Urteil des SozG Münster vom 07.04.2003

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Sozialgericht Münster, S 2 KA 88/02
Datum:
07.04.2003
Gericht:
Sozialgericht Münster
Spruchkörper:
2. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 2 KA 88/02
Sachgebiet:
Vertragsarztrecht
Rechtskraft:
nicht rechtskräftig
Tenor:
Die Klage wird abgewiesen. Die Klägerin trägt die Kosten des
Verfahrens und die notwendigen außergerichtlichen Kosten der
Beigeladenen zu 1), 2), 3), 4) und 6).
Tatbestand:
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Die Beteiligten streiten über den Umfang der Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) zur
Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung.
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Der Beigeladene zu 1) ist Facharzt für Radiologie und seit dem 01.07.1987 als Chefarzt
der Radiologischen Abteilung des St. -Hospitals G. tätig. Er war ab diesem Zeitpunkt
ermächtigt, auf Überweisung als Auftragsleistung von niedergelassenen Vertragsärzten
besondere Untersuchungs- und Behandlungsmethoden der Röntgendiagnostik
einschließlich CT-Leistungen durchzuführen. Grundlage für diese Ermächtigung waren
Beschlüsse des Zulassungs- ausschusses der Ärzte und Krankenkassen für den
Regierungsbezirk Münster.
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Der Kreis B. unterliegt seit längerer Zeit einer Zulassungssperre. Radiologische
Schwerpunktpraxen befinden sich in den Städten B. , B. , V. und A ... In A. sind die
Fachärzte für Radiologie Dr. und in einer Gemeinschaftspraxis tätig. In G. befinden sich
acht Röntgenanlagen, die in Vertragsarztpraxen von Fachärzten für innere Medizin,
Chirurgie und Orthopädie betrieben werden.
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Der Beigeladene zu 1) beantragte im Jahre 2001 die Erteilung der Ermächtigung zur
Teilnahme an der vertragsärztlichen Versorgung im bisherigen Umfang über den
30.09.2001 hinaus. In ihren Stellungnahmen zu diesem Antrag befürworteten die
Landesverbände der Krankenkassen die erneute Ermächtigung des Beigeladenen zu 1)
im beantragten Umfang. Nachdem dem Beigeladenen zu 1) zunächst die beantragte
Ermächtigung für die Zeit bis zum 31.12.2001 erteilt worden war, lehnte der
Zulassungsausschuss der Ärzte und Krankenkassen für den Regierungsbezirk M. mit
Beschluss vom 29.11.2001 den Antrag des Beigeladenen zu 1) zur Teilnahme an der
vertragsärztlichen Versorgung für auf Überweisung als Auftragsleistung von
niedergelassenen Vertragsärzten durchzuführende besondere Untersuchungs- und
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Behandlungsmethoden im Rahmen der Röntgendiagnostik einschließlich CT-
Leistungen ab. Begründet wurde diese Entscheidung damit, dass die Versorgungslage
in G. und Umgebung auf dem Gebiet der Radiologie von der in A. niedergelassenen
radiologischen Gemeinschaftspraxis Dr. und sichergestellt sei. Diese Praxis besitze
noch freie Kapazitäten. Da die Praxis Dr. und in unmittelbarer Nähe zum Bahnhof in A.
gelegen sei, könnten Patienten aus G. diese Praxis in maximal 40 Minuten erreichen.
Hierbei handele es sich um eine zumutbare Fahrzeit.
Gegen die Entscheidung des Zulassungsausschusses erhob der Beigeladene zu 1)
Widerspruch. Zur Begründung führte er aus, die Verkehrsverhältnisse hätten sich für die
Bewohner der Stadt A. nicht wesentlich gebessert. Zwar sei zwischenzeitlich eine
Bahnverbindung zwischen G. und A. eingerichtet worden. Es sei jedoch zu
berücksichtigen, dass innerhalb des Gebiets der Stadt G. Entfernungen zum Bahnhof
von bis zu 2,5 Kilometern zurückzulegen seien. Auch könne nicht davon ausgegangen
werden, dass in der Gemeinschaftspraxis Dr. und noch freie Kapazitäten vorhanden
seien. Die Klägerin habe im Westfälischen Ärzteblatt Zeitprofile für ärztliche Leistungen
veröffentlicht. Bei Zugrundelegung der in diesen Zeitprofilen angegebenen
Minimalwerten für die einzelnen radiologischen Untersuchungen könne die
Gemeinschaftspraxis Dr. und aufgrund des sich hieraus ergebenden Auslastungsgrades
den Versorgungsbedarf für das Gebiet der Stadt G. nicht sicherstellen.
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Mit Beschluss vom 07.05.2002 hob der Beklagte die angefochtene Entscheidung des
Zulassungsausschusses auf und ermächtigte den Beigeladenen zu 1) zusätzlich wie
folgt:
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"Auf Überweisung als Auftragsleistung von niedergelassenen Vertragsärzten:
Durchführung besonderer Untersuchungs- und Behandlungsmethoden im Rahmen der
Röntgendiagnostik einschließlich CT-Leistungen."
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Zur Begründung seiner Entscheidung führte der Beklagte aus, für den nördlichen Teil
des Kreises B. könne eine ausreichende Versorgung durch die Gemeinschaftspraxis Dr.
und nicht sichergestellt werden. Für die im Raum G. wohnhaften Patienten sei diese
Gemeinschaftspraxis in A. nicht in angemessener Zeit zu erreichen. Als zumutbar sei
eine Wegezeit von 40 Minuten anzusehen. Im Falle der Benutzung eines Busses für die
Fahrt von G. nach A. sei von einer reinen Fahrzeit von 36 Minuten auszugehen. Mit den
zu dieser Fahrzeit hinzuzurechnenden Wege- und Wartezeiten würde die zumutbare
Wegezeit von 40 Minuten deutlich überschritten. Auch die Benutzung der im
Stundentakt verkehrenden Regionalbahn sei mit nicht zumutbaren Wegezeiten
verbunden. Im Einzelfall seien Wege bis zum Bahnhof von bis zu 3 Kilometern
zurückzulegen. Unter Berücksichtigung zusätzlicher Wartezeiten betrage im Falle der
Benutzung der Regionalbahn der Zeitaufwand für die Fahrt nach A. ebenfalls mehr als
40 Minuten. Es sei außerdem davon auszugehen, dass in der Gemeinschaftspraxis Dr.
und der mit dem Wegfall der Ermächtigung entstehende zusätzliche Bedarf nicht
bewältigt werden könne. Unter Zugrundelegung der zeitlichen Vorgaben in der Liste der
Zeitprofile für ärztliche Leistungen des einheitlichen Bewertungsmaßstabs EBM sei
nicht zu erkennen, dass in dieser Praxis noch freie Kapazitäten vorhanden seien.
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Gegen den am 14.06.2002 zugestellten Beschluss vom 07.05.2002 hat die Klägerin am
09.07.2002 Klage erhoben, mit der die Aufhebung dieser Entscheidung insoweit begehrt
wird, als der Beigeladene zu 1) ermächtigt worden ist, auf Überweisung als
Auftragsleistung von niedergelassenen Vertragsärzten Mammo- graphien und CT-
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Leistungen durchzuführen. Zur Begründung macht die Klägerin geltend, die im Streit
stehenden Leistungen könnten durch die Praxis Dr. und in Ahaus erbracht werden. Für
in G. wohnende Patienten sei diese Praxis nach Einrichtung einer Bahnverbindung
zwischen G. und A. nunmehr in zumutbarer Zeit zu erreichen. Außerdem sei zu
berücksichtigen, dass die streitigen Leistungen der Mammadiagnostik sowie der CT-
Untersuchungen nicht so häufig indiziert seien, als dass nicht eine längere Anreise
zumutbar sei. Im übrigen seien diese Untersuchungen planbar, sodass Wartezeiten
vermieden werden könnten. Entgegen der Annahme des Beklagten sei auch davon
auszugehen, dass noch freie Kapazitäten in der Gemeinschaftspraxis Dr. und
vorhanden seien. Die Entscheidung des Beklagten über die Erteilung einer
Ermächtigung sei beurteilungsfehlerhaft. Der Beklagte habe den Sachverhalt nicht
vollständig ermittelt, soweit es um die Fahrzeit gehe. Hinsichtlich der Beurteilung des
Auslastungsgrads der Gemeinschaftspraxis Dr. und habe der Beklagte zu Unrecht die
vom Beigeladenen zu 1) vorgelegten Zeitprofile zugrundegelegt.
Die Klägerin beantragt,
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den Beschluss des Berufungsausschusses der Ärzte und Krankenkassen Westfalen-
Lippe vom 07.05.2002 insoweit aufzuheben, als der Bei- geladene zu 1) ermächtigt
worden ist, auf Überweisung als Auftragsleistung von niedergelassenen Vertragsärzten
Mammographien und CT-Leistungen durchzuführen.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
14
Zur Begründung verweist er auf die Ausführungen im angefochtenen Beschluss.
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Der Beigeladene zu 1) beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er macht geltend, der Beklagte sei zu Recht davon ausgegangen, dass durch die
Gemeinschaftspraxis Dr. und in A. die Versorgung für das Gebiet der Stadt G. nicht
sichergestellt werden könne. Die vom Beklagten vorgenommene Beurteilung
hinsichtlich der mit einer Behandlung in dieser Praxis verbundenen Wegezeiten sei
nicht beurteilungsfehlerhaft. Die vom Beklagten als zumutbar angesehene Wegezeit von
40 Minuten würde auch bei Benutzung der Regionalbahn erheblich überschritten. Es
seien nämlich auch die Wegezeiten vom und zum Bahnhof sowie anfallende
Wartezeiten zu berücksichtigen. Bei den streitigen Leistungen handele es sich entgegen
der Auffassung der Klägerin auch nicht um Leistungen der Spitzenversorgung. Da die
Ausführungen des Beklagten zu den Fahrzeiten bereits die angefochtene Entscheidung
tragen würden, komme es auf freie Kapazitäten in der Gemeinschaftspraxis Dr. und nicht
an.
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Die Beigeladenen zu 2), 3), 4) und 6) schließen sich dem Antrag des Beklagten an.
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Die Kammer hat eine Auskunft des Bürgermeisters der Stadt G. zu den
Verkehrsverbindungen zwischen G. und A. eingeholt. Hinsichtlich des Inhalts dieser
Auskunft wird auf Blatt 72 bis 74 der Gerichtsakte Bezug genommen.
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Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf den Inhalt der
Gerichtsakte und auf die beigezogenen Verwaltungsvorgänge des Beklagten
verwiesen. Diese Unterlagen sind Gegenstand der mündlichen Verhandlung vom
07.04.2003 gewesen.
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Entscheidungsgründe:
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Die Kammer konnte den Rechtsstreit in der mündlichen Verhandlung vom 07.04.2003
verhandeln und entscheiden, obwohl die Beigeladenen zu 5) und 7) in diesem Termin
nicht vertreten waren. Die Beigeladenen zu 5) und 7) sind nämlich auf diese Möglichkeit
in den ordnungsgemäß zugestellten Terminsmitteilungen hingewiesen worden.
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Die Anfechtungsklage ist zulässig. Die Klägerin ist insbesondere befugt, die
Entscheidung des Beklagten anzufechten. Die materielle Beschwer der Klägerin ist
gegeben. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom 17.11.1999,
B 6 KA 16/99 R) sind kassenärztliche Vereinigungen aufgrund des in § 75 Abs. 1 SGB V
geregelten Sicherstellungsauftrags befugt, unabhängig vom Nachweis einer konkreten
Beschwer im Einzelfall oder eines konkreten rechtlichen Interesses Entscheidungen der
Zulassungs- und Berufungsausschüsse anzufechten.
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Die Klage ist jedoch nicht begründet. Die angefochtene Entscheidung ist rechtmäßig.
Rechtsgrundlage für die Ermächtigung des Beigeladenen zu 1) ist § 116 Satz 2 SGB V
i.V.m. § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV. Nach diesen Vorschriften ist ein Krankenhausarzt mit
abgeschlossener Weiterbildung mit Zustimmung des Krankenhauses zur Teilnahme an
der vertragsärztlichen Versorgung der Versicherten zu ermächtigen, soweit und solange
deren ausreichende ärztliche Versorgung ohne die besonderen Untersuchungs- und
Behandlungsmethoden oder Kenntnisse von hierfür geeigneten Krankenhausärzten
nicht sichergestellt ist.
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Ob das Leistungsangebot der niedergelassenen Vertragsärzte Versorgungslücken
aufweist, die nur durch die Ermächtigung eines Krankenhausarztes geschlossen
werden können, ist sowohl unter dem Gesichtspunkt des quantitativ-allgemeinen als
auch des qualitativ-speziellen Bedarfs zu prüfen. Ein quantitativ-allgemeiner Bedarf ist
gegeben, wenn die Zahl der niedergelassenen Vertragsärzte zur Versorgung der
Versicherten in der Region nicht ausreicht oder die Nachfrage nach bestimmten
ärztlichen Leistungen das Angebot der niedergelassenen Ärzte überschreitet. In diesem
Zusammenhang sind eine Reihe von Faktoren wie z.B. Anzahl der Ärzte,
Krankenhausversorgung, Bevölkerungsdichte, Verkehrsverbindungen oder Art und
Umfang der Nachfrage zu berücksichtigen (vgl. Hencke im Peters, Handbuch der
Krankenversicherung, 47. Ergänzungslieferung, § 116 Rdnr. 7 mit weiteren Nachweisen
auf die Rechtsprechung des Bundessozialgerichts).
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Den Zulassungsgremien steht für die Ermittlung des Bedarfs nach § 116 Satz 2 SGB V
i.V.m. § 31a Abs. 1 Ärzte-ZV ein von den Gerichten nur eingeschränkt überprüfbarer
Beurteilungsspielraum zu (Bundessozialgericht, Urteil vom 22.06.1994, Az.: 6 RKa
22/93). Ob und inwieweit eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten
durch die niedergelassenen Vertragsärzte gewährleistet ist, können auch die
fachkundigen und ortsnahen Zulassungsgremien oft nur ungefähr sagen. Es müssen
daher alle Entscheidungen der Zulassungsinstanzen, die sich im Rahmen der
ungefähren Richtigkeit halten, als rechtmäßig angesehen werden. Der Gesetzgeber hat
durch die Regelungen über die Besetzung der Zulassungs- und Berufungsausschüsse
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zu erkennen gegeben, dass er die Entscheidung innerhalb des vorgegebenen
rechtlichen Rahmens denjenigen anvertraut, die es angeht, also den Krankenkassen
und den Vertragsärzten. Die gerichtliche Kontrolle beschränkt sich deshalb darauf, ob
der Verwaltungsent- scheidung ein richtig und vollständig ermittelter Sachverhalt
zugrunde liegt, ob die Verwaltung die durch Auslegung des unbestimmten
Rechtsbegriffs gegebenen Grenzen eingehalten hat und ob sie ihre
Subsumtionserwägungen so verdeutlicht hat, dass im Rahmen des Möglichen die
zutreffende Anwendung der Beurteilungsmaßstäbe erkennbar und nachvollziehbar ist
(Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen, Urteil vom 21.05.1997, Az.: L 11 Ka 198/96).
Diesen Anforderungen wird der angefochtene Bescheid gerecht.
Der Beklagte war zunächst befugt, bei der Entscheidung über die Erteilung der
Ermächtigung die Verkehrsverbindungen und die Fahrzeiten für die Fahrt von G. nach
A. zu berücksichtigen. Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (Urteil vom
06.06.1984, Az.: 6 RKa 20/83) sind nämlich Verkehrsverbindungen ein Kriterium, das
bei der Beurteilung der Frage, ob die Ermächtigung eines Krankenhausarztes
notwendig ist, um eine ausreichende ärztliche Versorgung der Versicherten zu
gewährleisten, zu berücksichtigen ist. Nach Auffassung der Kammer ist der Beklagte bei
seiner Entscheidung weiterhin zu Recht davon ausgegangen, dass eine Fahrzeit mit
öffentlichen Verkehrsmitteln von 40 Minuten für die Zurücklegung der Strecke zwischen
G. und A. für einen Versicherten zumutbar ist. Zwar handelt es sich bei der
Mammographie und den CT-Leistungen entgegen der Auffassung der Klägerin nicht um
Leistungen der Spitzenversorgung. Es ist jedoch zu berücksichtigen, dass es sich beim
Kreis B. um einen ländlich strukturierten Bereich handelt, in dem zwangsläufig höhere
Fahrzeiten als in städtischen Ballungsgebieten anfallen. Den Besonderheiten eines
ländlichen Raums hat der Beklagte mit der Annahme einer zumutbaren Fahrzeit von 40
Minuten ausreichend Rechnung getragen. Von einer solchen Fahrzeit geht im übrigen
auch die Klägerin aus.
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Die von der Kammer durchgeführten Ermittlungen haben außerdem ergeben, dass der
Beklagte bei seiner Entscheidung von einem richtigen und vollständigen Sachverhalt
hinsichtlich der anfallenden Fahrzeiten mit öffentlichen Verkehrsmitteln im Falle einer
Untersuchung eines Versicherten in der Gemeinschaftspraxis Dr. und ausgegangen ist.
Nach der von der Kammer eingeholten Auskunft des Bürgermeisters der Stadt G. gibt es
auf der Strecke zwischen G. und A. zwei Busverbindungen und eine Zugverbindung.
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Bei der Benutzung der Buslinien 781 und 783 beträgt die reine Fahrzeit von der
Haltestelle G. , Bahnhof bis zur Haltestelle A. , Bahnhof 36 Minuten. Da zu dieser reinen
Fahrzeit noch die Wegstrecke zur radiologischen Gemeinschaftspraxis in A. und der
Weg von der Wohnung zur Bushaltestelle einschließlich der erforderlichen Wartezeit
hinzuzurechnen ist, ist es für Patienten aus dem nördlichen Stadtgebiet von G. nicht
möglich, innerhalb von 40 Minuten die Gemeinschaftspraxis Dr. und zu erreichen. Selbst
wenn man die Fahrzeit von der Bushaltestelle G. , zugrunde legt, wird ebenfalls die
maßgebliche Grenze von 40 Minuten überschritten. Die reine Fahrzeit von dieser
Haltestelle bis zur Haltestelle A. , Bahnhof beträgt 30 Minuten. Dieser reinen Fahrzeit
sind jedoch noch die Zeiten für die Wege von der Wohnung zur Bushaltestelle und von
der Bushaltestelle in A. zur radiologischen Praxis hinzuzurechnen. Die Ausgestaltung
der Busverbindungen hat zurfolge, dass die Einwohner des Ortsteils G. nicht in der Lage
sind, innerhalb von 40 Minuten die radiolo- gische Praxis in Ahaus zu erreichen.
Unerheblich ist in diesem Zusammenhang, dass möglicherweise Einwohner des
Ortsteils E. diese Wegstrecke in weniger als 40 Minuten aufgrund der verkürzten
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Fahrzeit des Busses zurücklegen können. Bei seiner Entscheidung hat der Beklagte zu
Recht auf das nördliche Gebiet der Stadt G. abgestellt. Bei der Entscheidung über die
Erteilung einer Ermächtigung kann nämlich nicht zwischen einzelnen Stadtteilen der
Stadt G. differenziert werden, da entscheidend ist, ob ohne die Ermächtigung für das
gesamte Stadtgebiet eine ausreichende ärztliche Versorgung gewährleistet ist.
Der Beklagte ist auch zutreffend davon ausgegangen, dass die Strecke von G. nach A.
auch mit der Regionalbahn 51 nicht innerhalb von 40 Minuten zurückgelegt werden
kann. Die reine Fahrzeit für diese Strecke beträgt 18 Minuten. Zu dieser reinen Fahrzeit
sind jedoch noch Wartezeiten am Bahnhof und die Zeiten für die Zurücklegung der
Wegstrecken von der Wohnung zum Bahnhof in G. und vom Bahnhof A. zur
radiologischen Praxis Dr. und hinzuzurechnen. Dabei ist zu berücksichtigen, dass nach
der von der Kammer eingeholten Auskunft die Fahrpläne der Buslinien nicht auf die
Abfahrtszeiten der Regionalbahn abgestimmt sind. Dies hat zur Folge, dass Versicherte
entweder den Weg zum Bahnhof zu Fuß zurücklegen müssen oder im Falle der
Benutzung eines Busses am Bahnhof erhöhte Wartezeiten in Kauf nehmen müssen. Der
Beklagte ist daher zu Recht davon ausgegangen, dass aufgrund der
Verkehrsanbindungen der Stadt G. es für Versicherte aus dem Stadtgebiet G. nicht
möglich ist, die radiologische Gemeinschaftspraxis Dr. und in A. innerhalb von 40
Minuten zu erreichen. Da der Beklagte bei der Erteilung der Ermächtigung für den
Beigeladenen zu 1) von einem zutreffenden Sachverhalt ausgegangen ist und in der
angefochtenen Entscheidung die maßgeblichen Subsumtionserwägungen hinreichend
verdeutlicht hat, ist die angefochtene Entscheidung als rechtmäßig anzusehen.
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Die von der Klägerin im Klageverfahren geltend gemachten weiteren Einwendungen
sind unerheblich. Für die Frage der Zumutbarkeit der Fahrzeit kann nicht auf die
Häufigkeit der Indikation für eine Untersuchung abgestellt werden, da eine einheitliche
Betrachtung für sämtliche radiologische Leistungen insoweit geboten ist. Eine
Differenzierung bei der zumutbaren Fahrzeit nach der Häufigkeit der Inanspruchnahme
einer Leistung ist nicht zulässig. Entgegen der Auffassung der Klägerin sind die im Streit
befindlichen Leistungen auch nicht in jedem Fall planbar. Insbesondere in den Fällen, in
denen die vorgesehene Untersuchung zur Abklärung eines verdächtigen Befunds
erforderlich ist, kann von einer Planbarkeit der Untersuchung keine Rede sein. Zudem
ändert eine mögliche Planbarkeit des Zeitpunkts der Durchführung der Untersuchung
nichts an den Fahrzeiten.
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Der Frage, ob in der Gemeinschaftspraxis Dr. und noch freie Kapazitäten vorhanden
sind, brauchte die Kammer nicht nachzugehen. Diese Frage erlangt nämlich erst dann
Bedeutung, wenn den Versicherten aus der Stadt G. aufgrund der örtlichen
Verkehrsverhältnisse die Behandlung in dieser Praxis zumutbar wäre. Dies ist jedoch
nicht der Fall.
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Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a Abs. 1 SGG. Da die Klage keinen Erfolg
hatte, hat die Klägerin nach § 154 Abs. 1 VwGO die Kosten des Verfahrens zu tragen.
Weiterhin ist die Klägerin verpflichtet, die Kosten der Beigeladenen zu 1) bis 4) und 6)
zu übernehmen. Nach § 197a Abs. 1 Satz 1 SGG findet auch § 162 Abs. 3 VwGO
Anwendung. Nach dieser Vorschrift sind die außergerichtlichen Kosten eines
Beigeladenen erstattungsfähig, wenn sie das Gericht aus Billigkeit der unterliegenden
Partei auferlegt. Eine Übernahme der Kosten eines Beigeladenen durch die
unterliegende Partei entspricht dann der Billigkeit, wenn der Beigeladene erfolgreich
Anträge gestellt hat, da sich in diesem Fall der Beigeladene mit der Antragstellung dem
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Risiko der Kostentragung nach § 154 Abs. 3 VwGO ausgesetzt hat (Redeker/von
Oertzen, Verwaltungsge- richtsordnung, 13. Auflage, § 162 Rdnr. 15).