Urteil des SozG Oldenburg vom 12.01.2006

SozG Oldenburg: wohnung, haushalt, beihilfe, trennung, radio, familie, auszug, ausstattung, erlass, hauptsache

Sozialgericht Oldenburg
Beschluss vom 12.01.2006 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Oldenburg S 47 AS 1027/05 ER
Die Antragsgegnerin wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller einstweilen ab dem 1.
Januar 2006 Arbeitslosengeld II ohne den Abzug von monatlichen Raten in Höhe von 34,50 EURO, mit welchem ein
mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 gewährtes Darlehn zurückgeführt werden soll, zu gewähren. Im Übrigen wird der
Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung abgelehnt. Die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers sind zu
erstatten.
Gründe:
I.
Die Beteiligten streiten um Art und Umfang von einmaligen Leistungen hinsichtlich der Erstausstattung einer
Wohnung.
Der im Mai 1947 geborene Antragsteller, der türkischer Staatsangehöriger ist, erhielt bis 1995 Arbeitslosengeld und
anschließend bis zum Ende des Jahres 2004 Arbeitslosenhilfe. Eine von ihm beantragte Erwerbsunfähigkeitsrente
wurde abgelehnt. Der Antragsteller war verheiratet. Die Ehe wurde am 6. Juni 2005 geschieden. Aus der Ehe ist ein im
September 1989 geborener Sohn hervorgegangen, der weiter zusammen mit seiner Mutter in der früheren
gemeinsamen Ehewohnung in der G. wohnt. Seit dem 1. Januar 2005 erhält der Antragsteller von der Antragsgegnerin
laufende Leistungen nach dem SGB II.
Nach der Ehescheidung zog der Antragsteller zum 1. Oktober 2005 in eine eigene Wohnung zur Größe von ca. 35 qm
im Dachgeschoss der B. in E ... Im Hinblick auf den Umzug akzeptierte die Antragsgegnerin die vom Antragsteller mit
dem Vermieter vereinbarte Miete und gewährte ihm, mit Bescheid vom 5. Oktober 2005, geändert durch Bescheid
vom 21. November 2005, ein zunächst noch nicht zurückzahlbares Darlehn für die aufzubringende Kaution beim
Vermieter.
Mit Schreiben vom 4. Oktober 2005 beantragte der Antragsteller bei der Antragsgegnerin allgemein die Gewährung
von Leistungen für die "Erstausstattung seiner neuen Wohnung" und führte zur Begründung aus, dass er nach der
Trennung von seiner Familie außer persönlichen Sachen so gut wie nichts an Wohnungsausstattungsgegenständen
habe mitnehmen können. Die Antragsgegnerin veranlasste daraufhin einen Hausbesuch beim Antragsteller durch
einen ihrer Mitarbeiter, der am 30. November 2005 stattfand und worüber dieser unter dem 1. Dezember 2005 einen
Vermerk (Blatt 125 der Verwaltungsvorgänge) fertigte. In diesem Vermerk sind hinsichtlich einer Vielzahl von
Einrichtungsgegenständen unterschiedliche Angaben zum Vorhandensein bzw. Nichtvorhandensein enthalten. Mit
zwei Bescheiden vom 5. Dezember 2005 gewährte daraufhin die Antragsgegnerin dem Antragsteller eine einmalige
Beihilfe für die Erstausstattung folgender Dinge als Darlehn in Höhe von 431,50 EURO: Sofa-/Couchgarnitur,
Wohnzimmerschrank bis 250 cm, Wohnzimmertisch, Küchentisch, zwei Küchenstühle, Einzelbett mit Lattenrost,
Kleiderschrank für das Schlafzimmer, 2- bis 3-türig, zwei Lampen, Matratze. Desweiteren wurde angeordnet, dass
monatlich eine Rate von 34,50 EURO von den laufenden Leistungen nach dem SGB II zur Rückführung des Darlehns
abgezogen werde. Sinngemäß lehnte es die Antragsgegnerin ab, darüber hinausgehende Leistungen zu gewähren.
Dagegen legte der Antragsteller mit Schreiben vom 12. und 21. Dezember sinngemäß Widerspruch ein und führte zur
Begründung aus, dass es nicht richtig sei, die Beihilfe in Form eines Darlehns zu gewähren. Auch sei die Beihilfe in
ihrem Umfang zu gering ausgefallen, denn er benötige noch Leistungen zur Anschaffung folgender fehlender
Einrichtungsgegenstände: zwei weitere Lampen, eine Nachttischlampe, ein Kopfkissen/eine Bettdecke, ein Radio,
zwei Mal Gardinen für zwei Fenster, einen Wäscheständer, eine Garderobe, einen Staubsauger, zwei Garnituren
Bettwäsche (zum Wechseln), zwei große Handtücher, zwei kleine Handtücher, ein Bügeleisen, ein Bügelbrett, eine
Grundausstattung für den Haushalt: Töpfe, Pfanne, Geschirr, Besteck, Putz-utensilien, einen Nachttisch, ein
Fernsehgerät, Übernahme der Transportkosten dieser Gegenstände. Über diesen Widerspruch wurde – soweit
ersichtlich – bislang von der Antragsgegnerin noch nicht entschieden.
Bereits am 28. November 2005 hat sich der Antragsteller an das Sozialgericht Oldenburg mit der Bitte um Gewährung
vorläufigen Rechtsschutzes gewandt. Er macht geltend: Trotz seiner rechtzeitigen Antragstellung am 4. Oktober 2005
habe die Antragsgegnerin zunächst nichts veranlasst. Auch nach dem Hausbesuch vom 30. November 2005 und der
darlehnsweisen Gewährung mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 sei eine Erledigung des Rechtsstreits nicht
eingetreten, da zu Unrecht von seinen laufenden Leistungen ein Ratenbetrag von monatlich 34,50 EURO abgezogen
werde. Auch seien zu Unrecht keine Leistungen für die von ihm im Widerspruch im Einzelnen genannten Gegenstände
gewährt worden. Im Rahmen des sozio-kulturellen Existenzminimums müssten ihm aber die Pauschalbeträge
zuerkannt werden, die bis zum Ende des Jahres 2004 im Rahmen der Leistungen nach dem BSHG von den örtlichen
Trägern der Sozialhilfe zuerkannt worden wären.
Die Antragsgegnerin ist dem Begehren entgegengetreten und macht geltend, dass der Antragsteller nach der
Ehescheidung und dem Auszug aus der ehelichen Wohnung durchaus einen Teil des Hausrates hätte mitnehmen
können. Denn er habe im Scheidungsverfahren angegeben, bereits seit dem Dezember 2003 innerhalb der ehelichen
Wohnung getrennt zu leben.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der Gerichtsakte und der
beigezogenen Verwaltungsvorgänge ergänzend Bezug genommen.
II.
Der zulässige Antrag hat lediglich zum Teil Erfolg. Gemäß § 86 b Abs. 2 Satz 2 SGG kann das Gericht der
Hauptsache auf Antrag eine einstweiligen Anordnung zur Regelung eines vorläufigen Zustandes in Bezug auf ein
streitiges Rechtsverhältnis erlassen, wenn eine solche Regelung zur Abwendung wesentlicher Nachteile nötig
erscheint (sogenannte Regelungsanordnung). Voraussetzung für den Erlass einer einstweiligen Anordnung ist daher
stets, dass sowohl ein Anordnungsgrund (d. h. die Eilbedürftigkeit der Regelung zur Abwendung wesentlicher
Nachteile) und ein Anordnungsanspruch (d. h. die hinreichende Wahrscheinlichkeit eines in der Sache gegebenen
materiellen Leistungsanspruchs) glaubhaft gemacht werden (vgl. § 86 b Abs. 2 Satz 4 SGG i. V. mit § 920 Abs. 2
ZPO). Dabei darf die einstweilige Anordnung des Gerichts wegen des summarischen Charakters dieses Verfahrens
grundsätzlich nicht die endgültige Entscheidung in der Hauptsache vorwegnehmen, weil sonst die Erfordernisse, die
bei einem Hauptsacheverfahren zu beachten sind, umgangen würden. Auch besteht die Gefahr, dass eventuell in
einem Eilverfahren vorläufig, aber zu Unrecht gewährte Leistungen später nach einem Hauptsacheverfahren, dass zu
Lasten des Antragstellers ausginge, nur unter sehr großen Schwierigkeiten erfolgreich wieder zurückgefordert werden
könnten. Daher ist der vorläufige Rechtsschutz nur dann zu gewähren, wenn ohne ihn schwere und unzumutbare,
anders nicht abzuwendende Nachteile entstünden, zur deren Beseitigung eine spätere Entscheidung in der
Hauptsache nicht mehr in der Lage wäre (vgl. BVerfGE 79, 69, 74 m.w.N.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Antragsteller glaubhaft dargetan, dass ihm sowohl ein Anordnungsgrund
als auch ein Anordnungsanspruch darauf zusteht, dass die ihm mit Bescheid vom 5. Dezember 2005 gewährte
Beihilfe in Höhe von 431,50 EURO nicht als rückzahlbares Darlehn, sondern als eine nicht rückzahlbare einmalige
Beihilfe gewährt wird (dazu unter 1.). Hinsichtlich der im Übrigen weiter vom Antragsteller begehrten Leistungen für
weitere Einrichtungsgegenstände fehlt es indessen an der Glaubhaftmachung eines Anordnungsanspruchs, da kein
allgemeiner Anspruch auf pauschalierte Leistungen besteht, sondern die Notwendigkeit von konkreten
Einrichtungsgegenständen glaubhaft dargetan werden muss (dazu unter 2.).
1.Hinsichtlich einer nicht rückzahlbaren Beihilfe in Höhe von 431,50 EURO hat der Antragsteller einen
Anordnungsanspruch glaubhaft dargetan. Grundsätzlich werden durch die regelsatzmäßigen Leistungen nach § 20
SGB II alle einmaligen und laufenden Bedürfnisse zur Sicherung des Lebensunterhalts abgeholten, was insbesondere
die Erwähnung des Hausrats in § 20 Abs. 1 Satz 1 SGB II zeigt. Eine abweichende Erbringung von Leistungen ist
lediglich ausnahmsweise in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB II vorgesehen. Der Antragsteller hat als
Leistungsberechtigter nach den §§ 7 ff. SGB II – wobei das Gericht zu Gunsten des Antragstellers davon ausgeht, er
sei im Besitz einer Niederlassungserlaubnis im Sinne von § 9 Aufenthaltsgesetz i. V. m. § 8 Abs. 2 SGB II –
grundsätzlich Anspruch auf die Leistungen, wie sie in § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II (über die Regelleistungen des
SGB II hinaus) ausdrücklich als Leistungen für die Erstausstattung einer Wohnung einschließlich Haushaltsgeräten
vorgesehen sind. Das Tatbestandsmerkmal "Erstausstattung der Wohnung" ist dabei nicht zeitlich, sondern
bedarfsbezogen zu verstehen (vgl. Lang in: Eicher/Spellbrink, SGB II, München 2005, § 23 Rdn. 97). Daher betrifft die
Regelung nicht nur unmittelbar Einrichtungsgegenstände einer Wohnung wie einen Küchenherd, Kühlschrank,
Küchenschränke etc., sondern daneben auch die Ausstattung mit Betten und Wohnmöbel entsprechend den
personellen Gegebenheiten der Familie des Hilfebedürftigen bzw. der jeweiligen Bedarfsgemeinschaft. Grundsätzlich
können dazu auch die Ausstattung mit den erforderlichen Fußböden, Beleuchtungseinrichtungen, Rollos oder
Vorhängen, Teppiche oder Teppichböden, Tapeten und Farbe sowie der gesamte Hausrat und die
wohnungsbezogenen Gebrauchsgüter gehören, die nach den sozio-kulturellen Gegebenheiten in der Bundesrepublik
Deutschland auch in Bevölkerungskreisen mit geringem Einkommen allgemein üblich sind (vgl. zur Erstausstattung
eines vorhandenen Haushalts anlässlich der Geburt eines Kindes: LSG Rheinland-Pfalz, Beschluss vom 12. Juli 2005
– L 3 ER 45/05 AS – und SG Hamburg, Beschluss vom 23. März 2005 – S 57 AS 125/05 ER -; siehe auch: SG
Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. April 2005 – S 11 AS 25/05 ER -; SG Braunschweig, Beschluss vom 7. März
2005 - S 18 AS 65/05 ER -; SG Magdeburg, Beschluss vom 15. Juni 2005 – S 27 AS 196/05 ER -). Auch bei der
Auflösung eines vorher gemeinsam geführten Haushalts und der nachfolgenden Gründung zweier getrennter Haushalte
durch ein sich trennendes Ehepaar kann ein Bedarf an "Erstausstattung von Wohnraum" im Sinne der Vorschrift
entstehen. Denn bei einer derartigen Trennung eines Haushalts kann eine vollständige Bestückung zweier nunmehr
getrennter Haushalte mit dem notwendigen Grundbedarf an Möbel, Teppichen, Lampen, Haushaltsgeräten und
Geschirr, Haushaltswäsche und Betten etc. in aller Regel mangels einer ausreichenden vorhandenen Masse nicht
möglich sein. Denn nach der allgemeinen Lebenserfahrung werden unbedingt erforderliche Elektrogeräte wie Herd,
Kühlschrank und Waschmaschine - wie auch zahlreiche andere Haushaltsgegenstände – in einem Haushalt stets nur
einmal vorhanden sein. Auch dürfte es nicht immer möglich sein, Betten, Tische und Teppiche ohne Weiteres
aufzuteilen. Die bei einer Trennung zu erwartenden Schwierigkeiten bei der Ausstattung zweier neuer Wohnungen ist
daher vergleichbar mit den in der Gesetzesbegründung (vgl. BT-Drs. 15/15141) zu der gleichlautenden
Anspruchsgrundlage in § 31 Abs. 1 Nr. 1 SGB XII enthaltenen Beispiele der Neugründung eines Haushalts nach
Wohnungsbrand, Erstanmietung nach Haft oder Auszug eines bisher zur Bedarfsgemeinschaft gehörenden, aber
volljährig gewordenen jungen Erwachsenen aus der bisherigen Wohnung (vgl. auch: Hofmann: LPK – SGB II, Baden-
Baden 2005, § 23 Rdn. 22; VG Bremen, Beschluss vom 18. Februar 2005 – S 3 V 187/05 -, SG Gelsenkirchen,
Beschluss vom 11. April 2005 – S 11 AS 25/05 ER -; SG Oldenburg, Urteil vom 19. Dezember 2005 – S 48 AS
742/05 -). Ausgehend von diesen Grundsätzen hat daher die Antragsgegnerin zu Recht mit Bescheid vom 5.
Dezember 2005 dem Kläger Leistungen für die in diesem Bescheid im Einzelnen aufgeführten Gegenstände
zuerkannt, weil diese Gegenstände im Haushalt des Antragstellers nach seinem Auszug aus dem bisherigen
gemeinsamen Haushalt mit seiner ehemaligen Ehefrau fehlten.
Indessen hat die Antragsgegnerin zu Unrecht die in diesem Bescheid genannten Leistungen lediglich darlehnsweise
gewährt und zieht – dementsprechend – gegenwärtig von den laufenden Leistungen Raten zur Rückführung dieses
Darlehns ab. Denn entgegen der Ansicht der Antragsgegnerin sind die Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis
3 SGB II nicht lediglich als Darlehn zu erbringen. Dies ergibt sich – abgesehen vom Sonderfall der Leistungen nach §
23 Abs. 3 Sätze 3 und 4 SGB II – aus Satz 5 der Regelung. Denn dort wird ausdrücklich die Sach- oder Geldleistung
angesprochen, ohne dass die in den Absätzen eins und vier des § 23 SGB II angesprochene Form eines Darlehns
ausdrücklich erwähnt wird. Das Gericht schließt sich daher auf Grund der Systematik der Vorschrift der zum Teil in
der Kommentierung vertretenen Auffassung an, die Leistungen nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nrn. 1 bis 3 SGB II seien
lediglich als verlorener Zuschuss zu gewähren, (vgl. Hofmann in: LPK – SGB II, § 23 Rdn. 20; Lang in:
Eicher/Spellbrink, a.a.O., § 23 Rdn. 93; Behrend in: Schlegel/Voelzke, jurisPK - SGB II, § 23 Rdn. 51). Ausgehend
von diesen Grundsätzen begegnet daher die lediglich darlehnsweise Gewährung der 431,50 EURO im Bescheid vom
5. Dezember 2005 durchgreifenden Bedenken, so dass insoweit dem Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung
stattzugeben war, da der monatliche Abzug der Raten den Antragsteller auch im Sinne eines Anordnungsgrundes über
Gebühr und ohne durchgreifenden Anlass einschränkt.
2. Allerdings hängt der Umfang des Anspruchs nach § 23 Abs. 3 Satz 1 Nr. 1 SGB II von den tatsächlichen
Gegebenheiten ab. Keineswegs kann wegen der Pauschalierungsreglung in Sätzen fünf und sechs der Vorschrift
davon ausgegangen werden, allein bei der Geltendmachung einer abstrakt notwendigen Erstausstattung einer
Wohnung müsse stets – losgelöst von den konkreten Einzelbedürfnissen – ein bestimmter (pauschalierter) Betrag
gewährt werden. Vielmehr kommt es auf die tatsächlichen Notwendigkeiten an, wobei dann dem Leistungsträger auf
Grund der gesetzlichen Regelung es gestattet ist, hinsichtlich einzelner Gegenstände Pauschalen auszuwerfen.
Handelt es sich um den Sonderfall der Erstausstattung einer Wohnung nach Trennung aus einem bereits bestehenden
Haushalt, so liegt es nach Ansicht des erkennenden Richters auf der Hand, dass sich der Antragsteller zunächst vor
der Geltendmachung eines Anspruchs auf Erstausstattung einer Wohnung bei dem Leistungsträger nach dem SGB II
zunächst selbst um eine Teilung des vorhandenen Hausrats sich zu bemühen hat. Diese Obliegenheit folgt aus § 2
Abs. 1 Satz 1 SGB II. Erst danach ist es wegen des Nachranggrundsatzes (vgl. §§ 3 Abs. 3, 9 Abs. 1 SGB II)
gerechtfertigt, dass der Leistungsträger Leistungen aus den allgemeinen Steuermitteln zu Gunsten eines
Hilfesuchenden erbringt. Diese Pflicht zur Selbsthilfe schließt auch ein, dass der Antragsteller zur Durchsetzung
seiner zivilrechtlicher Ansprüche nötigenfalls gerichtlichen Rechtsschutz in Anspruch nimmt (vgl. Berlit in: LPK –
SGB II, § 2 Rdn. 17). Es kommt also durchaus darauf an, ob und in welchem Umfang es dem Antragsteller möglich
bzw. nicht möglich war, bestimmte Einrichtungsgegenstände aus seiner vormaligen gemeinsamen Wohnung
mitzunehmen bzw. diese Ansprüche zeitnah durchzusetzen (vgl. VG Bremen, Beschluss vom 18. Februar 2005
a.a.O., SG Gelsenkirchen, Beschluss vom 11. April 2005 a.a.O.).
Ausgehend von diesen Grundsätzen hat der Antragsteller nicht glaubhaft gemacht, dass er die folgenden
Gegenstände nicht aus der früheren gemeinsamen Wohnung mit seiner ehemaligen Ehefrau hätte mitnehmen können:
eine Nachttischlampe, ein Radio, ein Wäscheständer, eine Garderobe, einen Staubsauger, zwei große Handtücher,
zwei kleine Handtücher, ein Bügeleisen, ein Bügelbrett, eine Grundausstattung für den Haushalt: Töpfe, Pfanne,
Geschirr, Besteck, Putz-utensilien, einen Fernseher. Abgesehen davon, dass vom Antragsteller Leistungen für ein
Radio und ein Bügeleisen nicht beantragt wurden, ergibt sich aus dem Vermerk über den Hausbesuch am 30.
November 2005, dass durchaus die vorgenannten Gegenstände im früheren Haushalt vorhanden waren, so dass nicht
ersichtlich ist, warum der Antragsteller nicht wenigstens einen Teil dieser Gegenstände hat mitnehmen können.
Insbesondere hinsichtlich des Fernsehapparates wurde dort vermerkt, dass die Frau über zwei Fernsehapparate
verfügt; während der Antragsteller in seinem Widerspruch schlicht nur ohne weitere Begründung ausführt, dass ihm
ein Gerät von seiner Familie nicht zur Verfügung gestellt worden sei. Hinsichtlich der übrigen Gegenstände ergibt sich
aus dem vorgenannten Vermerk, dass insoweit ein Bedarf nicht ersichtlich ist. Hinsichtlich der Lampen ist vermerkt,
dass zwei Deckenlampen fehlen und dass dafür Leistungen gewährt wurden. Eine Nachttischlampe gehört nicht zum
sozio-kulturellen Existenzminimum. Auch ist hinsichtlich des Kopfkissens und der Bettdecke vermerkt, dass diese
vorhanden seien; dies gilt ebenso für die Bettwäsche. Hinsichtlich der begehrten Gardinen wurde ausgeführt, dass es
sich um eine Wohnung im Dachgeschoss handele, die nicht einsehbar sei. Daher muss die Überprüfung des Bedarfs
insoweit einem Hauptsacheverfahren vorbehalten bleiben. Gleiches gilt für den begehrten Staubsauger, da die
Wohnung mit einem PVC-Boden ausgestattet ist, der auch feucht gewischt werden kann. Nach dem gegenwärtigen
Erkenntnisstand des Gerichts kann daher nicht davon ausgegangen werden, dem Antragsteller stünde im Sinne eines
Anordnungsanspruchs ein weitergehender Leistungsanspruch, der über die bereits gewährten Leistungen hinausgeht,
zu.
Die Kostenentscheidung beruht auf einer entsprechenden Anwendung von § 193 SGG. Es entspricht der Billigkeit, die
außergerichtlichen Kosten des Antragstellers für erstattungsfähig zu erklären, weil ihm von der Antragsgegnerin zu
Unrecht die zuerkannten Leistungen lediglich als Darlehn gewährt worden sind. Für den Antragsteller ist das Verfahren
gem. § 183 Satz 1 SGG gerichtskostenfrei. -