Urteil des SozG Marburg vom 24.09.2008

SozG Marburg: versorgung, vergütung, reformatio in peius, gemeinschaftspraxis, hessen, unterliegen, aufschiebende wirkung, subjektives recht, verfügung, rechtsgrundlage

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 24.09.2008 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 352/07
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 95/08
1. Unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II und III/05 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
11.07.2007 wird die Beklagte verurteilt, die Klägerin unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu
bescheiden.
2. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen.
3. Die Klägerin hat zu 40 %, die Beklagte zu 60 % die Gerichtskosten zu tragen. Die Beklagte hat der Klägerin 60 %
der notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um die Höhe des Honorars für die Quartale II und III/05 und hierbei insb. um Korrekturbeträge
aufgrund der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV und die Höhe des Punktwerts der Leistungen innerhalb des
Regelleistungsvolumens.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis mit Praxissitz in A-Stadt. Sie bestand ursprünglich aus drei Fachärzten für
Anästhesie. Herr Dr. med. C verstarb am 05.04.2005. Die beiden übrigen Ärztinnen führen seitdem die
Gemeinschaftspraxis allein fort.
Die Beklagte setzte jeweils mit Honorarbescheid für die beiden streitbefangenen Quartale, wobei sie aus
abrechnungstechnischen Gründen den Honorarbescheid für das Quartal II/05 durch einen korrigierten Honorarbescheid
ersetzte, fest, wogegen die Klägerin jeweils Widerspruch einlegte. Die Festsetzungen und die Daten der
Widerspruchseinlegung ergeben sich im Einzelnen aus nachfolgender Übersicht:
Es folgt eine Tabelle, die aus technischen Gründen nicht dargestellt werden kann.
II/05 III/05 Honorarbescheid vom 29.06.2006 04.12.2005 12.08.2006 Widerspruch eingelegt am 07.02.2006 12.10.2006
Nettohonorar gesamt in EUR 71.108,83 58.333,79 Bruttohonorar PK + EK in EUR 73.778,89 59.629,82 Fallzahl PK +
EK 346 268
54er Liste AOK Oberer Punktwert 34.398,0 23.820,0 Unterer Punktwert 45.762,0 -
26er Liste AOK Oberer Punktwert 205.940,0 172.150,0 Unterer Punktwert - -
Regelleistungsvolumen Ziff. 6.3 HVV Praxisbezogenes RLV in Punkten 559.568,4 474.333,2 Abgerechnetes
Honorarvolumen in Punkten 300.515,0 263.865,0 Überschreitung in Punkten - -
Ausgleichsregelung Ziff. 7.5 HVV Referenz-Fallzahl 333 297 Aktuelle Fallzahl 346 268 Referenz-Fallwert in EUR
20,3778 15,5677 Aktueller Fallwert in EUR 27.5656 31,3186 Korrekturbetrag je Fall EUR - 6,1705 - 16,4777
Korrekturbetrag gesamt in EUR - 2.134,99 - 4.416,02
Zur Begründung ihrer Widersprüche trug die Klägerin vor, der Widerspruch richte sich gegen die Kürzung im Rahmen
der Ausgleichsregelung gemäß Ziffer 7.5 HVV. Herr Dr. C sei am 05.04.2005 nach langer Krankheit verstorben.
Bereits die zwei Jahre vorher habe er mit seiner Arbeitskraft der Gemeinschaftspraxis nicht mehr in vollem Umfang
zur Verfügung gestanden. Verständlicherweise sei auch Frau Dr. D persönlich betroffen gewesen, sodass es in den
Jahren 2003 und 2004 zu einem deutlichen Rückgang der Fallzahlen und des Fallwerts der Gemeinschaftspraxis
gekommen sei. Jetzt die aus einer Extremsituation stammenden Daten einer aktuellen Berechnung zugrunde zu
legen, sei nicht statthaft und ruinös für die Gemeinschaftspraxis. Aktuelle Verhandlungen zur Neuaufnahme eines
Praxispartners drohten bereits an dieser Situation zu scheitern. Die Unterschreitung des Regelleistungsvolumens
zeige, dass die Zuwächse EBM-bedingt seien und damit politisch erwünscht seien. Die Abzüge im Honorar
widersprächen der Intension des neuen EBM. Extrabudgetäre Sachkosten würden zwar von der EHV ausgenommen
werden, extrabudgetäres Honorar zum ambulanten Operieren werde jedoch mit Abzügen belegt. Der EBM 2005 biete
erstmals die Möglichkeit, Betriebskosten durch den technischen Anteil in jeder Leistung transparent zu machen.
Diese Betriebskosten müssten mit einem Punktwert von 5,11 Cent vorab ausgewiesen vom Gesamthonorar
abgezogen werden. Der EBM 2005 beruhe auf einer Punktebewertung von 5,11 Cent. Dieser Punktwert sei im Bereich
der Beklagten nicht vereinbart worden. Die vereinbarten 4 Cent führten zu einer Kostenunter¬deckung. Schon aus
diesem Grunde seien die erfolgte Vergütung und der darauf basierende Bescheid rechtswidrig. Es verstoße gegen §
85 Abs. 4 Satz 7 SGB V, wenn der vereinbarte Punktwert von 4,0 Cent für die innerhalb des Regelleistungsvolumens
liegenden Leistungen ggf. weiter quotiert werden könne. Der Punktwert für beide Kassenbereiche liege unterhalb der
vereinbarten 4 Cent pro Punkt. Im Quartal II/05 habe er im Primärkassenbereich 3,146 Cent und im
Ersatzkassenbereich 3,614 Cent betragen, im Quartal III/05 3,022 Cent bzw. 3,692 Cent. Selbst unter
Berücksichtigung der Notdienstumlage sei damit ein Punktwert unterhalb von 4 Cent vergütet worden. Die
Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV solle EBM-bedingte Verwerfungen ausgleichen. Dies sei vom
Sicherstellungsauftrag der Beklagten dann gedeckt, soweit dies zur Auffüllung einzelner Praxen geschehe, die zur
Sicherstellung benötigt würden und ohne diese Ausgleichsbeträge insolvent würden. Eine Rechtsgrundlage für Abzüge
könne aus dem Sicherstellungsauftrag hierdurch nicht abgeleitet werden. Die Neugestaltung des EBM 2005 und damit
verbundene Neubewertung vieler Leistungen sollten bestimmte Leistungsbereiche ganz bewusst fördern. Die HVV-
Regelungen konterkarierten dieses Ziel und seien deshalb rechtswidrig. Nach der Rechtsprechung des BSG vom
24.08.1994 (Az.: S 6 KA 15/93), nach der eine am Fallwert festgemachte Einkommenslenkung mit dem Zweck, durch
Honorarbegrenzung frei gemachten Mittel zur allgemeinen Unterstützung ertragsschwacher Praxen zu verwenden,
rechtswidrig sei, bei § 85 Abs. 4 SGB V für die entsprechenden Kürzungen keine Rechtsgrundlage, worauf sie
verweise. Sämtliche Leistungen müssten mit einem Punktwert von mindestens 4 Cent vergütet werden, ferner müsse
die Kürzung zurückgenommen werden. Im Quartal III/05 hätte bei korrekter Anwendung der Ziffer 7.5 HVV lediglich
eine Kürzung in Höhe von 14,9725 EUR pro Fall vorgenommen werden dürfen. Insgesamt seien also 403,39 EUR
zusätzlich gekürzt worden.
Mit Widerspruchsbescheid vom 11.07.2007, der Klägerin am 13.07. zugestellt, wies die Beklagte die Widersprüche als
unbegründet zurück. Darin führte sie aus, der zum 01.04.2005 geltende neue EBM 2005 sei für sie bindend. Mit
Beschluss vom 29.10.2004 habe der Bewertungsausschuss u. a. die Einführung der Regelleistungsvolumina zum
01.04.2005 festgesetzt. Dieser Beschluss entspreche § 85 Abs. 4 SGB V. Der Bewertungsausschuss habe auch
beschlossen, dass der Punktwert von 5,11 Cent nicht zum Ansatz komme. Sie könne auch nur die vereinbarte
Gesamtvergütung verteilen. Dabei errechne sich der jeweilige Punktwert, in dem zunächst die Honorarforderungen
aller Vertragsärzte zu einem rechnerischen Punktwert der vorhandenen Gesamtvergütung gegenüber gestellt würden.
Soweit die Gesamtvergütung nicht ausreiche, um die Honorarforderungen mit diesem Punktwert zu befriedigen, seien
Nachforderungen ihrerseits an die Krankenkassen ausgeschlossen. Vielmehr müsse eine Quotierung erfolgen, die
schließlich im Ergebnis zu den ausgezahlten Punktwerten geführt habe. Diese Art der Vergütung sei durch die
Rechtsprechung der Sozialgerichte als rechtmäßig bestätigt worden. Der Rechtmäßigkeit der Maßnahme nach Ziffer
7.5 HVV stehe das von der Klägerin angeführte Urteil des BSG nicht entgegen. Gegenstand der Entscheidung sei ein
Beschluss gewesen, wonach zur Stabilisierung des Punktwertes Ärzte mit einem unterdurchschnittlichen Fallwert eine
Punktwertstützung erhielten und für Ärzte mit überdurchschnittlichem Fallwert dagegen der Punktwert gemindert
worden sei. Intension der Ausgleichsregelung sei es jedoch, praxisbezogene EBM-bedingte Verwerfungen
auszugleichen. Auch werde nicht allein an den Fallwert angeknüpft. Es werde zudem die Fallzahl, die im
entsprechenden Vorjahresquartal abgerechnet worden sei, als weiteres Prüfungskriterium hinzugezogen, da ein
Ausgleich von Fallwertminderung/Fallwertsteigerung bis maximal zu dieser erfolgte. Begünstigend seien die
Grunddaten der ehemaligen Dreier-Gemeinschaftspraxis für die Klägerin beibehalten worden. Die Änderung der
Praxiskonstellation zum Quartal II/05 beinhalte aber keine Änderung der Rahmenbedingungen. Die Klägerin müsse
sich an ihrem Vortrag festhalten lassen, wonach bereits in den Jahren 2003 und 2004 Herr Dr. C weitestgehend
vertreten worden sei. Damit sei eingeräumt worden, dass u. a. auch im Jahr 2004 der Praxisbetrieb von zwei
Ärztinnen aufrechterhalten worden sei. Insofern sei die Praxis auch von den beiden Ärztinnen fortgeführt worden. Der
Abzug für die EHV sei nicht zu beanstanden. Er finde seine Grundlage in Ziffer 7.2 HVV. Die Beitragshöhe knüpfe an
die Honorarhöhe und damit an den Umsatz des jeweiligen Vertragsarztes an. Dies sei eine rechtmäßige Gestaltung.
Hiergegen hat die Klägerin am 09.08.2007 die Klage erhoben. Zur Begründung trägt sie ergänzend zu ihrem
Vorbringen im Widerspruchsverfahren vor, sie habe um die Beibehaltung der Fallzahlen der alten Gemeinschaftspraxis
gebeten, nicht jedoch um eine Beibehaltung von Fallwerten. Sämtliche sozialgerichtlichen Urteile stammten aus der
Zeit vor Änderung des § 85 Abs. 4 SGB V durch das GMG zum 01.01.2004. Insofern habe sich die Rechtslage hierzu
grundlegend geändert. Gemäß § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V sei eine Quotierung der Punktwerte für Leistungen innerhalb
der Regelleistungsvolumina nicht vorgesehen. Vielmehr gebe die vorgenannte gesetzliche Regelung vor, dass
innerhalb des Regelleistungsvolumens die Vergütung ausschließlich mit festen Punktwerten – ohne Abstaffelung – zu
erfolgen habe. Eine Quotierung könne nicht mehr erfolgen. Das Bundessozialgericht (B 6 KA 44/03 R) habe zudem
festgestellt, dass ein HVM sich nicht in Widerspruch zu verbindlichen Vergütungsvorgaben des EBM setzen dürfe.
Eine Ausgleichsregelung dürfe nur zur tatsächlichen Sicherstellung getroffen werden. Sie unterschreite das
Regelleistungsvolumen, weshalb eine Kürzung der Fallwerte, die sich aus allen Leistungen der budgetierten
Gesamtvergütung rechneten, rechtswidrig sei. Der Vergleich mit den Fallwerten des Vorjahresquartals des Jahres
2004 bedeute eine unzulässige Fortsetzung der Bewertung der Leistungen des EBM 1996 sowie darüber hinaus eine
Fortführung der ehemaligen Honorarverteilungsbestimmungen, die nur noch bis zum 31.03.2005 gültig gewesen seien.
Der Einwand der Beklagten, sie habe auch die entsprechenden Fallzahlen berücksichtigt, greife nicht. Dies habe
allenfalls Auswirkungen auf eine vorgesehene Auffüllung gemäß Ziffer 7.5 HVV, da diese Bezug nehme auf die
Fallzahl des Vorjahres. Kürzungen würden ohne Rücksicht auf die Fallzahl des Referenzquartals für alle Fälle des
aktuellen Quartals durchgeführt werden. An der Gültigkeit der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts habe sich
insoweit nichts geändert. Die Leistungen, die entsprechend den Vorgaben des Bewertungsausschusses dem
Leistungsbereich 4.1 zuzuordnen seien, seien z. T. innerhalb des Regelleistungsvolumens vergütet worden, so z. B.
Leistungen wie das Aufsuchen eines Kranken (Nr. 05230 EBM 2005).
Die Klägerin beantragt, unter Abänderung der Honorarbescheide für die Quartale II und III/05, beide in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 11.07.2007 die Beklagte zu verurteilen, ihr alle Leistungen, die innerhalb des
Regelleistungsvolumens zu vergüten sind, mit einem festen Punktwert von mindestens 4 Cent pro Punkt zu vergüten,
sämtliche Leistungen, die entsprechend den Vorgaben des Bewertungsausschusses in seinem Beschluss vom
29.10.2004 dem Leistungsbereich 4.1 zuzuordnen sind, außerhalb des Regelleistungsvolumens mit einem festen
Punktwert von 5,11 Cent zu vergüten und die vorgenommenen Kürzungen gemäß Ziffer 7.5 HVV in voller Höhe
zurückzunehmen und diesen Honoraranteil nach zu vergüten,
hilfsweise
sie über ihre Honoraransprüche unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im angefochtenen Widerspruchsbescheid und trägt weiter vor, der Klägerin seien
alle angeforderten Punkte im Hinblick auf die allgemeinen Leistungen im Primär- und Ersatzkassenbereich zum
oberen Punktwert vergütet worden, der zwischen brutto 3,02 und 3,69 Cent gelegen habe. Ein höherer Punktwert habe
nicht ausgeschüttet werden können, da die Gesamtvergütung nur begrenzt gewesen sei. Lediglich im Quartal II/05 sei
die Punktzahlanforderung von 41.229,9 Punkten für Operationen nach der 54er Liste zum unteren Punktwert vergütet
worden. Dies entspreche einer Honorareinbuße von etwa 1.325,00 EUR. § 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V bestimme, dass
bei der Verteilung der Gesamtvergütung Art und Umfang der Leistungen der Vertragsärzte zugrunde zu legen seien.
Aus diesem Konvex heraus sei § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V zu lesen, indem es heiße, dass die bis zu einem
Grenzwert erbrachten Leistungen zu einem festen Punktwert zu vergüten seien. Es sei nicht zu beanstanden, dass
der obere Punktwert nicht 4 Cent erreiche. Es komme vielmehr auf den Umfang der angeforderten Leistungen im
Verhältnis zur Gesamtvergütung an. Letztlich müsse sie auch dafür Sorge tragen, dass der untere Punktwert nicht
unter einen Mindestpunktwert von 0,51 Cent falle. Dies sei ihr wiederum nur möglich, wenn sie ein Regulativ für die
Herabsetzung des oberen Punktwertes schaffe. Wenn es aufgrund der eingetretenen Leistungsentwicklung nicht mehr
möglich sei, einen oberen Punktwert von 4,0 Cent zu gewährleisten, komme demnach wieder die durch die über § 85
SGB V budgetierte Gesamtvergütung bedingte Quotierung zum Tragen. Daran ändere auch § 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V
nichts. Würde sie an höheren Punktwerten festgehalten werden, wären unter Umständen die RLV-Fallpunktzahlen
nach unten zu korrigieren. Der Bewertungsausschuss habe beschlossen, dass der Punktwert von 5,11 Cent nicht zum
Ansatz komme. Die Voraussetzung für die Annahme eines subjektiven Rechts auf ein höheres Honorar läge nicht vor.
Gründe für eine Ausnahme von der Ausgleichsregelung nach Ziffer 7.5 HVV, die die Klägerin letztlich begehre, lägen
nicht vor. Das Ausscheiden von Dr. C habe nicht zu veränderten Bedingungen geführt. Die Ausgleichsregelung sei
zulässig. Das SG Marburg, S 12 KA 188/07, habe ausgeführt, dass die Regelung nach Ziffer 7.5 HVV jedenfalls für
das Quartal II/05 vor dem Hintergrund einer Anfangs- und Erprobungsregelung nicht zu beanstanden sei. Für das
Quartal III/05 könne sich keine andere Bewertung ergeben. Das Urteil des BSG vom 24.08.1994 sei auf die
Ausgleichsregelung nicht übertragbar, da diese keine Honorarbegrenzungsmaßnahme im eigentlichen Sinne darstelle.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte, der
Gegenstand der mündlichen Verhandlung gewesen ist, Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit einer ehrenamtlichen Richterin und einem ehrenamtlichen Richter aus den
Kreisen der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine
Angelegenheit der Vertragsärzte und Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz –
SGG -).
Die zulässige Klage ist im Hilfsantrag begründet. Die Honorarbescheide für die Quartale II und III/05, beide in der
Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 11.07.2007 sind rechtswidrig und waren daher abzuändern. Die Beklagte ist
verpflichtet, die Klägerin unter der Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts über ihren Honoraranspruch neu zu
bescheiden. Im Übrigen war die Klage aber abzuweisen.
Die Honorarbescheide für die Quartale II und III/05, beide in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom
11.07.2007, sind rechtswidrig.
Die Rechtswidrigkeit folgt bereits aus der Regelung nach Ziffer 7.5 der hier maßgeblichen Vereinbarung zwischen der
Kassenärztlichen Vereinigung Hessen und der AOK – Die Gesundheitskasse in Hessen, dem BKK Landesverband
Hessen, der IKK Hessen, dem Verband der Angestellten Krankenkassen e. V. (VdAK) – Landesvertretung Hessen,
dem AEV-Arbeiter-Ersatzkassenverband e. V. – Landesvertretung Hessen, der Landwirtschaftlichen Krankenkassen
Hessen, Rheinland-Pfalz und Saarland, der Krankenkasse für den Gartenbau und der Knappschaft zur
Honorarverteilung für die Quartale 2/2005 bis 4/2005 vom 10.11.2005 (im Folgenden: HVV). Mit dieser Regelung
verstößt der HVV gegen die zwingenden Vorgaben des Bewertungsausschusses jedenfalls insoweit, als sie die
Festsetzung von Kürzungsbeträgen zulässt.
Die Kammer war zur inzidenten Überprüfung des HVV befugt. Streitgegenstand ist die Höhe des Honoraranspruchs
und hierbei insbesondere die Höhe des Kürzungsbetrags. Der Kürzungsbetrag beruht auf Ziff. 7.5 HVV, so dass diese
inzident zu überprüfen war.
Im Einzelnen bestimmt Ziffer 7.5 HVV:
7.5.1 Zur Vermeidung von praxisbezogenen Honorarverwerfungen nach Einführung des EBM 2000plus erfolgt nach
Feststellung der Punktwerte und Quoten gemäß Ziffer 7.2 ein Vergleich des für das aktuelle Abrechnungsquartal
berechneten fallbezogenen Honoraranspruches (Fallwert in EUR) der einzelnen Praxis mit der fallbezogenen
Honorarzahlung in EUR im entsprechenden Abrechnungsquartal des Jahres 2004 ausschließlich beschränkt auf
Leistungen, die dem budgetierten Teil der Gesamtvergütung unterliegen und mit Ausnahme der zeitbezogenen
genehmigungspflichtigen psychotherapeutischen Leistungen. Bei der Ermittlung des Fallwertes bleiben Fälle, die
gemäß Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.1 zur Honorierung kommen, unberücksichtigt. Zeigt der Fallwertvergleich eine
Fallwertminderung oder Fallwerterhöhung von jeweils mehr als 5% (bezogen auf den Ausgangswert des Jahres 2004),
so erfolgt eine Begrenzung auf den maximalen Veränderungsrahmen von 5%. Die für eine Stützung bei
Fallwertminderungen – Einzelheiten siehe Ziffer 7.5.2 – notwendigen Honoraranteile gehen zu Lasten der jeweiligen
Honorar(unter)gruppe, der die Praxis im aktuellen Quartal zugeordnet ist, und sind gegebenenfalls durch
weitergehende Quotierung der Bewertungen bzw. Punktwerte zu generieren, falls die aus der Begrenzung der Fallwerte
auf einen Zuwachs von 5% resultierende Honoraranteile hierfür nicht ausreichend sein sollten. Sollte durch eine
solche Quotierung die Fallwertminderung (wieder) auf einen Wert oberhalb von 5% steigen, führt dies zu keinem
weitergehenden Ausgleich.
7.5.2 Ein Ausgleich von Fallwertminderungen bis zur Grenze von 5% erfolgt grundsätzlich auf der Basis
vergleichbarer Praxisstrukturen und maximal bis zu der Fallzahl, die im entsprechenden Quartal des Jahres 2004 zur
Abrechnung gekommen ist. Ein Ausgleich ist in diesem Sinne u. a. dann ausgeschlossen, wenn im aktuellen Quartal
im Vergleich zum Vorjahresquartal erkennbar (ausgewählte) Leistungsbereiche nicht mehr erbracht wurden oder sich
das Leistungsspektrum der Praxis, u. a. als Folge einer geänderten personellen Zusammensetzung der Praxis,
verändert hat. Er ist des weiteren ausgeschlossen, wenn sich die Kooperationsform der Praxis entsprechend Ziffer 5.2
Buchstabe g) im Vergleich zum entsprechenden Vorjahresquartal geändert hat. Beträgt die Fallwertminderung mehr
als 15%, ist eine auf die einzelne Praxis bezogene Prüfung im Hinblick auf vorstehend aufgeführte Kriterien
durchzuführen, bevor eine Ausgleichszahlung erfolgt. Ausgleichsfähige Fallwertminderungen oberhalb von 15%
müssen vollständig ihre Ursache in der Einführung des EBM 2000plus haben.
7.5.3 Die vorstehende Ausgleichsvorschrift steht im Übrigen unter dem Vorbehalt, dass von Seiten der Verbände der
Krankenkassen mindestens eine gegenüber dem Ausgangsquartal vergleichbare budgetierte
Gesamtvergütungszahlung geleistet wird und die aufgrund der Beschlussfassung des Bewertungsausschusses vom
29.10.2004 vorzunehmenden Honorarverschiebungen nach Abschluss des Abrechnungsquartals – siehe Ziffer 2.5 der
Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.2 – noch ein ausreichendes Honorarvolumen für diese Maßnahme in der einzelnen
Honorar(unter)gruppe belassen.
Ziffer 7.5 HVV führt damit faktisch einen Regelungsmechanismus ein, der sich im Ergebnis einem Vergütungssystem
annähert, das auf sog. Kopfpauschalen beruht. Das Vergütungssystem weicht von sog. Kopfpauschalen allerdings
insofern ab, als es nicht allen Vertragsärzten bzw. allen Vertragsärzten einer Honorargruppe gleiche Honorarbeträge
für einen Behandlungsfall zuweist, sondern die Höhe der Honorarzuweisung pro Fall am Fallwert des entsprechenden
Vorjahresquartals der einzelnen Praxis orientiert und zunächst einen "Honorarkorridor" von 95 % bis 105 % hierfür
vorgibt. Das Honorar der einzelnen Praxis kann sich grundsätzlich nur innerhalb dieses Korridors bewegen, wobei dies
weiter davon abhängt, wie insgesamt das Verhältnis von Honoraranforderungen und zur Verteilung zur Verfügung
stehendem Honorarvolumen innerhalb der einzelnen Honorargruppen ist. Sind die Ausgleichsbeträge wesentlich höher
als die Kürzungsbeträge, so kann der Korridor nach unten abweichen, da mit Ausnahme des Quartals II/05 keine
weiteren Gelder aus Rücklagen zugeführt wurden und die Entnahme aus dem Honorartopf zur Abgeltung der
Ausgleichsansprüche nur in dem Umfang erfolgen darf, dass der Punktwert nicht unterhalb des sog. Stützpunktwertes
fällt, wodurch Verschiebungen zwischen den Honorargruppen vermieden werden sollen. Nach den bisherigen
Erfahrungen der Kammer können daher die erreichbaren Fallwerte von Honorargruppe zu Honorargruppe und von
Quartal zu Quartal zwischen ca. 85 % bis 95 % schwanken. Der gesamte Ausgleichsbetrag wird ferner durch die
Fallzahl des Referenzquartals bestimmt und lässt Fallzahlsteigerungen unberücksichtigt. Die einzelne Praxis, die
weder einen Ausgleichs- noch Kürzungsbetrag erhält, wird dann von der Ausgleichsregelung indirekt betroffen, wenn
die Ausgleichsbeträge insgesamt einer Honorargruppe nicht von den Kürzungsbeträgen abgedeckt werden können, da
sich dann der Punktwert bis zur Grenze des sog. Stützpunktwerts verringern kann und die Honorarzuteilung auf der
Grundlage eines geringeren Punktwerts erfolgt. Die Kammer hat diese Regelung, soweit sie im Einzelfall zu
Ausgleichsbeträgen geführt hat, bisher nicht beanstandet, da sie in ihr letztlich eine Härtefallregelung sieht, die
Veränderungen aufgrund des zum Quartal II/05 eingeführten EBM 2005 abfedern und insofern für eine Übergangszeit
den Arztpraxen die Umstellung auf die neue Honorarstruktur ermöglichen soll. Insofern haben es die Praxen – und
dies ist unabhängig von ihrem Leistungsvolumen insgesamt -, die keine Ausgleichsbeträge erhalten, hinzunehmen,
dass sich der Verteilungspunktwert für sie ggf. verringert. Wie lange dieser Übergangszeitraum dauert, brauchte die
Kammer in diesem Verfahren nicht abschließend zu beurteilen. Im Hinblick auf die verspätete Erstellung der
Honorarbescheide für die ersten Quartale nach Einführung des EBM 2005 ist aber jedenfalls von einem
Übergangszeitraum bis zum Quartal IV/06 auszugehen (vgl. bereits Urteil der Kammer vom 24.09.2008 – S 12 KA
467/07 -; v. 27.08.2008 - S 12 KA 513/07 -).
Nicht ersichtlich ist aber, aus welchen Gründen die Praxen, die höhere Fallwerte als im Vorjahresquartal erzielen, über
den allgemeinen Beitrag eines ggf. geringeren Punktwertes hinaus durch die Kürzungsbeträge zur Finanzierung
herangezogen werden. Sachliche Gründe sind der Kammer hierfür nicht ersichtlich. Soweit es sich um ausschließlich
fiskalische Gründe handelt, um die Ausgleichsbeträge zu finanzieren, wird völlig unabhängig vom Leistungsgeschehen
und vom Leistungsumfang der einzelnen Praxis gekürzt. Im Ergebnis handelt es sich damit um eine Regelung, die die
Vergütungsstrukturen, wie sie vor Einführung des EBM 2005 galten, fortführt. Veränderungen in der
Vergütungsstruktur werden damit z. T. nur im Korridor von + 5 % zugelassen. Die eigentliche Honorarbegrenzung und
Steuerung hat aber durch die vom Bewertungsausschuss zum Quartal II/05 auf gesetzlicher Grundlage eingeführten
Regelleistungsvolumina zu erfolgen. Führen diese im Einzelfall zu starken Honorarverlusten, werden sie z. T. durch
die Ausgleichsregelung aufgefangen und werden die Regelleistungsvolumina im Ergebnis weitgehend nivelliert. Für die
Praxen, die zu Kürzungsbeträgen herangezogen werden, bedeutet aber die Ausgleichsregelung eine Vergütung nach
einem praxisindividuellen Individualbudget, das aus dem Produkt von Fallwert im Referenzquartal und aktueller
Fallzahl zu errechnen ist. Die Regelleistungsvolumina sind damit für sie ebf. ohne Bedeutung, ohne dass die
Ausgleichsregelung für sie die Bedeutung einer Härtefallregelung haben könnte.
Die Vertragsparteien waren aber an die Vorgaben des Bewertungsausschusses gebunden und jedenfalls nicht befugt,
im Rahmen der Ausgleichsregelung Kürzungsbeträge vorzusehen.
Nach § 85 Abs. 4 Sozialgesetzbuch, Fünftes Buch - Gesetzliche Krankenversicherung v. 20.12.1988, BGBl. I S. 2477
in der hier maßgeblichen Fassung des Gesetzes zur Modernisierung der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-
Modernisierungsgesetz – GMG) v. 14.11.2003, BGBl. I S. 2190 mit Gültigkeit ab 01.01.2005 (SGB V), verteilt die
Kassenärztliche Vereinigung die Gesamtvergütungen an die Vertragsärzte; in der vertragsärztlichen Versorgung
verteilt sie die Gesamtvergütungen getrennt für die Bereiche der hausärztlichen und der fachärztlichen Versorgung (§
73) (§ 85 Abs. 4 Satz 1 SGB V). Sie wendet dabei ab dem 1. Juli 2004 den mit den Landesverbänden der
Krankenkassen und den Verbänden der Ersatzkassen erstmalig bis zum 30. April 2004 gemeinsam und einheitlich zu
vereinbarenden Verteilungsmaßstab an; für die Vergütung der im ersten und zweiten Quartal 2004 erbrachten
vertragsärztlichen Leistungen wird der am 31. Dezember 2003 geltende Honorarverteilungsmaßstab angewandt (§ 85
Abs. 4 Satz 2 SGB V). Bei der Verteilung der Gesamtvergütungen sind Art und Umfang der Leistungen der
Vertragsärzte zu Grunde zu legen; dabei ist jeweils für die von den Krankenkassen einer Kassenart gezahlten
Vergütungsbeträge ein Punktwert in gleicher Höhe zu Grunde zu legen (§ 85 Abs. 4 Satz 3 SGB V). Im
Verteilungsmaßstab sind Regelungen zur Vergütung der psychotherapeutischen Leistungen der Psychotherapeuten,
der Fachärzte für Kinder- und Jugendpsychiatrie und -psychotherapie, der Fachärzte für Psychiatrie und
Psychotherapie, der Fachärzte für Nervenheilkunde, der Fachärzte für psychotherapeutische Medizin sowie der
ausschließlich psychotherapeutisch tätigen Ärzte zu treffen, die eine angemessene Höhe der Vergütung je Zeiteinheit
gewährleisten (§ 85 Abs. 4 Satz 4 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat sicherzustellen, dass die Gesamtvergütungen
gleichmäßig auf das gesamte Jahr verteilt werden (§ 85 Abs. 4 Satz 5 SGB V). Der Verteilungsmaßstab hat
Regelungen zur Verhinderung einer übermäßigen Ausdehnung der Tätigkeit des Vertragsarztes vorzusehen (§ 85 Abs.
4 Satz 6 SGB V). Insbesondere sind arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen, bis zu denen die von einer
Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind (Regelleistungsvolumina) (§ 85 Abs. 4 Satz
7 SGB V). Für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte ist vorzusehen, dass die den Grenzwert überschreitende
Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird (§ 85 Abs. 4 Satz 8 SGB V). Widerspruch und Klage
gegen die Honorarfestsetzung sowie ihre Änderung oder Aufhebung haben keine aufschiebende Wirkung (§ 85 Abs. 4
Satz 9 SGB V). Die vom Bewertungsausschuss nach Absatz 4a Satz 1 getroffenen Regelungen sind Bestandteil der
Vereinbarungen nach Satz 2 (§ 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V). Dabei bestimmt nach § 85 Abs. 4a Satz 1 SGB V der
Bewertungsausschuss Kriterien zur Verteilung der Gesamtvergütungen nach § 85 Abs. 4 SGB V, insbesondere zur
Festlegung der Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung sowie für deren Anpassung
an solche Veränderungen der vertragsärztlichen Versorgung, die bei der Bestimmung der Anteile der hausärztlichen
und der fachärztlichen Versorgung an der Gesamtvergütung zu beachten sind; er bestimmt ferner, erstmalig bis zum
29. Februar 2004, den Inhalt der nach § 85 Abs. 4 Satz 4, 6, 7 und 8 SGB V zu treffenden Regelungen.
Der Bewertungsausschuss ist seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u. a. durch den Beschluss
in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch die Kassenärztlichen
Vereinigungen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V mit Wirkung zum 1. Januar 2005 (Deutsches Ärzteblatt 101, Ausgabe 46
vom 12.11.2004, Seite A-3129 = B-2649 = C-2525) (im Folgenden: BRLV) nachgekommen. Darin bestimmt er, dass
Regelleistungsvolumen gemäß § 85 Abs. 4 SGB V arztgruppenspezifische Grenzwerte sind, bis zu denen die von
einer Arztpraxis oder einem medizinischen Versorgungszentrum (Arzt-Abrechnungsnummer) im jeweiligen
Kalendervierteljahr (Quartal) erbrachten ärztlichen Leistungen mit einem von den Vertragspartnern des
Honorarverteilungsvertrages (ggf. jeweils) vereinbarten, festen Punktwert (Regelleistungspunktwert) zu vergüten sind.
Für den Fall der Überschreitung der Regelleistungsvolumen ist vorzusehen, dass die das Regelleistungsvolumen
überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten (Restpunktwerten) zu vergüten ist (III.2.1 BRLV).
Für die Arztpraxis oder das medizinische Versorgungszentrum, die bzw. das mit mindestens einer der in Anlage 1
genannten Arztgruppen zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist, sind im Honorarverteilungsvertrag
nachfolgende Regelleistungsvolumen zu vereinbaren, für die dieser Beschluss die Inhalte der Regelungen vorgibt
(III.3.1 Abs. 1 BRLV). Die in 4. aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen unterliegen nicht den
Regelleistungsvolumen (III.3.1 Abs. 4 BRLV).
Die Kammer sieht in diesen Bestimmungen eine verbindliche Vorgabe des Bewertungsausschusses. Dies hat die
Kammer bereits für die von der Beklagten vorgenommene und gegen die Vorgaben des Bewertungsausschusses
verstoßende Einbeziehung von Dialyseleistungen in die Regelleistungsvolumina festgestellt (vgl. Urteil der Kammer
vom 26.09.2007 - S 12 KA 822/06 – www.sozialgerichtsbarkeit.de = juris). Die hiergegen eingelegte Berufung hat das
Landessozialgericht zurückgewiesen (LSG Hessen, Urt. v. 23.04.2008 - L 4 KA 69/07 - www.sozialgerichtsbarkeit.de
= juris, Revision anhängig - B 6 KA 31/08 -). Es hat im Einzelnen dargelegt, dass ein Honorarverteilungsvertrag nach
der gesetzlichen Fiktion des § 85 Abs. 4 Satz 10 SGB V aus einem Beschlussteil und dem zwischen den
Vertragspartnern vereinbarten Teil besteht, dass Im Falle einer divergenten Regelung den bundeseinheitlichen
Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses der Vorrang zu kommt und dass die Vertragspartner des
Honorarverteilungsvertrags an die Beschlussregelungen des Bewertungsausschusses in der Weise gebunden sind,
dass sie rechtswirksam keine abweichende Regelung treffen konnten. Dem folgt die Kammer vollumfänglich.
In Fortführung ihrer Rechtsprechung stellt die Kammer nunmehr fest, dass die Vorgaben des Bewertungsausschusses
auch insofern verbindlich sind, als daneben nicht Regelungen geschaffen werden können, die faktisch zu einem
praxisindividuellen Individualbudget führen, wie dies aus den genannten Gründen bei der Festsetzung von
Kürzungsbeträgen nach der Ziff. 7.5 HVV der Fall ist (vgl. bereits Urteile der Kammer v. 27.08.2008 - S 12 KA 513/07
-; v. 16.07.2008 - S 12 KA 377/07 -).
Die Kammer hält insofern an ihrer bisherigen Rechtsauffassung fest. Bereits der Wortlaut der Bestimmungen des
Bewertungsausschusses lässt nicht erkennen, dass es sich um bloße Empfehlungen an die Partner des
Honorarverteilungsvertrages handeln sollte. Auch besteht der Gesetzesauftrag an den Bewertungsausschuss nach §
85 Abs. 4 und 4a SGBV darin, verbindliche Vorgaben zu erlassen. Der Bewertungsausschuss gibt verbindlich vor, für
welche Arztgruppen Regelleistungsvolumen zu bestimmen sind. Eine Ausnahme hiervon oder die Ermächtigung zu
einer abweichenden Regelung in einem HVV sieht der Beschluss des Bewertungsausschusses nicht vor. Angesichts
der eindeutigen Regelung liegt es nicht im Handlungsspielraum der Vertragspartner eines HVV, ggf. weitere
Regelleistungsvolumina einzuführen bzw. abweichend von den Vorgaben weitere Leistungen einzubeziehen oder aber
wieder Individualbudgets einzuführen. III.2.2 Abs. 1 BRLV setzt voraus, dass nach dem BRLV Steuerungsinstrumente
anzuwenden sind. Nur in diesem Fall können bereits vergleichbare bestehende Steuerungsinstrumente bis Ende 2005
fortgeführt werden. Die hier strittige Ziff. 7.5 HVV ist aber neu eingeführt worden.
Soweit es der Beklagten allgemein nicht verwehrt ist, auch bei Vorgaben des Bewertungsausschusses weitere
Steuerungsmaßnahmen im HVV zu vereinbaren, so gilt dies dann nicht, soweit, wie bereits ausgeführt, verbindliche
und damit zwingende Vorgaben durch den Beschluss des Bewertungsausschusses bestehen.
Das Bundessozialgericht hat zur Einführung von Praxisbudgets im EBM zum 01.07.1997 die Bindung des
Normgebers für die Honorarverteilung an die Vorgaben des Einheitlichen Bewertungsmaßstabs herausgearbeitet.
Danach ist die Kassenärztliche Vereinigung (KÄV) im Rahmen der ihr nach § 85 Abs. 4 SGB V obliegenden
Honorarverteilung an die gesetzlichen Vorgaben und auch an die Bestimmungen des EBM gebunden. Der auf der
Grundlage des § 85 Abs. 4 Satz 2 SGB V zu beschließende Honorarverteilungsmaßstab (HVM) darf nicht gegen die
Vorschriften des auf der Grundlage des § 87 Abs. 2 SGB V erlassenen Bewertungsmaßstabs verstoßen. Dieser ist
nach § 87 Abs. 1 SGB V Bestandteil des Bundesmantelvertrages-Ärzte, der wiederum in seiner Rechtsqualität
Vorrang vor regionalen Gesamtverträgen und den Satzungen der KÄV hat. Das ergibt sich im Übrigen auch aus § 81
Abs. 3 SGB V. Danach müssen die Satzungen der KÄVen Bestimmungen darüber enthalten, dass u. a. die von der
Kassenärztlichen Bundesvereinigung abzuschließenden Verträge für sie wie für ihre Mitglieder verbindlich sind. Ein
HVM, der sich in Widerspruch zu verbindlichen Vergütungsvorgaben des EBM setzt, ist deshalb rechtswidrig und - da
es sich um eine Norm handelt – nichtig. Soweit demgegenüber die Auffassung vertreten wird, die Satzungsautonomie
der KÄV sei allein durch "übergeordnete Rechtsvorschriften" wie etwa die Grundrechte, nicht aber durch Verträge
nach § 82 Abs. 1 SGB V bzw. § 87 Abs. 1 SGB V eingeschränkt, trifft das nicht zu. Das BSG hat mehrfach
entschieden, dass im EBM Vergütungsstrukturen vorgegeben werden dürfen, die notwendigerweise bundeseinheitlich
geregelt werden müssen. Daran hat der Gesetzgeber durch die Ergänzung des § 87 Abs. 2a SGB V im 2. GKV-NOG
angeknüpft und für die Praxisbudgets klarstellend eine "tragfähige Rechtsgrundlage" geschaffen. Mit dem zum 1.
Januar 2000 in Kraft getretenen Gesetz zur Reform der gesetzlichen Krankenversicherung ab dem Jahr 2000 (GKV-
Gesundheitsreformgesetz 2000) vom 22. Dezember 1999 (BGBl I 2626) sind Umfang und Tragweite der im EBM zu
regelnden Vergütungsstrukturen noch erheblich ausgeweitet worden. Nach § 85 Abs. 4a SGB V hat der
Bewertungsausschuss die Kriterien für die Verteilung der Gesamtvergütungen und insbesondere zur Festlegung der
Vergütungsanteile für die hausärztliche und die fachärztliche Versorgung zu bestimmen. Ferner hat er nach § 87 Abs.
2a Satz 4 SGB V die nach § 87 Abs. 2 SGB V abrechnungsfähigen Leistungen der hausärztlichen oder der
fachärztlichen Versorgung i. S. d. § 73 Abs. 1 SGB V zuzuordnen. Die mit dieser Normsetzungskompetenz des
Bewertungsausschusses verbundenen Ziele können nur erreicht werden, wenn die KÄVen im Rahmen der
Honorarverteilung an die Vorgaben des EBM gebunden sind. Sie dürfen deshalb weder Arztgruppen von der
Budgetierung ausnehmen, die der EBM einbezieht, noch die Bereiche der budgetierten und der nicht budgetierten
Leistungen anders als im EBM festlegen. In diesem Sinne sind die Budgetierungsregelungen im EBM vorgreiflich und
verbindlich gegenüber Maßnahmen der Honorarverteilung. Dennoch darf die KÄV kraft ihrer Gestaltungsfreiheit im
Rahmen der Honorarverteilung mengensteuernde Regelungen treffen, um ihrer Verantwortung für die Sicherstellung
der vertragsärztlichen Versorgung (§ 75 Abs. 1 Satz 1 SGB V) gerecht zu werden. Allein der Umstand, dass einzelne
Arztgruppen von den Praxisbudgets nicht erfasst werden und Ärzte aller Arztgruppen in mehr oder weniger großem
Umfang unbudgetierte Leistungen erbringen, schließt die Annahme aus, mit der Einführung der Praxisbudgets im EBM
sei die Verantwortung der KÄV für eine den gesetzlichen Vorgaben des § 85 Abs. 4 SGB V genügende
Honorarverteilung aufgehoben oder verdrängt worden. Vor allem hat die Einführung von Praxisbudgets im EBM zum 1.
Juli 1997 nichts an der insgesamt begrenzten Gesamtvergütung für alle vertragsärztlichen Leistungen i. S. des § 85
Abs. 1 SGB V geändert. Nach wie vor besteht die Situation, dass ein begrenzter Geldbetrag für die Vergütung aller
von den Vertragsärzten in einem bestimmten Zeitraum erbrachten und abgerechneten Leistungen zur Verfügung steht,
was wiederum zur Folge hat, dass der "Preis" der einzelnen ärztlichen Leistung erst feststeht, wenn bekannt ist, wie
viele Leistungen welcher Art und damit wie viele Punkte insgesamt von den Vertragsärzten abgerechnet werden.
Praxisbudgets reduzieren lediglich den Anreiz zur immer weiteren Vermehrung der abrechenbaren Leistungen, weil
das Honorar des Arztes für die Leistungen des budgetierten Bereichs allein durch das Produkt aus
arztgruppenbezogener Fallpunktzahl und Zahl der Behandlungsfälle bestimmt wird. Da aber auch für die Leistungen
des "grünen" (budgetierten) Bereichs keine festen bzw. vereinbarten Punktwerte gelten, andererseits aber gerade die
Stabilisierung des Punktwertes ein maßgebliches Ziel bei der Einführung der Praxisbudgets war, ist es auch nach
dem 1. Juli 1997 Aufgabe der KÄV, im Rahmen der Honorarverteilung das Notwendige und Mögliche zur
Gewährleistung ausreichender Punktwerte zu tun und auf regionaler Ebene eintretende unerwünschte Verwerfungen
zwischen einzelnen Arztgruppen und auch innerhalb einer Arztgruppe zu verhindern. Daher stehen der KÄV auch nach
dem 1. Juli 1997 im Grundsatz alle diejenigen Honorarverteilungsregelungen zur Verfügung, die das BSG bisher für
zulässig gehalten hat, soweit die Bestimmungen über die Praxisbudgets im EBM keine abweichenden Vorgaben
enthalten (vgl. BSG, Urteil v. 08.03.2000, Aktenzeichen: B 6 KA 7/99 R, SozR 3-2500 § 87 Nr. 23 = BSGE 86, 16 =
MedR 2000, 543 = NZS 2001, 107 = USK 2000-108, zitiert nach juris, Rdnr. 34-36).
Danach geht auch das Bundessozialgericht davon aus, dass der Bewertungsausschuss die Aufgabe hat, verbindliche
Vorgaben für die Honorarverteilung zu erlassen. Der Auffassung, es handele sich dabei um bloße "Empfehlungen",
findet weder im Gesetz noch in der Rechtsprechung eine Stütze.
Aufgrund der eindeutigen Nichtbeachtung der Vorgaben des Bewertungsausschusses war der Ziff. 7.5 HVV, soweit
die Regelung zu Kürzungsbeträgen führt, von Anfang an rechtswidrig und können die Grundsätze einer sog. Anfangs-
und Erprobungsregelung nicht angewandt werden.
Die Beklagte war daher zur Neubescheidung zu verpflichten. Die Rechtswidrigkeit führt nicht zwingend dazu, dass d.
Kl. der Kürzungsbetrag in vollem Umfang zurückzuerstatten ist, weshalb der Hauptantrag insoweit als unbegründet
abzuweisen war. Aus den genannten Gründen hält die Kammer die "positive" Ausgleichsregelung jedenfalls im hier
maßgeblichen Zeitraum noch für zulässig. Die Beklagte hat daher einen neuen Punktwert zu errechnen auf der
Grundlage, dass ihr insgesamt keine Kürzungsbeträge zur Verfügung stehen. Dieser neu errechnete Punktwert ist
dann maßgebend, soweit er oberhalb des sog. Stützungspunktwerts liegt. Liegt er darunter, ist der
Stützungspunktwert maßgebend. Die Beklagte wäre dann verpflichtet gewesen, die Ausgleichsbeträge entsprechend
zu kürzen, da der Stützungspunktwert nicht unterschritten werden darf.
Aufgrund der Rechtswidrigkeit der Ziff. 7.5 HVV, soweit die Regelung zu Kürzungsbeträgen führt, kann hier
dahinstehen, ob die Beklagte die Vorgaben der Ziffer 7.5 HVV überhaupt eingehalten hat.
Die Honorarbescheide sind ferner insoweit rechtswidrig, als die Beklagte Leistungen, die entsprechend den Vorgaben
des Bewertungsausschusses dem Leistungsbereich 4.1 zuzuordnen sind (III.4.1 BRLV), innerhalb des
Regelleistungsvolumens vergütet hat. Insofern ist auch die Berechnung des Regelleistungsvolumens fehlerhaft.
Die Festsetzung des Regelleistungsvolumens ist grundsätzlich rechtmäßig.
Nach Ziffer 6.3 HVV sind praxisindividuelle Regelleistungsvolumina zu bilden, da die Klägerin zu den entsprechenden
Arztgruppen gehört.
Im Einzelnen bestimmt Ziffer 6.3 HVV:
Die im Abrechnungsquartal für eine Praxis zutreffende Fallpunktzahl bestimmt sich aus der Zugehörigkeit der Ärzte
einer Praxis zu einer in der Anlage 1 angeführten Arzt-/Fachgruppe unter Beachtung der angeführten Altersklassen.
Bei Gemeinschaftspraxen bestimmt sich die Höhe der in der einzelnen Altersklasse zu treffenden Fallpunktzahl als
arithmetischer Mittelwert aus der Fallpunktzahl der in der Gemeinschaftspraxis vertretenen Ärzte (gemäß Zuordnung
entsprechend Anlage zu Ziffer 6.3) verbunden mit folgender Zuschlagsregelung:
130 Punkte bei arztgruppen- und schwerpunktgleichen Gemeinschaftspraxen sowie bei Praxen mit angestellten
Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung gemäß Angestellten-Ärzte Richtlinien unterliegen,
alternativ
30 Punkte je in einer arztgruppen- oder schwerpunktübergreifenden Gemeinschaftspraxis repräsentiertem Fachgebiet
oder Schwerpunkt, mindestens jedoch 130 Punkte und höchstens 220 Punkte
Bei der Ermittlung der Zuschlagsregelung bleiben Ärzte aus Arztgruppen, für die gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 keine
arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen definiert sind, unberücksichtigt.
Die Zuschlagsregelung findet keine Anwendung bei Praxen mit angestellten Ärzten bzw. zugelassenen Ärzten, die
einer Leistungsbeschränkung gemäß Bedarfsplanungsrichtlinien bzw. Angestellten-Ärzte-Richtlinien unterliegen. Für
Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen ausüben,
richtet sich die Höhe der Fallpunktzahl in den einzelnen Altersklassen nach dem Schwerpunkt der Praxistätigkeit bzw.
dem Versorgungsauftrag mit dem der Arzt bzw. Psychotherapeut zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen ist.
Das im aktuellen Abrechnungsquartal gültige praxisindividuelle (fallzahlabhängige) Regelleistungsvolumen einer Praxis
bestimmt sich dann aus der Multiplikation der im aktuellen Quartal nach verstehender Vorgabe ermittelten
arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen und der Fallzahl der Praxis unter Beachtung der Aufteilung der relevanten
Fallzahlen in die verschiedenen Altersklassen.
Bei der Ermittlung der für die einzelnen Altersklassen gültigen relevanten Fallzahlen einer Praxis sind alle kurativ
ambulanten Behandlungsfälle (gemäß § 21 Abs. 1 Satz 1 und Absatz 2 BMVÄ bzw. § 25 Absatz 1 Satz 1 GKV
zugrunde zu legen, ausgenommen Behandlungsfälle, die gemäß Anlage 1 Und 2 zu Ziffer 7.1 Honorierung kommen,
Notfälle im organisierten ärztlichen Bereitschaftsdienst bzw. Notdienst (Muster 19 A der Vordruckvereinbarung),
Überweisungsfälle zur Durchführung ausschließlich von Probenuntersuchungen oder zur Befundung von
dokumentierten Untersuchungsergebnissen sowie Behandlungsfälle, in denen ausschließlich Kostenerstattungen des
Kapitels V. 40 abgerechnet werden. Die so festgestellten Fallzahlen reduzieren sich dabei (vorab der Berechnung des
praxisindividuellen (fallzahlabhängigen) Regelleistungsvolumens) aufgrund einer zuvor durchgeführten
fallzahlabhängigen Bewertung (Fallzahlbegrenzungsregelung) gemäß Ziffer 5.2, wobei die aus dieser Maßnahme
resultierende Reduzierung anteilig auf die Altersklassen zu verteilen ist.
Das nach dieser Vorschrift festgestellte Regelleistungsvolumen einer Praxis im aktuellen Quartal ist dann nachfolgend
für jeden über 150% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren Vorjahresquartal
hinausgehenden Fall um 25% zu mindern.Die Feststellung der relevanten durchschnittlichen Fallzahl erfolgt bei
Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die nicht einer Leistungsbeschränkung unterliegen, je in
der Gemeinschaftspraxis tätigen Arzt bzw. Psychotherapeuten.
Für die Bildung des Regelleistungsvolumens einer Praxis im Abrechnungsquartal gilt im Übrigen eine
Fallzahlobergrenze in Höhe von 200% der durchschnittlichen Fallzahl der Honorar(unter)gruppe im vergleichbaren
Vorjahresquartal. Überschreitet eine Praxis im aktuellen Abrechnungsquartal diese Fallzahlobergrenze, tritt diese
anstelle der praxisindividuellen Fallzahl bei der Ermittlung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens. Dabei
bestimmt sich im Falle von Gemeinschaftspraxen und Praxen mit angestellten Ärzten, die keiner
Leistungsbeschränkung unterliegen, die Fallzahlobergrenze aus den arztgruppenbezogenen durchschnittlichen
Fallzahlen im entsprechenden Vorjahresquartal je in der Gemeinschaftspraxis tätigen Art bzw. Psychotherapeuten.
Für Ärzte bzw. Psychotherapeuten, die ihre Tätigkeit unter mehreren Gebiets- oder Schwerpunktbezeichnungen
ausüben, bestimmt sich die durchschnittliche Fallzahl im entsprechenden Vorjahresquartal für vorstehende
Bewertungsvorgaben bzw. Fallzahlobergrenze aus der Honorar(unter)gruppe, zu der sie nach dem Versorgungsauftrag
zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassen sind.
Soweit in der Anlage zu Ziffer 6.3 Arztgruppen nicht aufgeführt sind, gehen deren Fälle und Honoraranforderungen
nicht in die Berechnung des praxisspezifischen Regelleistungsvolumens ein.
Der Vorstand der KV Hessen ist ermächtigt, aus Gründen der Sicherstellung der ärztlichen und
psychotherapeutischen Versorgung praxisbezogenen Änderungen an den arztgruppenspezifischen Fallpunktzahlen
gemäß Anlage zu Ziffer 6.3 vorzunehmen.
Die Kammer hält diese Regelungen, soweit sie hier streitbefangen sind, grundsätzlich für rechtmäßig.
Wie bereits ausgeführt ist der Bewertungsausschuss seinen Regelungsverpflichtungen nach § 85 Abs. 4a SGB V u.
a. durch den Beschluss in seiner 93. Sitzung am 29. Oktober 2004 zur Festlegung von Regelleistungsvolumen durch
die Kassenärztlichen Vereinigungen nachgekommen, woran die Vertragsparteien des HVV gebunden sind.
In der Anlage 1 BRLV werden unter den Arztgruppen, für die Arztgruppentöpfe gemäß III.1. BRLV und
Regelleistungsvolumen gemäß III.3.1 BRLV berechnet werden, die Fachärzte für Anästhesiologie genannt.
Entsprechend hat der HVV auch die Fach(unter)gruppe gebildet.
Mit dem GMG hat der Gesetzgeber die bisher als Soll-Vorschrift ausgestaltete Regelung zu den
Regelleistungsvolumina verbindlich vorgegeben. Dadurch soll erreicht werden, dass die von den Ärzten erbrachten
Leistungen bis zu einem bestimmten Grenzwert mit festen Punktwerten vergütet werden und den Ärzten insoweit
Kalkulationssicherheit hinsichtlich ihrer Praxisumsätze und -einkommen gegeben wird. Leistungen, die den Grenzwert
überschreiten, sollen mit abgestaffelten Punktwerten vergütet werden; damit soll zum einen der Kostendegression bei
steigender Leistungsmenge Rechnung getragen werden, zum anderen soll der ökonomische Anreiz zur übermäßigen
Mengenausweitung begrenzt werden (vgl. BT-Drs. 15/1170, S. 79).
Regelleistungsvolumina dienen damit der Kalkulationssicherheit bei der Vergütung der vertragsärztlichen Leistungen
(vgl. Engelhard in: Hauck/Haines, SGB V, Kommentar, § 85, Rn. 256a f.; Freudenberg in: jurisPK-SGB V, Online-
Ausgabe, Stand: 26.02.2008, § 85, Rn. 164). Zum anderen haben sie aufgrund des Zwecks, der Kostendegression bei
steigender Leistungsmenge Rechnung zu tragen als auch den ökonomischen Anreiz zur Ausweitung der
Leistungsmenge zu verringern, auch den Charakter von Honorarbegrenzungsmaßnahmen (vgl. Engelhard, ebd.). Nach
Auffassung der Kammer steht aber angesichts der gesetzgeberischen Vorgaben der Gesetzeszweck der
Kalkulationssicherheit im Vordergrund, insbesondere auch im Hinblick auf eine begrenzte Gesamtvergütung bei
insgesamt steigenden Leistungsanforderungen.
Ein Ausnahmefall, der ein Abweichen vom festgesetzten Regelleistungsvolumen rechtfertigen würde, liegt nicht vor.
Die Klägerin hat auch keine entsprechenden Gründe vorgetragen. Im Übrigen wird das Regelleistungsvolumen nicht
überschritten.
Die Beklagte hat aber Leistungen, die entsprechend den Vorgaben des Bewertungsausschusses dem
Leistungsbereich 4.1 zuzuordnen sind (III.4.1 BRLV) und außerhalb des Regelleistungsvolumens zu vergüten sind, in
das Regelleistungsvolumen einbezogen. Dies ist rechtswidrig.
Nach Ziff. 6.3 HVV sind bei der Ermittlung der für die einzelnen Altersklassen gültigen relevanten Fallzahlen einer
Praxis alle kurativ ambulanten Behandlungsfälle zugrunde zu legen, ausgenommen Behandlungsfälle, die gemäß
Anlage 1 und 2 zu Ziffer 7.1 zur Honorierung kommen, Notfälle im organisierten ärztlichen Bereitschaftsdienst bzw.
Notdienst (Muster 19 A der Vordruckvereinbarung), Überweisungsfälle zur Durchführung ausschließlich von
Probenuntersuchungen oder zur Befundung von dokumentierten Untersuchungsergebnissen sowie Behandlungsfälle,
in denen ausschließlich Kostenerstattungen des Kapitels V. 40 abgerechnet werden. Anlage 1 und 2 zu Ziffer 7.1 HVV
betreffen Vorwegleistungen als extrabudgetäre Leistungen. Es handelt sich nach Ziffer 7.1 a) HVM um Leistungen
gemäß Anlagen 1 (Primärkassen) und 2 (Ersatzkassen), die aufgrund besonderer Regelungen und Vereinbarungen
abweichend von den allgemeinen Bestimmungen, gesondert zu vergüten sind. In den Anlagen 1 und 2 werden nicht
die Leistungen aufgeführt, die nach Abschnitt III.4.1 BRLV außerhalb des Regelleistungsvolumens zu vergüten sind.
Soweit nach Ziffer 6.4 HVV im Einzelnen aufgeführte Leistungen bzw. Leistungsbereichen nicht innerhalb des
Regelleistungsvolumens, sondern zu festen Punktwerten zu vergüten sind, handelt es sich nur z. T. um die in
Abschnitt III.4.1 BRLV genannten Leistungen.
Hierdurch sind die Punktzahlen des Regelleistungsvolumens bereits fehlerhaft berechnet worden. Zudem sind
Leistungen bei der Anwendung des Regelleistungsvolumens einbezogen worden, die außerhalb hätten vergütet werden
müssen.
Der Bewertungsausschuss für hat die im Einzelnen aufgeführten Leistungen bestimmt, dass diese aus dem
Arztgruppentopf zu vergütenden Leistungen und Leistungsarten, nicht dem Regelleistungsvolumen nicht unterliegen.
Regelleistungsvolumen (III.4.1 BRLV). Wie bereits ausgeführt sind die Vertragsparteien des HVV hieran gebunden und
besteht keine Ermächtigung für eine abweichende Regelung. Das bedeutet, dass die in Ziff. III. 4.1 BRLV
aufgeführten Leistungen, Leistungsarten und Kostenerstattungen, die nicht den Regelleistungsvolumina unterliegen,
nicht unter dem Regime der Regelleistungsvolumina abzurechnen sind (so zutreffend LSG Hessen, Urt. v.
23.04.2008, aaO., Rdnr. 32).
Von daher bedarf es keiner Änderung des HVV. Die Beklagte wird vielmehr die Punktzahlen für das
Regelleistungsvolumen ohne diese Leistungen neu berechnen und wird das Regelleistungsvolumen für die Klägerin
ebf. ohne diese Leistungen festsetzen. Diese Leistungen sind dann mit einem entsprechend neu berechneten
Punktwert des Fachgruppentopfes zu vergüten. Ein Anspruch auf einen festen Punktwert von 5,11 Cent besteht aber
mangels einer Anspruchsgrundlage nicht. Für sie gilt auch nicht der sog. Kalkulationspunktwert von 5,11 Cent, da es
für diesen, wie sogleich ausgeführt wird, keine Rechtsgrundlage gibt.
Im Übrigen war die Klage aber abzuweisen.
Soweit die Beklagte für die Leistungen innerhalb des Regelleistungsvolumens keinen festen, im Vorhinein fest
vereinbarten Punktwert vergütet hat, war dies von der Kammer nicht zu beanstanden.
§ 85 Abs. 4 Satz 7 SGB V sieht zwar vor, dass insbesondere arztgruppenspezifische Grenzwerte festzulegen sind,
bis zu denen die von einer Arztpraxis erbrachten Leistungen mit festen Punktwerten zu vergüten sind
(Regelleistungsvolumina). Entsprechend sieht Ziffer 6.4 HVV zunächst vor, dass die nach Abzug der
Vorwegvergütungen und zu festen Punktwerten vergüteten Leistungen dann noch verbleibenden Honorarforderungen
der Praxis der Bewertung mit einem Punktwert von 4,0 Ct. bis zu dem nach Ziffer 6.3 HVV für das aktuelle Quartal
festgestellten praxisindividuellen Regelleistungsvolumen unterliegen. Darüber hinausgehende Honorarforderungen sind
mit einem Punktwert von mindestens 0,51 Ct. zu bewerten.
Die Kammer hält die Vertragsparteien des Honorarverteilungsvertrages aber für gerade noch befugt, diesen Punktwert
zu quotieren, d. h. davon abhängig zu machen, welches Honorarvolumen den abgerechneten Leistungen
gegenübersteht, soweit die Quotierung auf honorarvertraglicher Grundlage erfolgt.
Für die hier maßgebliche fachärztliche Versorgungsebene sieht Ziffer 2.2 der Anlage 1 bzw. 2 zu Ziffer 7.2 HVV vor,
dass, reicht der zur Verfügung stehende Anteil am Verteilungsbetrag in einer Honorar(unter)gruppe zur Honorierung der
angeforderten Leistungen nicht aus, eine Quotierung aller Honorarforderungen innerhalb des Regelleistungsvolumens
und damit des Punktwertes von 4,0 Ct. zu erfolgen hat. Soweit die so festgestellten Quoten um mehr als 15 %
Punkte von der nach gleicher Vorgehensweise über alle Honorar(unter)gruppen der Honorargruppe B 2 gebildeten
(mittleren) Quote abweichen, ist, soweit möglich, ein Ausgleich zwischen den Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.32
mit dem Ziel der Erreichung einer maximalen Abweichung von 15 % Punkten von der mittleren Quote für alle
Honorar(unter)gruppen B 2.1 bis B 2.32 durchzuführen.
Wenn auch einiges dafür spricht, dass die Vorstellung des Gesetzgebers von einer Begrenzung des
Leistungsgeschehens durch Regelleistungsvolumina bei gleichzeitig garantiertem Punktwert mit einhergehender
Kalkulationssicherheit ausging, so besteht jedenfalls keine rechtliche Garantie für eine bestimmte Höhe des
Punktwerts. Die Vereinbarung eines festen Punktwerts von 4 Cent im HVV, der nach Kenntnis der Kammer so gut wie
in keiner Honorar(unter)gruppe im Ergebnis zur Festsetzung kam, ist einer offensichtlich Fehlkalkulation der
Vertragsparteien des HVV geschuldet. Es kann hier dahinstehen, ob und welche berufspolitischen Überlegungen
hinter einer solchen Vereinbarung standen, ob dadurch ein günstiger Vertragsabschluss signalisiert werden sollte.
Insofern erleichtert die dargestellte Regelungssystematik des HVV nicht die Erkenntnis, dass der im Gegensatz zur
Koloskopieleistung nach Nr. 13421 EBM 2005 vorgegebene feste Punktwert von 4 Cent für Leistungen innerhalb des
Regelleistungsvolumens nicht unter dem "Vorbehalt einer gegebenenfalls erforderlichen Quotierung" steht, sondern
dieser Vorbehalt sich erst aus den Anlagen zum HVV ergibt. Jedenfalls hätte bei realistischerer Kalkulation bei einer
begrenzten Gesamtvergütung nur ein tieferer Punktwert vereinbart werden können, der im Hinblick auf
Sicherheitstoleranzen u. U. unterhalb des jetzt im Ergebnis festgesetzten quotierten Punktwerts gelegen hätte. Damit
würde gerade der Honoraranspruch der Praxen, deren Abrechnung sich im Wesentlichen innerhalb des
Regelleistungsvolumens bewegt, eher vermindert werden. Die Vorgabe des Regelleistungsvolumens geht aber davon
aus, dass damit grundsätzlich das Leistungsgeschehen adäquat erfasst wird und ein auskömmliches Praxisergebnis
erzielt werden kann. Die Quotierung innerhalb des Regelleistungsvolumens führt im Ergebnis dazu, dass im Regelfall
ein höherer Punktwert innerhalb des Regelleistungsvolumens erreicht wird, ohne dass es zu Stützungsmaßnahmen
aus den anderen Honorar(unter)gruppen kommt. Insofern ist den Vertragsparteien des Honorarverteilungsvertrages ein
Regelungsspielraum einzuräumen.
Aber auch unterstellt, es ist von einer Rechtswidrigkeit der Quotierungsregelungen auszugehen, so besteht kein
Anspruch auf eine Vergütung zu einem Punktwert von 4 Cent. Die Regelungen zur Festvergütung von 4 Cent und
Quotierung bilden insofern eine Einheit. Hielte man eine Quotierung für unzulässig, so könnte die Beklagte bzw. die
Vertragsparteien nur verpflichtet werden, einen festen Punktwert rückwirkend festzusetzen bzw. zu vereinbaren, der
aber angesichts der begrenzten Gesamtvergütung nicht höher als der im Ergebnis quotierte Punktwert liegen könnte.
Nicht zu beanstanden war von der Kammer ferner, dass die das Regelleistungsvolumen übersteigenden
Leistungsanforderungen mit einem einheitlichen, dem sog. unteren Punktwert vergütet werden. Soweit nach § 85 Abs.
4 Satz 8 SGB V für den Fall der Überschreitung der Grenzwerte vorzusehen ist, dass die den Grenzwert
überschreitende Leistungsmenge mit abgestaffelten Punktwerten vergütet wird, folgt für die Kammer nicht, dass
"abgestaffelt" so zu verstehen ist, dass mindestens zwei Punktwertgruppen zu bilden sind. "Abgestaffelt" ist nach
Auffassung der Kammer so zu verstehen, dass ein geringerer Punktwert zur Auszahlung gelangt als für die
Leistungen innerhalb des Regelleistungsvolumens, was vorliegend der Fall war.
Es bestand auch keine Verpflichtung zur Auszahlung eines festen Punktwerts von 5,11 Cent. Zutreffend hat die
Beklagte dargelegt, dass der Bewertungsausschuss insofern zum Inkrafttreten des EBM 2005 keine bindende
Vorgabe weder generell noch für einzelne Leistungsbereiche gemacht hat. Soweit der EBM 2005 auf der Grundlage
einer betriebswirtschaftlichen Kalkulation mit einem Punktwert von 5,11 Cent erstellt wurde, handelt es sich um eine
Rechengröße. Eine Rechtsgrundlage für einen Anspruch auf Auszahlung eines festen Punktwerts ist der Kammer
nicht ersichtlich. Vielmehr beschränkt sich der Anspruch des Vertragsarztes auf die Teilnahme an der
Honorarverteilung und nicht auf einen bestimmten Honoraranspruch (§ 85 Abs. 4 SGB V).
Soweit die Klägerin sich letztlich gegen eine zu geringe Vergütung ihrer Leistungen wendet, kann dies keinen höheren
Honoraranspruch begründen.
Nach § 72 Abs. 2 SGB V ist die vertragsärztliche Versorgung im Rahmen der gesetzlichen Vorschriften und der
Richtlinien der Bundesausschüsse durch schriftliche Verträge der KÄVen mit den Verbänden der Krankenkassen so
zu regeln, dass (auch) die ärztlichen Leistungen angemessen vergütet werden. Aus dieser Bestimmung kann ein
subjektives Recht des einzelnen Vertragsarztes auf höheres Honorar für ärztliche Tätigkeiten erst dann in Betracht
kommen, wenn durch eine zu niedrige Vergütung ärztlicher Leistungen das vertragsärztliche Versorgungssystem als
Ganzes oder zumindest in Teilbereichen, etwa in einer Arztgruppe, und als Folge davon auch die berufliche Existenz
der an dem Versorgungssystem teilnehmenden Vertragsärzte gefährdet wird (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA
44/03 R – aaO., juris Rdnr. 130 m. w. N.). Anzeichen hierfür sind nicht ersichtlich. Auch für das Fachgebiet der
Klägerin besteht im Bezirk der Beklagten bedarfsplanungsrechtlich weiterhin eine Überversorgung und wird damit die
vertragsärztliche Versorgung gewährleistet.
Bei einer Neubescheidung ist die Beklagte daher auch nicht verpflichtet, die bisherigen Punktwerte als
Mindestpunktwerte oder höhere Punktwerte festzusetzen. Sie kann vielmehr die Auswirkungen der Entscheidung der
Kammer auf die gesamte Honorarverteilung berücksichtigen und insofern neue Punktwerte errechnen. Lediglich aus
dem Grundsatz des Verböserungsverbots (reformatio in peius) besteht eine Bindung an den bereits festgesetzten
Gesamthonoraranspruch.
Nach allem war der Klage lediglich im Hilfsantrag stattzugeben und war die Klage mit dem Hauptantrag abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens. Die Quotelung war anhand des unbegründeten Hauptantrags und des begründeten Hilfsantrags
entsprechend zu bestimmen.