Urteil des SozG Stade vom 12.10.2009

SozG Stade: unterhalt, diabetes mellitus, sozialhilfe, deckung, begriff, förster, haushalt, anknüpfung, verfügung, erwerbstätigkeit

Sozialgericht Stade
Urteil vom 12.10.2009 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Stade S 21 VI 288/03
Die Beklagte wird unter Aufhebung des Bescheids vom No-vember 2002, der Klägerin zugegangen am 5. November
2002, in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 20. März 2003 verpflichtet, der Klägerin für die Zeit des
Sozialhilfebezugs vom 27. August 1998 bis 31. August 2003 Ausgleichsrente gemäß § 34 BVG in gesetzlicher Höhe
zu zahlen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten der
Klägerin zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung einer Ausgleichsrente für jugendliche Schwerbe-schädigte gem § 34 des
Bundesversorgungsgesetzes (BVG) von der Beklagten.
Bei der Klägerin, geboren am 14. Oktober 1992, wurde im Jahr 1995 ein insulinpflichtiger Diabetes Mellitus Typ 1
festgestellt. Diese Erkrankung ist im Ergebnis eines langjährigen Gerichtsverfahrens als Impfschaden anerkannt. Bei
der Klägerin ist ein Grad der Schädi-gungsfolgen (GdS) von 50 vH sowie das Merkzeichen "H" anerkannt. Sie bezieht
seit dem 1. August 1995 eine Grundrente sowie eine Pflegezulage.
Die Eltern der Klägerin leben seit 1997 in Scheidung. Die Mutter der Klägerin bezog vom 27. August 1998 bis zum 31.
Dezember 2004 Sozialhilfeleistungen nach dem BSHG und ab Januar 2005 bis 31. März 2006 Leistungen zur
Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem SGB II (Hartz IV). Der Kindsvater der Klägerin erzielt ein Einkommen und
zahlt der Klägerin daraus den Regelunterhalt gemäß der sogenannten Düsseldorfer Tabelle seit August 1998
fortlaufend. Die Klägerin selbst bezog vom 27. August 1998 bis zum 31. August 2003 ebenfalls Sozi-alhilfe nach den
Vorschriften des BSHG. Dem Sozialhilfebezug lag dabei ein Gesamtbe-darf der Klägerin in Höhe von 428,25 EUR
zugrunde, der sich aus dem Regelbedarf in Höhe von 190,00 EUR abzüglich einer Energiepauschale in Höhe von 4,31
EUR, einem anerkannten Mehrbedarf für Ernährung in Höhe von 51,20 EUR, Kosten der Unterkunft der Klägerin in
Höhe von 173,46 EUR sowie einem Heizkostenanteil in Höhe von 18,00 EUR zusammensetzte. Diesem Bedarf stand
ein Einkommen der Klägerin in Höhe von 379,89 EUR, bestehend aus Kindergeld in Höhe von 154,00 EUR sowie dem
vom Vater gezahlten Unterhalt in Höhe von 225,89 EUR gegenüber. Zum 1. September 2003 entfiel die
Sozialhilfebedürftigkeit der Klägerin aufgrund vorhandenen Vermögens.
Der Antrag der Klägerin, vertreten durch ihre Mutter, vom 10. August 1995 auf Anerken-nung der festgestellten
Diabetes-Erkrankung als Impfschaden beinhaltete auch einen Antrag auf Gewährung einer Ausgleichsrente für
jugendliche Schwerbeschädigte gem § 34 BVG. Nach Abschluss des langjährigen Gerichtsverfahrens über die
Anerkennung der Erkrankung als Impfschaden und erst danach eingereichter Unterlagen hinsichtlich der Einkommens-
und Vermögenssituation im August 2002 lehnte die Beklagte den Antrag auf Ausgleichsrente mit einem undatierten
Bescheid vom November 2002, der bei dem Bevollmächtigten der Klägerin am 5. November 2002 einging, ab, weil der
Unterhalt der Klägerin gesichert sei. Den am 14. November 2002 dagegen eingelegten Widerspruch wies die Beklagte
mit Widerspruchsbescheid vom 20. März 2003 als unbegründet zurück, denn der notwendige Unterhalt der Klägerin in
Höhe des sozialhilferechtlichen Regelbe-darfsatzes von 190,00 EUR sei durch die Zahlungen des Kindsvaters
gesichert. Am 24. April 2003 hat die Klägerin Klage erhoben.
Zur Begründung trägt die Klägerin vor, entgegen der Auffassung der Beklagten könne nicht davon ausgegangen
werden, dass ihr Unterhalt gedeckt sei, denn sie habe doch laufend Sozialhilfe bezogen. Die Ausgleichsrente sei
daher aufgrund der wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und ihrer unterhaltspflichtigen Angehörigen gerechtfertigt
im Sinne des § 34 Abs 2 Satz 1 BVG.
Die Klägerin beantragt,
den undatierten Bescheid der Beklagten, eingegangen am 5. Novem-ber 2002, in Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 20. März 2003 auf-zuheben und die Beklagte zu verurteilen, der Klägerin
Ausgleichsrente gem § 34 BVG zu gewähren.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie verweist im Wesentlichen auf ihre Ausführungen in den angegriffenen Bescheiden.
Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen sowie zu weiteren Einzelheiten des Sachver-halts wird auf die Gerichtsakte
und die vorliegenden Verwaltungsakten der Beklagten, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlungen am 9.
März 2007 sowie am 12. Okto-ber 2009 waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat in dem im Tenor ersichtlichen Umfang Erfolg.
Die angegriffene Ablehnung der beantragten Ausgleichsrente durch die Beklagte erweist sich zumindest für die Zeit
des Sozialhilfebezugs der Klägerin als rechtswidrig und be-schwert insoweit die Klägerin, § 54 Abs 2
Sozialgerichtsgesetz (SGG). Die Klägerin hat für den Zeitraum des Sozialhilfebezugs vom 27. August 1998 bis 31.
August 2003 An-spruch auf Gewährung der Ausgleichsrente gemäß § 34 BVG.
Gemäß § 32 Abs 1 BVG erhalten Schwerbeschädigte eine Ausgleichsrente, wenn sie infolge ihres
Gesundheitszustandes oder hohen Alters oder aus einem anderen von ih-nen nicht zu vertretenden sonstigen Grunde
eine ihm zumutbare Erwerbstätigkeit nicht oder nur im beschränkten Umfange oder nur mit überdurchschnittlichen
Kräfteaufwand ausüben können. Gemäß § 34 Abs 1 BVG beträgt die Ausgleichsrente für jugendliche
Schwerbeschädigte vor Vollendung des 14. Lebensjahres bis zu 30 vH, vor Vollendung des 18. Lebensjahres bis zu
50 vH der Sätze des § 32 Abs 2; sie ist auf den vollen Satz zu erhöhen, wenn der Schwerbeschädigte seinen
Lebensunterhalt allein bestreiten muss. Gemäß § 2 Abs 2 Satz 1 BVG ist die Ausgleichsrente nur insoweit zu
gewähren, als dies nach den wirtschaftlichen Verhältnissen des Beschädigten und seiner unterhaltspflichti-gen
Angehörigen gerechtfertigt ist.
Nach diesen Maßgaben sind die Voraussetzungen bei der Klägerin für die Gewährung einer Ausgleichsrente für
jugendliche Schwerbeschädigte gem § 34 BVG iVm § 32 Abs 2 BVG im Zeitraum 27. August 1998 bis 31. August
2003 erfüllt. Im Einzelnen:
1. Die Klägerin ist aufgrund des erlittenen Impfschadens schwerbeschädigt. Bei ihr wurde ein GdS von 50 vH sowie
das Merkzeichen "H" anerkannt. Zugleich konnte die Klägerin im hier zugesprochenen Zeitraum aufgrund ihres Alters
wegen §§ 5 Abs 1, 2 Abs 1 des Jugendarbeitschutzgesetzes (JArbSchG) keine Erwerbstätigkeit ausüben.
2. Im Zeitraum vom 27. August 1998 bis 31. August 2003, in dem die Klägerin Sozialhilfe bezog, ist die Gewährung
der begehrten Ausgleichsrente nach den wirtschaftlichen Ver-hältnissen der Klägerin und ihrer unterhaltspflichtigen
Angehörigen auch gerechtfertigt im Sinne des § 34 Abs 2 Satz 1 BVG.
Zur Feststellung, ob die Gewährung einer Ausgleichsrente aus wirtschaftlicher Sicht ge-rechtfertigt ist oder nicht, ist
auf die Bedürftigkeit der oder des jugendlichen Beschädigten nach den Maßstäben der geltenden sozialhilferechtlichen
Vorgaben abzustellen. Dabei ist der Gesamtanspruch gemäß BSHG bzw SGB II oder SGB XII zu berücksichtigen,
nicht nur der Regelbedarf, denn auch eventuelle Mehrbedarfe und Aufwendungen für die Unterkunft und Heizung sind
im Rahmen der Existenzsicherung relevant. Die Bedürftig-keitsmaßstäbe des Grundsicherungsrechts bilden dabei nur
die Mindestgrenze. Sofern sich im Einzelfall ein angemessener Bedarf ergibt, der tatsächlich über dem sozialhilfe-
rechtlichen Bedarf liegt, kann die Bedürftigkeitsgrenze im Rahmen des § 34 Abs 2 Satz 1 BVG auch zugunsten der
oder des Beschädigten abweichend festgelegt werden.
Zwischen den Beteiligten war streitig, nach welchen Kriterien die Bedürftigkeit im Sinne des § 34 Abs 2 Satz 1 BVG
zu bestimmen ist. Die Frage war, bis zu welcher Grenze die wirtschaftlichen Verhältnisse des Beschädigten und
seiner unterhaltspflichtigen Angehö-rigen die Gewährung der Ausgleichsrente noch rechtfertigen. Während die
Beklagte zu-nächst allein auf den sozialhilferechtlichen Regelbedarf ohne Berücksichtigung von Mehrbedarfen und
Kosten der Unterkunft abstellte, ging die Klägerin davon aus, dass gerade der Bezug von Sozialhilfe als Indiz für
Bedürftigkeit anzusehen sei.
Das Bundesversorgungsgesetz selbst enthält keine Bestimmungen darüber, wie mit Blick auf die jeweiligen
wirtschaftlichen Verhältnisse im Einzelfall die materielle Bedürftigkeit im Sinne des § 34 Abs 2 Satz 1 BVG zu
definieren ist. Dem Wortlaut des § 34 Abs 2 Satz 1 BVG nach ist dem jeweiligen Leistungsträger in Be-zug auf die
Feststellung, ob die Gewährung der Ausgleichsrente nach den wirtschaftli-chen Verhältnissen im Einzelfall
gerechtfertigt ist oder nicht, ein weiter Entscheidungs-spielraum eingeräumt (vgl Förster in: Wilke, Soziales
Entschädigungsrecht, 6. Aufl 1987, § 34 BVG, Rn 2). Im Ergebnis muss ein angemessener Unterhalt bestritten
werden kön-nen, insbesondere auch unter Berücksichtigung von durch die Schädigung verursachten Kosten. Wie
diese unbestimmte Vorgabe im Einzelfall sachgerecht gelöst werden kann, ohne zu willkürlichen Ergebnissen zu
kommen, wurde - soweit ersichtlich - von der Rechtsprechung bisher nicht näher geklärt. Das Bundessozialgericht hat
bisher nur ent-schieden, dass § 34 BVG eine abschließende Sondervorschrift für jugendliche Schwer-beschädigte
darstellt, auf die § 33 BVG nicht anzuwenden ist (vgl BSG, Urteil vom 25. Mai 1988 - B 9/9a RVi 1/87 -). In der Sache
ging es um die Frage, inwieweit bei Jugendli-chen die Pflegezulage bei Hilflosigkeit anzurechnen ist oder nicht.
Bezüglich § 34 BVG erwähnt das BSG lediglich, dass die Gewährung der Ausgleichsrente bei jugendlichen
Schwerbeschädigten ausschließlich bedarfsbezogen sei (BSG, aaO, Rn 16).
Nach Überzeugung des erkennenden Gerichts ist geboten, den Begriff der Bedürftigkeit im Rahmen des § 34 BVG in
Anlehnung an den Begriff der Hilfebedürftigkeit im Sinne der sozialhilferechtlichen Leistungsgesetze auszulegen. Dies
muss zumindest im Sinne eines Mindestbedarfs gelten. Sollte sich im Einzelfall ergeben, dass der Unterhalt aufgrund
zB speziell der bestehenden Schädigungsfolgen durch die Sicherstellung des sozialhilfe-rechtlichen Bedarfs in
gesetzlicher Höhe noch nicht angemessen gewährleistet ist, ist eine abweichende Beurteilung zugunsten des
Einzelnen im Rahmen des § 34 BVG nicht ausgeschlossen (vgl Förster in: Wilke, Soziales Entschädigungsrecht, 6.
Aufl 1987, § 34 BVG, Rn 2). Für diese Heranziehung des sozialhilferechtlichen Bedarfs als Mindestgrenze sprechen
vor allem Sinn und Zweck der Ausgleichsrente, die - ebenso wie die grundsichernden Leistungen nach dem früheren
BSHG und dem heutigen SGB II oder SGB XII - der Si-cherung des Lebensunterhaltes dient und ihrer Art nach eine
Bedürftigkeitsrente ist. Die Ausgleichsrente soll ebenfalls ausschließlich bedarfsbezogen sein (vgl
Rohr/Strässer/Dahm, BVG Kommentar, Stand 85. EL Oktober 2007, § 34 Nr 2). Insoweit besteht Zweckidentität.
Demnach ist die Gewährung der Ausgleichsrente an jugendliche Schwerbeschädigte jedenfalls dann gerechtfertigt,
wenn die wirtschaftlichen Verhältnisse der oder des Beschädigten und seiner unterhaltspflichtigen Angehörigen so
desolat sind, dass noch nicht einmal der sozialhilferechtliche Mindestbedarf zur Deckung des allge-meinen
Lebensunterhalts zur Verfügung steht.
Die Anknüpfung an den sozialhilferechtlichen Begriff der Hilfebedürftigkeit im Rahmen des § 34 Abs 2 Satz 1 BVG
stellt sich nach Überzeugung des erkennenden Gerichts auch als vorzugswürdig gegenüber den beiden denkbaren
Alternativen dar.
a) So war alternativ einerseits zu überlegen, ob eine Entscheidung über das wirtschaftli-che Gerechtfertigtsein der
Ausgleichsrente nicht korrekterweise auf eine rein einzelfallbe-zogene Betrachtung der wirtschaftlichen Verhältnisse
des Beschädigten und seiner An-gehörigen gestützt werden müsste. Für eine solche individuelle Betrachtung spricht,
dass es auf den angemessenen Unterhalt des Einzelnen ankommt, der naturgemäß von den Umständen des
Einzelfalls abhängt und sich nicht nach gesetzlichen pauschalen Vorga-ben richtet. Allerdings wohnt dieser
Handhabung ein großes Maß an Unbestimmtheit und letztlich auch die Gefahr der Willkür inne, weil es keine
Orientierungsgrößen gibt.
b) Die zweite bedenkenswerte Alternative war eine Anknüpfung der Bedürftigkeit im Rah-men des § 34 Abs 2 BVG
allein an die unterhaltsrechtliche Situation gemäß den zivil-rechtlichen Vorgaben. Aufgrund des ausdrücklichen
Bezugs in § 34 Abs 2 Satz 1 BVG auf die wirtschaftliche Situation der unterhaltspflichtigen Angehörigen konnte
überlegt werden, eine Bedürftigkeit des jugendlichen Schwerbeschädigten dann zu verneinen, wenn er den ihn nach
den zivilrechtlichen Vorgaben zustehenden Unterhalt auch tatsäch-lich erhält.
Gerade der Fall der Klägerin zeigt allerdings schon, dass auch dies nicht zu sachgerech-ten Ergebnissen führt. Denn
es hat sich ergeben, dass der nicht im Haushalt lebende Kindvater der Klägerin seinen unterhaltsrechtlichen
Verpflichtungen nachgekommen ist bzw nachkommt, während die Mutter der Klägerin ihre Verpflichtung durch die
Pflege und Erziehung der Klägerin im gemeinsamen Haushalt im Sinne des Betreuungsunterhalts erfüllt, § 1606 Abs 3
Satz 2 BGB. Zugleich wäre die Mutter während des eigenen Sozial-hilfebezugs wegen § 1603 BGB wegen Gefährdung
des eigenen Unterhalts nicht zur Zahlung von Barunterhalt an die Klägerin verpflichtet gewesen, wenn sie außerhalb
der Haushaltsgemeinschaft gelebt hätte. Das bedeutet, dass die Klägerin sozialhilfebedürftig war, obwohl ihre
unterhaltspflichtigen Angehörigen ihrer Unterhaltsverpflichtung in dem gesetzlich vorgesehenen Maße nachgekommen
waren. Wenn davon ausgegangen wird, dass das Unterhaltsrecht grundsätzlich das Ziel hat, den Unterhalt des
Betroffenen sicherzustellen, kommt eine Ausgleichspflicht des Staates über § 34 BVG nur in Betracht, wenn ein
ausreichender Unterhaltsanspruch nicht besteht, wenn also die unterhaltspflichtigen Angehörigen nicht im vollen
Umfang unterhaltspflich-tig sind, zB mangels eigener wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, und auf diese Weise eine
Lücke im Unterhaltsbedarf vorhanden ist (vgl Rohr/Strässer/Dahm, BVG Kommentar, Stand 85. EL Oktober 2007, §
34 Nr 2). In erster Linie kommt es damit auf den Ausgleich des Nichtbestehens eines ausreichenden
Unterhaltsanspruchs an, wie aus der ausdrück-lichen erwähnen der wirtschaftlichen Verhältnisse auch der
unterhaltspflichtigen Angehö-rigen in § 34 Abs 2 BVG hervorgeht. Nach dem Verständnis des erkennenden Gerichts
liegt eine Lücke im Unterhaltsbedarf nicht nur dann vor, wenn die vorhandenen gesetzlichen Unterhaltsansprüche im
Einzelfall nicht vollständig von den Unterhaltsverpflichteten erfüllt werden, der jugendliche Beschä-digte also nicht den
vollständigen, ihm zustehenden Unterhalt erhält. Die Lücke im Unter-haltsbedarf besteht vielmehr dann, wenn der
Unterhalt auch bei vollständiger Erfüllung durch den oder die Unterhaltsverpflichteten nicht ausreicht, um den
sozialhilferechtlichen Mindeststandard des Jugendlichen zu sichern und eine Deckung des allgemeinen Le-
bensunterhalts zu gewährleisten. Denn das Unterhaltsrecht ist nicht darauf ausgelegt, dass der Jugendliche allein
aufgrund seiner Unterhaltsansprüche in jedem Fall ohne er-gänzende Sozialleistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts auskommt. Vielmehr ist die Leistungsfähigkeit der unterhaltspflichtigen Angehörigen maßgeblich, so
dass auch bei Erfüllung aller unterhaltsrechtlichen Pflichten die dem Jugendlichen zur Verfügung stehenden Mittel
nicht zwingend zur Deckung des Lebensunterhalts ausreichen. Wenn der sozialhilferechtliche Bedarf durch
vorhandenes anzurechnendes Einkommen, zB aus Barunterhalt, und Vermögen gedeckt ist und keine Bedürftigkeit im
Sinne des SGB II/ SGBXII oder ehemals BSHG besteht, besteht auch keine Versorgungslücke, die die Gewährung
einer Ausgleichsrente rechtfertigen würde.
3. Für die Zeiten seit August 1995, in denen die Klägerin keine Sozialhilfeleistungen in Anspruch nehmen musste, weil
entweder das vorhandene Einkommen und Vermögen der unterhaltspflichtigen Eltern zur Deckung ihres Bedarfs
ausreichte - wie es vor August 1998 offenbar der Fall war - oder das eigene Einkommen und Vermögen der Klägerin
bereits ausreichte - wie offenbar seit September 2003 -, besteht kein Anspruch auf die Gewährung der
Ausgleichsrente gemäß § 34 BVG, weil die wirtschaftlichen Verhältnisse der Klägerin und ihrer unterhaltspflichtigen
Angehörigen dies nicht gerechtfertigt erschei-nen lassen. Obwohl auch nach Erörterung der Sach- und Rechtslage im
Rahmen der mündlichen Verhandlung der Klageanspruch hinsichtlich des gesamten Zeitraums ab August 1995 bis
fortlaufend aufrecht erhalten wurde, hat die Klägerin keine überzeugende Begründung dafür gegeben, inwieweit sie in
den Zeiten, in denen sie keine Sozialhilfe bezog, dennoch hilfebedürftig gewesen sein könnte. Anhaltspunkte für eine
über den sozialhilferechtlichen Mindeststandard hinausgehenden Bedarf, die die ja mögliche Anerkennung eines höhe-
ren Bedarfs im Rahmen des § 34 Abs 2 Satz1 BVG begründen könnten, sind nicht er-sichtlich geworden. Auch die
Klagebegründung knüpfte im Wesentlichen daran an, dass aufgrund des Bezugs von Sozialhilfe nicht vertreten
werden könne, dass die wirtschaftli-chen Verhältnisse eine Ausgleichsrente nicht rechtfertigen würden. Diese
Argumentation führt freilich für Zeiten ohne Sozialhilfebezug nicht weiter.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und berücksichtigt im Groben das Ver-hältnis des Obsiegens und
Unterliegens der Beteiligten.