Urteil des SozG Stade vom 29.07.2010

SozG Stade: unterbringung, verpflegung, berufliche ausbildung, eltern, internat, wohnheim, deckung, nummer, vergleich, behinderter

Sozialgericht Stade
Urteil vom 29.07.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Stade S 17 AS 169/10
Die Klage wird abgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten.
Tatbestand:
Die Klägerin begehrt die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II durch den
Beklagten ohne Anrechnung des von ihr bezogenen Ausbildungsgeldes gemäß § 105 Abs 1 Nr 2 SGB III als
Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II.
Die Klägerin, geboren im August 1980, bezieht laufend Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem
SGB II vom Beklagten. Seit dem 1. September 2009 nimmt sie an einer Maßnahme zur Förderung der Teilhabe
behinderter Menschen am Arbeitsleben teil. In diesem Rahmen macht sie am G. in H. eine Berufsausbildung zur
Maßschneiderhelferin und ist dort unter Woche internatsmäßig untergebracht. Sie bezieht dazu von der zuständigen
Agentur für Arbeit Ausbildungsgeld in Höhe von 102,00 EUR monatlich.
Der Beklagte, bzw die für ihn handelnde Stadt I., hatte der Klägerin mit Bewilligungsbe-scheid vom 20. Mai 2009 für
den Zeitraum Juni 2009 bis einschließlich November 2009 ursprünglich Leistungen in Höhe von 838,21 EUR bewilligt.
Aufgrund des Beginns der Ausbildung des damit einhergehenden Bezugs des Ausbildungsgeldes nahm der Beklagte
eine Neuberechnung der Leistungen vor und hob mit Bescheid vom 6. November 2009 den Bewilligungsbescheid vom
20. Mai 2009 auf. Sie erließ für den Zeitraum September 2009 bis einschließlich November 2009 eine Neubewilligung.
Mit Bescheid vom 23. November 2009 bewilligte der Beklagte für den Zeitraum Dezember 2009 bis einschließlich Mai
2010 die Leistungen weiter. Sowohl im Zeitraum ab 1. September 2009 als auch im Zeitraum ab Dezember 2009
rechnete der Beklagte das Ausbildungsgeld von 102,00 EUR nach Abzug der Versicherungspauschale in Höhe der
verbleibenden 72,00 EUR bedarfsmindernd an. Der Klägerin wurden daher Leistungen in Höhe von 766,21 EUR
monatlich gewährt.
Die Widersprüche der Klägerin gegen beide Bescheide wies der Beklagte mit Wider-spruchsbescheid vom 11. Februar
2010 als unbegründet zurück. Am 25. Februar 2010 hat die Klägerin Klage erhoben.
Sie trägt vor, bei dem Ausbildungsgeld handele es sich um eine zweckbestimmte Einnahme, die nicht zum
Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II zähle. Sie habe Taschengeldcharakter und diene der Motivation zur
Absolvierung der Maßnahme. Sie habe keine Unterhaltssicherungsfunktion. Es sei auf die Auffassung des
Sozialgerichts Berlin im Urteil vom 5. Dezember 2008 - S 37 AS 23403/08 abzustellen.
Die Klägerin beantragt,
unter Abänderung des Bescheides der Stadt I. vom 6. November 2009 und des Bescheides vom 23. November 2009
beide in Gestalt des Widerspruchsbescheides des Beklagten vom 11. Febru-ar 2010, den Beklagten zu verurteilen, im
Leistungszeitraum 1. Septem-ber 2009 bis 31. Mai 2010 der Klägerin Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts
nach dem SGB II zu gewähren ohne die Anrechnung eines Ausbildungsgeldes in Höhe von monatlich 102,00 Euro als
Einkommen.
Der Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er trägt vor, das Ausbildungsgeld sei nicht zweckbestimmt, sondern stehe zur Deckung des Lebensunterhalts zur
Verfügung. Die Rechtsauffassung des sächsischen Landessozialgerichts im dortigen Urteil vom 1. November 2007 - L
3 AS 158/06 - sei überzeugend.
Zum Vorbringen der Beteiligten im Übrigen und zu weiteren Einzelheiten des Sachverhalts wird auf die Gerichtsakte
und die folgende Verwaltungsakte des Beklagten, die auch Gegenstand der mündlichen Verhandlung am 29. Juli 2010
waren, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage hat keinen Erfolg.
Die angegriffenen Bescheide über die Leistungsbewilligung im Zeitraum September 2009 bis Mai 2010 unter
Anrechnung des Ausbildungsgeldes als Einkommen sind nicht zu be-anstanden und beschweren die Klägerin daher
nicht, § 54 Abs 2 SGG. Die Klägerin hat keinen Anspruch auf Gewährung höherer Leistungen ohne Berücksichtigung
des Ausbil-dungsgeldes als Einkommen.
Gemäß § 11 Abs 1 S 1 SGB II sind als Einkommen zu berücksichtigen Einnahmen in Geld oder Geldeswert mit
Ausnahme bestimmter, näher bezeichneter Leistungen. Gemäß § 11 Abs 3 Nr 1 a SGB II sind nicht als Einkommen
zu berücksichtigen Einnahmen, soweit sie als zweckbestimmte Einnahmen einem anderen Zweck als die Leistun-gen
nach dem SGB II dienen und die Lage des Empfängers nicht zu günstig beeinflussen, dass daneben Leistungen nach
dem SGB II nicht gerechtfertigt wären.
Das Ausbildungsgeld bei beruflicher Ausbildung, das die Klägerin auf Grundlage der § 97 SGB III iVm §§ 33, 44 SGB
IX gemäß § 105 Abs 1 Nr 2 SGB III bezieht, ist Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 SGB II.
Es handelt sich um eine Einnahme in Geld, die der Klägerin unmittelbar zufließt. Es handelt sich nach Überzeugung
des erkennenden Gerichts nicht um eine zweckbestimmte Einnahme im Sinne des § 11 Abs 3 Nr 1 a SGB II, denn
das Ausbildungsgeld dient keinem anderem Zweck als die Leistungen nach dem SGB II. Das Gericht folgt insoweit
der Rechtsprechung des Sächsischen Landessozialgerichts im Urteil vom 1. November 2007 - L 3 AS 158/06 -. Das
genannte Landessozialgericht ver-gleicht das Ausbildungsgeld mit der Bundesausbildungsbeihilfe (BAB) und dem
BAföG und stellt fest, dass das Ausbildungsgeld einen identischen Zweck, nämlich Deckung des Lebensunterhalts,
verfolge. Auch die Bedarfsgrundlage der drei genannten Leistungen sei vergleichbar. Berufsausbildungsbeihilfe und
BAföG gelten als Einkommen im Sinne des § 11 Abs 1 S 1 SGB II und sind demnach keine zweckbestimmte
Einnahmen. Es sei kein Grund erkennbar, das Ausbildungsgeld gemäß § 05 SGB III anders zu behandeln. Das
Landessozialgericht führt im Urteil vom 1. November 2007 - L 3 AS 158/06 - im Einzelnen aus:
" a) Mit dem Ausbildungsgeld bei beruflicher Ausbildung wird derselbe Zweck wie mit der Berufsausbildungsbeihilfe
nach dem SGB III und der Ausbil-dungsförderung nach dem Bundesgesetz über individuelle Förderung der Ausbildung
(Bundesausbildungsförderungsgesetz - BAföG) verfolgt, nämlich die Deckung des Lebensunterhaltes. Die
Rechtsgrundlagen für das Ausbildungsgeld finden sich in §§ 97 ff. SGB III sowie § 33 und §§ 44 ff. SGB IX. Nach §
97 Abs. 1 SGB III können behin-derten Menschen Leistungen zur Förderung der Teilhabe am Arbeitsleben erbracht
werden, die wegen Art oder Schwere der Behinderung erforderlich sind, um ihre Erwerbsfähigkeit zu erhalten, zu
bessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre Teilhabe am Arbeitsleben zu sichern. Nach § 98 Abs. 1 Nr. 2
SGB III können für behinderte Menschen auch besondere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben und diese
ergänzende Leistungen erbracht werden. Die besonderen Leistungen umfassen gemäß § 103 Satz 1 Nr. 2 SGB III
unter anderem auch das Ausbildungsgeld, das in den §§ 104 ff. SGB III geregelt ist. Dem Arbeitsförderungsrecht
vergleichbare Regelungen enthält das SGB IX. Nach § 33 Abs. 1 SGB IX werden zur Teilhabe am Arbeitsleben die
erforder-lichen Leistungen erbracht, um die Erwerbsfähigkeit behinderter oder von Behinderung bedrohter Menschen
entsprechend ihrer Leistungsfähigkeit zu erhalten, zu verbessern, herzustellen oder wiederherzustellen und ihre
Teilhabe am Arbeitsleben möglichst auf Dauer zu sichern. Die Leistungen umfassen nach § 33 Abs. 3 Nr. 3 SGB IX
unter anderem die berufliche Ausbildung, auch soweit die Leistungen in einem zeitlich nicht überwiegenden Abschnitt
schulisch durchgeführt werden. Nach § 45 Abs. 5 Nr. 1 SGB IX leistet die Bundesagentur für Arbeit während der
Ausführung von Leistungen zur erstmaligen beruflichen Ausbildung behinderter Menschen und berufsvorbe-reitenden
Bildungsmaßnahmen sowie im Eingangsverfahren und im Berufs-bildungsbereich von Werkstätten für behinderte
Menschen Ausbildungsgeld nach Maßgabe der §§ 104 bis 108 SGB III. Nach § 104 Abs. 2 SGB III, der wie
beschrieben im Arbeitsförderungsrecht unmittelbar und im SGB IX über die Verweisungsregelung anzuwenden ist,
gelten die Vorschriften über die Berufsausbildungsbeihilfe (§§ 59 ff. SGB III) entsprechend, soweit nachfolgend nichts
Abweichendes bestimmt ist. In den §§ 105 bis 107 SGB III sind zwar die Bedarfe und in § 108 SGB III ist die
Einkommensanrechnung geregelt. Eine besondere Regelung betreffend den Zweck des Ausbildungsgeldes gibt es
aber nicht. Aus diesem Grund gilt in-soweit über die Verweisungsregelung des § 104 Abs. 2 SGB III die Regelung des
§ 59 Nr. 3 SGB III. Danach dient die Berufsausbildungsbeihilfe unter an-derem zur Deckung des Bedarfs für den
Lebensunterhalt. Vergleichbares gilt für die Ausbildungsförderung. Sie wird gemäß § 11 Abs. 1 BAföG für den
Lebensunterhalt und die Ausbildung geleistet.
b) Neben der übereinstimmenden Zweckbestimmung sind auch die Bedarfe bei dem Ausbildungsgeld bei beruflicher
Ausbildung, der Berufsausbildungsbeihilfe und der Ausbildungsförderung vergleichbar. Der Gesetzgeber hat beim
Ausbildungsgeld bei der Festlegung der Bedarfe zwischen denen bei beruflicher Ausbildung (§ 105 SGB III), bei
berufsvorbe-reitenden Bildungsmaßnahmen und bei Grundausbildung (§ 106 SGB III) sowie bei Maßnahmen in
anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen (§ 107 SGB III) unterschieden. In dem im vorliegenden Fall
maßgeblichen § 105 Abs. 1 SGB III werden als Bedarf bei beruflicher Ausbildung zugrunde gelegt: 1. bei
Unterbringung im Haushalt der Eltern oder eines Elternteils 282 EUR monatlich, wenn der behinderte Mensch
unverheiratet ist oder keine Le-benspartnerschaft führt und das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, im übrigen
353 EUR monatlich, 2. bei Unterbringung in einem Wohnheim, Internat, beim Ausbildenden oder in einer besonderen
Einrichtung für behinderte Menschen 93 EUR monatlich, wenn die Kosten für Unterbringung und Verpflegung von der
Agentur für Ar-beit oder einem anderen Leistungsträger übernommen werden, 3. bei anderweitiger Unterbringung und
Kostenerstattung für Unterbringung und Verpflegung 205 EUR monatlich, wenn der behinderte Mensch unverheiratet
ist oder keine Lebenspartnerschaft führt und das 21. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, im übrigen 236 EUR
monatlich und 4. bei anderweitiger Unterbringung ohne Kostenerstattung für Unterbringung und Verpflegung der jeweils
nach § 13 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. Abs. 2 Nr. 2 sowie Abs. 3 BAföG geltende Bedarf. Nach § 105 Abs. 2 SGB III wird für
einen behinderten Menschen, der das 18. Lebensjahr noch nicht vollendet hat, anstelle des Bedarfs nach Absatz 1 Nr.
4 ein Bedarf in Höhe von 282 EUR monatlich zugrunde gelegt, wenn er die Ausbildungsstätte von der Wohnung der
Eltern oder eines Elternteils aus in angemessener Zeit erreichen könnte (Nummer 1) oder Leistungen der Jugendhilfe
nach dem Achten Buch gewährt werden, die mit einer anderweiti-gen Unterbringung verbunden sind (Nummer 2). Die
Regelungen zur Berufsausbildungsbeihilfe in § 65 SGB III betreffend die Bedarfe für den Lebensunterhalt bei
beruflicher Ausbildung nehmen in Absatz 1 Bezug auf die Regelungen in § 13 BAföG. Lediglich für den Fall der
Unterbringung beim Ausbildenden mit voller Verpflegung, der Unterbringung mit voller Verpflegung in einem Wohnheim
oder Internat sowie der Förde-rung im Ausland enthält § 65 Abs. 2 bis 4 SGB III Sonderregelungen. Nach § 13 Abs. 1
BAföG gelten als monatlicher Bedarf für Auszubildende in 1. Fachschulklassen, deren Besuch eine abgeschlossene
Berufsausbildung voraussetzt, Abendgymnasien und Kollegs 310 EUR, 2. Höheren Fachschulen, Akademien und
Hochschulen 333 EUR. Diese Bedarfe erhöhen sich gemäß § 13 Abs. 2 BAföG für die Unterkunft, wenn der
Auszubildende 1. bei seinen Eltern wohnt, um monatlich 44 EUR, 2. nicht bei seinen Eltern wohnt, um monatlich 133
EUR. Soweit Mietkosten für Unterkunft und Nebenkosten nachweislich den Betrag nach Absatz 2 Nr. 2 übersteigen,
erhöht sich der dort genannte Bedarf ge-mäß § 13 Abs. 3 Satz 1 BAföG um bis zu monatlich 64 EUR.
Ein Vergleich der Bedarfe bei dem Ausbildungsgeld, der Berufsausbildungsbeihilfe und der Ausbildungsförderung
macht deutlich, dass sie sich trotz Abweichungen in den einzelnen Tatbestandsvarianten in einer ähnlichen Höhe
bewegen. Zudem machen die Verweisungen in § 105 Abs. 1 Nr. 4 SGB III und § 65 Abs. 1 SGB III auf Regelungen in
§ 13 BAföG deutlich, dass der Gesetzgeber die drei Förderungsbereiche als vergleichbar angesehen hat.
Soweit das Sozialgericht in diesem Zusammenhang einen Vergleich zwi-schen dem Bedarf nach § 105 Abs. 1 Nr. 2
SGB III und dem nach § 107 SGB III gezogen hat, hat es unzutreffende Bezugspunkte gewählt. Denn bei-de
Vorschriften betreffen unterschiedliche Bedarfe. Wie dargestellt sind in § 105 SGB III die Bedarfe bei beruflicher
Ausbildung, in § 107 SGB III hinge-gen die bei Maßnahmen in anerkannten Werkstätten für behinderte Men-schen
festgelegt. Vergleichsmaßstab für § 105 SGB III müssen also Vor-schriften sein, die die Bedarfe bei beruflicher
Ausbildung betreffen. Unabhängig davon sind bei dem Vergleich zwischen dem Bedarf nach § 105 Abs. 1 Nr. 2 SGB
III und dem nach § 107 SGB III die unterschiedlichen Tat-bestandsvoraussetzungen übersehen worden. Der Bedarf in
Höhe von 93 EUR wird nämlich nach § 105 Abs. 1 Nr. 2 SGB III nur gewährt "bei Unter-bringung in einem Wohnheim,
Internat, beim Ausbildenden oder in einer be-sonderen Einrichtung für behinderte Menschen ..., wenn die Kosten für
Un-terbringung und Verpflegung von der Agentur für Arbeit oder einem anderen Leistungsträger übernommen werden."
Wenn hingegen diese Voraussetzun-gen nicht gegeben sind, zum Beispiel bei der Unterbringung im Haushalt der
Eltern (§ 105 Abs. 1 Nr. 1 SGB III), liegt der Bedarf im Sinne von § 105 SGB III wesentlich höher, wie oben dargestellt
wurde. Demgegenüber werden bei Maßnahmen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen einheit-lich im
ersten Jahr 57 EUR monatlich und danach 67 EUR monatlich als Be-darf zugrunde gelegt. Eine Differenzierung nach
der Art der Unterbringung oder dem Alter oder den familiären Verhältnissen des Betroffenen, wie sie sich in § 105
SGB III, aber auch in § 106 SGB III, finden, wird in § 107 SGB III nicht vorgenommen. Wenn also keine
Unterbringung in einer Einrichtung im Sinne von § 105 Abs. 1 Nr. 2 SGB III erfolgt, mithin das Ausbildungsgeld nach
einer der anderen Varianten des § 105 SGB III gewährt wird, beträgt das Ausbildungsgeld bei beruflicher Ausbildung
ein Mehrfaches des Ausbildungsgeldes bei Maßnahmen in anerkannten Werkstätten für behinderte Menschen.
c) Soweit die Klägerin und das Sozialgericht darauf Bezug nehmen, dass das Ausbildungsgeld bei Maßnahmen in
anerkannten Werkstätten für behin-derte Menschen dahingehend charakterisiert wird, dass es "nur die für den
persönlichen Bedarf frei verfügbaren Mittel erhöhen und dadurch die Motivation für die Berufsbildungsmaßnahme
fördern" soll (vgl. u.a. BSG, Urteil vom 26. September 1990 - 9b/7 RAr 100/89 - SozR 3-4100 § 58 Nr. 1 = JURIS-
Dokument RdNr. 17; NdsOVG, Urteile vom 22. Februar 2001 - 12 L 3923/00 JURIS-Dokument RdNr. 30 ff. und vom
14. März 2001 - 4 L 3636/00 - JURIS-Dokument RdNr. 22 ff.; Schl.-Holst.OVG, Urteil vom 30. August 2004 - 13 A
176/03 - JURIS-Dokument RdNr. 23 f.; OVG Nordrhein-Westfalen, Ur-teil vom 22. Februar 2006 - 16 A 176/05 -
JURIS-Dokument RdNr. 16), ist dies zutreffend. Dem darauf gestützten Schluss, beim Ausbildungsgeld bei beruflicher
Ausbildung diene ebenfalls nur der Motivation des Leistungsemp-fängers, steht aber nicht nur die oben geschilderte
Vergleichbarkeit von Aus-bildungsgeld bei beruflicher Ausbildung, Berufsausbildungsbeihilfe und Ausbildungsförderung
in Bezug auf den Leistungszweck und die Leistungshöhe entgegen, sondern auch die vom Gesetzgeber getroffenen
Unterscheidun-gen zwischen verschiedenen Arten des Ausbildungsgeldes. Es ist bereits dargestellt worden, dass er
die Unterscheidungen bei der Fest-setzung der Bedarfe in den §§ 105 bis 107 SGB III vorgenommen hat. Darüber
hinaus hat er aber schon in der Eingangsregelung zum Ausbildungs-geld, d.h. in § 104 Abs. 1 SGB III, zwischen
Ausbildungsgeld während einer beruflichen Ausbildung oder berufsvorbereitenden Bildungsmaßnahme ein-schließlich
einer Grundausbildung (Nummer 1) einerseits und Ausbildungsgeld während einer Maßnahme im Eingangsverfahren
oder Berufsbildungsbereich einer Werkstatt für behinderte Menschen (Nummer 2) andererseits getrennt."
Die gegenteilige Auffassung des Sozialgerichts Berlin gemäß dortigem Urteil vom 5. Dezember 20008 - S 37 AS
23403/08 -, der sich die Klägerin angeschlossen hat, überzeugt hingegen nicht. Das Sozialgericht Berlin stellt in
Kenntnis des Urteils des Sächsischen Landessozialge-richts allein auf den Wortlaut des § 105 Abs 1 Nr 2 SGB III ab.
Gemäß § 105 Abs 1 Nr 2 werden als Bedarf bei der Berechnung des Ausbildungsgeldes bei beruflicher Ausbildung bei
Unterbringung in einem Wohnheim, Internat, beim Ausbildenden oder in einer besonderen Einrichtung für behinderte
Menschen 102 EUR monatlich zugrunde gelegt, wenn die Kosten für Unterbringung und Verpflegung von der Agentur
für Arbeit oder einem an-deren Leistungsträger übernommen werden. Aus der Einschränkung, dass das
Ausbildungsgeld demgemäß 102,00 EUR betrage, wenn die Kosten für Unterbringung und Verpflegung von der
Agentur für Arbeit oder ei-nem anderen Kostenträger übernommen werden, schließt das Sozialgericht Berlin, dass das
Ausbildungsgeld also zusätzlich zur Sicherstellung des Lebensunterhalts und des Wohnens gezahlt würde. Aus dem
Wortlaut wird gefolgert, dass das Ausbildungsgeld deshalb ausdrücklich nicht dem Zweck der Sicherstellung des
Lebensunterhalts und des Wohnens dient. Das Wortlautargument verfängt jedoch im Ergebnis nicht. Nicht zu Unrecht
erweist bereits das Sächsische Landessozialgericht im hier zitierten Urteil darauf hin, dass der Wortlaut des § 105
Abs 1 Nr 2 SGB III diesen Rückschluss gerade nicht zulasse, denn die Leistungen zur Sicherung des
Lebensunterhalts nach dem SGB II umfassen eben nicht nur den Bedarf für die Unterkunft und für die Verpflegung,
sondern darüber hinaus auch Anteile zum Beispiel für Bekleidung und für die Teilnahme am sozialen Leben. Da die
Leistungen nach dem SGB II mehr umfassen als Verpflegung und Wohnen, kann das Ausbildungsgeld nicht von
vornherein als eine zusätzliche Leistung angesehen werden, die über die Existenzsicherung hinaus gewährt würde.
Das Gericht hält diesen Einwand für überzeugend. Eine rechtliche Qualifizierung des Ausbildungsgeldes als
zweckbestimmte Einnahme ist in der Folge nicht möglich. Es ist kein Grund erkennbar, das Ausbildungsgeld im
Rahmen des Leistungsrecht nach dem SGB II anders zu behandeln als die Einnahmen aus Berufsausbildungshilfe
und BAföG.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG.