Urteil des SozG Münster vom 30.01.2003

SozG Münster: direktversicherung, einkünfte, arbeitslohn, einkommensgrenze, geburt, arbeitsentgelt, pauschalsteuer, veranlagung, versicherungsnehmer, kopie

Sozialgericht Münster, S 8 EG 30/02
Datum:
30.01.2003
Gericht:
Sozialgericht Münster
Spruchkörper:
8. Kammer
Entscheidungsart:
Urteil
Aktenzeichen:
S 8 EG 30/02
Sachgebiet:
Kindergeld-/Erziehungsgeldrecht
Rechtskraft:
rechtskräftig
Tenor:
Die Beklagte wird unter Abänderung des Bescheides vom 10.05.2002 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2002 verurteilt, der
Klägerin für die Erziehung des Kindes T, geboren am 00.00.2002, vom
1. bis 6. Lebensmonat einschließlich, Erziehungsgeld nach Maßgabe
des BerzGG zu gewähren und darüber einen neuen Bescheid zu
erteilen. Der Beklagte trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen
Kosten der Klägerin.
Tatbestand:
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Streitig ist die Gewährung von Erziehungsgeld an die Klägerin für die Erziehung ihrer
am 00.00.2002 geborenen Tochter T in den ersten sechs Lebensmonaten und dabei
insbesondere die Berücksichtigung der Beiträge zu einer Direktversicherung bei der
Ermittlung der elterlichen Einkommensverhältnisse im Geburtsjahr des Kindes.
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Die Klägerin selbst ist am 00.00.1968 geboren und von Beruf M, ihr 1967 geborener
Ehegatte ist als "D" bei der X GmbH in U beschäftigt. Nach Geburt des ersten Kindes,
des Sohnes W im Jahr 2000, brachte die Klägerin am 00.00.2002 die Tochter T zur
Welt. Sie beantragte am 06.05.2002 die Gewährung von Erziehungsgeld für die
Erziehung dieses Kindes im ersten Lebensjahr. Beigefügt hatte sie eine Erklärung ihrer
gesetzlichen Krankenversicherung, der Barmer Ersatzkasse (BEK) , vom 25.03.2002,
wonach Mutterschaftsgeld fortlaufend bis zum 28.04.2002 mit einem kalendertäglichen
Zahlbetrag von 13,- EURO gewährt wurde. Hinsichtlich der Einkommensverhältnisse
fügte sie eine Bescheinigung des Arbeitgebers ihres Ehegatten, der Firma X GmbH und
Co. KG in U, vom 26.03.2002 bei. Danach bezog der Ehegatte im ersten Quartal des
Jahres 2002 regelmäßig ein Bruttoentgelt in Höhe von monatlich 5627,87 EURO. An
voraussichtlichen Werbungskosten gab der Ehegatte für Fahrten zwischen der
Wohnung in N und dem Arbeitsplatz in U einen Betrag für das Kalenderjahr 2002 in
Höhe von 1848,- EURO an. Darüber hinaus fügte die Klägerin noch einen Bescheid des
Finanzamtes I über Einkommensteuer, Solidaritätszuschlag und Kirchensteuer der
Eheleute im Jahre 1999 an ihrem damaligen Wohnort I bei.
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Der Beklagte lehnte den Antrag auf Gewährung von Erziehungsgeld für die Tochter T
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mit Bescheid vom 10.05.2002 ab. Zur Begründung führte er aus, dass unter
Berücksichtigung des voraussichtlichen Einkommens der Eheleute im Kalenderjahr der
Geburt des Kindes, d. h. im Jahr 2002, die maßgeblichen Einkommensgrenzen für
verheiratete Eltern überschritten seien. Angesichts des Überschreitens der
Ausschlussgrenze bestehe kein Anspruch auf Erziehungsgeld für den gesamten
beantragten Zeitraum des ersten Lebensjahres der Tochter T. Im übrigen fügte die
Beklagte noch eine Berechnung hinsichtlich der Einkommensgrenze und des
anzurechnenden Einkommens bei, wonach nach Abzug anzuerkennender
Werbungskosten und gesetzlichem Pauschalabzug ein anzurechnendes Einkommen in
Höhe von 54.418,58 EURO erzielt worden, die konkret rechnerisch maßgebende
Einkommensgrenze in Höhe von 53.927,- EURO mithin um annähernd 500,- EURO
überstiegen sei.
Mit dem dagegen am 03.06.2002 bei dem Beklagten eingegangenen Widerspruch rügte
die Klägerin, dass bei der Berechnung des anzurechnenden Einkommens nicht
berücksichtigt worden sei, dass die steuerpflichtigen Sonderzuwendungen um den
Betrag der Prämien für eine von der Arbeitgeberin des Ehegatten abgeschlossene
Direktversicherung zu mindern seien. Sie fügte eine Kopie des Versicherungsvertrages
mit der Q-Versicherung über eine Direktversicherung, datiert vom 00.00.2001, bei.
Danach ist Versicherungsnehmer die Arbeitgeberin, die X GmbH & Co., die versicherte
Person der Ehegatte der Klägerin. Als Gesamtbeitrag wurde pro Kalenderjahr eine
Summe von 3480,- DM eingesetzt. Mit Bescheinigung der X aus U vom 29.05.2002
wurde im übrigen bestätigt, dass eine Direktversicherung mit einem
Versicherungsbeitrag in Höhe von nunmehr 1742,- EURO zugunsten des Ehegatten der
Klägerin besteht. Die Pauschalsteuer in Höhe von 392,07 EURO gehe dabei zu Lasten
des Ehegatten der Klägerin. Nach Überprüfung erteilte der Beklagte am 31.07.2002
einen ebenfalls abschlägigen Widerspruchsbescheid und wies den Rechtsbehelf der
Klägerin als unbegründet zurück. Wegen der Einzelheiten der Begründung wird auf den
aktenkundigen Widerspruchsbescheid vom 31.07.2002 verwiesen.
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Dagegen richtet sich die am 14.08.2002 bei dem Sozialgericht Münster anhängig
gemachte Klage. Zur Begründung wiederholt und vertieft die Klägerin ihr Vorbringen
aus dem Widerspruchsverfahren. Insbesondere rügt sie, die Berechnung der
maßgeblichen Einkommensgrenze ohne Berücksichtigung der bestehenden
Direktversicherung zugunsten ihres Ehegatten sei falsch. Sie bezieht sich auf die
Vorschrift des § 40 b Einkommensteuergesetz (EStG). Danach ist einem Arbeitnehmer
ein pauschaler Steuersatz von 20% für die Lohnsteuer bei Direktversicherungen
garantiert. Der Höchstbetrag beläuft sich nach § 40 b Abs. 2 EStG auf 1752,- EURO.
Durch Versteuerung sei dieser Teil des Arbeitslohnes nicht mehr der normalen
Lohnbesteuerung unterworfen, was aus § 40 b Abs. 4 EStG i. V. m. § 40 Abs. 3,
insbesondere S. 3, EStG folge. Danach verbleibe pauschalbesteuerter Arbeitslohn bei
einer Veranlagung zur Einkommensteuer außer Ansatz. Mithin lägen keine Einkünfte
aus nicht selbständiger Arbeit im Sinne vom § 19 EStG vor, es handele sich
demgemäss auch nicht um Einkünfte im Sinne von § 2 Abs. 1 u. 2 EStG. Arbeitslohn
und Einkünfte seien jedenfalls nicht gleichzusetzen. Direktversicherungen gehörten
zwar zum Arbeitslohn eines Arbeitnehmers, seien allerdings nicht als Bestandteil der
Einkünfte im Sinne von § 19 EStG anzusehen. Wegen der Besonderheit der
steuerrechtlichen Behandlung nach § 40 b EStG i. V. m. § 40 Abs. 3 EStG und da es
sich bei den Beiträgen für die Direktversicherung nicht um Einkünfte im Sinne von § 2
EstG handele, seien diese Beiträge auch nicht zur Bestimmung der Einkommensgrenze
nach § 6 des Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) heranzuziehen. Im übrigen
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verweist die Klägerin noch auf Einkommensteuerrichtlinien und ergänzend
steuerrechtliche Kommentierungen mit Privilegierung pauschal erhobener Steuern im
bestimmten Leistungsgesetzen insbesondere bei der Wohnungsbauförderung.
Die Klägerin beantragt,
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den Beklagten unter Aufhebung bzw. Abänderung des Bescheides vom 10.05.2002 in
der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 31.07.2002 zu verurteilen, ihr für die
Erziehung des Kindes T, geboren 00.00.2002, Erziehungsgeld nach Maßgabe des
Bundeserziehungsgeldgesetzes (BErzGG) für die ersten 6 Lebensmonate zu gewähren.
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Der Beklagte beantragt,
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die Klage abzuweisen.
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Er bezieht sich auf den Inhalt seiner angefochtenen Verwaltungsentscheidung. Darüber
hinaus legt er im einzelnen dar, welche Beträge nach den gesetzlichen Regelungen des
§ 6 Abs. 1, Abs. 2, BErzGG tatsächlich abzuziehen seien. Die Beiträge zu
Direktversicherungen könnten jedenfalls nicht im Rahmen der
Erziehungsgeldberechnung unberücksichtigt bleiben. Er ist der Auffassung, dass die
Ermittlung des Einkommens zunächst vom Bruttoeinkommen her zu geschehen habe,
anschließend die gesetzlich zulässigen Abzüge vorzunehmen seien und nach der
Aufzählung der abzusetzenden Beträge in § 6 Abs. 1 BERzG eine abschließende
Regelung ohne Zulassung weiterer Abzüge vorliege. Im übrigen führt der Beklagte noch
erweiternd zu Sinn und Zweck der gesetzlichen Regelung sowie Typisierung im
Rahmen massenhafter Verwaltungsverfahren aus.
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Das Gericht hat die Verwaltungsakten des Beklagten beigezogen und den Beteiligten
u.a. ein Urteil des Bundesfinanzhofes (BFH) vom 13.01.1989, Az.: VI R 66/87, sowie im
Termin zur mündlichen Verhandlung Kopien einer Entscheidung des
Bundessozialgerichts (BSG) vom 21.08.1997, Az.: 12 R K 44/96 zur Kenntnis und
Auswertung übermittelt. Die Klägerin legte noch Kopien der vom Arbeitgeber
ausgefüllten Lohnsteuerkarte ihres Ehegatten für das Jahr 2002 vor.
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Wegen des Sach- und Streitstandes im übrigen wird auf den Inhalt der Verwaltungsakte
des Beklagten sowie dieser Gerichtsakte, der Gegenstand der mündlichen
Verhandlung, Beratung und Entscheidungsfindung der Kammer war, im vollem Umfang
Bezug genommen.
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Entscheidungsgründe:
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Die zulässige Klage ist im tenorierten Umfang begründet. Die Klägerin hat Anspruch auf
Gewährung von Erziehungsgeld für die Erziehung ihrer am 00.00.2002 geborene
Tochter T in den ersten 6 Lebensmonaten dieses Kindes nach Maßgabe der
gesetzlichen Bestimmungen des BErzGG. Die angefochtene Ablehnungsentscheidung
des Beklagten, Bescheid vom 10.05.2002/Widerspruchsbescheid vom 31.07.2002 war
demgemäss wie geschehen aufzuheben bzw. abzuändern gewesen.
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Maßgeblich ist zur Überzeugung des Gerichts hier von der steuerrechtlichen Bewertung
der Beiträge zu einer arbeitnehmerbegünstigenden Direktversicherung, Zahlung durch
den Arbeitgeber zugunsten eines Arbeitnehmers als versicherter und begünstigter
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Person, auszugehen. Diese Direktversicherungsbeiträge unterfallen der
Sonderregelung über die Pauschbesteuerung nach § 40 b EStG. Mit der 20%-igen
pauschalen Versteuerung sind in soweit die steuerrechtlichen Verpflichtungen aus der
zugunsten von Arbeitnehmern bestehenden Direktversicherung gegenüber dem Fiskus
erfüllt. Insoweit ist es im Sinne einer unzulässigen Doppelverwertung bzw.
Mehrfachbesteuerung nicht erlaubt, zu Lasten entsprechend begünstigter Arbeitnehmer
bei der Einkommensermittlung gem. §§ 5, 6 Abs. 1, Abs. 2 BErzzG die
Direktversicherungsprämien des Arbeitgebers zugunsten des für den Arbeitnehmer
abgeschlossenen Direktversicherungsvertrages nochmals dem Bruttoeinkommen zu
zurechnen, denn diese Beiträge sind mit der 20%igen Abgeltungssteuer bereits
außerhalb des § 2 Abs. 1, Abs. 2 EStG zu beurteilen.
In tatsächlicher Hinsicht spricht hierfür zur Überzeugung der Kammer Inhalt der, in Kopie
von der Klägerin vorgelegten, ausgefüllten Lohnsteuerbescheinigung 2002 der
Arbeitgeberin des Ehegatten der Klägerin, der X GmbH & Co. KG aus U. In der
Lohnsteuerbescheinigung für das zuständige Finanzamt N-Innenstadt wird vom
Arbeitgeber für den Zeitraum vom 01.01.2002 bis 31.12.2002 ein Brutto-Arbeitslohn in
Höhe von 73.948,42 EURO angegeben. Umstände, diese Lohnsteuerbescheinigung
des Arbeitgebers für die Durchführung u.a. des Lohnsteuerjahresausgleiches für das
Kalenderjahr 2002 als unzutreffend anzusehen bzw. tatsächlich in Frage zu stellen, sind
für die Kammer insgesamt nicht ersichtlich. Die Entscheidung der Finanzverwaltung im
Rahmen des Kohnsteuerjahresausgleichs 2002 war nicht abzuwarten, da kein Anhalt
für Falschangaben der Arbeitgeberin zu erblicken ist. Im übrigen gilt bei der generellen
Bewertung der in der o.g. Summe nicht enthaltenen Direktversicherungsbeiträge für das
Jahr 2002 durch die Finanzverwaltung auch § 40 Abs. 3 S. 3 EStG , wonach sowohl
pauschal besteuerter Arbeitslohn als auch die pauschale Lohnsteuer bei der
Veranlagung zur Einkommensteuer und beim Lohnsteuer-Jahresausgleich eben außer
Betracht bleiben. Darüber hinaus liegt zu diesem Fragekomplex auch aussagekräftige
Rechtsprechung vor. Insoweit hat das Gericht nämlich u.a. die Entscheidung des
Bundesfinanzhofs (BFH) vom 13.01.1989, Az.: VI R 66/87 bei seiner
Überzeugungsbildung herangezogen. Eine dem Gesetz entsprechende Pauschalierung
bei der Versteuerung der zum Arbeitslohn im Sinne von § 40 a EStG zählenden
Einkünfte aus dem Dienstverhältnis ist danach grundsätzlich auch für einmalige oder
mehrmalige Sonderzahlungen wie z. B. für Versicherungsbeiträge eröffnet. Die
Übernahme der Versicherungsbeiträge durch den Arbeitgeber für einen beschäftigten
Arbeitnehmer stellt ein Arbeitsentgelt für die ganzjährige Arbeitsleistung dar. Bei der
Ermittlung des Einkommens sind dementsprechend auch Direktversicherungsbeiträge
steuerrechtlich grundsätzlich zu berücksichtigen und können in Konsequenz dazu
führen, dass die Lohngrenze für Teilzeitbeschäftigte mit zulässiger
Pauschalbesteuerung der gesamten Einkünfte nach § 40 a EStG überschritten wird.
Dies wäre eine Konstellation, in der nach §§ 40 ff EStG pauschal versteuerte Einkünfte
zu den berücksichtigungsfähigen Einnahmen i.S.v. § 6 BErZGG zu zählen wären, vgl.
dazu auch Pauli in )Hambüchen (Hrsg.),Kindergeld/Erziehungsgeld/Elternzeit,
Kommentar, Loseblatt, Stand der 26. Lieferung August 2002, zu § 6 BerzGG, Rdnr. 28.
Daraus folgt andererseits jedoch nicht, dass Direktversicherungsbeiträge zugleich auch
zu versteuerndes Einkommen im Sinne des § 2 Abs. 1, Abs. 2 EStG darstellen würden.
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Nach dem Wesen der Direktversicherung gilt, dass es sich dabei um eine
Lebensversicherung auf das Leben des Versicherten, regelmäßig des Arbeitnehmers,
handelt. Diese Versicherung wird vom Arbeitgeber als förmlichem
Versicherungsnehmer zugunsten des Arbeitnehmers als Versicherten abgeschlossen.
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Im Versorgungsfall wird der Begünstigte, d. h. der Arbeitnehmer, daraus zu einer
Versicherungsleistung berechtigt. Die Versicherungsbeiträge stellen auf
Arbeitnehmerseite Arbeitslohn dar. Unstreitig ist jedoch, dass diese Beiträge er nur mit
dem pauschalen Prozentsatz von 20 % zu versteuern sind, § 40 b EStG. Dies erweist
wiederum zur Überzeugung des Gerichts, dass die Direktversicherungsbeiträge wegen
der steuerrechtlichen Sonderbehandlung im Sinne von §§ 40 b, 40 Abs. 3 EStG eben
nicht als Teil des Bruttoeinkommens im Sinne von § 6 Abs. 1, Abs. 2 BErzzG nach § 2
Abs. 1, Abs. 2 EStG zur maßgeblichen Ermittlung der geltenden Einkommensgrenzen
im Sinne der Erziehungsgeldberechtigung heranzuziehen sind. Neben der
steuerrechtlichen Sonderbehandlung mit der gesetzlich vorgesehenen und nachträglich
dem EStG eingefügten Sonderregelung des § 40 b EStG, die eine Privilegierung
zugunsten der grundsätzlich steuerpflichtigen Arbeitnehmer hinsichtlich der
Direktversicherungsbeiträge als Teil des Arbeitsentgeltes bewusst zugunsten deren
Altersvorsorge bewirken sollte, ist im übrigen noch nach dem Grundsatz der Einheit der
Rechtsordnung die bisher bereits höchstrichterlich festgestellte Bewertung der
Direktversicherungsprämienzahlungen zu beachten. Insoweit bezieht sich diese
Kammer maßgeblich auf das Urteil des BSG 21.08.1997, 12 R K 44/96, BSGE 81, 21 -
29. Grundsätzlich sind danach auch die Beitragsanteile eines Arbeitnehmers zu einer
Direktversicherung in allen Zweigen der gesetzlichen Sozialversicherungen nicht der
Beitragspflicht unterworfen. Dies folgt aus der Entscheidung des BSG hinsichtlich der
maßgeblichen Fassung der Arbeitsentgeltverordnung (ArEV) in Ausführung der
Regelungen des Vierten Buches Sozialgesetzbuch (SGB IV) über die
beitragspflichtigen Entgelte aus abhängiger Beschäftigung eines Arbeitnehmers
zugunsten aller Zweige der gesetzlichen Sozialversicherung, vgl. § 14 SGB IV. Mithin
sind Direktversicherungsbeiträge, für die Pauschalsteuern tatsächlich erhoben und
abgeführt werden, nach § 2 Abs. 1, S. 1 Nr. 3 Arbeitsentgeltverordnung nicht dem
Arbeitsentgelt im Sinn der gesetzlichen Sozialversicherungsbeitragspflicht zu
zurechnen. Vielmehr handelt es sich bei Direktversicherungsbeiträgen um Leistungen,
die vom Arbeitgeber zusätzlich zu Löhnen und Gehältern im Sinne der regelmäßigen
Bezüge aus dem abhängigen versicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnis
erbracht werden.
Darüber hinaus gilt, dass dann erst recht die auf die Direktversicherung erhobene und
abgeführte Pauschalsteuer nicht zum Arbeitsentgelt zählt, argumentum a majore ad
minus. Diesbezüglich stützt sich das BSG in seiner o.a. Entscheidung vom 21.08.1997
im übrigen auf die für die Finanzbehörden vorgegebene Auslegung des EStG durch die
Lohnsteuerrichtlinien. Ausdrücklich wird danach ein Betrag bis zur Höhe des nach § 40
b Abs. 2 EStG zulässigen Höchstbetrages zu Direktversicherung und die darauf
erhobene Pauschalsteuer nicht der Besteuerung gemäß § 38 EStG unterworfen. Daraus
folgt zur Überzeugung dieser Kammer, dass wegen der speziellen Ausgestaltung der
Pauschalbesteuerung in Höhe von 20 % für Direktversicherungsverträge diese
anteiligen Bestandteile des Arbeitsentgelts nicht dem Begriff des steuerpflichtigen
Einkommens im Sinne von § 2 Abs. 1, Abs. 2 EStG zuzurechnen sind. Vielmehr sind
Direktversicherungsbeiträge in der zulässigen und gesetzlich privilegierten Form
besonders ausgestaltet und angesichts des Charakters als Zukunftssicherungsleistung
für u. a. die zukünftige Altersversorgung des begünstigten Arbeitnehmers sowie unter
Beachtung der vorgesehenen Pauschalierungsgrenzen von der Berücksichtigung im
Rahmen des allgemeinen Einkommensbegriffs auszusondern, vgl. dazu auch Urteil des
Sozialgerichts Berlin vom 23.02.2000, S 89 KR 324/98, abgedruckt in Deutsche
Steuerrechts-Entscheidungen 2001, 1221 - 1222. Zusammengefasst ist danach eben
auch der Rechtsauffassung der Klägerin hinsichtlich der privilegierten Behandlung der
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Direktversicherungsbeiträge auch für die Ermittlung der Einkünfte aus dem
Arbeitsverhältnis ihres Ehegatten im Kalenderjahr der Geburt der Tochter T, dem Jahr
2002, zuzustimmen.
Dies bedeutet wiederum, dass bei der Summe der Einkünfte nicht von dem in der
Anlage zum abschlägigen Bescheid des Beklagten vom 10.05.2002 zugrunde gelegten
Gesamtbetrag i.H.v. 74.546,- EURO für das Kalenderjahr 2002 auszugehen ist, sondern
von dem tatsächlich in der Lohnsteuerbescheinigung für das zuständige Finanzamt von
der Arbeitgeberin des Ehegatten der Klägerin aufgeführten Betrag von 73.948,42 EURO
ausgehend neu abgerechnet werden muss. Davon sind die von dem Beklagten - bereits
reduziert - anerkannten Werbungskosten im Umfang der Pauschale , d.h. i.H.v. 1.044
EURO, abzuziehen. Davon erfolgt dann der Pauschalabzug i.H.v. 27 % nach dem
BErzGG für verheiratete Eltern, wobei sich hier eine Summe von 19.684, 19 EURO
ergibt. Bei Abzug dieser Summe vom Betrag in Höhe von 72.904,42 EURO errechnet
sich ein anzurechendes Einkommen in Höhe von 53.220,23 EURO. Damit ist die
maßgebende gesetzliche Einkommensgrenze im Sinne der §§ 5, 6 Abs. 1, Abs. 2
BErzGG unterschritten und unter - der bereits erfolgten - Berücksichtigung der hier
anerkannten Werbungskosten in Höhe von 1044,- EURO dem Grunde nach ein
Anspruch auf Erziehungsgeldleistung für die ersten 6 Lebensmonate für die Tochter T
der Klägerin gegeben.
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Insoweit hat die Klägerin der Höhe nach einen Anspruch für die nach dem Nicht-Budget-
Fall im Sinne von § 5 BErzGG zu bestimmende Leistung von rund 307,- EURO pro
Kalendermonat für die ersten 6 Lebensmonate nach Geburt der Tochter T im 00.2002.
Abzuziehen sind davon die tatsächlich noch bis zum 28.04.2002 geleisteten Zahlungen
des Mutterschaftsgeldes in Höhe des kalendertäglichen Zahlbetrages von 13,- EURO.
Der sich daraus rechnerisch ermittelnde Betrag ist von dem Beklagten unter
Abänderung der angefochtenen Bescheide nunmehr der Klägerin antragsgemäß für den
Zeitraum bis zur Vollendung des 6. Lebensmonats des Kindes T auszuzahlen.
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Die Kostenentscheidung ergibt sich aus § 193 Sozialgerichtsgesetz (SGG).
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