Urteil des SozG Reutlingen vom 09.03.2016

unternehmen, betriebliche einrichtung, freiwillige versicherung, arbeitsunfall

SG Reutlingen Urteil vom 9.3.2016, S 8 U 1169/13
Gesetzliche Unfallversicherung - Arbeitsunfall - Versicherungsfall eigener Art gem § 105 Abs 2
S 2 iVm S 1 und Abs 1 SGB 7 - nicht versicherter Unternehmer als Geschädigter - Wie-
Beschäftigter desselben Betriebes gem § 105 Abs 1 S 1 SGB 7 als Schädiger - keine
Sonderbeziehung: Gefälligkeit unter Freunden und Verwandten -
unfallversicherungsrechtlicher und zivilrechtlicher Haftungsausschluss - Schädigungsform:
normale Fahrlässigkeit
Leitsätze
Zur Frage des Versicherungsfalles eines nicht versicherten Unternehmers in der gesetzlichen Unfallversicherung
durch einen Wie-Beschäftigten.
Tenor
1. Die Beigeladene zu 4.) wird verurteilt, das Ereignis vom 20.11.2008 wie einen Versicherungsfall
anzuerkennen. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
2. Die Beigeladene zu 4.) trägt die außergerichtlichen Kosten der Klägerin und der Beigeladenen zu 1.) und 2.).
Die Beigeladene zu 3.) trägt ihre Kosten selbst. Die Kosten der Beigeladenen zu 5.) - 7.) und der Beklagten sind
nicht erstattungsfähig.
Tatbestand
1
Die Klägerin begehrt die Anerkennung eines Ereignisses vom 20.11.2008 als Arbeitsunfall.
2
Die Klägerin ist nach ihren eigenen Angaben als Einzelunternehmerin im Bereich Konzert- und
Veranstaltungsaufbau tätig. Eine freiwillige Unternehmerversicherung besteht bei keinem gesetzlichen
Unfallversicherungsträger.
3
Die Beigeladene zu 3.) ist ein bei der Beklagten veranlagtes Unternehmen, welches im Wesentlichen im
Zeltverleih tätig ist. Am 20.11.2008 hatte die Beigeladene zu 3.) den Auftrag, für den Beigeladenen zu 1.),
einem Pferdehofbesitzer, anlässlich einer Trauerfeier für den verstorbenen Vater des Beigeladenen zu 1.) die
Reithalle mit hölzernen Bodentafeln auszulegen. Hierzu wiederum zog die Beigeladene zu 3.) die Klägerin
heran.
4
Nach den Ermittlungen des Polizeipostens M… der Polizeidirektion F… (Az.: SPH/.../2008) habe die
Beigeladene zu 3.) die für den Bodenbelag benötigten Holztafeln auf einem LKW-Anhänger angeliefert.
Diese sollten durch die Klägerin und deren Mitarbeiter in der Halle verlegt werden. Der Beigeladene zu 2.)
habe sich bereit erklärt, beim Abladen behilflich zu sein und eine Palette mit Holzlatten mit einem
sogenannten Kompaktlader vom LKW herunter zu holen. Aufgrund des hohen Gewichtes der Palette hätten
sich die Klägerin und einer ihrer Mitarbeiter als Gegengewicht hinten auf den Kompaktlader gestellt. Als der
Beigeladene zu 2.) die Palette habe ablassen wollen, sei der Kompaktlader zunächst nach vorne gerutscht,
habe die Palette verloren und sei dann nach hinten umgekippt. Die auf dem Gefährt befindliche Klägerin
habe bei dem Kippen nach hinten ihren rechten Fuß zwischen Boden und Fahrzeug gebracht. Dies habe zu
einer starken Quetschung des Mittelfußes geführt. Die Klägerin sei stationär im Klinikum F… aufgenommen
worden. Ausweislich der Beschuldigtenvernehmung des Beigeladenen zu 2.) helfe er unregelmäßig auf 200
EUR-Basis auf dem Hof des Beigeladenen zu 1.) aus, so auch an dem Unfalltag, als der Reitstall zur
Beerdigung vorbereitet und der Hallenboden mit Holzplatten belegt werden sollte. Die Beigeladene zu 3.)
habe das Material gestellt, die Klägerin habe mit ihrem Personal die Holzplatten in die Halle bringen und
verlegen sollen. Er sei von einem Mitarbeiter der Klägerin um Hilfe durch Nutzung des Kompaktladers
gebeten worden. Nach dem er dessen Instabilität bemerkte, habe er die Klägerin und einen Mitarbeiter
gebeten, sich hinten auf das Fahrzeug zur Stabilisierung zu stellen. Er sei mit der Bedienung des Fahrzeuges
vertraut und fahre viel damit auf dem Hof.
5
Mit Schreiben vom 20.05.2009 teilte die Beigeladene zu 3.) der Beklagten das Ereignis vom 20.11.2008 mit.
Die Klägerin sei eine selbständige Subunternehmerin. Die Unfallmeldung erfolge vorsorglich.
6
Mit Schreiben vom 02.09.2009 teilte die Klägerin der Beklagten mit, sie habe am 20.11.2008 für die
Beigeladene zu 3.) als selbständige Helferin für Ablade- und Verlegearbeiten gearbeitet. Neben einer
Schilderung des Unfallhergangs führte sie aus, sie sei zumindest als so genannte „Wie-Beschäftigte“ für die
Beigeladene zu 3.) tätig geworden. Insbesondere habe sie ihre Arbeit unter Umständen ausgeführt, die
einem Beschäftigungsverhältnis ähnlich seien. Dementsprechend bestehe die Zuständigkeit der Beklagten.
7
Mit Schreiben vom 09.09.2009 erklärte die Beklagte, ihre Zuständigkeit sei nicht gegeben, da die Klägerin
als Subunternehmerin tätig geworden sei. Sofern die Erteilung eines rechtsmittelfähigen Bescheides
gewünscht sei, werde um Unterrichtung gebeten.
8
Im Weiteren erhob die Klägerin Klage gegen den Beigeladenen zu 1.) und den Beigeladenen zu 2.) betreffs
zivilrechtlicher Entschädigungsansprüche vor dem Landgericht Konstanz (Az.: 4 O 63/11 D). Mit Beschluss
vom 29.03.2012 setzte das Konstanz das Verfahren zur Prüfung etwaiger sozialversicherungsrechtlicher
Ansprüche aus. Bezüglich der weiteren Einzelheiten dieses Verfahrens und des jeweiligen Vortrages der
dortigen Parteien wird auf die Verwaltungsakte der Beklagten Bezug genommen.
9
Mit Schreiben vom 17.04.2012 beantragte die Klägerin daraufhin den Erlass eines rechtsmittelfähigen
Bescheides bei der Beklagten.
10 Mit Schreiben vom 29.05.2012 teilten die Beigeladenen zu 1.) und 2.) mit, der Beigeladene zu 1.) habe als
Inhaber des Gestüts die Beigeladene zu 3.) damit beauftragt, die Reithalle mit Holzboden auszulegen. Da die
Klägerin und deren Mitarbeiter die Holzbohlen nicht per Hand vom LKW hätten abladen wollen, hätten sie
den Beigeladenen zu 2.) um Hilfe gebeten. Dieser sollte mithilfe eines Gabelstaplers die Holzbohlen vom
LKW abladen. Er habe zu diesem Zeitpunkt also eine Tätigkeit des Unternehmens der Klägerin
wahrgenommen. Hierbei sei es zu dem streitgegenständlichen Unfall gekommen. Ein Anspruch gegen die
Beklagte seitens der Klägerin bestehe, da sie als nicht versicherte Unternehmerin geschädigt worden sei und
die Schädigung bei einer betrieblichen Tätigkeit von Versicherten des selben Betriebes verursacht worden
sei. Versicherte des selben Betriebes seien auch so genannten „Wie-Beschäftigte“. Der Beigeladene zu 2.)
sei als Wie-Beschäftigter bei dem Unternehmen der Klägerin tätig geworden. Das Abladen der Holzbohlen
habe im Aufgabenbereich der Klägerin gelegen und sei damit Sache ihres Unternehmens gewesen. Die
Beigeladene zu 2.) habe eine Tätigkeit verrichtet, die dem Unternehmen der Klägerin dienlich gewesen sei.
Ein Anspruch komme auch dann in Betracht, wenn sie als Wie-Beschäftigte der Beigeladenen zu 3.) tätig
geworden sei. Auch Unternehmer könnten wie Arbeitnehmer für einen anderen Betrieb tätig werden.
11 Nach einem Besuchsbericht der Beklagten vom 06.09.2012 habe die Klägerin angegeben, ein
Statusfeststellungsverfahren habe bisher nicht stattgefunden. Für das Abladen der Bodenplatten sei
grundsätzlich ein Vorarbeiter der Beigeladenen zu 3.) verantwortlich gewesen, und zwar als
Aufsichtsperson. Dieser habe jedoch die Baustelle verlassen, und die Klägerin habe die Verantwortung für
das Abladen übernehmen müssen. Es gebe keine schriftliche Abmachung über die Verantwortung für das
Abladen. Die Aufträge an sie seien immer auf Zuruf bzw. telefonisch erteilt worden, wobei die Beigeladene
zu 3.) mitgeteilt habe, wie viele Helfer für einen Auftrag benötigt würden. Die Klägerin habe dann diese
Helfer beschafft und beauftragt. Hierbei handele es sich nicht um Angestellte, sondern um Mitarbeiter bzw.
„freie Mitarbeiter“ der Klägerin. Diese rechneten Arbeitsstunden ab und stellten entsprechende Rechnungen
an die Klägerin. Diese würden von ihr bezahlt und nicht durch die Beigeladene zu 3.). Sie stelle eine
Gesamtrechnung, einschließlich der Kosten für die Helfer an die Beigeladene zu 3.). Nach einem beigefügten
Fragebogen vom 15.08.2012 zur Beurteilung der Sozialversicherungspflicht bestehe die selbständige
Tätigkeit der Klägerin in Dienstleistungen in der Veranstaltungsbranche.
12 Mit Bescheid vom 18.02.2013 stellte die Beklagte fest, die Klägerin habe anlässlich des Unfalls vom
20.11.2008 keinen Anspruch auf Leistungen seitens der Beklagten. Sie sei zum Unfallzeitpunkt als
selbständige Unternehmerin im Bereich Dienstleistung und Konzert- und Kulturbereich tätig gewesen. Damit
habe sie nicht zum Kreis der versicherten Personen gezählt. Auch sei für das von der Klägerin betriebene
Gewerbe die Zuständigkeit der Beklagten nicht gegeben.
13 Hierauf erhob die Klägerin am 11.03.2013 Widerspruch. Die Beklagte habe zur Frage der möglichen Wie-
Beschäftigung nicht Stellung genommen. Auch habe sie nicht erklärt, warum eine selbständige Tätigkeit
vorgelegten haben solle.
14 Mit Bescheid vom 26.03.2013 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Die Klägerin habe unter keinem
rechtlichen Gesichtspunkt zum Unfallzeitpunkt zum Kreis der bei der Beklagten versicherten Personen
gezählt. Ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis zwischen der Klägerin und der Beigeladenen zu 3.) als
Mitgliedsunternehmen der Beklagten habe nicht bestanden. Ebenso keine Wie-Beschäftigung, da die
Tätigkeit der Klägerin nicht als arbeitnehmerähnlich qualifiziert werden könne. Es widerspreche jeglicher
praktischer Lebenserfahrung, wenn nicht davon ausgegangen werde, dass es die Aufgabe der Klägerin
gewesen sein müsse, sich zusammen mit ihrem bereits anwesenden Mitarbeiter an der Entladung des von
ihr für die weitere Auftragsausführung zwingend benötigten Materials zumindest zu beteiligen. Sie habe
somit eine originär eigene Aufgabe ausgeführt. Werde dagegen unterstellt, die Entladung sei allein Aufgabe
der Beigeladenen zu 3.) gewesen, sei zu berücksichtigen, dass es keinen Hinweis und auch keinen logischen
Ansatz dafür gebe, dass der Versuch der Klägerin, mittels Einsatzes des Kompaktladers den Abladevorgang
zu beschleunigen, rechtlich wesentlich dazu bestimmt gewesen sei, die Beigeladene zu 3.) zu unterstützen.
Im Gegenteil habe die umgehende Verfügbarkeit des Auslegematerials im ausschließlichen Interesse der
Klägerin gelegen. Die Klägerin werde nicht behaupten wollen, wegen einer wesentlich auf die
Unterstützung der Beigeladenen zu 3.) gerichteten persönlichen Handlungstendenz eine unentgeltliche
Unterstützungshandlung vorgenommen zu haben.
15 Hierauf hat die Klägerin mit Schreiben vom 25.04.2013 Klage vor dem hiesigen Gericht erhoben. Zur
Begründung beschreibt sie zunächst den bisherigen Verfahrensgang einschließlich des landgerichtlichen
Verfahrens und erklärt ergänzend, sie habe im Rahmen ihres Geschäftsbetriebes nicht über eigene
Mitarbeiter verfügt. Sie habe auf Mitteilung der Beigeladenen zu 3.) die ihr genannte Zahl von Helfern -
nach ihrer Ansicht allesamt auch Selbständige - gesucht und für den fraglichen Tag an den vereinbarten Ort
bestellt. Bezüglich des konkreten Falles wisse sie nicht mehr genau, wie die Auftragserteilung abgelaufen
sei. Manchmal bekomme sie ein Fax, manchmal auch einen Anruf mit den Angaben, mit wie vielen Personen
sie wo sein solle. Ein Mitarbeiter der Beigeladenen zu 3.) habe ihr eine Einweisung erteilt, wie und wo der
Boden genau zu verlegen sei. Dieser habe dann zu ihr gesagt, dass er nochmal weg müsse, sie es aber ja
verstanden habe. Üblicherweise sei ein Mitarbeiter der Beigeladenen zu 3.) bei anderen Aufträgen quasi als
Vorarbeiter dabei geblieben. Hier habe der Mitarbeiter zu Einweisungszwecken bereits ein paar Platten
selbst gelegt. Wenn dieser Anfang gemacht sei, dann müsse man eigentlich nur noch daran gepasst
ergänzen. Zum Unfallzeitpunkt und im unmittelbaren zeitlichen Bereich davor sei der Mitarbeiter der
Beigeladenen zu 3.) nicht mehr anwesend gewesen. Nach ihrer Erinnerung sei der Beigeladene zu 2.) an sie
herangetreten und habe gefragt, warum sie das Abladen von Hand machten. Es gebe doch einen Stapler auf
dem Hof. Der Beigeladene zu 2.) habe dabei direkt mit ihr gesprochen. Sie habe gefragt, ob das o.k. sei oder
möglicherweise Kosten verursachen könne. Dies habe der Beigeladene zu 2.) verneint. Er sei dann
losgegangen, um den Kleinlader zu holen. Sie wisse nicht mehr genau, ob er den Lader einfach so geholt
habe oder ob sie nach der Kosteninformation darum gebeten habe. Als der Beigeladene zu 2.) beim
Herausheben der Paletten festgestellt habe, dass diese zu schwer für den Kompaktlader seien und er ein
Gegengewicht brauche, habe er gerufen, dass sich jemand hinten auf den Lader heraufstellen solle. Sie habe
sich zuerst geweigert, da ihr dies zu unsicher erschien. Schließlich habe sie nachgegeben und sich hinten auf
den Lader gestellt, ebenso ein Mitarbeiter von ihr. Zum Gegenstand ihres Unternehmens führt sie aus, im
Wesentlichen baue sie die technische Ausstattung von Musik- und Bühnenveranstaltungen auf. Es werde
Material angeliefert, dann von ihr abgeladen und zum letztendlichen Aufbau vorbereitet. Es würden die
notwendigen Kabel gezogen, die Boxen verteilt und die Beleuchtungsanlagen vorbereitet. Nach Ende der
Veranstaltung obliege ihr der Abbau. Weiter habe sie mit ihrem Unternehmen auch, wie im hiesigen Fall,
Bodenbeläge für Veranstaltungen gelegt oder auch Zelte aufgebaut. Diese beiden Bereiche hätten jedoch
nur etwa 20% des Unternehmens ausgemacht. Ergänzend legt die Klägerin u.a. einen Bericht des Klinikum
F… vom 23.12.2008 vor, nach welchem die Klägerin sich vom 20.11.2008 bis zum 23.12.2008 dort in
stationärer Behandlung befunden habe. Bei ihr sei eine komplexe Vorfußverletzung nach schwerer
Quetschverletzung des rechten Fußes mit verschiedenen Luxationen und Frakturen sowie einem schweren,
nahezu zirkulären Weichteilschaden zu diagnostizieren.
16 Die Klägerin beantragt:
17 Die Beklagte wird unter Aufhebung der streitgegenständlichen Bescheide verurteilt, den
streitgegenständlichen Vorfall vom 20.11.2008 als Arbeitsunfall anzuerkennen und die gesetzlichen
Leistungen zu zahlen.
18 Die Beklagte beantragt:
19 Die Klage wird abgewiesen.
20 Zur Begründung trägt die Beklagte vor, es dürfe zweifelsfrei feststehen, dass die Klägerin selbständige
Unternehmerin gewesen sei. Dies habe sie aktenkundig selbst wiederholt ausgeführt. Wenn dem so sei, sei
sie weder Beschäftigte noch greife ein Versicherungsschutz für Wie-Beschäftigte. Wäre der Beigeladene zu
2.) durch seine Mithilfe in das Unternehmen der Klägerin eingegliedert gewesen, ergebe sich eine
Zuständigkeit nach den bisher vorliegenden Angaben der Beigeladenen zu 5.). Allerdings werde von einer
solchen Eingliederung nicht ausgegangen. Nicht jede Tätigkeit, die einem fremden Unternehmer objektiv
nützlich sei, werde auch beschäftigtenähnlich verrichtet. Die Abladetätigkeit sei dem Unternehmen der
Klägerin objektiv nützlich gewesen, jedoch habe keine auf das Unternehmen der Klägerin gerichtete
Handlungstendenz vorgelegen. Es sei nebensächlich, ob die Anwesenheit des Beigeladenen zu 2.) auf dem
Anwesen des Beigeladenen zu 1.) am Unfalltag durch ein Beschäftigungsverhältnis oder freundschaftliche
Verbindung bedingt gewesen sei. Der Beigeladene zu 2.) habe gerade deswegen auf dem Anwesen des
Beigeladenen zu 1.) geweilt, um bei der Organisation und Vorbereitung der Trauerfeierlichkeiten zu helfen.
Insoweit sei seine Handlungstendenz also wesentlich auf eigene bzw. die Interessen des Beigeladenen zu 1.)
gerichtet. Nichts anderes ergebe sich, wenn die Anwesenheit durch ein Beschäftigungsverhältnis verursacht
gewesen sei.
21 Die Beigeladenen zu 1 und 2 beantragen gemeinsam:
22 Es wird festgestellt, dass der Unfall der Klägerin vom 20.11.2008 ein Arbeitsunfall ist.
23 Zur Begründung wiederholen sie im Wesentlichen den Vortrag aus dem Verwaltungsverfahren. Der
Beigeladene zu 2.) sei als Wie-Beschäftigter ein Versicherter des selben Betriebes der Klägerin gewesen. Es
sei davon auszugehen, dass die Klägerin bei der Unfall bringenden Tätigkeit als beauftragte
Subunternehmerin tätig geworden sei. Der Beigeladene zu 2.) habe bereits bei der Polizei ausgesagt, er
helfe gegen eine Vergütung von monatlich 200 EUR unregelmäßig auf dem Hof des Beigeladenen zu 1.) aus.
Die Mithilfe beim Abladen durch den Beigeladenen zu 2 sei keine Tätigkeit für den Beigeladenen zu 1.)
gewesen. Dass er dazu einen Minibagger oder Stapler benutzt habe, der zum Hof des Beigeladenen zu 1.)
gehörte, sei nicht erheblich. Das Abladen sei an den von der Klägerin als Subunternehmerin übernommenen
Aufgabenbereich gefallen, was er auch gewusst habe. Weil die Klägerin als nicht versicherte Unternehmerin
durch einen für sie betrieblich Tätigen verletzt worden sei, sei sie so zu behandeln, als ob sie den Unfall als
Arbeitsunfall erlitten habe. Sie sei einer Versicherten gleichgestellt. Daher habe sie wie eine Versicherte den
Anspruch auf Gewährung unfallversicherungsrechtlicher Leistungen. Dabei habe sich der Beigeladene zu 2.)
ohne Wissen des Beigeladenen zu 1.) allein aus eigenem Entschluss zur Mithilfe in dem Betrieb der Klägerin
entschlossen. Er habe sich allein aus eigenem Entschluss mit deren Einverständnis in deren Betrieb
eingegliedert.
24 Die Beigeladene zu 3.) stellt keinen Antrag und trägt vor, es sei nicht mehr genau rekonstruierbar, wie die
Auftragserteilung abgelaufen sei. Es lägen keine Unterlagen mehr vor, ob die genaue Anzahl der benötigten
Personen gegenüber der Klägerin angegeben worden seien. Es sei jedenfalls so gewesen, dass ein
Mitarbeiter das Material an den Bestimmungsort habe anliefern sollen. Dieser sollte lediglich die eigentliche
Anlieferung vornehmen. Der Abladevorgang sei durch die Klägerin und deren Mitarbeiter vorzunehmen
gewesen. Hierbei sei es wohl so gewesen, dass der Mitarbeiter am Anfang bei dem Verlegevorgang dabei
gewesen sei, dann aber weg gefahren sei, um weiteres Material zu holen. Es werde bestätigt, dass durch
den Mitarbeiter der Beigeladenen zu 3.) eine kurze Einweisung hinsichtlich der Verlegearbeiten erfolgt sei.
25 Die Beigeladene zu 4.) stellt ebenfalls keine Antrag und führt aus, dass es sich bei den gewerblichen
Tätigkeiten der Klägerin überwiegend um Aufbaumaßnahmen bei Konzertveranstaltungen gehandelt habe.
Hierfür werde die Zuständigkeit der Beigeladenen zu 5.) als gegeben angesehen. Der bei ihr selbst
versicherte Bereich der Veranstaltungs- und Bühnentechnik werde von der Klägerin nicht ausgeübt. Es sei
darauf hinzuweisen, dass bei der Beigeladenen zu 4.) keine Pflichtversicherung für Unternehmer gegeben
sei. Einen Antrag auf Abschluss einer freiwilligen Unternehmerversicherung hat die Klägerin nicht
eingereicht. Die Feststellung der berufsgenossenschaftlichen Zuständigkeit für die Klägerin gestalte sich
aufgrund des breit gefächerten Tätigkeitsfeldes schwierig. Gegen eine Zuständigkeit der Beigeladenen zu 4.)
spreche, dass keine Elektroinstallation im Rahmen von Veranstaltung- und Bühnentechnik ausgeführt
worden seien. Hierzu legt die Beigeladene zu 4 einen von der Klägerin ausgefüllten Fragebogen vom
13.10.2014 vor. In diesem gibt die Klägerin an, eigentlich nie Elektroinstallationen durchgeführt zu haben.
Ihre Tätigkeit habe darin bestanden Konzerte und ähnliche Veranstaltungen aufbauen zu helfen. Diese
Veranstaltungen seien ca. 70% Musikkonzerte gewesen, ca. 10% private Feste, ca. 10% Vorlesungen etc.,
ca. 10% Messen. Hier seien zuerst die LKW entladen worden, dann fast immer auf Anweisung der Techniker
und Leiter der Produktion das Material verteilt. Generell hätten die Techniker platziert und verkabelt. Man
habe das Material hingeschoben, entleeren geholfen, Leergut verräumt, geholfen Vorhänge anzuknüpfen,
Traversen zusammenzuschrauben oder auch Lampen an die Traversen zu hängen. Positioniert und verkabelt
hätten meist die Techniker, ähnlich beim Ton.
26 Die Beigeladene zu 5.) stellt keine Antrag. Sie erklärt, die Klägerin sei zum Unfallzeitpunkt als Inhaberin
einer Firma für Dienstleistungen im Konzert- und Kulturbereich tätig gewesen. Eine Zuständigkeit der
Beigeladenen zu 5.) werde nicht als gegeben angesehen. Die Klägerin habe Hilfstätigkeiten für Techniker
ausgeführt. Es werde noch darauf hingewiesen, dass, wenn die Beigeladene zu 5.) für das Unternehmen
zuständig wäre, keine Unternehmerversicherung und somit kein gesetzlicher Unfallversicherungsschutz
bestünde.
27 Die Beigeladene zu 6.) stellt keinen Antrag und erklärt, nur für Unternehmen zuständig zu sein, die sich mit
der Konzeption, Planung und Organisation von Messen und Veranstaltungen befasse. Sie halte sich daher
nicht für zuständig.
28 Die Beigeladene zu 7.) stellt ebenfalls keinen Antrag.
29 Das Gericht hat die Beigeladenen zu 1.) bis 3.) mit Beschluss vom 07.01.2014, die Beigeladene zu 4.) mit
Beschluss vom 15.09.2014, die Beigeladene zu 5.) mit Beschluss vom 08.04.2015, die Beigeladene zu 6.)
mit Beschluss vom 30.09.2015 und die Beigeladene zu 7.) mit Beschluss vom10.02.2016 in das Verfahren
einbezogen. Bezüglich des weiteren Vorbringens der Beteiligten und der weiteren Einzelheiten des
Sachverhalts wird auf die beigezogene Verwaltungsakte der Beklagten und die Schriftsätze der Beteiligten
Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
30 Die Klage ist zulässig und gegenüber der Beigeladenen zu 4.) begründet.
31 Die Klage ist zulässig, insbesondere ist sie form- und fristgerecht beim sachlich und örtlich zuständigen
Gericht erhoben.
32 Die Klage ist auch insoweit begründet, als dass die Klägerin die Feststellung eines (atypischen)
Versicherungsfalls entsprechend einem Arbeitsunfall begehrt. Zu verurteilen ist allerdings nicht die Beklagte,
sondern die Beigeladene zu 4.). Insofern waren die angefochtenen Bescheide der Beklagten nicht
aufzuheben und die Klage diesbezüglich abzuweisen.
33 Das Ereignis vom 20.11.2008 ist wie ein Versicherungsfall nach dem Recht der gesetzlichen
Unfallversicherung einzustufen, da die Klägerin als nicht versicherte Unternehmerin durch einen im selben
Betrieb tätigen Wie-Beschäftigten im Rahmen dessen versicherter Tätigkeit körperlich geschädigt wurde,
diese Schädigung nicht vorsätzlich oder auf einem versicherten Weg erfolgte und keine zivilrechtlicher
Haftungsausschluss besteht. Terminologisch kann nach Auffassung des Gerichtes offen bleiben, ob das
schädigende Ereignis einen (atypischen) Versicherungsfall darstellt oder kein Versicherungsfall ist, jedoch
Leistungspflichten wie ein Versicherungsfall auslöst (so die h.M.), da hierdurch kein Unterschied auf der
Rechtsfolgenseite ausgelöst wird. Rein aus sprachpragmatischen Gründen wird im Folgenden die
Bezeichnung Versicherungsfall gewählt.
34 Versicherungsfälle sind Arbeitsunfälle und Berufskrankheiten, § 7 Abs. 1 Sozialgesetzbuch VII (SGB VII).
Arbeitsunfälle sind zeitlich begrenzte, von außen auf den Körper einwirkende Ereignisse, die zu einem
Gesundheitsschaden oder zum Tod führen, infolge einer versicherten Tätigkeit (vgl. § 8 Abs. 1 SGB VII).
Nicht versicherte Unternehmer werden wie Versicherte behandelt, die einen Versicherungsfall erlitten
haben, soweit sie durch eine betriebliche Tätigkeit eines Versicherten desselben Betriebes im Sinne eines
Versicherungsfalls geschädigt werden und dessen Haftung nach unfallversicherungsrechtlichen
Gesichtspunkten ausgeschlossen ist und zivilrechtlich kein Haftungsausschluss des Schädigers gegenüber
dem Unternehmer besteht (vgl. § 105 Abs. 2 S. 2 iVm S.1 und Abs. 1 SGB VII).
35 Das Unfallereignis im eigentlichen ist in der hiesigen Sache in den maßgeblichen Punkten unstreitig und
ergibt sich zur Überzeugung des Gerichts aus der polizeilichen Ermittlungsakte, welche im Wege des
Urkundenbeweises zu verwerten ist. Danach war die Klägerin mit ihren Hilfskräften damit beschäftigt, als
Bodenbelag dienende Holztafeln aus einem Lastkraftwagen der Beigeladenen zu 3.) zu laden. Der
Beigeladene zu 2.), erklärte sich bereit, dabei dergestalt zu helfen, dass er einen zum Pferdehof gehörenden
Kompaktlader heranzog, um mit diesem das Material aus dem LKW herauszuheben. Um ausreichend
Gegengewicht zu haben, stellten sich die Klägerin und eine ihrer Hilfskräfte auf die Rückseite des
Kompaktladers. Beim Abladen geriet das Material außer Balance, fiel von der Tragevorrichtung des Laders,
wodurch dieser aufgrund des nunmehrigen hinteren Übergewichts kippte und dabei den rechten Fuß der
Klägerin so in Mitleidenschaft zog, dass sie eine schwere Quetschung des Mittelfußes erlitt.
36 Die Klägerin war zum Unfallzeitpunkt nicht versicherte Unternehmerin. Unternehmer ist derjenige, dem das
Ergebnis des Unternehmens unmittelbar zum Vor- oder Nachteil gereicht, § 136 Abs. 3 Nr.1 SGB VII.
Typische Merkmale für einen Unternehmer sind dabei das Tragen des unternehmerischen Risikos, die
Schuldung eines bestimmten Erfolges, eine selbständige, eigenverantwortliche Tätigkeit und eine eigene
betriebliche Einrichtung (vgl. dazu Hauck/Noftz, SGB VII, Stand 04/14, § 2 Rn. 14). Nach den vorliegenden
Erkenntnissen bestand der Unternehmensgegenstand der Klägerin in der Verrichtung von bestimmten
Aufbau- und Vorbereitungsarbeiten für Veranstaltungen insbesondere im kulturellen wie privaten Bereich,
wobei sie hierzu nicht nur ihre eigene Arbeitskraft einsetzte, sondern eigenständig - je nach Auftrag –
Hilfskräfte heranzog und deren sowie ihre Arbeitsleistung nach außen gegenüber dem jeweiligen
Auftraggeber abrechnete. Sie trat dabei als selbständige Unternehmerin am Markt auf, hatte ein
entsprechendes Gewerbe angemeldet, verfügte mit ihrem Büro zumindest über eine betriebliche Einrichtung
zur Organisation ihrer Tätigkeit. Sie schuldete eigenverantwortlich das Ergebnis der jeweiligen Aufbau- oder
Vorbereitungsleistung, trug das Risiko des Gelingens oder Scheiterns ihres Unternehmens und übernahm
durch die Heranziehung weiterer Kräfte zur Erledigung ihrer Aufträge eine arbeitgebertypische
Verantwortung, woran sich durch die vorgetragene (nach Auffassung des Gerichts höchst zweifelhafte)
Einschätzung dieser Hilfskräfte als weitere „Subunternehmer“ nichts ändert. Weiter war die Klägerin für
eine Vielzahl von Auftraggebern tätig. Gegen die Annahme der Unternehmereigenschaft könnte ins Feld
geführt werden, dass die Klägerin zumindest teilweise offenbar so kleinteilig in den jeweiligen Auftrag
eingewiesen wurde, wie es bei abhängig Beschäftigten und nicht bei Selbständigen zu erwarten wäre und
man ggf. auch eine betriebliche Einbindung – im konkreten Fall in das Unternehmen der Beigeladenen zu 3.)
-annehmen könnte. Insbesondere das Zurückgreifen auf eigene Hilfskräfte widerlegt im Ergebnis die
Annahme einer abhängigen Beschäftigung etwa in Gestalt einer bloßen Scheinselbständigkeit (vgl. dazu
Hauck/Noftz, SGB VII, Stand 04/14, § 2 Rn. 11b).
37 Die Tätigkeit auf dem Pferdehof des Beigeladenen zu 1.) im Auftrag des Beigeladenen zu 3.) erfolgte
unzweifelhaft im Rahmen dieser unternehmerischen Tätigkeit der Klägerin. Als Unternehmerin war die
Klägerin nicht versichert. Es bestehen weder Anhaltspunkte für eine Versicherung kraft Gesetzes oder
Satzung, ebenfalls nicht für eine freiwillige Versicherung. Letzteres wurde daneben im Übrigen durch die
Klägerin verneint.
38 Der Beigeladene zu 2.) ist hier als Wie-Beschäftigter der Klägerin einzustufen. Personen, die wie Versicherte
nach § 2 Abs. 1 Nr.1 SGB VII – mithin Beschäftigte -tätig werden, sind kraft Gesetzes in der gesetzlichen
Unfallversicherung versichert (vgl. § 2 Abs. 2 SGB VII; sog. Wie-Beschäftigte).
39 Zunächst ist festzuhalten, dass der Beigeladene zu 2.) kein Beschäftigter der Klägerin im Sinne des § 2 Abs.
1 Nr. 1 SGB VII war, da zwischen ihm und ihr kein abhängiges Beschäftigungsverhältnis bestand.
40 Für die Annahme einer Wie-Beschäftigung muss die Tätigkeit einen wirtschaftlichen Wert haben, einem
Unternehmen im Sinne des § 136 Abs. 3 Nr. 1 SGB VII dienen, dem wirklichen oder mutmaßlichen Willen des
Unternehmers entsprechen, ihrer Art nach von Arbeitnehmern verrichtet werden können und wie von
einem Beschäftigten und nicht in anderer Eigenschaft ausgeübt werden (vgl. Hauck/Noftz, SGB VII, Stand
04/14, § 2 Rn. 270, ebenso LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 11.03.2015- L 3 U 2932/13). Die Tätigkeit
muss mithin ihrer Art nach von Personen verrichtet werden können, die in einem dem allgemeinen
Arbeitsmarkt zuzurechnenden Beschäftigungsverhältnis stehen und unter solchen Umständen geleistet
werden, dass sie einer Tätigkeit aufgrund eines Beschäftigungsverhältnisses ähnlich ist (vgl. BSG, Urteil v.
27.03.2012 – B 2 U 5/11 R; LSG Baden-Württemberg, Urteil v. 31.08.2012 – L 8 U 4142/10).
41 Die hier gegenständliche Tätigkeit des Beigeladenen zu 2.), die Nutzung eines vor Ort befindlichen
Kompaktladers zum Abladen von hölzernen Bodenbelagstafeln von einem Lastwagen des Beigeladenen zu
3.), erfüllt umfassend die vorgenannten Voraussetzungen. Sie stellt eine Tätigkeit dar, wie sich auch auf dem
allgemeinen Arbeitsmarkt findet und so beispielsweise auch von einem fest angestellten Mitarbeiter der
Klägerin hätte verrichtet werden können. Die Tätigkeit ist daher als objektiv arbeitnehmerähnlich
einzustufen. Da sie zur Auftragserfüllung des Unternehmens (s.o.) der Klägerin gegenüber der Beigeladenen
zu 3.) beiträgt, wohnt ihr ein wirtschaftlicher Wert inne. Insofern dient sie auch dem Unternehmen der
Klägerin. Weiter entsprach die Tätigkeit dem Willen der Klägerin. Dabei ist nicht entscheidend, ob die
Klägerin den Beigeladenen zu 2.) um Hilfe bat oder dieser sie anbot, denn in beiden Varianten stand die
Nutzung des Kompaktladers unter dem Vorbehalt der Zustimmung der Klägerin als derjenigen, welche die
Leitung des Abladevorganges inne hatte. Ebenso ändert sich diese Feststellung nicht durch die Aufforderung
des Beigeladenen zu 2.) an die Klägerin, sich auf die Schienen an der Rückseite des Kompaktladers zu
stellen. Denn es ist nicht außergewöhnlich, wenn ein in einer konkreten Frage – hier der Nutzung
technischer Hilfsmittel – erfahrener Beschäftigter seinem Arbeitgeber mitteilt, wie zu verfahren ist. Die
allgemeinen Ordnungsverhältnisse zwischen ihnen werden dadurch nicht berührt.
42 Schließlich war auch die Handlungstendenz des Beigeladenen zu 2.) darauf gerichtet, dem Unternehmen der
Klägerin zu dienen. Diese Handlungstendenz ist vom bloßen Motiv für die Tätigkeit zu unterscheiden (vgl.
Bayerisches LSG, Urteil v. 01.07.2009 – L2 U 46/07, juris).
43 Das Vorliegen der Handlungstendenz ist zu verneinen, wenn die Verrichtung wegen oder im Rahmen einer
Sonderbeziehung zum Unternehmer erfolgt. Eine „Sonderbeziehung“ liegt vor bei Verwandtschaft oder bei
einer Gefälligkeit für Bekannte bzw. Freunde. Weiterhin muss die konkrete Verrichtung innerhalb dessen
liegt, was für enge Verwandte, Freunde oder Bekannte getan wird, und wegen der Sonderbeziehung
vorgenommen wird (BSG, Urteil vom 27.03.2012 - B 2 U 5/11 R, Juris Rn. 57). Das bedeutet, dass eine
Tätigkeit wie ein Beschäftigter zu verneinen ist, wenn der Betroffene in Wirklichkeit wesentlich allein seine
eigenen Angelegenheiten verfolgt (LSG München, Urteil vom 01.07.2009 - L 2 U 46/07, Juris Rn. 26; SG
Münster, Urteil vom 20.02.2002 - S 13 U 205/00, Juris Rn. 25). Sie ist ebenso zu verneinen, wenn sich die
betreffende Tätigkeit nach den Umständen des konkreten Einzelfalls aufgrund sozialer Beziehungen als
selbstverständliche Hilfe darstellt und deshalb typisch und erwartbar ist (LSG Berlin-Brandenburg, Urteil
vom 18.12.2008 - L 31 U 479/08, Juris Rn. 35; s. zum Ganzen: Landessozialgericht Baden-Württemberg,
Urteil vom 31. August 2012 – L 8 U 4142/10 –, Rn. 42, juris).
44 Eine solche Sachlage ist hier zu verneinen. Bei lebensnaher Betrachtung ist davon auszugehen, dass der
Beigeladene zu 2.) sah, wie sich die Klägerin und ihre Hilfskräfte beim Abladen des Materials abmühten, er
darauf – entweder von sich aus oder auf Nachfrage der Klägerin – anbot, dabei mit einem Kompaktlader
behilflich zu sein und entsprechend zur Tat schritt. Damit besorgte er eine fremde Angelegenheit, die – für
ihn ersichtlich – den wirtschaftlichen Interessen des Unternehmens der Klägerin diente. Es bestand weder
eine besondere, etwa freundschaftliche oder verwandtschaftliche Bindung zwischen ihm und der Klägerin.
Seine eigenen, insb. wirtschaftlichen Interessen waren nicht berührt. Die Heranziehung solch schweren,
teuren und gefährlichen Arbeitsgeräts geht zu guter Letzt deutlich über das hinaus, was als
selbstverständliche und allgemeine Hilfeleistung in der gegebenen Situation erwartet werden kann.
45 Der Annahme einer Wie-Beschäftigung bei der Klägerin steht schließlich das abhängige
Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 2.) bei dem Beigeladenen zu 1.) nicht entgegen. Nach den
vorliegenden Erkenntnissen hilft der Beigeladene zu 2.) auf dem Pferdehof des Beigeladenen zu 1.) in
geringfügigem Umfang und unregelmäßig aus. Es kann offen bleiben, ob der Beigeladene zu 2.) am Unfalltag
rein aus persönlichem Antrieb zum Besuch der Trauerfeier vor Ort war oder im Rahmen seiner
Beschäftigung, da das unfallbringende Geschehen dieser Tätigkeit nicht zugerechnet werden kann. Die
Ausrichtung einer Trauerfeier für den Vater des Beigeladenen zu 1.) ist zur Überzeugung des Gerichts
dessen privatem Bereich zuzuordnen - in welchem kein Beschäftigungsverhältnis des Beigeladenen zu 2.)
bestand - und dient nicht, zumindest nicht wesentlich, den betrieblichen Interessen des Pferdehofes, auch
wenn bspw. Geschäftspartner geladen waren. Selbst wenn man diese Veranstaltung wesentlich dem
Unternehmen des Beigeladenen zu 1.) zurechnen wollte oder eine Beschäftigung des Beigeladenen zu 2.)
auch im privaten Bereich des Beigeladenen zu 1.), fehlt es an einem aus dem Beschäftigungsverhältnis des
Beigeladenen zu 2.) stammenden Anlass für sein Tätigwerden, da der Auftrag zum Abladen des
Bodenbelages als Unterauftrag zum Auftrag an den Beigeladenen zu 3.) insoweit einen eigenständigen
Charakter hatte und das Eingreifen des Beigeladenen zu 2.) hierbei den betrieblichen und wirtschaftlichen
Interessen des Beigeladenen zu 1.) keinen Nutzen bringen konnte. Wie der Beigeladene zu 2.) in seiner
Beschuldigtenvernehmung zu Protokoll gab, war er zwar vor Ort, um allgemein bei den Vorbereitungen zu
helfen, die Verlegearbeiten beschreibt er jedoch klar als dem Verantwortungsbereich der Klägerin
zugeordnet und damit außerhalb eines möglichen, an ihn gerichteten Auftrags zur Hilfe bei den
Vorbereitungen seitens des Beigeladenen zu 1.).
46 Mit der hiesigen Wie-Beschäftigung ist zwanglos das aus § 105 Abs. 1 S.1 folgende Merkmal des selben
Betriebes erfüllt, da erstere gerade durch die Eingliederung des Beigeladenen zu 2.) in den Betrieb der
Klägerin im Rahmen des hier zugrunde liegenden Ereignisses konstituiert wird.
47 Die konkret unfallbringende Handlung des Beigeladenen zu 2.), das Ablassen der Materialpaletten und das
dadurch verursachte Umkippen des Kompaktladers u.a. auf den Fuß der Klägerin, gehörte ersichtlich noch
zur versicherten Wie-Beschäftigung. Es war Teil eines einheitlichen Handlungsvorganges. Die Klägerin erlitt
hierdurch einen Gesundheitsschaden in Form einer schweren Quetschung des rechten Mittelfußes.
48 Die Haftung des Beigeladenen zu 2.) ist unfallversicherungsrechtlich ausgeschlossen. Es bestehen keinerlei
Anhaltspunkte für eine vorsätzliche Schädigung der Klägerin durch den Beigeladenen zu 2 und, wie sich aus
dem oben Gesagten ergibt, erfolgte die Schädigung nicht auf einem nach § 8 Abs. 2 Nr. 1 - 4 SGB VII
versicherten Weg.
49 Ein im Übrigen bestehender zivilrechtlicher Haftungsausschluss zwischen der Klägerin und dem
Beigeladenen zu 2.) wird von keinem der Beteiligten behauptet. Sie ergibt sich im Übrigen nicht aus den
vom Bundesarbeitsgericht entwickelten Grundsätzen zur Arbeitnehmerhaftung (vgl. BAGE 78, 56), welche
auf arbeitnehmerähnliche Personen entsprechend anwendbar sind (vgl. BSG, Urteil v. 24.06.2003 – B 2 U
39/02 R).
50 Bei grober Fahrlässigkeit hat der Arbeitnehmer danach in aller Regel den gesamten Schaden zu tragen, bei
leichtester Fahrlässigkeit haftet er dagegen nicht, während bei normaler Fahrlässigkeit der Schaden in aller
Regel zwischen Arbeitgeber und Arbeitnehmer quotal zu verteilen ist, wobei die Gesamtumstände von
Schadensanlaß und Schadensfolgen nach Billigkeitsgrundsätzen und Zumutbarkeitsgesichtspunkten
gegeneinander abzuwägen sind (grundlegend: BAGE 5, 1 = AP Nr. 4 zu §§ 898, 899 RVO; vgl. im Einzelnen:
BAGE 7, 290 = AP Nr. 8 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers; BAG Urteil vom 29. Juni 1964 - 1 AZR
434/63 - AP Nr. 33 zu § 611 BGB Haftung des Arbeitnehmers).
51 Fahrlässigkeit ist dabei das Außerachtlassen der im Verkehr erforderlichen Sorgfalt (vgl. § 276 Abs. 2 BGB).
Hierbei gilt ein objektiver Fahrlässigkeitsmaßstab, nachdem nicht auf die individuellen Fähigkeiten zur
Voraussicht und Vermeidung eines missbilligten Erfolges abzustellen ist, sondern die im Verkehr verlangten
Fähigkeiten als maßgeblicher Standard über die Sorgfaltsanforderungen entscheiden (vgl. Staudinger, BGB,
2014, § 276 Rn. 29). Allerdings können die objektiven Sorgfaltsanforderungen wegen besonderer Kenntnisse
und Fähigkeiten erhöht sein. Wer über solche besonderen Kenntnisse und Fähigkeiten verfügt, handelt
fahrlässig, wenn er diese nicht einsetzt (Grunewald JZ 1982, 627, 630; Deutsch NJW 1987, 1480, 1481;
MünchKomm/Grundmann Rn 56; Palandt/Grüneberg Rn 15; Erman/Westermann Rn 11 f; Soergel/Wolf Rn 76
f., Staudinger/Georg Caspers (2014) BGB § 276, Rn. 30).
52 Davon ausgehend ist das Handeln des Beigeladenen zu 2.) als zumindest normal fahrlässig einzustufen. Ihm,
als demjenigen welcher über die entscheidenden Kenntnisse zur Nutzung des Kompaktladers verfügte, hätte
bei Anwendung der erforderlichen Sorgfalt das Risiko durch die von ihm zumindest in der konkreten Form
initiierte Verwendung - mit menschlichem „Ballast“, wie sich aus dem insoweit überzeugenden und
unwidersprochenen Vortrag der Klägerin ergibt - einsichtig sein müssen und er hätte diese daher nicht so
durchführen dürfen. Der Rahmen der leichten Fahrlässigkeit ist klar überschritten. Zwar lässt sich anführen,
den anderen beteiligten Personen hätte die Problematik ebenso auffallen müssen. Jedoch lässt die
Fahrlässigkeit einer Person nicht die Fahrlässigkeit einer anderen entfallen. Im Rahmen einer
Verantwortungsabwägung unter Einbeziehung von zu fordernder Sorgfalt, jeweiligen Kenntnissen,
Schadensanlass und –höhe kann hier nach Überzeugung des erkennenden Gerichts keine solch überragende
Lastenquotelung zu Ungunsten der Klägerin erfolgen, dass auf dieser Ebene eine Haftungsfreistellung des
Beigeladenen zu 2.) erfolgen könnte. Insbesondere seine – zumindest teilweise – Initiativrolle und sein
klarer Wissens- und Kenntnisvorsprung im Umgang mit dem Kompaktlader stehen einem solchen Ergebnis
deutlich entgegen.
53 Zur Anerkennung dieses Versicherungsfalls ist die Beigeladene zu 4 als derjenige Unfallversicherungsträger,
welcher für die Klägerin bei Abschluss einer freiwilligen Unternehmerversicherung und auch allgemein für ihr
Unternehmen zuständig gewesen wäre, verpflichtet.
54 Gemäß § 3 Abs. 1 Nr. 1b) ihrer Satzung ist die Beigeladene zu 4.) unter anderem für Unternehmen sachlich
zuständig, welche den Bau elektrischer Anlagen zum Gegenstand haben. In diesen Bereich fallen nach den
Angaben der Beigeladenen zu 4.) Anlagen der Veranstaltungs- und Bühnentechnik. Die zugehörigen
Unternehmer können sich nach § 52 Nr. 1 der Satzung i.V.m. § 6 Abs. 1 SGB VII freiwillig bei der
Beigeladenen zu 4.) versichern lassen.
55 Nach Auswertung des von der Klägerin für die Beigeladene zu 4.) ausgefüllten und urkundenbeweislich
verwertbaren Fragebogens zu ihrem Unternehmen und ihren eigenen Angaben im Verfahren, ist davon
auszugehen, dass der überwiegende Gegenstand des klägerischen Unternehmens in der Vorbereitung von
Elektroinstallationen im Konzert- bzw. Bühnenbereich lag. Sie verteilt Boxen, zieht Kabel und bereitet
Beleuchtungseinrichtungen vor. Diesem Bereich ordnet sie etwa 70% der Unternehmenstätigkeit zu.
Belastbare Anhaltspunkte für eine tatsächlich wesentlich anderweitige Gewichtung bestehen nicht. Die
beschriebenen Tätigkeiten stellen zwar streng betrachtet noch keine Erstellung elektrischer Anlagen dar, sie
sind jedoch als wesentliche Hilfstätigkeiten dazu anzusehen. Damit bestehen ausreichend
Anknüpfungspunkte für die sachliche Zuständigkeit der Beigeladenen zu 4.).
56 Als Beigeladene nach §§ 106 Abs. 3 Nr. 6, 75 Abs. 1 u. 2 SGG konnte sie nach Maßgabe des § 75 Abs. 5 SGG
verurteilt werden.
57 Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und orientiert sich am jeweiligen Obsiegen und Unterliegen
der Beteiligten. Die Klägerin drang mit ihrem Begehr zur Anerkennung des Ereignisses vom 20.11.2008 als
Leistungsfall nach dem Recht der gesetzlichen Unfallversicherung durch. Demgegenüber fällt ihr Unterliegen
im Hinblick auf die begehrte Aufhebung der angefochtenen Entscheidungen der Beklagte nur so geringfügig
ins Gewicht, dass hieraus keine Kostenquotelung abzuleiten ist. Neben den Kosten der Klägerin sind auch die
Kosten der Beigeladenen zu 1.) und 2.) zu erstatten, da sie sich durch ihre Antragsstellung selbst in ein
Kostenrisiko begeben haben. Entsprechend sind die außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 3.) nicht
zu erstatten. Die Kosten der Beigeladenen zu 5.) -7.) und der Beklagten sind gem. § 193 Abs. 4 nicht
erstattungsfähig.