Urteil des SozG Marburg vom 08.09.2010

SozG Marburg: bemessung der beiträge, wirtschaftliche leistungsfähigkeit, verzicht, versorgung, honorarforderung, vertragsarzt, beitragsbemessung, aktiven, hessen, anknüpfung

Sozialgericht Marburg
Urteil vom 08.09.2010 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Marburg S 12 KA 507/09
Hessisches Landessozialgericht L 4 KA 78/10
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die notwendigen Verfahrenskosten zu tragen.
Tatbestand:
Die Beteiligten streiten um den Abzug vom Honorar für das Quartal II/04 für die erweiterte Honorarverteilung der
Beklagten.
Die Klägerin ist eine Gemeinschaftspraxis und besteht aus drei Fachärzten und zwei Fachärztinnen für Radiologie
bzw. Nuklearmedizin, die alle zur vertragsärztlichen Versorgung mit Praxissitz in A-Stadt zugelassen sind.
Die Beklagte setzte mit Honorarbescheid vom 09.10.2004 das Nettohonorar der Klägerin auf 698.802,28 EUR fest. Für
den Primär- und den Ersatzkassenbereich legte sie bei 7.739 Behandlungsscheinen das Bruttohonorar in Höhe von
690.408,97 EUR fest. Das angeforderte Honorar nach Anwendung der EBM-Bestimmungen setzte sie auf
1.281.279,58 EUR fest, ebenso das anerkannte Honorar nach Anwendung der HVM-Bestimmungen. Den
Gesamtbetrag "besondere Kosten" im Rahmen der Berücksichtigungsfähigkeit nach § 5 der Grundsätze der
Erweiterten Honorarverteilung bezifferte sie mit 229.946,68 EUR für den Prämierkassenbereich und 133.841,54 EUR
für den Ersatzkassenbereich. Im Prämierkassenbereich ergab sich ein in die EHV einzubeziehendes Honorarvolumen
in Höhe von 579.680,25 EUR (809.626,93 EUR - 229.946,68 EUR), im Ersatzkassenbereich von 337.811,10 EUR
(471.652,64 EUR - 133.841,54 EUR). Die für die Zahlung im Rahmen der EHV einbehaltenen Honoraranteile setzte sie
auf 28.312,97 EUR fest.
Die Klägerin legte am 06.01.2005 Widerspruch gegen den Einbehalt der EHV-Beiträge ein. Zur Begründung führte sie
aus, die EHV sei zur Finanzierung einer zusätzlichen Altersversorgung von der Ermächtigung der Beklagten nicht
mehr gedeckt. Das Ziel, die Kriegsgeneration abzusichern, habe ihren sozialen Sinn verloren. Das derzeitige
Umlageverfahren – Quotierung des Gesamthonorars – verletze grundlegende, durch die Verfassung geschützte
Anforderungen an ein Versorgungssystem, das nicht auf freiwilliger Basis beruhe. Die Anwartschaften müssten in
einem angemessen Verhältnis zur den Beiträgen wachsen. Verfassungsrechtlich sei es nicht mehr vertretbar, wenn
der Einzahlende weniger erhalten werde als er selbst an Beiträgen aufgebracht habe. Für eine radiologische Praxis mit
einem Kostenanteil von 80 % bedeute die EHV, das eine Quotierung in Höhe von 95 % (d. h. 5 % des Umsatzes
gingen in die EHV) im Ergebnis zu einer Gewinneinbuße von 20 % führe, während die selbe Quotierung in einer Praxis
mit einem Kostenanteil von 50 % nur zur einer Gewinneinbuße von 10 % führe. Da die Kostenquote tatsächlich höher
sei, sei auch die Beitragsbelastung entsprechend höher. Das "Auslaufmodel" der Beklagten bedeute, dass gerade die
jungen und die neueintretenden Ärzte, hier insbesondere Herr Dr. C. und Frau Dr. D., benachteiligt würden. Es fehle
auch an einer hinreichenden Ermächtigungsgrundlage.
Die Beklagte wies mit Widerspruchsbescheid vom 01.07.2009 den Widerspruch als unbegründet zurück. Zur
Begründung führte sie aus, der statusrelevante Charakter der Teilnahme an der EHV lasse es nicht zu, über die
Rechtmäßigkeit der gesetzlichen und untergesetzlichen Regelung über die EHV in einem Streitverfahren gegen
Honorarbescheide zu befinden. Das Bundessozialgericht habe festgestellt, dass die Ermächtigungsgrundlage
uneingeschränkt wirksam sei. Von der Frage, ob die Rechtmäßigkeit der die Grundstrukturen der EHV regelnden
Normen im Honorarstreitverfahren überprüft werden könne, sei die Prüfung zu trennen, ob der Abzug von Beiträgen
zur EHV in dem streitigen Quartal uneingeschränkt rechtmäßig gewesen sei. Es sei eine rechtmäßige Gestaltung,
dass die Beitragshöhe an die Honorarhöhe und damit an den Umsatz des jeweiligen Vertragsarztes anknüpfe. Zu den
allgemeinen Grundsätzen des Beitragsrechts gehöre nicht eine Pflicht zur Schaffung von
Beitragsbemessungsgrenzen. Der Verzicht auf eine Beitragsbemessungsgrenze widerspreche nicht dem
Äquivalenzprinzip, solange aus höheren Beiträgen im Grundsatz auch höhere Versorgungsleistungen entstünden. Dies
sei bei der EHV der Fall. Es könne unterstellt werden, dass höhere Honoraransprüche auf einer höheren
wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit beruhten. Der Verzicht auf einer Beitragsbemessungsgrenze könne auf den
Solidaritätsgedanken gestützt werden. Es könne auch an die Honorarhöhe anstatt an den Gewinn angeknüpft werden.
Es sei zulässig, besondere Kostensätze bei einzelnen Leistung zu berücksichtigen und nicht für einzelne
Arztgruppen. Das Anknüpfen an einzelne Leistungen ohne Berücksichtigung der Fachzugehörigkeit vermeide eher
Ungleichbehandlungen, weil etwa auf diese Weise der unterschiedlichen Kostenbelastung zum Beispiel von
chirurgischen und internistischen Praxen mit und ohne Erbringung strahlentherapeutischer Leistungen (Teilradiologie)
Rechnung getragen werden könne. Im Übrigen führten höhere Honorarabzüge für die EHV als Folge höherer
vertragsärztlicher Umsätze während der aktiven Teilnahme an der EHV auch zu höheren Ansprüchen in der inaktiven
Phase. Soweit sie sich im Interesse der Vermeidung allzu großer Ungleichheiten dazu entschlossen habe, die
Leistungen in der inaktiven Phase zu begrenzen, stelle das den Grundsatz der Umsatzabhängigkeit der EHV in
Rahmen der inaktiven Teilnahme nicht infrage, sonder begrenze lediglich das Ausmaß der Differenzierung (vgl. BSG,
Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R -).
Hiergegen hat die Klägerin am 30.07.2009 die Klage erhoben. Zur Begründung führt sie aus, nach der Entscheidung
des BSG vom 16.07.2008 – B 6 KA 38/07 R – halte sie ihre bisherigen Bedenken zur Wirksamkeit der EHV nicht
mehr aufrecht. Das BSG habe aber dargelegt, dass es sich um ein Versorgungswerk handle und daher auch die für
Versorgungswerke entwickelten Maßstäbe gelten. Herr Dr. med. AS. sei seit dem 28.02.1983 als Radiologe
niedergelassen, sein Honorar werde seitdem um einen erheblichen Anteil zur Finanzierung der EHV gekürzt. Nach
Auskunft der Beklagten habe er im Abrechnungszeitraum bis 30.06.2003 (20,25 Jahre) Punktzahlen von insgesamt
23.289,253 erworben. Der durchschnittliche Arzt hätte in diesem Zeitraum eine Punktzahl von 8.100 erworben und
auch nur erreichen müssen, um den Höchstsatz gem. § 3 Abs 1c GEHV von 18 % zu erreichen. Er habe daher bisher
nahezu das Dreifache eingezahlt, als zur Erreichung des höchstmöglichen Anwartschaftssatzes erforderlich gewesen
wäre. Er habe die erforderliche Anwartschaft bereits nach 7 ½ Jahren erworben. Bei einer Tätigkeit von
voraussichtlich 30 Jahren müsste er 22 ½ Jahre überdurchschnittliche Beiträge entrichten, ohne auch nur eine einen
Cent höhere Rente erwarten zu können. Er müsse letztlich Steuern (Abgabe ohne Gegenleistung) zahlen. Der
Einbehalt für die EHV betrage, bezogen auf das Bruttohonorar, 4,1 %. Dies belege, dass die Beiträge umsatzbezogen
erhoben werden. Die Korrekturen wegen der unterschiedlichen Kostenstruktur der einzelnen Fachrichtungen wirkten
sich im Ergebnis minimal aus. Aufgrund der hohen Kostenstruktur sei der relative Beitrag zur EHV wesentlich höher.
Die EHV könne nicht mehr mit der Versorgung der Kriegsgeneration gerechtfertigt werden. Die Leistungsfähigkeit sei
bei den Ärzten nicht umsatzbezogen. Das Beitragsbemessungssystem führe zu einer sachlichen und von dem
Versorgungszweck nicht mehr gedeckten Ungleichbehandlung der Ärzte der höchsten Kostenquote. Die Arztrechnung
für das Quartal III/09 und die statistischen Nachweise zu der EHV Abrechnung zeigten im Vergleich mit den
Unterlagen für das II/04, dass sich die Quote der EHV-relevanten Honorarumsätze im Verhältnis zu den nicht EHV-
relevanten Honorarumsätzen nicht wesentlich verändert hätten.
Die Klägerin beantragt, den Honorarbescheid der Beklagten vom 09.10.2004 für das Quartal II/04 EHV Abzug - in
Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 01.07.2009 aufzuheben und die Beklagte, zu verpflichten,
sie unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts neu zu bescheiden, hilfsweise festzustellen, dass der
angefochtene Bescheid sie in ihren Rechten verletzt und rechtswidrig ist.
Die Beklagte beantragt, die Klage abzuweisen.
Sie verweist auf ihre Ausführungen im Widerspruchsbescheid und führt ergänzend aus, streitgegenständlich könne
lediglich die Frage sein, ob der Abzug von Beiträgen zur EHV uneingeschränkt rechtmäßig gewesen sei. Der
Einbehalt eines Teils der Gesamtvergütung für die EHV finde seine Rechtsgrundlage in LZ 702 Abs. 1 S. 1 HVM. Das
Bundessozialgericht habe nicht beanstandet, dass die Beitragshöhe an die Honorarhöhe und damit an den Umsatz
des jeweiligen Vertragsarztes anknüpfe. Es habe die nicht wesentlich abweichende Vorgängerregelung bestätigt.
Wegen der weiteren Einzelheiten wird auf den übrigen Inhalt der Gerichts- und beigezogenen Verwaltungsakte Bezug
genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Kammer hat in der Besetzung mit zwei ehrenamtlichen Richtern aus den Kreisen der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten verhandelt und entschieden, weil es sich um eine Angelegenheit der Vertragsärzte und
Vertragspsychotherapeuten handelt (§ 12 Abs. 3 Satz 2 Sozialgerichtsgesetz – SGG -). Die Kammer konnte dies trotz
Ausbleibens eines Vertreters der Beklagten tun, weil diese ordnungsgemäß geladen und auf diese Möglichkeit
hingewiesen worden ist.
Die Klage ist zulässig, denn sie sind insbesondere form- und fristgerecht bei dem zuständigen Sozialgericht erhoben
worden.
Die Klage ist aber unbegründet. Der angefochtene Honorarbescheid der Beklagten vom 09.10.2004 für das Quartal
II/04 – EHV-Abzug - in Gestalt des Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 01.07.2009 ist rechtmäßig. Er war
nicht aufzuheben. Die Klägerin hat keinen Anspruch, sie unter Berücksichtigung der Rechtsauffassung des Gerichts
neu zu bescheiden. Die Klage war daher im Haupt- und Hilfsantrag abzuweisen.
Der angefochtene Honorarbescheid der Beklagten vom 09.10.2004 für das Quartal II/04 – EHV-Abzug - in Gestalt des
Widerspruchsbescheides der Beklagten vom 01.07.2009 ist rechtmäßig.
Nach der Entscheidung des Bundessozialgerichts (BSG) vom 16.07.2008 – B 6 KA 38/07 R – BSGE 101, 106 =
SozR 4-2500 § 85 Nr. 43 = USK 2008-65 streiten die Beteiligten nicht mehr um die grundsätzliche Wirksamkeit der
EHV. Streitig ist im Wesentlichen nur noch die zulässige Höhe der Honorarabzüge, wobei zwischen den Beteiligten
weiterhin unstreitig ist, dass die Beklagte die Höhe der Zahlungen an die EHV nach den Satzungsbestimmungen
zutreffend berechnet hat.
Nach den Grundsätzen der Erweiterten Honorarverteilung der Kassenärztlichen Vereinigung Hessen in der Fassung
der Neufassung vom 02.12.2000, veröffentlicht durch Bekanntmachung im Hessischen Ärzteblatt, Oktober 2001,
geändert durch Beschluss der Abgeordnetenversammlung am 26.06.2004 mit Gültigkeit ab 01.01.2004 als der hier
maßgeblichen Fassung, veröffentlicht als Anlage 1 zum Landesrundschreiben/Bekanntmachung vom 16.07.2004 (im
Folgenden: GEHV) nimmt jedes ärztliche Mitglied der KV Hessen, soweit es rechtskräftig zur vertragsärztlichen
Tätigkeit zugelassen wurde und sein Honorar mit der KV Hessen regelmäßig abrechnet (aktiver Vertragsarzt), auch im
Falle der Anerkennung seiner Berufsunfähigkeit und nach Verzicht auf die vertragsärztliche Zulassung (inaktiver
Vertragsarzt) weiterhin an der (allgemeinen) Honorarverteilung im Rahmen dieser Bestimmungen der EHV teil,
gegebenenfalls auch seine Hinterbliebenen. Der Honoraranspruch dieser an der Honorarverteilung weiter Beteiligten
errechnet sich nach den Bestimmungen unter § 3 ff. (§ 1 Abs. 1 Satz 1 und 2 GEHV). Dem aktiven Vertragsarzt wird
zu diesem Zweck ein Teil seiner Honorarforderung nach Maßgabe des § 5 GEHV abgezogen. Dabei geht die Beklagte
von einem allgemeinen Praxiskostensatz in Höhe von 50 % aus und werden die darüber hinaus gemäß Anlage zu § 5
Abs. 1 für einzelne Leistungsbereiche definierten besonderen Kosten unter Berücksichtigung der abgerechneten
Honorarforderung für die dort aufgeführten Leistungsbereiche (bei Unterstellung eines Punktwertes von 10 Pfg.)
zusätzlich anteilig in Abzug gebracht (§ 5 Abs. 1 Satz 3 GEHV). D. h. unterstellte Praxiskosten von 50 % der
Honorarforderung gehen bei allen Vertragsärzten ebf. als Bemessungsgrundlage für die Beiträge zur EHV ein und
werden nur darüber hinausgehende Kostenanteile nicht berücksichtigt. Dies ist nicht zu beanstanden, als die Beklagte
damit von pauschaliert angenommenen allgemeinen Praxiskosten ausgeht. Würde dieser Anteil von der Bemessung
ausgenommen werden, so würde dies lediglich zu einer allgemeinen, alle Vertragsärzte gleichermaßen treffenden
Erhöhung der EHV-Quote führen.
Gemäß Anlage zu § 5 Abs. 1 werden u. a. sonographische Leistungen und echokardiographische Leistungen nach
Abschnitt C VII EBM (das sind Leistungen nach Nr. 375 bis 389 EBM) mit einem besonderen Kostensatz (bezogen
auf die Honorarforderung des Leistungsbereiches) von 20 %, Leistungen der Strahlendiagnostik (konvent. Radiologie
nach Abschnitt Q I, ausgenommen CT-Leistungen und Leistungen des Abschnitt Q II EBM) (das sind Leistungen
nach Nr. 5000 bis 5165 und 5300 EBM) mit einem besonderen Kostensatz von 35 %, CT-Leistungen nach Nrn. 5210
und 5211, 5221, 522 EBM mit einem besonderen Kostensatz von 30 %, MRT-Leistungen nach Nrn. 5520 und 5521
EBM mit einem besonderen Kostensatz von 30 % und Strahlentherapieleistungen nach Kapitel T EBM (das sind
Leistungen nach Nr. 6999 bis 7071 und 5300 EBM) mit einem besonderen Kostensatz von 25 % berücksichtigt. Damit
unterliegen die wesentlichen Anteile der von der Klägerin erbrachten Leistungen zusätzlich zu berücksichtigenden
Kostenanteilen und wird im Ergebnis hierfür von Kostenanteilen von 70 % bis 85 % ausgegangen.
Nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts, von der abzuweichen die Kammer hier keine Veranlassung
sieht, ist im HVM der Beklagten die konkret einschlägige Rechtsgrundlage für den Beitragsabzug enthalten. Der
Einbehalt eines Teils der Gesamtvergütungen für die EHV findet seine Grundlage in LZ 702 Abs 1 Satz 1 HVM.
Danach steht der nach Abzug der Vorwegzahlungen verbleibende (Verteilungs-)Betrag der Gesamtvergütung zur
Befriedigung der Honoraransprüche der an der vertragsärztlichen Versorgung teilnehmenden Ärzte und Einrichtungen,
der Ansprüche aus der EHV und der Ansprüche aus Fremdkassenfällen zur Verfügung. Da nur Vertragsärzte aktiv an
der EHV teilnehmen (§ 1 Abs 1 Satz 1 GEHV), ergibt sich aus LZ 702 HVM letztlich, dass der Abzug für die EHV -
nach Abzug der Fremdkassenfälle - prozentual von dem allen Vertragsärzten insgesamt zustehenden
Verteilungsbetrag vorzunehmen ist. Dieser prozentuale Gesamtabzug führt zu einer entsprechenden
Punktwertminderung und damit zu einer entsprechenden Belastung jedes einzelnen Vertragsarztes (vgl. BSG, Urt. v.
09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R - SozR 4-2500 § 72 Nr. 2 = BSGE 94, 50 = GesR 2005, 307 = MedR 2005, 538 = Breith
2005, 817, zitiert nach juris, Rdnr. 122). Die Regelung über die Beitragsbemessung zur EHV verletzt nicht revisibles
Recht. Danach knüpft die Beitragshöhe an die Honorarhöhe und damit an den Umsatz des jeweiligen Vertragsarztes
an. Das ist eine rechtmäßige Gestaltung. Bei der Bemessung von Beiträgen zu einer berufsständischen
Versorgungseinrichtung steht dem autonomen Satzungsgeber ein - allerdings durch den Zweck der
Versorgungseinrichtung und den Verhältnismäßigkeitsgrundsatz begrenzter - Gestaltungsspielraum zu, innerhalb
dessen er typisieren darf. Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet, auf schwer wiegende Besonderheiten und
unbillige Härten, insbesondere auf die wirtschaftliche Belastbarkeit der Mitglieder, Rücksicht zu nehmen. Darüber
hinaus hat die Beitragsbemessung unter Beachtung der allgemein für die Erhebung von Beiträgen geltenden
Grundsätze, insbesondere des Äquivalenzprinzips und des Gleichheitssatzes, zu erfolgen. Dabei darf nach dem
Äquivalenzprinzip die Höhe der Beiträge nicht im Missverhältnis zu dem Vorteil stehen, den sie abgelten sollen. Für
Versorgungseinrichtungen folgt daraus, dass Beitragsleistung und Versorgungsleistung einander entsprechen müssen.
Dies ist allerdings nicht dahingehend zu verstehen, dass eine Individualäquivalenz geboten wäre, wie sie in der
Privatversicherung vorkommt. Vielmehr kann bei berufsständischen Versorgungseinrichtungen das Äquivalenzprinzip
eine Modifikation durch den Gedanken der Solidarität erfahren. Hiergegen verstößt es nicht, dass die Abzüge für die
EHV beim einzelnen Vertragsarzt von den Honoraransprüchen erfolgen, ohne dass es eine Bemessungsgrenze gibt.
Zu den allgemeinen Grundsätzen des Beitragsrechts gehört eine Pflicht zur Schaffung von
Beitragsbemessungsgrenzen nicht. Der Verzicht auf eine Beitragsbemessungsgrenze widerspricht nicht dem
Äquivalenzprinzip, solange aus höheren Beiträgen im Grundsatz auch höhere Versorgungsleistungen entstehen. Dies
ist bei der EHV der Fall (zur Maßgeblichkeit des Honoraranspruchs auch für die Leistungshöhe s. § 3 Abs. 1 Buchst a
GEHV). Der Grundsatz der Verhältnismäßigkeit gebietet ebenfalls nicht die Einführung einer
Beitragsbemessungsgrenze. Dieser verlangt zwar, bei der Beitragsbemessung auf schwer wiegende Besonderheiten
und unbillige Härten, insbesondere auf die wirtschaftliche Belastbarkeit der Mitglieder Rücksicht zu nehmen. Es ist
aber grundsätzlich nicht zu beanstanden, wenn die Regelung über die Bemessung der Beiträge zur EHV bei
Vertragsärzten mit höheren Honoraransprüchen auch eine höhere wirtschaftliche Leistungsfähigkeit unterstellt.
Demgegenüber konnte sich die Beklagte bei ihrer Entscheidung für den Verzicht auf eine Beitragsbemessungsgrenze
auf den Solidaritätsgedanken stützen. Auch ist die Anknüpfung des Beitrags an die Honorarhöhe, nicht aber an den
Gewinn aus vertragsärztlicher Tätigkeit ebenfalls nicht zu beanstanden. Damit wird nicht außer Acht gelassen, dass
aus den Honoraren für die erbrachten vertragsärztlichen Leistungen die bei deren Erbringung entstandenen Kosten
erwirtschaftet werden müssen. Trotz der sehr unterschiedlichen Kostensätze zwischen den einzelnen Arztgruppen
und auch zwischen unterschiedlich ausgerichteten Praxen derselben Arztgruppe liegt in der Anknüpfung der
Beitragserhebung zur EHV an den Umsatz aus vertragsärztlicher Tätigkeit keine mit Art. 3 Abs. 1 GG kollidierende
sachwidrige Ungleichbehandlung insbesondere der Ärzte mit hohen Praxiskosten. Die Beklagte hat schon 1990 auf
die signifikanten Abweichungen bei den Kostensätzen innerhalb der vertragsärztlichen Versorgung reagiert. Sie hat
mit Wirkung ab dem 1. Juli 1991 in § 3a GEHV für zahlreiche ärztliche Leistungen besondere Kostensätze festgelegt,
die - über den kalkulatorischen Basiskostensatz von 50 % des Umsatzes aus vertragsärztlicher Tätigkeit hinaus - vor
Abzug der umsatzbezogenen Honorarminderung für die EHV berücksichtigt werden. Die Kostensätze für die
besonders kostenintensiven Leistungen wurden u. a. anhand der Durchschnittskosten der Strukturanalysen des
Zentralinstitutes für die kassenärztliche Versorgung und des Statistischen Bundesamtes ermittelt. Die besonderen zu
berücksichtigenden Kostensätze, die die Bezugsgröße für die Honorarminderung reduzieren, hat die Beklagte später
modifiziert und den Entwicklungen des medizinisch-technischen Fortschritts angepasst. Nach der in den bereits im
Verfahren vor dem Bundessozialgericht streitbefangenen Quartalen geltenden Fassung des § 3a GEHV wurde für alle
strahlendiagnostischen Leistungen ein besonderer zusätzlicher Kostensatz von 35 %, für CT- und MRT-Leistungen
von 30 % und für die gesamte Nuklearmedizin ebenfalls von 30 % veranschlagt (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6
KA 44/03 R – aaO., Rdnr. 123 bis 125). Diese Kostensätze gelten, wie bereits ausgeführt, in dem hier
streitbefangenen Quartal unvermindert fort.
Soweit sich die Beklagte bei der Ausgestaltung der EHV für die Berücksichtigung von spezifischen besonderen
Kostensätzen bei einzelnen ärztlichen Leistungen bzw. Gruppen solcher Leistungen und nicht für besondere
Kostensätze für einzelne Arztgruppen entschieden hat, ergibt sich daraus ebenfalls kein Rechtsverstoß. Unter
Berücksichtigung des der Beklagten insoweit bei der Normsetzung zustehenden Gestaltungsspielraums kann nicht
festgestellt werden, dass insoweit eine sachwidrige Benachteiligung besonders kostenintensiv arbeitender
Arztgruppen vorläge. Die Anknüpfung an einzelne Leistungen ohne Berücksichtigung der Fachgruppenzugehörigkeit
vermeidet eher Ungleichbehandlungen, weil etwa auf diese Weise der unterschiedlichen Kostenbelastung z. B. von
chirurgischen und internistischen Praxen mit und ohne Erbringung strahlendiagnostischer Leistungen (Teilradiologie)
Rechnung getragen werden kann. Im Übrigen führen höhere Honorarabzüge für die EHV als Folge höherer
vertragsärztlicher Umsätze während der aktiven Teilnahme an der EHV auch zu höheren Ansprüchen in der inaktiven
Phase (§ 3 GEHV) (vgl. BSG, Urt. v. 09.12.2004 - B 6 KA 44/03 R – aaO., Rdnr. 126 f.).
Das Bundessozialgericht hat weiter für die Quartale IV/2001 bis einschließlich IV/2002 entschieden, dass die
seinerzeitigen Regelungen der GEHV, die für die Höhe der EHV-Leistungen maßgeblich waren, nicht zu beanstanden
sind (vgl. BSG, Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R - BSGE 101, 106 = SozR 4-2500 § 85 Nr. = USK 2008-65, juris
Rdnr. 65 ff.). Es hat dabei ausgeführt, wenn und soweit aber steigende Gesamtvergütungen eher steigende Kosten
der vertragsärztlichen Tätigkeit abbilden als steigende Gewinne, ist es prinzipiell gerechtfertigt, die inaktiven
Vertragsärzte von der Teilnahme an solchen rein kostenbedingten Erhöhungen auszuschließen, weil bei ihnen solche
Kosten nicht mehr anfallen. Deshalb ist es der Beklagten nicht verwehrt, steigende Kosten für besonders aufwendige
Leistungen zum Anlass einer gewissen Umverteilung zwischen den einzelnen Arztgruppen unter Einschluss auch der
ehemaligen Vertragsärzte zu nehmen. Ob die mit der Neufassung des § 5 GEHV (2001) verbundene Belastung dieser
Ärzte exakt den Auswirkungen der steigenden Kosten entspricht, bedürfe aber in diesem Revisionsverfahren keiner
näheren Prüfung. Die gerichtliche Kontrolle von Geeignetheit und Erforderlichkeit anspruchsbegrenzender Normen
muss auf den Ausschluss struktureller Fehlfestlegungen und ersichtlich unangemessener Lastenverteilungen
ausgerichtet sein, wenn sie die Gestaltungsfreiheit des Normgebers nicht unangemessen beschränken soll (vgl. BSG,
Urt. v. 16.07.2008 - B 6 KA 38/07 R – aaO., Rdnr. 72).
Ausgehend hiervon hält die Kammer die von der Klägerin aufgeworfenen Rechtsfragen für hinreichend geklärt. Der
Kammer ist nicht ersichtlich, dass die typisierenden besonderen Kostensätze gerade für das Leistungsspektrum der
Klägerin die Besonderheiten unzureichend berücksichtigt hätten oder die Kosten in den Jahren bis zum
streitbefangenen Quartal überproportional gestiegen wären. Insofern fehlt es auch an einem substantiierten Vortrag der
Klägerin. Die letztlich von der Klägerin geforderte Beitragsbemessungsgrenze ist rechtlich gerade nicht geboten. Die
Klägerin verkennt ferner, dass nach den GEHV auch ein Schutz für den Fall einer Berufsunfähigkeit besteht (§ 1 Abs.
1 Satz GEHV).
Im Ergebnis war die Klage im Haupt- und Hilfsantrag daher abzuweisen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i. V. m. § 154 Abs. 1 VwGO. Der unterliegende Teil trägt die Kosten
des Verfahrens.