Urteil des SozG Schleswig vom 17.01.2007

SozG Schleswig: wesentliche veränderung, nachträgliche bewilligung, verwaltungsakt, erlöschen des anspruchs, anhörung, unbestimmter rechtsbegriff, widerspruchsverfahren, bestimmtheit, erlass

Sozialgericht Schleswig
Urteil vom 17.01.2007 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Schleswig S 5 AS 375/06
Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27.
Februar 2006 wird aufgehoben, soweit die Leistungsbewilligung in Höhe von mehr als 569,56 Euro aufgehoben und ein
Betrag von mehr als 353,65 Euro zurückgefordert wird. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat dem
Kläger ¾ seiner notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten über die Rechtmäßigkeit der Aufhebung von Bewilligungsentscheidungen und der
Zurückforderung von Leistungen für den Zeitraum zwischen Juli und November 2005.
Der am 1967 geborene Kläger lebt zusammen mit seiner 1973 geborenen Ehefrau und den 1998 bzw. 2001 geborenen
gemeinsamen Kindern in einem Haushalt. Die Beklagte bewilligte dem Kläger, seiner Ehefrau und den beiden Kindern
auf den Antrag des Klägers vom 29. Juni 2005 hin mit Bescheid vom 8. August 2005 Leistungen der Grundsicherung
für Arbeitsuchende in Höhe von 285,43 Euro für den Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2005 und dem 31. Juli 2005 sowie
in Höhe von monatlich 389,26 Euro für den Zeitraum seit dem 1. August 2005. Dabei ging die Beklagte ausweislich
des dem Bescheid beigefügten Berechnungsbogens von einem Gesamtbedarf der aus dem Kläger, seiner Ehefrau
und den zwei Kindern bestehenden Bedarfsgemeinschaft von 1.425,93 Euro im Juli 2005 sowie in Höhe von 1.421,62
Euro in den Folgemonaten aus. Auf den Bedarf der zur Bedarfsgemeinschaft gerechneten Personen wurde
Einkommen des Klägers aus Arbeitslosengeld – dieses war dem Kläger seitens der Agentur für Arbeit Kiel zunächst
mit Bescheid vom 24. Juni 2005 mit Wirkung vom 5. Juli 2005 in Höhe eines täglichen Zahlbetrags von 17,71 Euro
bewilligt worden – sowie Erwerbseinkommen der Ehefrau aus geringfügiger Beschäftigung angerechnet. Nach
Verteilung des Einkommens auf den Gesamtbedarf wurde der mit dem tenorierten Leistungsanspruch
korrespondierende ungedeckte Bedarf auf die einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft verteilt. Danach entfielen
im Juli 2005 von dem an die Bedarfsgemeinschaft geleisteten Gesamtbetrag auf den Kläger und seine Ehefrau
Regelleistungen in Höhe von 6,83 Euro bzw. 6,81 Euro sowie Unterkunftsleistungen in Höhe von 97,46 Euro bzw.
97,46 Euro. Auch die beiden Kinder entfielen Unterkunftsleistungen in Höhe von jeweils 38,42 Euro. Für die folgenden
Monate entfielen vom Gesamtleistungsanspruch auf den Kläger und seine Ehefrau Regelleistungen in Höhe von
monatlich jeweils 46,00 Euro sowie Unterkunftsleistungen in Höhe von monatlich 96,39 Euro bzw. 96,41 Euro. Auf de
Kinder entfielen Unterkunftsleistungen in Höhe von jeweils monatlich 52,23 Euro. Wegen der Einzelheiten wird auf den
Bewilligungsbescheid vom 8. August 2005 (Bl. 32 ff. der Gerichtsakte) Bezug genommen.
Der Bewilligungsbescheid vom 8. August 2005 wurde weder vom Kläger, noch von den anderen Mitgliedern der
Bedarfsgemeinschaft mit Widerspruch oder Klage angegriffen.
Mit Bescheiden vom 12. August 2005 bzw. vom 23. September 2005 bewilligte die Agentur für Arbeit Kiel dem Kläger
in Abänderung des Erstbescheids vom 24. Juni 2005 rückwirkend seit dem 5. Juli 2005 Arbeitslosengeld I in Höhe
eines täglichen Leistungssatzes von 33,42 Euro (= monatlich 1.002,16 Euro) bzw. letztlich 39,37 Euro (= monatlich
1.181,10 Euro). Über den Änderungsbescheid vom 12. August 2005 informierte der Kläger die Beklagte erstmals am
8. September 2005. Den Änderungsbescheid vom 23. September 2005 sandte er der Beklagten am 27. September
2005 in Kopie zu.
Mit (ausschließlich) an den Kläger gerichtetem Bescheid vom 31. Oktober 2005 hob die Beklagte "die Entscheidung
über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II" für den Zeitraum ab dem 1. Juli 2005 ganz auf. Zur Begründung führte
sie aus, dass der Kläger an 5. Juli 2005 höheres Einkommen aus Arbeitslosengeld I habe, das auf die Leistungen
nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch anzurechnen sei. Wörtlich heißt es weiter: "Somit haben Sie keinen
Anspruch mehr auf Arbeitslosengeld II." Die Aufhebungsentscheidung beruhe auf § 48 Sozialgesetzbuch Zehntes
Buch – SGB X –. Ferner forderte die Beklagte den Kläger auf, für den Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2005 und dem
30. November 2005 zu Unrecht bezogene Leistungen in Höhe von insgesamt 1.842,47 Euro zu erstatten. Wegen der
Einzelheiten wird im Übrigen auf den Bescheid vom 31. Oktober 2005 (Bl. 78 ff. der Leistungsakte) Bezug genommen.
Gegen diesen Bescheid legte der Kläger am 5. Dezember 2005 Widerspruch ein. Der Bescheid vom 31. Oktober 2005
sei ihm am 3. November 2005 auf dem Postwege zugegangen. Der Bescheid sei rechtswidrig; dabei sei bereits zu
berücksichtigen, dass § 48 SGB X keine Ermächtigungsgrundlage für die Aufhebungsentscheidung biete, weil der
Bewilligungsbescheid kein Verwaltungsakt mit Dauerwirkung gewesen sei. Für eine Aufhebung nach § 45 SGB X fehle
es hingegen am Vorliegen der tatbestandlichen Voraussetzungen. Namentlich genieße er insoweit Vertrauensschutz.
Auch die Rückforderungsentscheidung sei rechtswidrig, weil es der Beklagte versäumt habe, 56% der
berücksichtigten Kosten für Unterkunft von der Erstattungsforderung abzusetzen, wie dies das spezielle
Verfahrensrecht des Zweiten Buchs Sozialgesetzbuch vorsehe.
Dem Widerspruch half die Beklagte mit an die Prozessbevollmächtigte des Klägers adressiertem (Teilabhilfe- und)
Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2006 insoweit ab, als die Rückforderungssumme auf einen Betrag von
1.024,41 Euro festgesetzt wurde. Im Übrigen wies sie den Widerspruch des Klägers als unbegründet zurück. Die
Gebühren und Auslagen eines Bevollmächtigten seien nicht zu erstatten, da dessen Hinzuziehung nicht erforderlich
gewesen sei. Zur Begründung ihrer Entscheidung wies die Beklagte darauf hin, dass es sich bei dem Bescheid über
die Bewilligung von laufenden Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende um einen Verwaltungsakt mit
Dauerwirkung handele, so dass § 48 SGB X dem Grunde nach anwendbar sei. Eine zur Aufhebung berechtigende
Änderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse sei aber durch die nachträgliche Bewilligung höheren
Arbeitslosengeldes eingetreten. Vertrauensschutz sei nicht zu prüfen. Die Rückforderungssumme sei indes
entsprechend der Widerspruchsbegründung zu modifizieren. Da der Anteil an Leistungen für die Unterkunft insgesamt
1.460,83 Euro betragen habe, seien 818,06 Euro nicht zurückzufordern.
Gegen den Bescheid vom 31. Oktober 2005 und den Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2006 richtet sich die am
9. März 2006 erhobene Klage.
Zu ihrer Begründung wiederholt der Kläger sein Vorbringen aus dem Widerspruchsverfahren.
Er beantragt,
1. den Bescheid vom 31. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 27. Februar 2006 aufzuheben, 2.
unter Aufhebung der Kostengrundentscheidung mit Bescheid vom 27. Februar 2006 die Hinzuziehung eines
Bevollmächtigten im Widerspruchsverfahren für notwendig zu erklären und die Beklagte zu verurteilen, dem Kläger die
notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten, soweit dem Widerspruch mit Teilabhilfebescheid vom 27.
Februar 2006 abgeholfen worden ist, 3. der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Rechtsstreits
aufzuerlegen.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Sie nimmt zur Begründung auf ihr bisheriges Vorbringen Bezug.
Der Kammer hat die Leistungsakte der Beklagten vorgelegen. Auf sie und auf die Gerichtsakte wird wegen des der
Entscheidung zugrunde liegenden Sachverhalts ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die zulässige Klage ist zum Teil begründet. Der Aufhebungs- und Erstattungsbescheid der Beklagten vom 31.
Oktober 2005 ist auch in Gestalt des Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheids vom 27. Februar 2006 teilweise –
nämlich im tenorierten Umfang – rechtswidrig und verletzt den Kläger in seinen Rechten; im Übrigen hält er einer
rechtlichen Überprüfung durch das Gericht stand.
Die Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung findet in den die Aufhebung von Verwaltungsakten und die Erstattung
von Leistungen betreffenden Vorschriften des Zweiten Titels des Dritten Abschnitts des Zehnten Buchs Sozialbuch
eine hinreichende Grundlage nur insoweit, als es um die Aufhebung von Leistungen an den Kläger in Höhe von 569,56
Euro und um die Rückforderung von 353,65 Euro geht.
Der Bescheid ist insoweit formell rechtmäßig. Er ist insbesondere nicht schon deshalb rechtswidrig und durch das
Gericht aufzuheben, weil es die Beklagte versäumt hat, den Kläger zur beabsichtigten Entscheidung über die
Aufhebung und Rückforderung der Leistungen anzuhören. Bevor ein Verwaltungsakt, der in Rechte eines Beteiligten
eingreift, erlassen wird, ist diesem allerdings gemäß § 24 Abs. 1 SGB X Gelegenheit zu geben, sich zu den
entscheidungserheblichen Tatsachen zu äußern. Diese Verpflichtung zur Anhörung hat angesichts des belastenden
Charakters der Aufhebungs- und Erstattungsentscheidung auch im vorliegenden Falle bestanden, zumal ein Fall des §
24 Abs. 2 SGB X, demzufolge ausnahmsweise von der Anhörung abgesehen werden kann, offensichtlich nicht
vorgelegen hat. Die Nichtbeachtung der Verfahrensvorschrift des § 24 Abs. 1 SGB X führt aber im vorliegenden Falle
nach § 41 Abs. 1 Nr. 3, Abs. 2 SGB X nicht auch zur formellen Rechtswidrigkeit des Aufhebungsbescheids. Danach
ist nämlich eine Verletzung von Verfahrens- und Formvorschriften, die nicht den Verwaltungsakt nach § 40 SGB X
nichtig macht, unbeachtlich, wenn insbesondere die erforderliche Anhörung eines Beteiligten nachgeholt wird. Die
Anhörung kann bis zur letzten Tatsacheninstanz eines sozial- oder verwaltungsgerichtlichen Verfahrens nachgeholt
werden. Daran gemessen ist der in der fehlenden vorherigen Anhörung des Klägers begründet liegende
Verfahrensverstoß deshalb unbeachtlich, weil seine Anhörung bereits im Widerspruchsverfahren und damit in jedem
Falle noch rechtzeitig nachgeholt worden ist. Dabei ist zwar zu berücksichtigen, dass die Nachholung dieselbe
rechtliche Qualität haben muss wie die nach § 24 Abs. 1 SGB X gebotene Handlung (BSG, Urteil vom 22. November
1984 – 2 RU 53/83 –, SozR 1300 § 24 Nr. 6). Enthält andererseits der Bescheid alle wesentlichen Tatsachen, auf die
die Verwaltung ihre Entscheidung gestützt hat und im Widerspruchsbescheid stützen will, reicht für die Anhörung die
Möglichkeit der Stellungnahme im Widerspruchsverfahren aus. Solange der Entscheidung über den Widerspruch keine
neuen Tatsachen zugrunde gelegt werden, zu denen der Widerspruchsführer neu angehört werden müsste, ist insoweit
insbesondere kein gesondertes förmliches Anhörungsverfahren erforderlich (Wiesner, in: von Wulffen [Hrsg.], SGB X,
5. Auflage, München 2005, § 41 Rn. 8). Diesen Anforderungen genügt die die Anhörung substituierende
Stellungnahmemöglichkeit des Klägers im Widerspruchsverfahren, weil sowohl der Ausgangsbescheid als auch der
Widerspruchsbescheid im Hinblick auf die Aufhebungsentscheidung in tatsächlicher Hinsicht ausschließlich auf die
nachträgliche Bewilligung höheren Arbeitslosengeldes seit dem 5. Juli 2005 gestützt worden ist und die
Rückforderungsentscheidung sich allein auf die aus diesem Grund aufgehobenen Leistungen bezieht.
Dem angefochtenen Aufhebungs- und Erstattungsbescheid vom 31. Oktober mangelt es zumal in der Gestalt, die er
durch den Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2006 erlangt hat, auch nicht an hinreichender
Bestimmtheit im Sinne des § 33 Abs. 1 SGB X. Das Erfordernis hinreichender Bestimmtheit, dessen Missachtung zur
(unheilbaren) Rechtswidrigkeit des Verwaltungsakts führt, bezieht sich auf den Verwaltungsakt als Regelung und
damit auf den Verfügungssatz des Verwaltungsakts und nicht auf dessen Gründe (BSG, Urteil vom 23. Februar 1989
– 11/7 RAr 103/87 –, SozR 1500 § 55 Nr. 35). Zu unbestimmt ist ein Verwaltungsakt dabei insbesondere dann, wenn
aus dem Verfügungssatz nicht hinreichend erkennbar wird, was die Behörde will und von wem sie es will; jedenfalls
der Adressat muss aus dem Verfügungssatz zweifelsfrei hervorgehen (Waschull, in: Diering/Timme/Waschull [Hrsg.],
SGB X, Baden-Baden 2004, § 33 Rn. 3). Unklarheiten und Unvollständigkeiten der Begründung können sich dagegen
auf die Bestimmtheit des Verfügungssatzes nur dann auswirken, wenn die Begründung zu seiner Auslegung
herangezogen werden muss (Engelmann, in: von Wulffen, a.a.O., § 33 Rn. 3). Daran gemessen kann von einem
Mangel an Bestimmtheit schon bei der Ausgangsentscheidung nicht ausgegangen werden; sie erweist sich – was den
Verfügungssatz anbelangt – sowohl hinsichtlich des Gegenstands der Verfügung als auch hinsichtlich ihres
Adressaten als hinreichend bestimmt.
Dabei hat die Kammer zu berücksichtigen, dass der Bescheid vom 31. Oktober 2005 ausdrücklich (allein) an den
Kläger gerichtet ist und diesem gegenüber konkrete Verfügungen trifft, wenn es dort heißt, dass "die Entscheidung
über die Bewilligung von Arbeitslosengeld II für die Zeit ab 01.07.05 aufgehoben [wird]", dass "Ihnen Arbeitslosengeld
II in Höhe von 1842,47 EUR zu Unrecht gezahlt [worden ist]" und dass "dieser Betrag von Ihnen zu erstatten [ist]".
Auch der Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2006, der (allein) den Kläger ausdrücklich als Widerspruchsführer
benennt, enthält einen eindeutigen Verfügungssatz, indem er die Rückforderungssumme begrenzt und den
Widerspruch im Übrigen als unbegründet zurückweist. Diese Verfügungssätze machen dem Kläger nach Überzeugung
der erkennenden Kammer hinreichend deutlich, was von ihm verlangt wird.
Dass die Beklagte vom Kläger auch Leistungen zurückfordert, die nicht an ihn bzw. für ihn, sondern für die anderen
nach § 7 Abs. 3 Sozialgesetzbuch Zweites Buch – SGB II – zur Bedarfsgemeinschaft zählenden Personen erbracht
worden sind, führt nach Ansicht der erkennenden Kammer ebenso wenig zur Unbestimmtheit des Bescheids wie der
aus der Rückforderungssumme zu folgernde Umstand, dass die Beklagte dem Kläger gegenüber die
Leistungsbewilligung (offenbar) auch mit Wirkung gegen die anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft hat aufheben
wollen. Die Kammer folgt nicht der Rechtsprechung der 9. Kammer des Sozialgerichts Schleswig, die eine
Aufhebungs- und Rückforderungsentscheidung, die nicht zwischen den einzelnen Mitgliedern der
Bedarfsgemeinschaft differenziert und nicht konkret beziffert, welchem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gegenüber
welche Leistungsbewilligungen aufgehoben und von wem welche Leistungen zurückgefordert werden, prinzipiell als zu
unbestimmt ansieht (SG Schleswig, Urteil vom 13. Juni 2006 – S 9 AS 834/05 –, zit. n. juris; so im Anschluss auch
SG Dortmund, Beschluss vom 28. August 2006 – S 31AS 340/06 ER –, zit. n. juris).
Zwar ist auch die erkennende Kammer der Auffassung, dass das Leistungssystem der Grundsicherung für
Arbeitsuchende mit dem im Recht der Sozialhilfe unter dem Bundessozialhilfegesetz geläufigen
Individualisierungsgebot nicht bricht; auch das Konstrukt der Bedarfsgemeinschaft führt namentlich nicht zu einer
Gesamtgläubigerschaft der Bedarfsgemeinschaft dergestalt, dass die Bedarfsgemeinschaft als solche Inhaberin des
Leistungsanspruchs gegen den Leistungsträger wird. Dafür streitet bereits der Wortlaut des Gesetzes, wenn in § 38
SGB II die Vermutung, dass der erwerbsfähige Hilfesuchende bevollmächtigt ist, Leistungen für die mit ihm in
Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen – nicht: Leistungen für die Bedarfsgemeinschaft – zu beantragen oder
entgegenzunehmen, nur besteht, soweit Anhaltspunkte dem nicht entgegenstehen. Damit ist nämlich zum Ausdruck
gebracht, dass bei entgegenstehenden Anhaltspunkten die Leistungen nur an die jeweilige zur Bedarfsgemeinschaft
gehörende Person ausgezahlt werden dürfen. Wie die 9. Kammer ist auch diese Kammer ferner der Auffassung, dass
der Aufhebungsbescheid und der die Rückforderung stützende Erstattungsbescheid dem Grunde nach wirtschaftlich
und rechtlich die Umkehr (das Spiegelbild) des Leistungsverhältnisses sind oder jedenfalls zu sein haben (vgl.
BVerwG, Urteil vom 30. April 1992 – 5 C 29.88 –; VG Karlsruhe, Urteil vom 12. Juli 1999 – 8 K 2907/98 –, jeweils zit.
n. juris). Wird gegen diese materiellen Grundsätze des Leistungsrechts verstoßen, indem die
Bewilligungsentscheidung – mit intendierter Wirkung auch gegenüber den anderen – nur einem Mitglied der
Bedarfsgemeinschaft gegenüber aufgehoben und die überzahlten Leistungen nur von einer Person zurückgefordert
werden, folgt daraus zur Überzeugung der erkennenden Kammer aber nicht die bereits die formelle Rechtmäßigkeit
betreffende Unbestimmtheit des angefochtenen Bescheids; vielmehr ist in einem solchen Fall zu hinterfragen,
inwieweit die Verwaltungsentscheidung, die – wie im vorliegenden Falle – einen hinreichend bestimmten
Verfügungssatz aufweisen kann, in den die Aufhebung von Verwaltungsakten betreffenden materiellen Bestimmungen
des allgemeinen Verwaltungsrechts eine hinreichende Stütze findet. Dabei ist im konkreten Fall auch zu
berücksichtigen, dass die Beklagte mit dem Bescheid vom 31. Oktober 2005 – allerdings wahrscheinlich unabsichtlich
– die Aufhebungsentscheidung ausdrücklich auf das gewährte "Arbeitslosengeld II" beschränkt und überzahltes
"Arbeitslosengeld II" in Höhe von 1.847,43 Euro vom Kläger zurückverlangt hat, obwohl jedenfalls seinen Kindern
nicht Arbeitslosengeld II nach § 19 Satz 1 SGB II sondern Sozialgeld gemäß § 28 SGB II gewährt worden war.
Eine hinreichende Ermächtigungsgrundlage bietet die Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1, Satz 2 Nr. 3 SGB X
allerdings nur zum Teil, nämlich nur insoweit, als die den Kläger betreffenden Leistungen für den Zeitraum zwischen
dem 1. August 2005 und dem 30. November 2005 in einem Umfang von 569,56 Euro aufgehoben worden sind. Soweit
nach § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X in den tatsächlichen oder rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass eines
Verwaltungsakts mit Dauerwirkung vorgelegen haben, eine wesentliche Änderung eintritt, ist der Verwaltungsakt mit
Wirkung für die Zukunft aufzuheben. Der Verwaltungsakt ist gemäß § 48 Abs. 1 Satz 2 SGB X i.V.m. § 40 Abs. 1
Satz 1 Nr. 1 SGB II i.V.m. § 330 Abs. 3 Satz 1 Sozialgesetzbuch Drittes Buch – SGB III – mit Wirkung vom
Zeitpunkt der Änderung der Verhältnisse an aufzuheben, wenn nach Antragstellung oder Erlass des Verwaltungsakts
Einkommen erzielt worden ist, das zur Minderung oder zum Wegfall des Anspruchs geführt haben würde. Diese
Vorschrift rechtfertigt die Leistungsaufhebung bis zum tenorierten Betrag.
Entgegen der Auffassung des Klägers handelt es sich bei dem Bescheid der Beklagten vom 8. August 2005, mit dem
ihm und den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende
für Arbeitsuchende in Form von Regelleistungen für den Lebensunterhalt und Leistungen für die Unterkunft bewilligt
worden waren, um einen Verwaltungsakt mit Dauerwirkung im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X. Ein
Verwaltungsakt hat Dauerwirkung, wenn er in rechtlicher Hinsicht über den Zeitpunkt seiner Bekanntgabe hinaus
Bindungswirkungen zeigt (BSG, Urteil vom 20. Juni 2001 – B 11 AL 10/01 R –, BSGE 88, 192; Wiesner, in: von
Wulffen, a.a.O., § 48 Rn. 4 m.w.N.). Entscheidend kommt es auf die rechtlichen Wirkungen an; ob ein Bescheid die
Qualität eines Verwaltungsakts mit Dauerwirkung hat, richtet sich dementsprechend nach materiellem Recht
(Wiesner, a.a.O.). Daran gemessen kommt auch dem Bescheid über die Bewilligung laufender Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende Dauerwirkung zu. Dieser entfaltet regelmäßig – wie auch im vorliegenden Falle –
insoweit rechtliche Wirkungen über den Erlasszeitpunkt hinaus, als der Leistungsträger unmittelbar aus diesem
Bescheid heraus verpflichtet bleibt, innerhalb des andauernden Bewilligungszeitraums die bewilligten Leistungen
jeweils monatlich im Voraus zu gewähren. Dabei ist es ohne Bedeutung, dass die Leistungen nicht – wie im
Ausnahmefalle bei der Rente wegen verminderter Erwerbsfähigkeit – "auf Dauer" gewährt werden. Dass der
Leistungsanspruch im Bewilligungsbescheid von vornherein zeitlich befristet wird, wie es namentlich die Vorschrift
des § 41 Abs. 1 Satz 4 SGB II vorsieht, kann in Ansehung der Zweckrichtung des § 48 Abs. 1 SGB X nicht dazu
führen, dem Bescheid des Charakter eine Verwaltungsakts mit Dauerwirkung abzusprechen.
In den tatsächlichen und rechtlichen Verhältnissen, die bei Erlass des Bewilligungsbescheids vom 8. August 2005
maßgeblich gewesen sind, sind zur Überzeugung der erkennenden Kammer auch wesentliche Änderungen
eingetreten. Der Begriff der wesentlichen Änderung ist als unbestimmter Rechtsbegriff der vollen gerichtlichen
Kontrolle zugänglich. Eine wesentliche Änderung tritt insbesondere ein, wenn nachträglich Umstände dazu führen,
dass der Verwaltungsakt nach den nunmehr vorliegenden Verhältnissen nicht mehr erlassen werden dürfte (Wiesner,
in: von Wulffen, a.a.O., § 48 Rn. 6; Waschull, in: Diering/Timme/Waschull, a.a.O., § 48 Rn. 31 jeweils m.w.N.). Ob
eine nachträgliche wesentliche Änderung der Verhältnisse vorliegt, beurteilt sich dementsprechend nach dem
materiellen Recht.
Diese Voraussetzungen liegen hier insoweit vor, als es um bewilligte Leistungen für den Zeitraum seit dem 1. August
2005 geht. Eine wesentliche Veränderung ist deshalb eingetreten, weil der Kläger aufgrund der nachträglichen
Bewilligung und Auszahlung höheren Arbeitslosengeldes I für den betreffenden Zeitraum keinen Anspruch auf
Gewährung existenzsichernder Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende mehr gehabt hat. Für den Zeitraum
zwischen dem 1. August 2005 und dem Ende des streitgegenständlichen Bewilligungszeitraums hat sein
grundsicherungsrechtlicher Bedarf als gedeckt zu gelten. Dabei ist zu berücksichtigen, dass Arbeitslosengeld I
gemäß § 11 Abs. 1 Satz 1 SGB II grundsätzlich in voller Höhe – abzuziehen ist gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1
Arbeitslosengeld II-/Sozialgeld-Verordnung - Alg II-V - allein die Versicherungspauschale in Höhe von 30,00 Euro – als
Einkommen auf den Bedarf anzurechnen ist. Das dem Kläger gewährte Arbeitslosengeld I in Höhe von monatlich
zunächst 1.002,16 Euro, dann 1.181,10 Euro hat zusammen mit dem seitens der Ehefrau des Klägers erzielten
Einkommen aus geringfügiger Beschäftigung und dem gemäß § 11 Abs. 1 Satz 3 SGB II bei den Kindern zu
berücksichtigenden Kindergeld ausgereicht, nicht nur den eigenen, sondern auch den durch eigenes Einkommen
ungedeckten Bedarf der anderen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gemäß § 9 Abs. 2 SGB II zu decken. Diese
wesentliche Veränderung ist auch nachträglich eingetreten, weil sowohl die Entscheidungen der Agentur für Arbeit Kiel
über die Bewilligung höheren Arbeitslosengeldes I vom 12. August 2005 und vom 23. September 2005 als auch die
Überweisung der entsprechenden Nachzahlungen nach Erlass des Bewilligungsbescheids vom 8. August 2005 erfolgt
sind. Dass diese nachträgliche Veränderung nach materiellem Recht Wirkungen auch für den Zeitraum vor dem Erlass
der Bewilligungsentscheidung – hier: für den Zeitraum zwischen dem 1. August 2005 und dem 7. August 2005 –
zeitigt (dazu noch unten), ändert bei teleologischer Auslegung der Vorschrift des § 48 Abs. 1 Satz 1 SGB X an der
Bewertung der Veränderung als insgesamt nachträglich nichts.
Soweit es um die dem Kläger für den Zeitraum zwischen dem 1. Juli 2005 und dem 31. Juli 2005 gewährten
Leistungen geht, ist dagegen eine wesentliche Veränderung der Verhältnisse nicht eingetreten, so dass eine
Aufhebungsentscheidung diesen Zeitraum betreffend in § 48 Abs. 1 SGB X keine Stütze findet. Die nachträgliche
Änderung der Arbeitslosengeld I-Bewilligungsentscheidung durch die Agentur für Arbeit Kiel zugunsten des Klägers
erfolgte zwar rückwirkend zum 5. Juli 2005. Dies führt indes in Ansehung des Leistungsrechts des Zweiten Buches
Sozialgesetzbuch nicht dazu, dass der Bedarf des Klägers (und der mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden
Personen) bezogen auf den Monat Juli 2005 als gedeckt anzusehen wäre. Nach dem im Bereich der Leistungen der
Grundsicherung für Arbeitsuchende geltenden Zuflussprinzip kommt es für die Frage der Bedarfsdeckung allein darauf
an, wann dem Leistungsberechtigten Geld oder geldwerte Leistungen als Einkommen zugeflossen und für welchen
Zeitraum die betreffenden Leistungen zu berücksichtigen sind. Insoweit statuiert allerdings § 2 Abs. 2 Satz 1 Alg II-V,
dass laufende Leistungen, zu denen auch das monatlich gewährte Arbeitslosengeld I gehört, für den Monat zu
berücksichtigen ist, in dem es zufließt. Dementsprechend sind auch Leistungen, die zur Tilgung einer für einen
anderen Zeitraum bestehenden Zahlungsverpflichtung gezahlt werden, nur in dem Monat bzw. von dem Monat an als
Einkommen zu berücksichtigen, in dem die Zahlung beim Leistungsempfänger eingeht. Schon angesichts der
Tatsache, dass der erste Änderungsbescheid der Agentur für Arbeit Kiel auf den 12. August 2005 datiert, ist die
Kammer davon überzeugt, dass der Mittelzufluss in Form einer Nachzahlung erst im August 2005 bei dem Kläger
eingegangen und deshalb für Juli 2005 nicht als Einkommen zu berücksichtigen ist.
Die wesentliche Veränderung der tatsächlichen und rechtlichen Verhältnisse berechtigt und verpflichtet die Beklagte
vorliegend auch zur Aufhebung der Bewilligungsentscheidung nicht nur für die Zukunft, sondern für den Zeitraum von
der Veränderung der Verhältnisse an. Mit der Gewährung vom Arbeitslosengeld I seitens der Beklagten hat der Kläger
Einkommen auch im Sinne des § 48 Abs. 1 Satz 2 Nr. 3 SGB X erzielt. Dass das Einkommen im Sinne dieser
Vorschrift zum Erlöschen des Anspruchs des Klägers auf Arbeitslosengeld II geführt haben würde, ist bereits
ausgeführt worden. Ermessen darf die Beklagte insoweit gemäß § 330 Abs. 3 Satz 1 SGB III i.V.m. § 40 Abs. 1 Satz
1 Nr. 1 SGB II nicht ausüben.
Eine den Kläger betreffende und die Beklagte ihm gegenüber zur Aufhebung berechtigende Änderung wesentliche
Änderung der Verhältnisse ist indes nur eingetreten, soweit es um die ihn betreffenden und für ihn bestimmten Anteile
der seitens der Beklagten an die aus dem Kläger, seiner Frau und seinen zwei Kindern bestehenden
Bedarfsgemeinschaft erbrachten Leistungen geht. Dies folgt unmittelbar aus dem auch von der Kammer für zutreffend
gehaltenen Individualisierungsgrundsatz. Auf die oben bereits zur Bestimmtheit des Bescheids gemachten
Ausführungen wird insoweit Bezug genommen. Da die Aufhebungsentscheidung die Kehrseite der
Bewilligungsentscheidung darstellt und die Bewilligungsentscheidung – wie oben dargelegt – trotz der Ausweisung
eines an alle Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft zu gewährenden Gesamtleistungsbetrags seinem Verfügungssatz
jedem einzelnen Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft gegenüber den gesetzlichen Individualanspruch auf den seinen
Bedarf deckenden Anteil an der Gesamtleistung konkretisiert, ist dem auch im Rahmen der Aufhebungsentscheidung
Rechnung zu tragen. Dabei ist namentlich zu berücksichtigen, dass es eine Gesamtgläubigerschaft der Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft nicht gibt und dass die Leistungsaufhebung – sofern keine Empfangsbevollmächtigung vorliegt
– nicht einem Mitglied der Bedarfsgemeinschaft gegenüber auch mit Wirkung gegen die anderen Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft wirksam aufgehoben werden kann.
Diese Wertungen führen im vorliegenden Falle dazu, dass nur die dem Kläger gewährten bzw. für diesen bestimmten
Leistungsanteile als von der Aufhebungsentscheidung in rechtmäßiger Weise erfasst anzusehen sind. Dabei bedarf es
hier keiner Entscheidung, ob es rechtlich zulässig gewesen wäre, die an die Mitglieder der Bedarfsgemeinschaft
insgesamt erbrachten Leistungen im Rahmen eines einheitlichen Aufhebungsbescheids allen Mitglieder der
Bedarfsgemeinschaft gegenüber aufzuheben, solange in diesem Bescheid die auf die jeweiligen Mitglieder
entfallenden Beträge nur hinreichend bestimmt bezeichnet sind. Namentlich bedarf es keiner Diskussion der Frage, an
wen ein solcher Aufhebungsbescheid zu adressieren gewesen wäre in Anbetracht der Tatsache, dass die Vermutung
des § 38 SGB II nur für die Beantragung und Entgegennahme von Leistungen, nicht aber für die Aufhebung der
Leistungsbewilligung greift. Dahinstehen können diese Fragestellungen hier schon deshalb, weil der
Aufhebungsbescheid der Beklagten vom 31. Oktober 2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 27. Februar
2005 ausdrücklich und unmissverständlich allein an den Kläger gerichtet worden ist. Nur dieser ist durch den
Bescheid beschwert.
Unterliegen nach allem nur die auf den Kläger entfallenden Leistungsanteile aufgrund der bestandskräftigen
Bewilligungsentscheidung vom 8. August 2005 für den Zeitraum zwischen dem 1. August 2005 und dem 30.
November 2005 der Aufhebung, errechnet sich aus den dem Kläger für diesen Zeitraum gewährten Leistungen in Höhe
von monatlich 142,39 Euro (Regelleistungen in Höhe von 46,00 Euro zzgl. Unterkunftsleistungen in Höhe von 96,39
Euro) ein Gesamtbetrag in Höhe von 569,56 Euro.
Von diesem Aufhebungsbetrag ausgehend hält auch die Rückforderungsentscheidung der Beklagten vom 31. Oktober
2005 in der Gestalt, die sie durch den Teilabhilfe- und Widerspruchsbescheid vom 27. Februar 2005 gefunden hat,
einer rechtlichen Überprüfung nur teilweise stand. Sie lässt sich nur insoweit auf § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X i.V.m. §
40 Abs. 2 Satz 1 SGB II stützen, als es um einen Betrag von 353,65 Euro geht. Nach § 50 Abs. 1 Satz 1 SGB X sind
bereits erbrachte Leistungen nur insoweit zu erstatten, als ein Verwaltungsakt aufgehoben worden ist. Nach § 40 Abs.
2 Satz 1 SGB II sind abweichend von § 50 SGB X 56% der bei der Leistung nach § Satz 1 Nr. 1, Satz 2 SGB II und §
28 SGB II berücksichtigten Kosten für die Unterkunft mit Ausnahme der Kosten für Heizungs- und
Warmwasserversorgung nicht zu erstatten. Daran gemessen kann vom Kläger nur ein Betrag in tenorierter Höhe
zurückgefordert werden. Dabei ist vom Höchstbetrag von 568,56 Euro auszugehen, weil der Bewilligungsbescheid
vom 8. August 2005 nach den obigen Ausführungen nur insoweit wirksam aufgehoben worden ist. Von diesem Betrag
ist nach Maßgabe des § 40 Abs. 2 Satz 1 SGB II der pauschalierte Wohngeldanteil in einem Umfang von 56% der
reinen, auf den Kläger entfallenden Unterkunftsleistungen abzuziehen, woraus sich – weil Leistungen für die Heizung
für den maßgeblichen Zeitraum mit dem Bewilligungsbescheid vom 8. August 2005 nicht erbracht worden sind – ein
Betrag von 4 x 53,98 Euro = 215,91 Euro ergibt.
Soweit der Kläger mit der Klage ausdrücklich die Erstattung der notwendigen außergerichtlichen Kosten für das
Vorverfahren sowie die (gestaltende) Erklärung des Gerichts begehrt, dass die Hinzuziehung der
Prozessbevollmächtigten im Vorverfahren erforderlich gewesen ist, hat die Klage keinen Erfolg. Für letzteres fehlt es
bereits an der dafür erforderlichen Anspruchsgrundlage; eine dem § 162 Abs. 2 Satz 2 Verwaltungsgerichtsordnung –
VwGO – entsprechende Vorschrift kennt das Sozialgerichtgesetz nicht. Auch eine Entscheidung über die Erstattung
der notwendigen Kosten für das Vorverfahren kann der Kläger nicht isoliert neben der ohnehin von Amts wegen zu
treffenden Kostenentscheidung nach § 193 SGG beanspruchen, die die Kosten des Vorverfahrens umfasst (BSG,
Beschluss vom 24. August 1976 – 12/1 RA 105/75 –, SozR 1500 § 193 Nr. 3; dazu Groß, in: Lüdtke [Hrsg.], Hk-SGG,
2. Auflage, Baden-Baden 2006, § 193 Rn. 7). § 63 Abs. 1 und 2 SGB X bietet dafür keine hinreichende
Anspruchsgrundlage. Diese Vorschrift wird wegen des das Prozessrecht insgesamt bestimmenden Grundsatzes der
Einheitlichkeit der Kostenentscheidung durch die Vorschrift des § 193 SGG vollständig überlagert (vgl. Meyer-
Ladewig/Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 8. Auflage, München 2005, § 193 Rn. 5a).
Die Kostenentscheidung ergeht gemäß § 193 Abs. 1 Satz 1 SGG. Sie orientiert sich am Ausgang des Verfahrens und
berücksichtigt dabei auch, dass der Beschwer des Klägers schon im Widerspruchsverfahren zu einem nicht
unerheblichen Teil abgeholfen worden ist. Insoweit sieht die Kammer die Hinzuziehung der Prozessbevollmächtigten
im Vorverfahren als notwendig an; die verbindliche Entscheidung darüber obliegt indes im Verfahren nach § 197 SGG
dem Urkundsbeamten (Meyer-Ladewig/Leitherer, a.a.O., § 193 Rn. 5b).