätzliche Verpflichtung der Beklagten, eine entsprechende Förderung vorzu-nehmen,
wenn der Einzelne sich für diese Ausbildung entscheidet. Jedoch erfordert es nach Auffassung des Gerichts in Fällen,
in denen die Beklagte ausdrücklich Auszubil-dende auf eine bestehende Möglichkeit der Ausbildung hinweist, einen
erhöhten und nachvollziehbaren Begründungsaufwand, wenn dann eine besondere Dienlichkeit dieser Ausbildung iSv
§ 62 SGB III abgelehnt werden soll. Daran lassen es die angefochtenen Bescheide in jeder Hinsicht vermissen.
Insbesondere hat sich die Beklagte - wie darge-legt - in keiner Weise damit auseinandergesetzt, ob eine Ausbildung
im Bereich Hotel und Gastronomie im Hinblick auf die Frage der besonderen Dienlichkeit anders zu beur-teilen ist als
andere Ausbildungen. Die ablehnende Begründung der Beklagten geht viel-mehr in die Richtung, dass immer dann,
wenn eine entsprechende Ausbildung auch in Deutschland absolviert werden könnte, eine Förderung der Ausbildung
im Ausland nicht in Betracht kommt. Diese Sichtweise verkennt jedoch sowohl den Wortlaut des Gesetzes als auch
den gesetzgeberischen Willen eindeutig.
3. Dem Kläger standen für den Zeitraum der Ausbildung ab 1. April 2006 auch die erfor-derlichen Mittel zur Deckung
des Bedarfs für den Lebensunterhalt, die Fahrkosten, die sonstigen Aufwendungen und die Lehrgangskosten
zumindest nicht vollständig anderwei-tig zur Verfügung iSv §§ 59 Nr 3 SGB III. Insoweit ist darauf hinzuweisen, dass
die fiktive Berechnung der Beklagten vom März 2008 nicht zugrunde gelegt werden kann. In dieser Berechnung ist die
Beklagte fehlerhaft davon ausgegangen, dass die Eltern des Klägers weiterhin verheiratet sind und auch nicht
getrennt leben. Unter Berücksichtigung der zu-treffenden Freibeträge iSv § 25 BAföG sowie unter Berücksichtigung
der nach § 65 Abs 2 SGB III im Falle der Unterbringung des Auszubildenden bei voller Verpflegung und Un-terkunft
zugrunde zu legenden Werte der Sachbezugsverordnung für Verpflegung und Unterkunft besteht ein Anspruch des
Klägers auf BAB ab 1. April 2006. Dabei ist das Ein-kommen insbesondere des Vaters des Klägers im Rahmen der
Berechnung grundsätz-lich anzurechnen. Der Kläger kann nicht - wie zeitweise schriftsätzlich erfolgt - argumen-tieren,
dass die Eltern ihm gegenüber zum Zeitpunkt des Ausbildungsbeginns nicht mehr unterhaltspflichtig gewesen seien.
Insbesondere kann er sich insoweit nicht darauf stüt-zen, dass der Abbruch der zunächst begonnenen Ausbildungen
sowie die zwischenzeitli-che Arbeitslosigkeit dazu führen würden, dass die Eltern nicht mehr unterhaltspflichtig seien.
Wenn man diese Sichtweise weiter verfolgte und insbesondere davon ausginge, dass der Abbruch der ersten
Ausbildung ohne Grund erfolgt sei, käme man konsequen-terweise zu der Fragestellung, ob die Ausbildung ab 1. April
2006 überhaupt dem Grunde nach förderungsfähig ist iSv § 60 Abs 2 SGB III. Die Beklagte wird daher unter
Zugrunde-legung der vorliegenden Unterlagen und ggf unter Anforderung weitergehender Unterla-gen vom Kläger die
Höhe des Anspruchs ab 1. April 2006 zu berechnen und festzustellen haben.
4. Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.