Urteil des SozG München vom 25.06.2002

SozG München: freier beruf, versorgung, rückforderung, abrechnung, niederlassung, richtigstellung, gemeinschaftspraxis, abgrenzung, rka, gewerbe

Sozialgericht München
Urteil vom 25.06.2002 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht München S 45 KA 312/99
Bayerisches Landessozialgericht L 12 KA 138/02
I. Die Klage wird abgewiesen. II. Der Kläger hat der Beklagten die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu
erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit der Rücknahme des Honorarbescheides für das Quartal 3/97 und die
gleichzeitige Rückforderung in Höhe von 917.162,61 DM. Der Kläger nimmt als Laborarzt an der vertragsärztlichen
Versorgung teil. In einer Erklärung vom 23.12.1996 wies der Kläger darauf hin, zum Zeitpunkt der Aufnahme der
vertragsärztlichen Tätigkeit in keinem Beschäftigungsverhältnis zu stehen. Mit Bescheid des
Zulassungsausschusses Ärzte Unterfranken vom 05.02.1997 hat der Kläger die Zulassung für den Vertragsarztsitz in
der D.Str., A. erhalten. Die Niederlassung erfolgte zum 01.04.1997. Vor diesem Zeitpunkt ist der Kläger vom 01. Juli
1994 bis 31. März 1997 als ganztags beschäftigter Arzt (sog. Dauerassistent) bei Herrn Dr. M., Laborarzt in der D.Str.
in A. beschäftigt gewesen. Die Laborarztpraxis in der D.Str. in A. steht im Eigentum des Dr. R., Laborarzt in E. bzw.
für die Laborbetriebsgesellschaft A. mbH als Geschäftsführer tätig.
In der Zeit vom 01.04.1997 bis 13.07.1997 war der Kläger in Praxisgemeinschaft mit Herrn Dr. M. in der D.Str. in A.
tätig. Ab 14.07.1997 bis einschließlich 19.11.1997 betrieb der Kläger eine Einzelpraxis unter obiger Adresse. Da die
Vertragsverhandlungen mit Herrn Dr. R. Mitte 1997 scheiterten, stellte der Kläger Antrag auf Ruhen seiner Zulassung.
Diese ruhte vom 20.11.1997 bis 31.12.1997. In der mündlichen Verhandlung anlässlich des Antrages auf Ruhen der
Zulassung am 10.12.1997 macht der Kläger zu seiner bisherigen laborärztlichen Tätigkeit in der D.Str. in A.
ausführliche Angaben. Auf die Niederschrift über die nichtöffentliche Sitzung des Zulassungsausschusses Ärzte
Unterfranken wird verwiesen.
Vom 01.01.1998 an setzte der Kläger seine Tätigkeit als Laborarzt in Praxisgemeinschaft mit der
Gemeinschaftspraxis Dr. M./Dr. B. in der K.str. fort. Zum 01.03.1999 ist Frau Dr. B. ausgeschieden, so dass der
Kläger nun mit Herrn Dr. M. in Praxisgemeinschaft die laborärztliche Tätigkeit fortführte.
Mit Bescheid vom 04.12.1998 (Sitzung 18.11.1998) wurde dem Kläger die Zulassung wegen gröblicher Verletzung
vertragsärztlicher Pflichten gem. § 95 Abs. 6 SGB V i.V.m. § 27 Ärzte-ZV entzogen. Ein Sofortvollzug der
Zulassungsentziehung wurde nicht angeordnet. Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde durch
Widerspruchsbescheid vom 16.03.2001 (Sitzung 23.01.2001) zurückgewiesen. Mit Urteil des Sozialgerichtes Nürnberg
vom 14. Februar 2002 wurde die Klage gegen den Zulassungsentzug abgewiesen. Der Antrag auf Anordnung des
sofortigen Vollzuges (hier: Beschluss des Berufungsausschusses vom 16.03.2001) wurde vom Sozialgericht Nürnberg
am 01.10.2001 abgewiesen. Der Kläger hat unter dem Az.: S 12 KA 42/02 gegen die Entscheidung des
Sozialgerichtes Nürnberg vom 14. Februar 2002 Berufung eingelegt.
Mit Bescheid vom 27.03.1998 und vom 16.07.1998 wurden die Honorarbescheide für die Quartale 2/97 (Bescheid vom
21.10.1997) und 3/97 (Bescheid vom 26.01.1998) aufgehoben und gleichzeitig die für die Quartale 2/97 und 3/97
geleisteten Zahlungen in Höhe von insgesamt 1.382.434,07 DM zurückgefordert. Da der Kläger die vertragsärztliche
Tätigkeit nicht freiberuflich ausgeübt habe, sondern während der Zulassung als Laborarzt als angestellter Arzt des
Herrn Dr. R. tätig gewesen sei, seien die Leistungen zu Unrecht abgerechnet worden. Aufgrund der persönlichen
Erklärungen und Feststellungen in der mündlichen Verhandlung des Zulassungsausschusses Ärzte Unterfranken am
10.12.1997 ergebe sich, dass der Kläger zu keinem Zeitpunkt eine ärztliche Tätigkeit in eigener Praxis ausgeübt
habe. Unter Hinweis auf die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung bezüglich der persönlichen
Leistungserbringung und der sachlich-rechnerischen Richtigstellung und des Wegfalls dieser Garantiefunktion infolge
der Angestelltentätigkeit des Klägers sei die Beklagte berechtigt gewesen, die Honorarbescheide für die Quartale 2/97
und 3/97 aufzuheben. Der dagegen gerichtete Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 10.12.1998
zurückgewiesen. In der Klage vom 18.01.1999, eingegangen beim Sozialgericht München am gleichen Tag, lässt der
Kläger durch seinen Prozessbevollmächtigten ausführen, dass er entgegen der Auffassung der Beklagten stets als
Vertragsarzt in freier Praxis tätig geworden sei. Auf die im Rahmen des Zulassungsentzugsverfahrens vorgelegte
Stellungnahme vom 18.11.1998 wird Bezug genommen. Ergänzend wird ausgeführt, dass die Feststellungen im
Protokoll zum Teil sinnentstellend wiedergegeben worden seien. Zwischen Herrn Dr. R. sei mündlich vereinbart
gewesen, dass dieser die Praxisräume, das Personal und die Geräte zur Verfügung stelle und zunächst die Aufgabe
der Verwaltung der Honorareinnahmen übernehmen solle. Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichtes (BSGE
35, 247 f.) seien die Eigentumsverhältnisse nicht maßgeblich. Am Jahresende hätte der Kläger an der Gewinn- und
Verlustrechnung beteiligt werden sollen. Da die Zulassung nicht rückwirkend entziehbar sei, könnten die Honorare
solange die Zulassung des Klägers wirksam sei, nicht zurückgefordert werden. Zudem seien die Begriffe "freier Beruf"
und "Niederlassung in eigener Praxis" nicht legal definiert. Beiden Begriffen sei weder eine Gebots- oder Verbotsnorm
zu entnehmen, die geeignet wäre, die zivilrechtlich zulässigen gesellschaftlichen Beziehungen berufsrechtlich nicht
anzuerkennen. Im Übrigen seien die Satzung der Beklagten als untergesetzliche Normen aus verfassungsrechtlicher
Sicht bedenklich. Dies betreffe insbesondere die von der Beklagten behaupteten Anforderungen an die Regelungen
der Berufsausübung bei den freien Berufen der Ärzte.
Der Prozessbevollmächtigte beantragt, den Ausgangsbescheid in der Fassung des Widerspruchsbescheides
aufzuheben und die Beklagte zu verpflichten, den Kläger nach Rechtsauffassung des Gerichts neu zu verbescheiden.
Der Vertreter der Beklagten beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Aufhebung der Honorarbescheide für die Quartale 2/97 und 3/97 sowie die Rückforderung der entsprechenden
Honorare seien zu Recht erfolgt. Der Kläger sei nicht selbständig in freier Praxis tätig gewesen. Es stehe fest, dass
dieser sich durch Vorspiegelung falscher Tatsachen die Zulassung zur vertragsärztlichen Tätigkeit erschlichen habe.
Auf die ausführliche Darstellung der Abgrenzung zwischen ärztlicher Gemeinschaftspraxis und der Beschäftigung von
Ärzten als Arbeitnehmer (Deutsches Ärzteblatt 1990 S. 1388 bis 1390) sei hinzuweisen. Nach ständiger
Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes sei für die Feststellung der Arbeitnehmereigenschaft nicht der Wortlaut
der Vereinbarung, sondern vorrangig die tatsächliche Vertragsdurchführung maßgeblich. Honorarabführungsverträge
gegen Gehaltszahlung wiesen auf ein verdecktes Arbeitnehmerverhältnis hin.
Das Sozialgericht München hat die Akten der Beklagten, die Akten des Zulassungsausschusses (Ruhen der
Zulassung), die Akten des Zulassungsentzugsverfahrens und die Akten des Landessozialgerichtes zum
Zulassungsentzugsverfahren beigezogen. Im Übrigen wird auf den Akteninhalt, insbesondere die Schriftsätze der
Beteiligten und die Sitzungsniederschrift vom 25.06.2002 verwiesen.
Entscheidungsgründe:
Die zum zuständigen Sozialgericht München (§§ 51, 57 a SGG) erhobene Klage ist zulässig, jedoch nicht begründet.
Die Beklagte hat zu Recht die Abrechnung des Klägers für das Quartal 3/97 sachlich-rechnerisch berichtigt und die zu
Unrecht erbrachten Leistungen in Höhe von 917.162,61 DM zurückgefordert. Nach Würdigung der Gesamtumstände
ist das Gericht zur Überzeugung gelangt, dass der Kläger eine selbständige Tätigkeit in freier Praxis nicht ausgeübt
hat. Der Kläger ist während seiner Tätigkeit als Laborarzt in der D.Str. in A. als Arbeitnehmer tätig gewesen.
Die Beklagte ist gem. § 45 Abs. 1 Bundesmantelvertrag-Ärzte in der Fassung vom 19.12.1994 und § 34 Abs. 4
Ersatzkassen-Vertrag in der Fassung vom 01.07.1994 für die Prüfung der Abrechnung der vertragsärztlichen
Leistungen hinsichtlich der sachlich-rechnerischen Richtigstellung zuständig. Abrechnungsfähig sind nur Leistungen,
die zur vertragsärztlichen Versorgung gehören und auf der Grundlage der für die vertragsärztliche Versorgung
geltenden Bestimmungen erbracht worden sind (§ 3 Abs. 1 des jeweils geltenden Honorarverteilungsmaßstabes). Der
ärztliche Beruf ist kein Gewerbe, sondern der Natur nach ein freier Beruf (§ 1 Berufsordnung für die Ärzte Bayerns). Er
unterscheidet sich vom Gewerbe dadurch, dass der Arzt seine Tätigkeit in eigener Verantwortung persönlich ausüben
muss. Gleiches gilt für die Tätigkeit des Vertragsarztes, die nur eine Ausübungsform des Berufes des frei
praktizierenden Arztes ist (BVerfGE 11, 30).
Entscheidend ist, dass der Arzt in der Praxis seine ärztliche Berufstätigkeit in eigener Verantwortung ausführen kann.
Es steht zur vollen Überzeugung des Gerichtes fest, dass der Kläger während der gesamten Tätigkeit als Laborarzt in
der D.Str. angestellt war. Nach ständiger Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichtes und des Bundessozialgerichtes
richtet sich die Abgrenzung der Arbeitsverhältnisse von den Rechtsverhältnissen eines freien Mitarbeiters nach dem
Grad der persönlichen Abhängigkeit. Der Arbeitnehmer ist in die Arbeitsorganisation des Arbeitgebers eingegliedert.
Die Eingliederung zeigt sich insbesondere darin, dass der Beschäftigte dem Weisungsrecht des Arbeitgebers
unterliegt. Das Weisungsrecht kann Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer und Ort der Tätigkeit betreffen. Arbeitnehmer ist
der Mitarbeiter, der nicht im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine Arbeitszeit bestimmen kann. Dabei
kann ein Arbeitsverhältnis auch bei Diensten höherer Art gegeben sein, selbst wenn dem Dienstverpflichteten ein
hohes Maß an Gestaltungsfreiheit, Eigeninitiative und fachlicher Selbständigkeit verbleibt, wenn dieser nur in die
Arbeitsorganisation des Betriebes eingegliedert ist. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig ist hängt davon
ab, welche Merkmale überwiegen. Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung. Weichen die mit der
Vereinbarung getroffenen Absprachen von den tatsächlichen Verhältnissen ab, geben diese den Ausschlag (BSGE v.
19.06.2001, Az.: B 12 KR 44/00 R, S. 3; BSGE v. 18.12.2001, Az.: B 12 KR 8/01 R, S. 3, BAGE 88, 327 bis 340). Im
vertragsärztlichen Bereich werden an die persönliche Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in eigener Praxis folgende
Anforderungen gestellt: Wesentlich ist, dass der Arzt die unmittelbare Verantwortlichkeit für seine ärztliche Tätigkeit in
der Praxis innehat. Dazu muss dem Arzt die Möglichkeit zur Verfügung stehen, über die räumlichen und sächlichen
Mittel, ggf. auch über den Einsatz von Hilfspersonal, disponieren oder zum mindesten an der Disposition mitwirken zu
können (BSGE v. 16.03.1973, Az.: 6 RKa 23/71). Keinesfalls setzt die Niederlassung in eigener Praxis die
Verfügungsgewalt des Eigentümers voraus. Für die Ausübung des ärztlichen Berufes in eigener Praxis ist es
unerheblich, ob dem Arzt das Eigentum an dem Gebäude oder Gebäudeteil zusteht, in dem sich die Praxisräume
befinden oder wie die Eigentumsverhältnisse an den Geräten oder Materialausstattung der Praxis liegen. Dass dem
Kläger die Räume und Geräte im konkreten Fall von Herrn Dr. R., Laborarzt und Geschäftsführer der
Laborbetriebsgesellschaft mbH in E., zur Nutzung überlassen worden sind, kann diesem daher nicht zum Nachteil
gereichen. Dies setzt weiterhin voraus, dass der Arzt Inhalt und Umfang seiner ärztlichen Tätigkeit und den Einsatz
der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel selbst bestimmt und insoweit keiner maßgeblichen
Einflussnahme durch andere unterliegt (BSGE 59, 64 = SozR 3 5520 § 20 Nr. 1 S. 7).
In Anwendung dieser Rechtsprechung steht nach Würdigung der gesamten Umstände im konkreten Einzelfall für das
Gericht mit an Gewissheit grenzender Wahrscheinlichkeit fest, dass der Kläger die vertragsärztliche Tätigkeit nicht
persönlich in freier Praxis ausgeübt hat. Die in der Niederschrift des Zulassungsausschusses Ärzte Unterfranken am
10.12.1997 gemachten Aussagen zur tatsächlichen Gestaltung der laborärztlichen Tätigkeit des Klägers,
insbesondere die regelmäßige Zahlung des Gehaltes, die Zahlung des Weihnachtsgeldes am Jahresende, die
Überweisung des Gehaltes in voller Höhe auf das Konto von Herrn Dr. R. in E. und der zentrale Wareneinkauf über
diesen sind Tatsachen, die gegen eine freiberufliche Tätigkeit des Klägers sprechen. Nicht die eingesetzte
Arbeitskraft und die tatsächlich erbrachten Leistungen des Klägers bestimmen den wirtschaftlichen Erfolg seiner
Tätigkeit, sondern das von Herrn Dr. R. an den Kläger monatlich gezahlte Fixgehalt. Die Zahlung des Fixgehaltes
wurde nicht bestritten. Die mündlich getroffenen Vereinbarungen über die Gehaltszahlung und die angebliche
Beteiligung an dem Gewinn und Verlust der Praxis am Jahresende sind durch keinerlei Tatsachen bewiesen worden.
Es kann dahinstehen, ob eine derartige Verfahrensweise - wie vom Prozessbevollmächtigten vorgetragen - im
vertragärztlichen Bereich als zulässig anzusehen wäre, da im konkreten Fall das Aufzeigen eines anderen Ablaufes
nicht ausreicht, die ordnungsgemäß protokollierten Tatsachen zu entkräften. Das Gericht ist zur Überzeugung gelangt,
dass der Kläger keinerlei Einfluss auf den Einsatz der der Praxis zugeordneten sachlichen und persönlichen Mittel
hatte. Durch den zentralisierten Wareneinkauf, Bestellungen von Briefbögen und Untersuchungsmaterialien über Herrn
Dr. R. hat sich der Kläger wenn auch aufgrund eigener Entscheidung - jeglicher Dispositionsmöglichkeit enthoben.
Gegen eine vertragsärztliche Tätigkeit in eigener Praxis spricht auch der Umstand, dass der Kläger für die Nutzung
der Geräte und Räumlichkeiten keinen Nachweis für die Zahlung einer angemessenen Miete oder Pacht vorlegen
konnte. Er hätte sich, da er die Verhältnisse der Praxis aus seiner Tätigkeit als Dauerassistent kannte, um klare
vertragliche Absprachen mit Herrn Dr. R. bemühen müssen. Da er dies zu Beginn seiner Tätigkeit unterlassen hat, hat
er zumindestens grob fahrlässig gehandelt. Dass der Kläger gegenüber dem Personal weisungsbefugt gewesen sei,
führt zu keiner anderen Einschätzung seiner vertragsärztlichen Tätigkeit. Nach der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichtes und Bundesarbeitsgerichtes liegt bei Diensten höherer Art auch dann ein Arbeitsverhältnis vor,
wenn dem Dienstverpflichteten ein hohes Maß an Gestaltungsspielraum, Eigeninitiative und fachlicher Selbständigkeit
verbleibt, wenn dieser in den Betrieb eingegliedert ist. Davon ist die Kammer voll überzeugt. Da der Kläger nicht
vertragsärztlich tätig war, ist die Garantiefunktion der Abrechnungssammelerklärung vollständig entfallen. Für die
Frage, ob die Honorarabrechnung unrichtig erstellt und der auf ihr beruhende Honorarbescheid ebenfalls unrichtig, d.h.
rechtswidrig ist, hat die Erklärung des Vertragsarztes über die ordnungsgemäße Erbringung und Abrechnung der
geltend gemachten Leistungen eine grundlegende Bedeutung. Mit der Abrechnungssammelerklärung erbringt der
Vertragsarzt den Nachweis, dass er die Leistungen entsprechend den gesetzlichen und vertraglichen Bestimmungen
erbracht hat. Es kann offen bleiben, ob der Kläger vorsätzlich gehandelt hat. Zumindest hat dieser grob fahrlässig
gehandelt, da er die erforderliche Sorgfalt in besonders schwerem Maße verletzt hat (Sozialrecht 3-5550 § 35 Nr. 1).
Im Ergebnis hat daher die Beklagte den rechtswidrigen Honorarbescheid für das Quartal 3/97 zu Recht aufgehoben
und die gezahlten Honorare zurückgefordert.
Entgegen der Auffassung des Prozessbevollmächtigten des Klägers sind die im Vertragsarztrecht einschlägigen
Begriffe "Niederlassung in eigener Praxis" und "Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit persönlich in freier Praxis" durch
die Rechtsprechung des Bundessozialgerichtes hinreichend konkretisiert worden (Sozialrecht 3-2500 § 95 Nr. 25;
BSG-Urteil v. 15.03.1995, 6 RKa 23/94 S. 67). Nicht alle gesellschaftsrechtlich zulässigen Formen von
Zusammenschlüssen sind im Vertragsarztrecht zulässig. Die gemeinsame Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit ist
rechtlichen Beschränkungen unterworfen. Der Verordnungsgeber hat in § 33 Abs. 1 und Abs. 2 Zulassungsverordnung
für die Vertragsärzte (Ärzte-ZV) die Ausübung vertragsärztlicher Tätigkeit in Praxisgemeinschaft bzw.
Gemeinschaftspraxis grundsätzlich als zulässig angesehen (Sozialrecht 3-5520 § 20 Nr. 1). An der
Verfassungsmäßigkeit dieser Bestimmungen bestehen keine Zweifel (Sozialrecht 3-5520 § 33 Nr. 1). Dabei erlaubt der
im Privatrecht geltende Grundsatz der Vertragsfreiheit den Ärzten das Nähere über die gemeinsame Berufsausübung -
im Rahmen der gesetzlichen Bestimmungen - zu vereinbaren, sofern die gesetzmäßige Durchführung der Versorgung
dem nicht entgegensteht. Da eindeutige Normierungen für die vertraglichen Beziehungen unter Vertragsärzten
bestehen, sind andere gesellschaftsrechtliche Zusammenschlüsse nicht zulässig. Die Aufhebung und Rückforderung
der streitigen Honorarsumme ist nicht deswegen unzulässig, weil nach dem Sachvortrag des
Prozessbevollmächtigten die Zulassung nicht rückwirkend entzogen werden kann. Es ist nicht
entscheidungserheblich, ob die Zulassung rückwirkend entzogen werden kann. Entschieden hat das
Bundessozialgericht, dass die Zulassung nicht rückwirkend erteilt werden kann (BSG SozR 3- 1500 § 97 Nr. 3 S. 5 ff).
Obwohl der Kläger den Zulassungsstatus noch innehat, da ein Sofortvollzug des Zulassungsentzuges weder vom
Beklagten noch vom Sozialgericht Nürnberg angeordnet worden ist, ist die Aufhebung des Honorarbescheides und die
entsprechende Rückforderung möglich. Mit der Zulassung - einer öffentlich-rechtlichen Berechtigung - ist das Recht
verbunden, Versicherte der gesetzlichen Krankenversicherung mit Wirkung für diese zu behandeln. Davon zu trennen
ist die Frage, ob die Honoraranforderungen der Ärzte in voller Höhe vergütet werden. Die Honoraranforderungen der
Ärzte werden auf sachliche und rechnerische Richtigstellung überprüft und berichtigt, falls eine Leistung nicht zur
vertragsärztlichen Versorgung gehört oder nicht auf der Grundlage der für die vertragsärztliche Versorgung geltenden
Bestimmungen erbracht worden ist. Daher ist die Beklagte unabhängig davon, dass der Kläger noch eine schwebend
wirksame Zulassung besitzt, zur sachlich-rechnerischen Berichtigung der Abrechnung aus o.g. Gründen befugt
gewesen. Verfassungsrechtliche Bedenken bestehen nicht. Das Vertrags- arztrecht unterliegt der
Gesetzgebungszuständigkeit des Bundesgesetzgebers. Dies folgt aus Art. 74 Abs. 1 Nr. 12 GG, in dem die Materie
der Sozialversicherung genannt ist, die das Vertragsarztrecht mitumfasst (BSGE 82, 55, 59 = SozR 3-2500 § 135 Nr.
9 S. 41). Auch an der Verfassungsmäßigkeit der Ärzte-ZV bestehen keine Zweifel (BSGE 23, 170; BSGE 20, 52).
Im Ergebnis war daher die Klage gegen die Aufhebung des Honorarbescheides für das Quartal 3/97 und die
Rückforderung der bereits erbrachten Leistungen abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 Abs. 1 und Abs. 4 SGG in der bis zum 31.12.2001 geltenden Fassung.