Urteil des SozG Mannheim vom 02.10.2013

freier mitarbeiter, museum, ermittlung des sachverhaltes, besucher

SG Mannheim Urteil vom 2.10.2013, S 8 R 1769/12
Betriebsprüfung - Beitragsnachforderung - Sozialversicherungspflicht -
Museumsführer - Honorarkraft - Dienst höherer Art - Unternehmerrisiko -
Eingliederung in Unternehmensorganisation - abhängige Beschäftigung -
selbständige Tätigkeit - Erhebung von Säumniszuschlägen
Leitsätze
Eine Honorarkraft ist bei geleisteten Diensten höherer Art als abhängig beschäftigt
anzusehen, wenn sie in hohem Maße in die Organisation des Unternehmens
eingegliedert ist und kein relevantes Unternehmensrisiko trägt.
Tenor
1. Die Klage wird abgewiesen.
2. Die Klägerin hat die Kosten des Verfahrens zu tragen.
3. Der Streitwert wird endgültig auf 162.441,02 EUR festgesetzt.
Tatbestand
1 Streitig ist die Sozialversicherungspflicht von 87 bei der Klägerin im Rahmen einer
„freien Mitarbeit“ tätigen Personen im Prüfzeitraum vom 01.01.2006 bis zum
31.12.2008.
2 Die Klägerin ist eine selbstständige Stiftung des Öffentlichen Rechts in
Trägerschaft der Stadt Mannheim sowie des Landes Baden-Württemberg, sie
betreibt das - in Mannheim.
3 Neben festangestellten Mitarbeitern beauftragte die Klägerin im Prüfzeitraum
mehrere „freie Mitarbeiter“, die sich im Wesentlichen in fünf Gruppen aufteilen
lassen: Museumsführer, Vorführer, Tutoren, Betreuer von Kindergeburtstagen und
Mitarbeiter für Laborangebote. Die Museumsführer führten klassische
Museumsführungen für Besuchergruppen durch. Die Vorführer betreuten eine
Vielzahl von technischen Exponaten im Museum der Klägerin. Ihre Aufgabe war
es, den Besuchern die diversen Exponate (z.B. „Satz und Druck“, „Getreidemühle“,
„Papierherstellung“) in Aktion zu zeigen. Die Tutoren leisteten Hilfestellungen für
Besucher bei Exponaten der Ausstellungsteile „Elementa 1 und 2“, „Bionik“ und
verschiedenen Sonderausstellungen, indem sie weiterführende Erläuterungen
gaben und Fragen beantworteten. Die Betreuer von Kindergeburtstagen betreuten
Kinder zu einem bestimmten, vorher gewählten Thema. In diesem Rahmen wurde
teilweise die Ausstellung besucht und erläutert und verschiedene Dinge hergestellt
(z.B. Bau eines Raketenautos). Die Vorführer von Laborangeboten („Lernpfad“)
experimentierten mit Gruppen meist im Labor, Ziel war experimentelles Lernen, z.T.
führten sie die Gruppen auch durch die Ausstellung, um Zusammenhänge
aufzuzeigen.
4 Grundlage der Zusammenarbeit waren Verträge zur Erbringung verschiedener
Leistungen im Rahmen des Museumsbetriebs, denen Beratungen mit der Kanzlei
in H... vorausgingen. In dem umfangreichen Schriftverkehr wies die beratende
Kanzlei auf die Schwierigkeiten der Abgrenzung von sozialversicherungspflichtiger
Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit hin. Bis zum 28.02.2007 wurden mit
den betreffenden Personen Werkverträge abgeschlossen, ab dem 01.03.2007
Rahmenverträge. Gegenstand der Werkverträge war die Erbringung einer
konkreten Leistung (z.B. für die „freie Mitarbeiterin“ ...„50 Präsentationen“
Handpapier schöpfen). Gegenstand der später geschlossenen Rahmenverträge
war gemäß deren Präambel:
5 „... [Klägerin] veranstaltet ständig Ausstellungen zu bestimmten Themen und bietet
Dritten ausstellungsbegleitende museumspädagogische Leistungen an. Zu den
von... gegenüber Dritten erbrachten Leistungen gehören u.a. Führungen,
Vorführungen, szenische Führungen, fremdsprachliche Führungen,
Besucherbetreuung als Tutor, Betreuung eines Kindergeburtstages, Betreuung
von Seniorengruppen und sonstige ausstellungsbegleitende
museumspädagogische Leistungen.
6 Zur Durchführung dieser Leistungen benötigt ... - über ihre festangestellten Kräfte
hinaus - ständig freie Mitarbeiter mit einschlägiger Ausbildung bzw.
Berufserfahrung.
7 Die Parteien vereinbaren daher nachfolgende Rahmenbedingungen für die
Beauftragung von FM [freie Mitarbeiter] innerhalb solcher Ausstellungen bzw.
Führungen, wobei es ... überlassen ist, ob und in welchen Ausstellungen bzw.
Führungen FM beauftragt wird. Im Gegenzug kann FM entscheiden, ob und
inwieweit ein solcher Auftrag angenommen wird.
8 FM erhält für jeden Auftrag gesondert einen Leistungsschein, der den konkreten
Leistungsinhalt, den zeitlichen Rahmen der Leistung und das konkrete Honorar
regelt (zu Letzterem wird eine Leistungstabelle mit Honorarsätzen erstellt).“
9 Weiter heißt es unter 2.: „FM kann das Angebot nach freiem Ermessen annehmen.
...“
10 Und unter 3.: „Im Falle des Vertragsschlusses (Leistungsschein) ist FM
grundsätzlich frei von Weisungen, jedoch an die von ... im Leistungsschein
angegebenen Inhalte und Termine gebunden.“
11 bei 7.: „[...] Für den Fall, dass der jeweilige Leistungsempfänger (z.B. Schulklasse)
sich verspätet, hat FM einen Zeitraum von einem Drittel der vereinbarten Leistung,
mindestens aber 20 Minuten, zu warten und die Leistung - ab Eintreffen des
Leistungsempfängers - entsprechend reduziert zu erbringen. Der Honoraranspruch
... bleibt von dieser Reduzierung unberührt.
12 Erscheint der Leistungsempfänger bis zur o.g. Wartefrist nicht und wird die
vereinbarte Leistung auch nicht anderweitig in Anspruch genommen, hat FM das
Ausbleiben an der Kasse und/oder dem museumspädagogischen Dienst
mitzuteilen. FM kann dann seine Leistung abbrechen. Der Honoraranspruch FM
bleibt in beiden Fällen unberührt.“
13 Die freien Mitarbeiter wurden von der Museumsverwaltung eingeteilt. Sie erhielten
zunächst eine Anfrage für einen Einsatz und waren in der Entscheidung, ob sie
diesen annahmen frei. Führungen wurden von den Besuchern zentral über die
Museumsverwaltung gebucht, dort wurde geprüft, ob zu dem gewünschten
Zeitpunkt eine Führung angeboten werden konnte. Nach Leistungserbringung
wurde von dem freien Mitarbeiter eine Rechnung erstellt, die dann von der Klägerin
beglichen wurde.
14 Vom 15.10.2009 bis zum 07.07.2010 führte die Beklagte bei der Klägerin eine
Betriebsprüfung gemäß § 28 p Abs. 1 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für
den Prüfzeitraum 01.01.2006 bis 31.12.2008 durch. Im Rahmen dieser Prüfung
befragte sie gemäß den Buchungslisten der Klägerin die betroffenen „freien
Mitarbeiter“ zu deren Tätigkeit bei der Klägerin mittels Fragebogen. Gefragt wurde
u.a., ob sie für mehrere Auftraggeber tätig seien, ob sie Weisungen hinsichtlich der
Ausführung der Tätigkeit erhalten hätten, wer welche Arbeitsmittel zur Verfügung
stellte etc. Nach Auswertung der Fragebögen und Abschluss der Ermittlungen kam
die Beklagte zu dem Schluss, dass aufgrund abhängiger Beschäftigung mehrerer
„freier Mitarbeiter“ Nachforderungen zur Sozialversicherung inklusive
Säumniszuschläge in Höhe von insgesamt 209.544,60 EUR zu zahlen seien.
15 Mit Schreiben vom 07.07.2010 hörte sie die Klägerin hierzu an. Die in den Anlagen
zum Anhörungsschreiben genannten Personen seien in der Zeit vom 01.01.2006
bis zum 31.12.2008 als freie Mitarbeiter abgerechnet worden, folglich seien keine
Sozialversicherungsbeiträge für diese abgeführt worden. Die Frage, ob eine
abhängige Beschäftigung oder eine selbstständige Tätigkeit vorliege, müsse nach
dem Gesamtbild des beruflichen Einsatzes vorgenommen werden. Entscheidend
sei, welche Merkmale überwögen. Auf die vertragliche Ausgestaltung komme es
hingegen nicht an. Im Falle der Klägerin überwögen die Merkmale einer
abhängigen Beschäftigung. Die beschäftigten Personen seien insbesondere
weisungsgebunden. Bei den Museumsführern, Vorführkräften und Tutoren sei der
Arbeitsort konkret vorgegeben gewesen. Eine eigene Betriebsstätte sei nicht
vorhanden. Die betreffenden Personen verfügten über keine eigenständige
Arbeitsorganisation. Es habe auch eine fachliche Weisungsgebundenheit
bestanden. Bei den Museumsführern habe es durch das festangestellte
Museumspersonal Einweisungen in die Inhalte der Führung gegeben. Die
Führungen, insbesondere für Schulklassen oder Kindergeburtstage hätten als
fertiges Konzept bestanden, an das die Führer bei Auftragsannahme gebunden
gewesen seien. Der einzelne Museumsführer habe nicht für ein eigenes
erarbeitetes Konzept geworben, sondern die Klägerin habe die einzelnen
Spezialführungen über ihre Internetplattform beworben. Teilweise seien Skripte
und Experimentbeschreibungen bereitgestellt worden. Auch die Vorführkräfte
hätten eine konkrete Einweisung am Exponat erhalten. Für die Tutoren habe es
Einführungsveranstaltungen sowie Rundgänge mit Erläuterung der Experimente
gegeben. Des Weiteren sei von dem Direktionsrecht Gebrauch gemacht worden,
im Falle eines negativen Feedbacks hätten Museumsführer zukunftsgerichtete
Durchführungshinweise und Verbesserungsvorschläge von der Klägerin
bekommen. Mittels Feedback sei also eine Qualitätssicherung durchgeführt
worden. Die Tutoren hätten teilweise ganz explizite Anweisungen bekommen, bei
welchem Exponat sie zu stehen hätten. Bei den Vorführkräften seien Art, Zeit und
Dauer der Vorführung so eng vorgegeben gewesen, dass neben einem
sachgerechten Gebrauch der Exponate keine weitere Anweisung mehr notwendig
gewesen sei. Die Tutoren seien in einem Zweischichtbetrieb eingesetzt worden.
Die Tatsache, dass die „freien Mitarbeiter“ nicht zur Übernahme von Aufträgen
verpflichtet gewesen seien, widerspreche nicht dem Vorliegen eines
Beschäftigungsverhältnisses. Es handele sich zwar um ein Indiz für
Selbstständigkeit, wenn der Auftragnehmer seine Zeit frei bestimmen könne,
jedoch schließe dies nicht aus, dass dies auch im Rahmen einer abhängigen
Beschäftigung so gestaltet hätte werden können. Zu denken sei an
Teilzeitbeschäftigungen bzw. Aushilfen im Rahmen eines geringfügigen
Beschäftigungsverhältnisses. Des Weiteren seien die betreffenden Personen auch
in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen. Alle drei Personenkreise seien
auf die personellen und sachlichen Mittel des Museums angewiesen gewesen.
Ohne die Exponate, Laboreinrichtungen und Auftragsvermittlung durch das
Museum sei die Tätigkeit gar nicht möglich gewesen. Das notwendige
Arbeitsmaterial sei durch das Museum unentgeltlich gestellt worden. Des Weiteren
habe jeder ein Namensschild und teilweise spezielle Kleidung mit dem Logo des
Museums getragen. Die Angebote würden alle vom Museum aktiv beworben.
Soweit einzelne Inhalte von betroffenen Personen aufgrund eigener Sachkunde
selbst erarbeitet worden seien, sei dies insoweit unmaßgeblich, als die Konzepte
von einer Vielzahl von Führern standardisiert genutzt worden seien. Des Weiteren
seien die Tutoren teilweise zur ständigen Erreichbarkeit in der „Elementa“ mit
einem Mobiltelefon ausgestattet gewesen. Die Vorführer seien hin und wieder bei
Engpässen durch angestellte Museumsmitarbeiter ersetzt worden. Ein echtes
Unternehmensrisiko sei ebenso nicht feststellbar. Den betreffenden Personen
seien alle Mittel, die für die Tätigkeit notwendig gewesen waren, gestellt worden.
Sie hätten, wie es für Arbeitnehmer typisch sei, allein ihre Arbeitskraft und
Berufserfahrung eingesetzt und dafür ein vorher festgelegtes nach Stunden
bemessenes Entgelt erhalten. Die Vergütung sei unabhängig vom Besucherstrom
gewesen. Sogar bei einem kurzfristigen Ausfall einer Gruppe sei die Vergütung
gezahlt worden. Aufgrund des Tragens der Namensschilder mit dem Logo des
Museums sei auch davon auszugehen, dass die Tätigkeit nicht in eigenem Namen
erbracht worden sei. Nach alledem gehe die Beklagte davon aus, dass sich die
betreffenden Personen in einem abhängigen Beschäftigungsverhältnis befanden.
Des Weiteren seien Säumniszuschläge in gesetzlicher Höhe zu entrichten. Auf die
Möglichkeiten der Berücksichtigung der sogenannten „Übungsleiterpauschale
gemäß § 3 Nr. 26 EStG“ wurde hingewiesen.
16 Mit Schriftsatz vom 28.09.2010 entgegnete die Klägerin, dass sie weiterhin davon
ausgehe, dass es sich bei den „freien Mitarbeitern“ des ... im
sozialversicherungsrechtlichen Sinne um Selbstständige handele. In allen
Personengruppen überwögen die Gesichtspunkte, die für eine selbstständige
Tätigkeit sprächen. Die Museumsführer seien nicht abhängig beschäftigt, sie seien
nach den schriftlichen Vereinbarungen und auch deren tatsächlicher Handhabung
als selbstständig tätige freie Dienstnehmer zu qualifizieren. Insoweit seien sie
vergleichbar mit Volkshochschuldozenten oder Betriebsärzten. Der zeitlich im
Einzelnen fixierte Auftrag eines Museumsführers spreche nicht für eine abhängige
Beschäftigung. Die Tatsache, dass der Ort der Tätigkeit der Museumsführer
festgelegt sei, liege in der Natur der Dienstleistung und begründe ebenfalls kein
abhängiges Beschäftigungsverhältnis. Einweisungen in die Führungen fänden
immer vor Erteilung des Auftrags statt. Den Führern bleibe in jedem Einzelfall die
Freiheit zu entscheiden, ob sie die Führung durchführen wollten oder nicht.
Informationen über die Führungen könnten die Führer aus dem Hauptkatalog, der
Internetseite des Museums sowie der Broschüre „Rundgang“ entnehmen.
Weiterhin könnten sie Informationen in der (öffentlich zugänglichen)
Museumsbibliothek erhalten. Die vorgefertigten Konzepte „Fischerpatent“ und
Flaschentaucher“ seien Konzepte für Kindergeburtstage, die von ehemaligen
Mitarbeitern ausgearbeitet worden seien. Die meisten Führungen würden von den
„freien Mitarbeitern“ selbst entwickelt. Die Tatsache, dass einheitliche
Namensschilder mit dem Logo des Museums verwendet würden, sei ebenfalls kein
Indiz für eine abhängige Beschäftigung. Die betreffenden Personen könnten ohne
Probleme selbst Schilder mit ihrem Namen bereithalten, ohne dass sich die
Tätigkeit ändern würde. Dass das Museum die Exponate bereitstelle, spreche
ebenfalls nicht für eine abhängige Beschäftigung, da es bei der Tätigkeit des
Museumsführers gerade darum gehe, die dem Museum gehörenden Exponate zu
erläutern. Hinsichtlich des Feedbacks der Museumsbesucher würden nur in
seltenen Einzelfällen Verbesserungsvorschläge an die freien Mitarbeiter gerichtet.
Es handele sich gerade nicht um Weisungen. Nicht relevant sei auch die
persönliche Dienstleistungspflicht, da die Museumsführer jeweils in einem
speziellen Fachgebiet besonders qualifiziert seien. Die Klägerin müsse
entscheiden können, ob sie im Falle der Verhinderung einen anderen Führer
beauftragen wolle oder die Führung ausfallen lassen müsse. Des Weiteren stelle
die Art der Vergütung kein Hinweis für eine abhängige Beschäftigung dar. Dass die
Honorarsätze im Vorhinein rahmenvertraglich vereinbart worden seien, begründe
sich aus Praktikabilitätserwägungen. Anspruch auf Honorar hätten die freien
Mitarbeiter nur, wenn eine Führung kurzfristig ausfalle. Entscheidend sei, dass der
Vergütungsanspruch wegfalle, wenn eine Führung etwa wegen Krankheit oder
Verhinderung des Führers ausfallen müsse. Dieses Risiko habe der freie
Mitarbeiter in vollem Umfang zu tragen. Dass die Werbung durch das ... erfolge sei
darin begründet, dass es sich um Führungen handele, die eben im ... stattfänden.
Des Weiteren seien die Führer weder durch vertragliche Regelungen noch durch
tatsächliche Handhabung gehindert, in anderen Museen oder Einrichtungen als
Museumsführer tätig zu sein. Bei den betreffenden Personen bestehe auch ein
wirtschaftliches Risiko. Zwar erfordere ihre Tätigkeit keinen Kapitaleinsatz, ihr
Unternehmensrisiko liege aber darin, dass sie u.U. keine Einzelaufträge von der
Klägerin erhalten und dann keinen Verdienst erzielten. Des Weiteren seien die
Museumsführer auch nicht weisungsgebunden. Die Freiheit der betroffenen
Personengruppen, einen konkreten Auftrag anzunehmen oder abzulehnen sei ein
zentrales Abgrenzungsmerkmal zur selbstständigen Tätigkeit. Vergleiche zu
Teilzeitkräften und Gleitzeitmodellen in abhängiger Beschäftigung seien nicht
möglich. Die freien Mitarbeiter der Klägerin erhielten lediglich Einzelaufträge.
Weiterhin könnten diese nicht mit „unständig Beschäftigten“ verglichen werden.
Diese seien immer dem einseitigen Weisungsrecht des Arbeitgebers unterworfen,
was bei den hier betroffenen Personengruppen nicht der Fall sei. Außerdem
dauere ein Auftrag immer nur 60 bis 90 Minuten, während Arbeitsverträge
unständig Beschäftigter in aller Regel länger dauerten. Weiterhin liege keine
fachliche Weisungsgebundenheit vor. Die Museumsführer seien in der
Entscheidung frei, ob und welche Informationen sie nutzen. Dass die Klägerin an
Qualitätssicherung interessiert sei, spreche ebenso nicht für eine abhängige
Beschäftigung. Verbesserungshinweise würden nur in Einzelfällen gegeben. Es
bestehe keinerlei Integration in die betriebliche Organisation des ... Einen PC-
Zugang für freie Mitarbeiter gebe es nicht. Ebenso gebe es keine individuellen
Postfächer. In der Gesamtschau ergäben sich jedenfalls keine überwiegenden
Anhaltspunkte für eine abhängige Beschäftigung. Hinsichtlich der Vorführkräfte
könne im Wesentlichen auf die Ausführungen zu den Museumsführern verwiesen
werden. Es würden zwar Einweisungen am Exponat vorgenommen, dies spreche
aber nicht für eine abhängige Beschäftigung. Dass auch bei der Klägerin
angestellte Arbeitnehmer Vorführungen übernähmen, sei auch kein zwingendes
Argument, da bestimmte Tätigkeiten sowohl im Rahmen einer abhängigen als
auch einer selbstständigen Tätigkeit durchgeführt werden könnten. Die
Vorführkräfte würden auch nur bei Engpässen durch angestellte Arbeitnehmer
ersetzt. Auch hinsichtlich der Tutoren gelte das zuvor Gesagte, der benannte
„Zweischichtbetrieb“ sei kein Indiz für eine abhängige Beschäftigung, entscheidend
sei, dass die Tutoren frei seien, ob sie einen Auftrag annehmen oder nicht.
17 Zur Beitragshöhe sei auszuführen, dass die Nachforderung selbst, wenn von einer
Sozialversicherungspflicht ausgegangen würde, sich aufgrund des Freibetrages
gemäß § 3 Nr. 26 EStG verringern müsste. Für die Klägerin sei es leider schwierig
entsprechende Nachweise zu erlangen. Die Klägerin fügte als Anlage die
Erklärungen von 13 betroffenen Personen zu § 3 Nr. 26 EStG bei. Im Übrigen liege
die Beweislast für die Höhe der Beitragsforderung bei der Beklagten.
Säumniszuschläge seien nicht zu entrichten, da ein Fall der unverschuldeten
Unkenntnis von der Zahlungspflicht vorliege. Ein entschuldbarer Rechtsirrtum
schließe die Erhebung von Säumniszuschlägen aus. Die Klägerin habe für die
Erstellung des Rahmenvertrages Rechtsrat eingeholt. Die Qualifizierung von
Museumsmitarbeitern, die jeweils nur von Fall zu Fall als Selbstständige tätig
würden, entspreche der ganz herrschenden Übung in der gesamten
Bundesrepublik. Selbst im Bundesrat seien Besucherführer bislang als
selbstständig Beschäftigte qualifiziert worden, dass dies einmal anders gesehen
würde, sei nicht vorhersehbar gewesen.
18 Mit Bescheid vom 30.11.2010 forderte die Beklagte von der Klägerin für den
Prüfzeitraum vom 01.01.2006 bis zum 31.12.2008 Sozialversicherungsbeiträge
nebst Säumniszuschlägen insgesamt in Höhe von 199.646,71 EUR nach. Zur
Begründung wiederholte sie im Wesentlichen ihre Ausführungen in dem
Anhörungsschreiben vom 07.07.2010. Ergänzend trug sie vor, dass nach den
Lohnsteuerrichtlinien sowie nach § 8 Beitragsverfahrensverordnung (BVV) zur
Prüfung alle Unterlagen über die Versicherungsfreiheit oder Befreiung von der
Versicherungspflicht vom Arbeitgeber vorzulegen seien. Hiernach habe der
Arbeitnehmer gegenüber dem Arbeitgeber schriftlich zu bestätigen, dass die
Steuerbefreiung nicht bereits in einem anderen Dienst- oder Auftragsverhältnis
berücksichtigt worden sei. Die vorgelegten Erklärungen nach § 3 Nr. 26 EStG
seien von der Beklagten bei der Beitragsfestsetzung bereits berücksichtigt worden.
19 Am 10.12.2010 legte die Klägerin Widerspruch gegen den Bescheid vom
30.11.2010 ein. Des Weiteren beantragte sie festzustellen, dass der Widerspruch
aufschiebende Wirkung hat bzw. hilfsweise die Vollziehungsbescheide vom
30.11.2010 bis zum Eintritt der Bestandskraft auszusetzen.
20 Dem Antrag auf Aussetzung der Vollziehung wurde am 03.02.2011 entsprochen.
21 Zur Begründung des Widerspruchs trug die Klägerin ergänzend vor, dass die ... im
Jahre 1999 zwei Honorarkräfte als selbstständig Tätige qualifiziert habe. Eine
dieser Personen (...) sei immer noch selbstständig als Museumsführerin tätig.
Dienst- oder Einsatzpläne habe es weder für Museumsführer noch für
Vorführkräfte gegeben. Die Einsatzzeiten der Tutoren seien zwar nach Absprache
in Einsatzpläne eingetragen worden, allerdings seien diese nicht einseitig durch
die Klägerin vorgegeben worden, sondern stellten lediglich Übersichtspläne dar.
Falsch sei, dass Museumsführer im Namen des Museums aufträten. Die
Museumsführer stellten sich zu Beginn der Führungen vor, begrüßten ihre Zuhörer.
Sie seien die Besucher des konkreten Museumsführers gewesen. Es sei oft
vorgekommen, dass Besucher einen einzelnen Museumsführer, der ihnen
namentlich bekannt war, bevorzugten. Bei einem kurzfristigen Ausfall einer
Besuchergruppe sei zunächst immer versucht worden, die Honorarkraft zu
informieren, sei diese erreichbar gewesen, sei kein Honorar ausgezahlt worden,
auch wenn die Kraft erst eine Stunde vor der geplanten Führung unterrichtet
werden konnte. Des Weiteren hätten alle Honorarkräfte ihre Rechnungen selbst
ausgestellt. Die meisten hätten hierzu eigene Rechnungsbögen verwendet, in
wenigen Einzelfällen sei ein Musterformular der Klägerin zum Einsatz gekommen.
Auf das Vorliegen einer eigenen Betriebsstätte komme es nicht an. Falsch sei die
Behauptung der Beklagten, dass Honorarkräfte als Vorführer durch angestellte
Arbeitnehmer ersetzt würden und somit die gleiche Tätigkeit ausübten. Die
Honorarkräfte verstärkten lediglich das Vorführangebot. Die Tätigkeit der
angestellten Vorführtechniker umfasste auch die Wartung und Pflege der
Gerätschaften. Hinsichtlich der Übungsleiterpauschale führe die Klägerin derzeit
eine Fragebogenaktion durch, um zu ermitteln inwiefern von den einzelnen
Betroffenen von der Pauschale bereits Gebrauch gemacht wurde.
22 Mit weiterem Schriftsatz vom 15.04.2011 trug die Klägerin vor, dass die
betreffenden Personen nicht in den Betrieb der Klägerin eingegliedert gewesen
seien. Sie seien nie zu anderen Arbeiten herangezogen worden. Es habe keine
Personalakten sowie keinen eigenen (PC-)Arbeitsplatz im Museum gegeben.
Insbesondere die Tutoren hätten auch und gerade an den Wochenenden selbst
für Vertretungen gesorgt, wenn sie einen Auftrag nicht wahrnehmen konnten. Des
Weiteren sei die Vereinbarung einer festen Honorartabelle unerheblich für die
Einordnung der Tätigkeiten. Derartige Vereinbarungen seien bei Rahmenverträgen
jeglicher Art üblich. Sie sollen den Vertragspartnern eine gewisse
Planungssicherheit gewährleisten. Auch die im Verwaltungsverfahren
ausgewerteten Fragebögen der betroffenen Personen sprächen nicht für das
Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung. Die Fragen seien nicht richtig gestellt
oder zum Teil suggestiv. Darüber hinaus werde deutlich, dass sich die
überwiegende Zahl der freien Mitarbeiter nicht als weisungsgebunden betrachtete.
Zum Beispiel hätten 15 freie Mitarbeiter angegeben, dass keine Weisungen erteilt
wurden, weitere 15 teilten mit, sie hätten allgemeine Einführungshinweise erhalten.
Lediglich 18 der Befragten hätten mitgeteilt, sie hätten Weisungen erhalten, wobei
dies in den meisten Fällen nicht weiter konkretisiert worden sei. Die Fragestellung
sei zu ungenau gewesen. Das von der Beklagten zugrunde gelegte Kriterium „kein
eigener Kapitaleinsatz“ könne lediglich bei Tätigkeiten von Bedeutung sein, die
ihrer Natur nach Sachkapital benötigten. In der Rechtsprechung des
Bundessozialgerichts sei anerkannt, dass das für eine selbstständige Tätigkeit
charakteristische Unternehmensrisiko nicht in jedem Fall mit dem Kapitalrisiko
gleichzusetzen sei. Insbesondere habe das BSG entschieden, dass jemand ein
Unternehmensrisiko schon dann zu tragen habe, wenn der Erfolg des Einsatzes
seiner Arbeitskraft ungewiss sei. Dies gelte namentlich, wenn kein
Mindesteinkommen garantiert sei (BSG vom 27.03.1980, 12 RK 76/79). Genauso
habe es im vorliegenden Fall gelegen, das Unternehmensrisiko der
Museumsführer habe darin gelegen, dass bei mangelnder Nachfrage keine
Einzelaufträge von der Klägerin weitergegeben worden seien. Schließlich seien
abhängige Beschäftigungsverhältnisse für die Klägerin nicht interessengerecht
gewesen. Sie habe sich bewusst dafür entschieden, für die Führungen
selbstständige Museumsführer zu beauftragen. Abhängig beschäftigte
Museumsführer als Arbeitnehmer würden eine gänzlich andere Organisation
erfordern. Angestellte Führer müssten sich beispielsweise zu bestimmten Zeiten
für Führungen bereithalten, ohne dass überhaupt feststehe, ob eine Führung
gebucht werde. Das breite Angebot an Führungen mit unterschiedlichen
Schwerpunkten sei mit organisatorisch und betriebswirtschaftlich vertretbarem
Aufwand nur möglich, wenn die Widerspruchsführerin in jedem Einzelfall neu
entscheiden könne, welchen Führer sie auswähle. Eine so flexible
Auftragserteilung für derart kurze Zeiträume sei in einem abhängigen
Beschäftigungsverhältnis nicht möglich.
23 Darüber hinaus legte die Klägerin weitere Erklärungen der betreffenden Personen
vor, dass diese die Übungsleiterpauschale gem. § 3 Nr. 26 EStG im Prüfzeitraum
nicht in Anspruch genommen hätten.
24 Mit Bescheid vom 04.05.2012 wurde dem Widerspruch teilweise stattgegeben.
Aufgrund nachgereichter Erklärungen zur Übungsleiterpauschale verringerte sich
die Nachforderung auf 162.441,02 EUR einschließlich Säumniszuschlägen. Im
Übrigen wurde der Widerspruch zurückgewiesen. Ergänzend zu der Begründung
des Ausgangsbescheides führte die Beklagte aus, dass alle Personengruppen
ihre Leistungen in der von der Klägerin bestimmten Arbeitsorganisation erbracht
hätten. Die Klägerin habe in Abhängigkeit ihres Bedarfes den Einsatz der
Arbeitskräfte organisiert und ihnen die erforderlichen Mittel (Exponate, Kleidung,
Skripte, Konzepte und Rechtsmaterial, Verbrauchsmaterialien) kostenfrei zur
Verfügung gestellt. Die Säumniszuschläge entstünden kraft Gesetzes allein durch
Zeitablauf. Soweit vorgetragen werde, dass Beratung von Rechtsanwälten in
Anspruch genommen worden sei, beziehe sich dies auf die vertragliche
Gestaltung, die sozialversicherungsrechtliche Beurteilung müsse durch geeignete
Maßnahmen, wie z. B. ein Statusfeststellungsverfahren durch die Clearingstelle
der DRV Bund beurteilt werden. Es treffe zu, dass die Arbeit als Museumsführer
sowohl als abhängige Beschäftigung, als auch selbstständige Tätigkeit qualifiziert
werden könne, dies sei jedoch nach dem jeweiligen Einzelfall zu beurteilen. Kosten
des Widerspruchsverfahrens seien nicht zu erstatten, da die zur teilweisen
Stattgabe führenden Unterlagen erst im Widerspruchsverfahren vorgelegt worden
seien.
25 Am 14.05.2012 erließ die Beklagte einen Änderungsbescheid in Ausführung des
Widerspruchsbescheides vom 04.05.2012, der die Nachforderung auf insgesamt
162.441,02 EUR einschließlich Säumniszuschlägen in Höhe von 43.323,50 EUR
festsetzte.
26 Am 01.06.2012 hat die Klägerin Klage vor dem Sozialgericht in Mannheim
erhoben. Zur Begründung hat sie an ihrem Vortrag im Verwaltungsverfahren
festgehalten, dass die von der Klägerin beauftragten „freien Mitarbeiter“ als
selbstständig Tätige zu qualifizieren seien. Ausdrücklich widersprochen werde der
Behauptung der Beklagten im Widerspruchsbescheid, die Klägerin habe aufgrund
von Sparvorgaben eine Personalreduzierung um 30 % ab 2006 vornehmen
müssen und daher freie Mitarbeiter eingesetzt. Die Klägerin beschäftigte seit jeher
freie Mitarbeiter. Nicht richtig sei weiterhin, die Museumsführer hätten keine
eigenen Konzepte entworfen. So habe die freie Mitarbeiterin ... „Papierschöpfen mit
Frühlings- oder Herbstblüten“ entwickelt. Herr ... habe die Führung „Leonardo“
ausgearbeitet. Auch wenn diese konkreten freien Mitarbeiter nicht von dem
Bescheid erfasst seien, zeige dies die inhaltliche Gestaltungsfreiheit der
Museumsführer, die natürlich in unterschiedlichem Maße von den einzelnen
Führern genutzt worden sei. Es habe aber keine verbindlichen Konzepte gegeben.
Ein Teil der von dem angefochtenen Bescheid erfassten Museumsführer arbeite
auch in anderen Einrichtungen als Führer, so z. B. Frau ... als Führerin im Kloster
Lorsch. Hinsichtlich der Inanspruchnahme der Übungsleiterpauschale habe die
Beklagte keine Nachforschungen vorgenommen. Im Änderungsbescheid vom
14.05.2012 sei der Bescheid hinsichtlich nachgereichter Nachweise zur
Übungsleiterpauschale korrigiert worden. Bei stichprobenartiger Prüfung habe sich
allerdings bei Frau ... ein Fehler ergeben. Des Weiteren habe die Beklagte eine
Anzahl freier Mitarbeiter der Klägerin im betreffenden Zeitraum zu Recht als
selbstständig Tätige qualifiziert. Alle freien Mitarbeiter hätten denselben
Rahmenvertrag und seien in gleicher Weise mit Einzelaufträgen betraut gewesen.
Es sei zuzugeben, dass manche der freien Mitarbeiter keine weiteren Auftraggeber
hätten, andere aber schon und dass manche mehr Phantasie und Mühe in die
Gestaltung ihrer Führungen als Andere steckten. Auf diese individuellen
Unterschiede könne es nicht ankommen. Dies sei gerade Ausdruck
unternehmerischer Gestaltungsfreiheit. Eine unterschiedliche Qualifizierung
widerspreche § 7 SGB IV und dem Gebot der Rechtssicherheit.
27 Die Klägerin beantragt,
28 den Bescheid der Beklagten vom 30. November 2010 in der Gestalt des
Widerspruchsbescheides vom 04. Mai 2012 und des Ausführungsbescheides
vom 14. Mai 2012 aufzuheben.
29 Die Beklagte beantragt,
30 die Klage abzuweisen.
31 Sie hält die angefochtenen Bescheide für rechtmäßig. In Erwiderung zur
Klagebegründung hat sie vorgetragen, dass die benannte Frau ... bis ins Jahr
2006 als Beschäftigte der Klägerin angemeldet gewesen sei, inwiefern und in
welcher Funktion sie eigene Konzepte entwickelt habe, sei nicht belegt. Herr ... sei
von dem angefochtenen Bescheid nicht umfasst. Nicht nachvollziehbar sei die
Äußerung der Klägerin, dass es sich bei den Führungsteilnehmern um Besucher
des konkreten Museumsführers gehandelt haben solle. Die Führer hätten die
Tätigkeit nicht für das jeweils eigene Unternehmen, sondern im Namen und auf
Rechnung Dritter, also für die Klägerin, ausgeübt. Sie würden im allgemeinen
Geschäftsverkehr auch nicht als Selbstständige wahrgenommen. Die Besucher
hätten sich an die Klägerin gewandt, von ihr wurde der Museumsbesuch
organisiert und auch abgerechnet. Die Tatsache, dass die Tutoren sich
untereinander absprechen konnten in welchem Bereich sie arbeiteten,
widerspreche gerade einer Beurteilung als Selbstständige.
32 Mit Beschluss vom 25.09.2012 hat die Kammer gemäß § 75 Abs. 2a Satz 1 SGG
angeordnet, dass nur solche Personen beigeladenen werden, die dies bis
spätestens 31.01.2013 (Eingang bei Gericht) beantragen. Der Beschluss ist
ordnungsgemäß in der Süddeutschen Zeitung, der Frankfurter Allgemeinen
Zeitung sowie im Bundesanzeiger veröffentlicht worden. Durch Beschluss vom
01.03.2013 hat das Gericht Herrn ... gemäß § 5 Abs. 2 SGG beigeladen. Durch
Beschlüsse vom 02.07.2013, 19.7.2013 und 13.9.2013 hat das Gericht weiterhin
Frau ..., Frau ..., Frau ..., Frau ..., Frau ..., Herrn ..., Frau ..., Frau ..., Herrn ..., Herrn
..., Frau ..., Frau ... und Herrn ... beigeladen.
33 In der mündlichen Verhandlung am 31.07.2013 und am 02.10.2013 hat das
Gericht die Beigeladenen zu 2. bis 14. zu ihrer Tätigkeit bei der Klägerin befragt.
Als Zeugen sind der Verwaltungsleiter der Klägerin Herrn ... und der
Oberkonservator ... vernommen worden. Auf die Sitzungsniederschriften wird
vollumfänglich verwiesen.
34 Wegen des weiteren Vorbringens der Beteiligten sowie der Einzelheiten des
Sachverhaltes wird auf die Verwaltungsakten der Beklagten sowie die
Prozessakten Bezug genommen.
Entscheidungsgründe
35 Die zulässige Klage hat in der Sache keinen Erfolg. Die angefochtenen Bescheide
sind rechtmäßig und verletzen die Klägerin nicht in ihren Rechten. Die Klägerin
beschäftigte die in den Bescheiden benannten Personen im Prüfzeitraum vom
01.01.2006 bis zum 31.12.2008 im Rahmen eines versicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnisses. Die Beklagte hat von der Klägerin daher zu Recht
Beiträge und Umlagen nachgefordert. Die Säumniszuschläge wurden korrekt
festgesetzt.
36 Die notwendigen Beiladungen gem. § 75 Abs. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG)
wurden nach §§ 75 Abs. 2a SGG durch eine Massenbeiladung ersetzt. Zur
weiteren Ermittlung des Sachverhaltes wurden einzelne von den Bescheiden der
Beklagten betroffene Personen beigeladen und zu ihrer Tätigkeit bei der Klägerin
persönlich befragt. Diese Befragung, die Zeugenaussagen der Herren ... und Dr. ...
sowie die von der Beklagten im Verwaltungsverfahren beigezogenen und erstellten
Unterlagen bilden die Grundlage der vorliegenden Entscheidung.
I.
37 Die angefochtenen Bescheide sind formell rechtmäßig. Die Beklagte ist nach § 28p
Abs. 1 Satz 5 Viertes Buch Sozialgesetzbuch (SGB IV) für die Nachforderung von
Sozialversicherungsbeiträgen zuständig. Danach erlassen die Träger der
Rentenversicherung gegenüber den Arbeitgebern nach Abs. 1 Satz 1 der
Vorschrift Verwaltungsakte zur Versicherungspflicht und Beitragshöhe in der
Kranken-, Pflege- und Rentenversicherung sowie nach dem Recht der
Arbeitsförderung einschließlich der Widerspruchsbescheide gegenüber den
Arbeitgebern.
II.
38 Die angefochtenen Bescheide sind auch materiell rechtmäßig. Die von den
Bescheiden der Beklagten betroffenen Honorarkräfte der Klägerin waren im
Rahmen eines sozialversicherungspflichtigen Beschäftigungsverhältnisses tätig.
39 Versicherungspflichtig sind in der Krankenversicherung nach § 5 Abs. 1 Nr. 1
Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V), in der Rentenversicherung nach § 1 Satz
1 Nr. 1 Sechstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB VI), in der
Arbeitslosenversicherung nach § 25 Abs. 1 Satz 1 Drittes Buch Sozialgesetzbuch
(SGB III) sowie in der Pflegeversicherung nach § 20 Abs. 1 Satz 1 und Satz 2 Nr. 1
Elftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB XI) gegen Arbeitsentgelt beschäftigte
Personen. Beschäftigung ist nach § 7 Abs. 1 SGB IV die nichtselbstständige
Tätigkeit, insbesondere in einem Arbeitsverhältnis.
40 Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus,
dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer
Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in
den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der
Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt (dazu unter
2.). Demgegenüber ist eine selbstständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene
Unternehmensrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die
Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft sowie die im Wesentlichen frei
gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet (dazu unter 3.). Ob jemand
abhängig beschäftigt oder selbstständig tätig ist, hängt davon ab, welche
Merkmale überwiegen (BSG, Urt. v. 22. Juni 2005, B 12 KR 28/03 R m.w.N.; zur
Verfassungsmäßigkeit der anhand dieser Kriterien häufig schwierigen Abgrenzung
Bundesverfassungsgericht Beschluss vom 20. Mai 1996, 1 BvR 21/96).
Maßgebend ist das Gesamtbild der Arbeitsleistung (vgl. BSG, Urt. v. 24. Januar
2007, B 12 KR 31/06 R). Das Gesamtbild bestimmt sich nach den tatsächlichen
Verhältnissen. Tatsächliche Verhältnisse in diesem Sinne sind die rechtlich
relevanten Umstände, die im Einzelfall eine wertende Zuordnung zum Typus der
abhängigen Beschäftigung erlauben. Ob eine abhängige Beschäftigung vorliegt,
ergibt sich aus dem Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es im Rahmen des
rechtlich Zulässigen tatsächlich vollzogen worden ist (dazu unter 1.).
Ausgangspunkt ist daher zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie
es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt oder sich aus ihrer
gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zur ursprünglich
getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus
ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der
Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung vor. Somit gilt, dass die
tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von Vereinbarungen
abweichen (BSG, Urt. v. 01. Dezember 1977, 12/3/12 RK 39/74; Urt. v. 10. August
2000, B 12 KR 21/98; jeweils m.w.N.). Maßgeblich ist die Rechtsbeziehung so wie
sie praktiziert wird und die praktizierte Beziehung so wie sie rechtlich zulässig ist
(vgl. hierzu insgesamt BSG, Urt. v. 24. Januar 2007, B 12 KR 31/06 R).
41 Unter Berücksichtigung dieser Grundsätze ist die Kammer im Rahmen der
vorzunehmenden Gesamtwürdigung zu der Auffassung gelangt, dass vorliegend
in allen Tätigkeitsformen die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis
sprechenden Umstände überwiegen.
42 1. Alleine aus der Vertragsbeziehung zwischen der Klägerin und den
Honorarkräften lässt sich keine endgültige Zuordnung zu einem
sozialversicherungsrechtlichen Status vornehmen.
43 Zunächst wurden mit den betroffenen Honorarkräften bis zum 28.2.2007
Werkverträge abgeschlossen. Gegenstand der Werkverträge war die Erbringung
einer konkreten Leistung (z.B. für die „freie Mitarbeiterin“ ... „50 Präsentationen“
Handpapier schöpfen). In § 3 des Werkvertrages wurde bestimmt, dass der
entsprechende freie Mitarbeiter persönlich und wirtschaftlich unabhängig sei und
der Auftraggeberin (Klägerin) sofort mitzuteilen habe, wenn er im wesentlichen
Maße von dem Honorar seinen Lebensunterhalt bestreite. In § 2 wurde die
Bruttovergütung vereinbart, in der alle Steuern enthalten seien. Weitere
Regelungen sind dem Werkvertrag nicht zu entnehmen. Aus dem knappen
Wortlaut geht jedoch hervor, dass die Klägerin mit den betroffenen Mitarbeitern
eine Leistung in Selbstständigkeit vereinbaren wollten.
44 Ab dem 01.03.2007 wurden die Werkverträge durch einheitliche Rahmenverträge
ersetzt. Für Selbstständigkeit spricht nach dem Wortlaut des Rahmenvertrages
zunächst, dass es die freie Entscheidung der Klägerin ist, ob und in welchen
Ausstellungen freie Mitarbeiter beauftragt werden, im Gegenzug können die freien
Mitarbeiter frei entscheiden, ob und inwieweit ein solcher Auftrag angenommen
wird (unter 2. des Rahmenvertrags). Im Falle des Vertragsschlusses ist der freie
Mitarbeiter grundsätzlich frei von Weisungen, jedoch an die von der Klägerin im
konkreten Vertragsverhältnis angegebenen Termine und Inhalte gebunden (unter
3.). Ein Anspruch auf ein bestimmtes Vertragsvolumen besteht nicht (unter 4.)
Steuern und Sozialversicherungsbeiträge müssen selbst erbracht werden (unter
9.). Der konkrete Inhalt der Tätigkeit wird durch einen sog. Leistungsschein
festgelegt, insbesondere auch der zeitl. Rahmen und das konkrete Honorar (s.
Präambel d. Rahmenvertrags). Der Leistungsschein geht der Honorartabelle
grundsätzlich vor (unter 8.). Die vorgenannten Regelungen sowie die
Ausführungen in der Präambel („über ihre festangestellten Kräfte hinaus“) deuten
darauf hin, dass zwischen den Vertragsparteien die Begründung eines
abhängigen Beschäftigungsverhältnisses nicht gewollt war.
45 Indes enthält der Vertrag auch Regelungen, die für das Vorliegen einer
abhängigen Beschäftigung sprechen, so insbesondere die Regelung, dass der
Honoraranspruch unberührt bleibt, falls eine Führung kurzfristig ausfällt oder
wegen Verspätung der Gruppe verkürzt erbracht wird (unter 7.). Weiterhin, dass
sich die Vergütungshöhe nach einer Leistungstabelle (unter 8.) richtet und dass in
dem Leistungsschein (der konkrete Vertrag im Einzelfall) der Inhalt, zeitliche
Rahmen und das konkrete Honorar (Präambel) vereinbart werden. Ein weiteres
Indiz für abhängige Beschäftigung stellt die Vereinbarung unter Ziff. 6. dar, dass
der Mitarbeiter über eigene Abwesenheit, die über 7 Tage hinausgeht, Mitteilung
machen soll.
46 Einem im Vertrag dokumentierten Willen der Vertragsparteien, kein
sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis zu wollen, kommt
jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn dieser dem festgestellten sonstigen
tatsächlichen Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und er durch weitere
Aspekte gestützt wird (BSG, Urteil vom 28.05.2008, a.a.O., Rn. 16). Während der
Rahmenvertrag als solcher danach sowohl für als auch gegen das Vorliegen einer
abhängigen Beschäftigung sprechende Regelungen enthält, überwiegen bei
Berücksichtigung der tatsächlichen Verhältnisse im Rahmen der jeweiligen
Einzelaufträge die für eine abhängige Beschäftigung sprechenden Umstände nach
Ansicht der Kammer deutlich.
47 2. Die Beigeladenen waren in die betriebliche Organisation der Klägerin
eingebunden. Eine Eingliederung in hohem Maße konnte das Gericht für die als
Tutoren, Vorführer, Labor-Vorführer und die Gestaltung von Kindergeburtstagen
eingesetzten Kräfte feststellen (dazu unter a bis d), die Museumsführer waren zwar
nicht persönlich abhängig i.S. einer Weisungsunterworfenheit, allerdings zumindest
organisatorisch in den Betrieb der Klägerin eingegliedert (dazu unter e)).
48 Alle von der Klägerin im Prüfzeitraum beauftragten Honorarkräfte waren zwar
grundsätzlich frei in der Entscheidung, ob und wann sie tätig sein wollten, jedoch
ist dies kein starkes Indiz für die Annahme einer selbstständigen Tätigkeit. Derlei
Gestaltungsmöglichkeiten bestehen nämlich auch im Rahmen von
sozialversicherungspflichtiger Teilzeitarbeit, Aushilfstätigkeit oder sog. „unständig
Beschäftigten“. Nur die freie Entscheidung der Annahme des Arbeitsauftrages
alleine macht die Tätigkeit nicht zur Selbstständigen, maßgeblich ist die
tatsächliche Ausgestaltung der Tätigkeit.
49 Auf der anderen Seite vermag die Tatsache, dass die komplette Organisation der
Einsätze der Honorarkräfte über die Verwaltung der Klägerin lief, diese damit in
ihrer Tätigkeit den betrieblichen Erfordernissen der Klägerin unterworfen waren und
keinen Einfluss darauf hatten, wann ihnen Einsätze angeboten wurden, keine
abschließende Einordnung der Tätigkeit als abhängige Beschäftigung zu liefern
sondern stellt ebenfalls ein Indiz für eine solche Einordnung dar. Zu prüfen war
vielmehr, ob die Betroffenen auch hinsichtlich der Art der Ausführung der Tätigkeit
einem Weisungsrecht der Klägerin unterlagen und insoweit in den Betrieb der
Klägerin eingegliedert waren bzw. aufgrund der Erbringung eines „Dienstes
höherer Art“ die organisatorische Einbindung in den Betrieb das entscheidende
Gewicht erhielt (BSG, Urt. v. 9.12.2981, B 12 RK 4/81).
50 a) Nach dem Vortrag der Beteiligten, den Angaben des Zeugen ..., der Befragung
einzelner Beigeladener und den weiteren Ermittlungen des Gerichts ergibt sich,
dass die Tutoren in hohem Maße in die betriebliche Organisation der Klägerin
eingegliedert waren. Nach Auskunft des Zeugen ... wurden Tutoren eingesetzt, um
die Ausstellungsformen „Elementa 1 und 2“ zu begleiten. Die Tutoren hatten die
Aufgabe Experimente in der Ausstellung zu betreuen und den Besuchern bei
Fragen erklärend zur Seite zu stehen. Ihnen wurden von den Mitarbeitern der
Museumspädagogik und Kuratoren über die Experimentbeschreibung am Objekt
hinaus Hintergrundinformationen zur Verfügung gestellt, die sie bei Rückfragen
von Besuchern verwenden konnten. Da die Experimente durch ihre
Funktionsweise determiniert waren, gab es für die Tutoren auch keinen weiteren
Spielraum über die Methodik der Erläuterung des konkreten Experiments/Exponats
hinaus. Die Angaben des Zeugen ... decken sich auch mit den befragten
Beigeladenen (zu 10. und 11.), die darlegten, dass sie sich an den konkreten
Exponaten zu orientieren hatten und für Besucher für allgemeine Fragen zur
Verfügung standen. Sie hatten u.a. die Aufgabe auch Besucher (insbes.
Schulklassen) aktiv anzusprechen, um Experimente zu erklären.
51 Auch hinsichtlich der Organisation der Einsätze der Tutoren sind diese als
„Bestandteil des Betriebs“ der Klägerin anzusehen. Die Einsätze wurden
monatsweise im Voraus nach Absprache mit den Tutoren geplant. Die einzelnen
Tutoren wurden immer für 4 oder 8 Stunden eingesetzt, und waren dann in der
Ausstellung anwesend. Geschuldet wurde also de facto eine Tätigkeit und kein
Erfolg. Die Vergütung wurde unabhängig vom Besucherstrom gewährt. Die
Tutoren hatten ein T-Shirt des Museums zu tragen, damit sie als Ansprechpartner
erkennbar waren.
52 Trotz der Regelungen im Werk- bzw. später im Rahmenvertrag, die auf eine
selbstständige Tätigkeit hindeuteten, sprachen die tatsächlichen Verhältnisse für
die Tätigkeit der Tutoren überwiegend für das Vorliegen einer abhängigen
Beschäftigung, ihre Einsätze unterlagen gänzlich der „objektiven Ordnung“ des
Betriebes der Klägerin und waren inhaltlich überdies mit wenig Spielraum
ausgestattet (BSGE 19, 265, 267).
53 b) Auch die Vorführer waren in hohem Maße in die betriebliche Organisation der
Klägerin eingebunden. Der Zeuge ... betont, dass das von der Klägerin betriebene
... ein sog. „arbeitendes Museum“ sei, dessen Exponate (beispielsweise die
Druckerpressen) erst adäquat zur Geltung kämen, wenn sie auch von
Vorführkräften bedient würden. Die Vorführer waren damit essentieller Teil des
Museumsbetriebes. Die Vorführer betreuten keine speziellen Besuchergruppen,
sondern hielten sich bei den Exponaten auf, um dieses bei Bedarf vorzuführen. Die
Vorführer waren zu festen - vorher von der Museumsverwaltung koordinierten -
Zeiten an den jeweiligen Exponaten anzutreffen. Die Museumsbesucher wurden
beim Eintritt in das Museum auf stattfindende Vorführungen hingewiesen. Die
benötigten Arbeitsmaterialien (z.B. Papier zum Bedrucken) wurden ebenfalls von
der Klägerin gestellt. Den Vorführern wurde ein fester Stundenlohn nach der in den
Verträgen in Bezug genommenen Honorartabelle gezahlt. Das Honorar wurde
unabhängig vom Besucherstrom fällig. Die Vorführer trugen meist vom Museum
gestellte Kleidung, insbesondere ein blaues Polohemd, das den Zweck hatte, sie
für die Besucher als Mitarbeiter des Museums erkennbar zu machen. Des weiteren
trugen die meisten Vorführer Namensschilder mit dem Logo der Klägerin.
54 Zwar handelte es sich bei den Vorführern zumeist um „Fachleute“, d.h. Personen,
die über eine einschlägige Berufsausbildung (z.B. als Drucker) verfügten, jedoch
sagt dies nichts darüber aus, ob diese als Arbeitnehmer oder Selbstständige
beschäftigt waren. Der Zeuge ... erklärte, dass der konkrete Arbeitsauftrag durch
die zu bedienende Maschine festgelegt war, auch wenn die Vorführkräfte die
Freiheit hatten, eigene Akzente zu setzen und sich mit konkreten Fragen von
Besuchern auseinander setzen mussten. Der tatsächliche Gestaltungsspielraum
war jedoch prinzipiell auf die Funktionsweise des Exponats beschränkt.
55 Teilweise wurden die Vorführungen auch von festangestellten Mitarbeitern des
Museums getätigt. Die Beigeladenen (6. und 7.) haben ausgeführt, dass sie
teilweise mit den festangestellten Mitarbeitern zusammengearbeitet hätten. Als
nicht relevant sieht das Gericht in diesem Zusammenhang die Einlassung der
Klägerin, dass die festangestellten Kräfte v.a. für die Wartung und Pflege der
Exponate zuständig gewesen seien. Entscheidend ist hier, dass Festangestellte -
wenn auch möglicherweise nur vereinzelt - auch Vorführungen (und damit das
Gleiche wie die Honorarkräfte) bestritten haben. Zeuge ... berichtete auch, dass
ausgeschiedene festangestellte Mitarbeiter im Vorführbereich nicht mehr ersetzt
wurden und hierfür Honorarkräfte eingesetzt wurden.
56 Dies alles sind gewichtige Indizien für eine Weisungen unterworfene Eingliederung
in die Betriebsorganisation der Klägerin der betreffenden Vorführer. Mithin ist auch
für die Vorführer eine Diskrepanz der tatsächlichen Verhältnisse zu den
Regelungen im Werk- bzw. später im Rahmenvertrag festzustellen. Die
tatsächlichen Verhältnisse sprechen überwiegend für das Vorliegen einer
abhängigen Beschäftigung.
57 c) Des Weiteren waren nach den Feststellungen des Gerichts für Vorführungen im
Labor (für sog. „Lerngänge“) eingesetzte Honorarkräfte in die betriebliche
Organisation der Klägerin eingebunden. Nach den Angaben der Beigel. zu 4.
bestanden die Laborangebote aus klar vorgegebenen Themenbereichen (z.B.
Kosmetikherstellung, „Säure-Basen“). Zwar hätten sich die entsprechenden
Teilnehmer wünschen können, welche Versuche sie machen wollten, jedoch war
die Auswahl alleine durch das von der Klägerin gestellte Material (z.B. die
entsprechenden Chemikalien) von vornherein auf ein bestimmtes
Angebotsspektrum begrenzt. Die Beigel. zu 4. gab auch an, dass sie vor ihrer
eigenen Tätigkeit mehrfach bei Kollegen oder der (festangestellten) Leiterin des
Laboratoriums hospitiert und sich so auf ihre eigene Tätigkeit vorbereitet habe. Die
Leiterin des Laboratoriums habe die entsprechenden Konzepte und Handouts für
die Besucher erstellt, die auch immer bei den Veranstaltungen ausgelegen hätten.
Außerdem habe auch sie als festangestellte Mitarbeiterin derartige „Lerngänge“
angeboten. Einen relevanten inhaltlichen Gestaltungsspielraum hatten die
Betreuer der Laborangebote mithin nicht.
58 Trotz der vertraglichen Situation - gewollte selbstständige Tätigkeit - ist für die
Tätigkeit im Lerngang davon auszugehen, dass sie in die Betriebsorganisation der
Klägerin eingegliedert war. Bei der Erfüllung des Auftrages gab es klare
Begrenzungen im Themenspektrum, die Lerngänge wurden im wesentlichen von
einer Museumsmitarbeiterin konzipiert und teilweise auch von festangestellten
Mitarbeitern durchgeführt. All dies spricht für eine abhängige Beschäftigung der
betreffenden Honorarkräfte.
59 d) Die Betreuer von Kindergeburtstagen bildeten ebenfalls einen Bestandteil des
Gesamtkonzepts des ... Im wesentlichen betreuten sie Kinder zu einem
bestimmten vorher ausgesuchten und über die Museumsverwaltung gebuchten
Thema (z.B. Flaschentaucher, Fotoralley auf dem Museumsschiff). Auch wenn die
Themen Exzerpte aus dem Führungsprogramm darstellten, so waren sie inhaltlich
doch klar umrissen. Nach Aussage des Zeugen ... gab es für einige Themen
Handreichungen und - von Mitarbeitern der Museumspädagogik - vorbereitete
Materialien. ... führte aus, dass die Betreuer für größere inhaltliche Änderungen des
gebuchten Themas bei der entsprechenden Mitarbeiterin der Museumspädagogik
um Erlaubnis hätten fragen müssten. Die Beigel. zu 2. berichtete, dass die
einzelnen Themen und die Ergebnisse (beispielsweise der Bau eines
funktionstüchtigen Raketenautos) von Mitarbeitern der Museumspädagogik
vorbereitet und beschrieben wurden. Hieraus zieht die Kammer den Schluss, dass
keine größere inhaltliche Gestaltungsfreiheit gegeben war. Die Betreuer von
Kindergeburtstagen waren damit weisungsgebunden und in die
Betriebsorganisation eingebunden, auch wenn nach dem mit der Klägerin
geschlossenen Werk- bzw. Rahmenvertrag eine selbstständige Tätigkeit gewollt
war.
60 e) Schwieriger zu beurteilen hinsichtlich der Eingliederung in die
Betriebsorganisation der Klägerin ist die Tätigkeit der beauftragten Museumsführer,
da sie nach der Überzeugung der Kammer jedenfalls in der Art der Ausführung
nicht weisungsgebunden waren. Festzustellen war jedoch zumindest eine
Einbindung organisatorischer Art in den Betriebsablauf der Klägerin.
61 Aufgabe der Museumsführer war es, Besuchergruppen für eine vorbestellte und
gebuchte Zeit durch die gewünschte Ausstellung zu führen, Fragen zu
beantworten und auf die Interessen der jeweiligen Gruppe einzugehen. Die
befragten Museumsführer haben sich zumeist mit ihrem Namen und als freie
Mitarbeiter vorgestellt. Insbesondere die Beigeladenen zu 12., 13. und 14.
verfügen über Hochschulabschlüsse auf historischem oder technischem
Fachgebiet.
62 Die angehörten Beigeladenen konnten glaubhaft machen, dass sie im
Wesentlichen frei von Weisungen der Klägerin waren. Zwar wurde für jede (neue)
Ausstellung eine sog. Kuratorenführung angeboten, in der sich die Museumsführer
mit der Ausstellung vertraut machen konnten, jedoch war der Besuch einer
solchen Führung keine Pflichtveranstaltung. Fertige Konzepte und
Handreichungen für die Führungen gab es nicht, den Inhalt ihrer Führungen
erarbeiteten sich die Museumsführer selbst, eine Qualitätskontrolle hat nicht
stattgefunden. Für vernachlässigbar hält es die Kammer in diesem
Zusammenhang, wenn der Zeuge ... angibt, dass er manchmal bei neuen
Museumsführern mitgelaufen sei, um Feedback zu geben. Er und die befragten
Museumsführer haben jedenfalls glaubhaft ausgeführt, dass die Museumsführer
bei den Führungen einen großen Gestaltungsspielraum hatten und haben.
63 Die Gestaltungsfreiheit der Museumsführer im Hinblick auf die eigenverantwortliche
Übermittlung der Ausstellungsinhalte alleine indiziert aber noch keine
selbstständige Tätigkeit, denn bei sog. „Diensten höherer Art“ kann das
Weisungsrecht eingeschränkt und zur „funktionsgerecht dienenden Teilhabe am
Arbeitsprozess“ verfeinert sein. Die Arbeitsleistung bleibt dennoch fremdbestimmt,
wenn sie ihr Gepräge von der Ordnung des Betriebes erhält, in dessen Diensten
sie verrichtet wird. Bei Diensten höherer Art, bei denen dem Arbeitgeber aus
tatsächlichen Gründen, z.B. aufgrund überragender Fachkenntnis, eine
Einflussnahme auf die Art der Tätigkeit nicht möglich ist, kommt dem Merkmal der
Eingliederung in einen übergeordneten Organismus entscheidendes Gewicht zu
(BSGE 16, 289, 294)). Die Qualität einer Besucherführung wird besonders dadurch
mitbestimmt, dass sich der Führer auf die Interessen und Wünsche der Gruppe
einstellen kann. Insofern wäre es auch im Rahmen eines abhängigen
Beschäftigungsverhältnisses lebensfremd, dass ein starrer inhaltlicher Rahmen
oder gar konkrete Formulierungen vorgegeben würden (SG Berlin, Urt. v. 2.6.2009,
S 36 KR 2382/07, juris Rn. 48).
64 Wie oben bereits ausgeführt, lag die komplette Organisation der Tätigkeit der
Museumsführer in Händen der Museumsverwaltung, ungeachtet der Tatsache,
dass die Museumsführer keinerlei inhaltlichen Weisungen von Seiten der Klägerin
unterlagen, liegt eine Eingliederung jedoch aufgrund des organisatorischen
Rahmens vor
65 Im Ergebnis zeigen sich bei der Tätigkeit der Museumsführer sowohl für als gegen
eine abhängige Beschäftigung sprechende Aspekte. Den Ausschlag für die
Einordnung als abhängiges Beschäftigungsverhältnis hat jedoch (besonders für
den Fall der Museumsführer) das jeweils fehlende Unternehmensrisiko gegeben.
66 3. Neben der Eingliederung in die Betriebsorganisation der Beigeladenen ist für
das Gericht maßgeblich, dass die Beigeladenen - entgegen dem Vorbringen der
Klägerin - kein wesentlich ins Gewicht fallendes Unternehmensrisiko trugen. In der
Rechtsprechung des Landessozialgerichts Baden-Württemberg - der sich die
erkennende Kammer anschließt - stellt dies ein besonders gewichtiges
Entscheidungskriterium dar (vgl. dazu LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 24. Februar
2012, L 4 KR 352/11 m.w.N.; Urt. v. 30. März 2012, L 4 R 2043/10). Ein
Unternehmensrisiko eines Selbstständigen liegt vor, wenn eigenes Kapital oder die
eigene Arbeitskraft auch mit der Gefahr des Verlustes eingesetzt wird, der Erfolg
des Einsatzes der tatsächlichen und sächlichen Mittel also ungewiss ist (vgl. z. B.
BSG, Urt. v. 28. Mai 2008, B 12 KR 13/07 R). Zum echten Unternehmensrisiko wird
dieses Risiko deshalb regelmäßig erst, wenn bei Arbeitsmangel nicht nur kein
Einkommen oder Entgelt aus Arbeit erzielt wird und zusätzlich auch Kosten für
betriebliche Investitionen und/oder Arbeitnehmer anfallen oder früher getätigte
Investitionen brach liegen (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 23.1.2004, L 4 KR
3083/02). Das Unternehmensrisiko ist nicht mit dem Einkommensrisiko zu
verwechseln, welches auch abhängig Beschäftigte tragen, wenn sie nach Zeit
bezahlt werden. Entscheidend ist außerdem, dass der Betroffene „wie ein
Unternehmer am Markt auftritt“.
67 Alleine die vertragliche Regelung der betroffenen freien Mitarbeiter mit der Klägerin,
dass Sozialabgaben und Steuern selbst zu entrichten waren, stellt kein
Unternehmensrisiko dar. Ebenso wenig, dass die betroffenen Mitarbeiter das
Risiko des Erhalts ihrer eigenen Arbeitskraft trugen, nur nach tatsächlich
gearbeiteten Stunden bezahlt wurden und ein vertraglicher Urlaubsanspruch sowie
Entgeltfortzahlung im Krankheitsfall nicht vereinbart worden waren. Abgesehen
davon, dass Entlohnungssysteme dieser Art auch bei abhängig Beschäftigten
eingesetzt werden (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 14. Februar 2007, L 5 R
3363/06), sind solche Vertragsgestaltungen als typisch anzusehen, wenn beide
Seiten eine selbstständige freie Mitarbeit wollten. Maßgebend ist das Gesamtbild
der Arbeitsleistung nach den tatsächlichen Verhältnissen und nicht die von den
Beteiligten gewählte vertragliche Beziehung. Solche Vereinbarungen sind im
Übrigen eher typisch bei Scheinselbstständigkeit, die die Arbeitnehmerrechte wie
die Lohnfortzahlung im Krankheitsfall oder Ansprüche nach dem
Bundesurlaubsgesetz und nicht zuletzt die Beitragszahlung zur Sozialversicherung
umgehen soll. Dem Arbeitnehmer werden dadurch sämtliche Schutzmöglichkeiten
genommen, ohne dass dies im Ergebnis durch unternehmerische Rechte oder gar
Gewinne kompensiert wird (vgl. LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 12. Dezember
2008, L 4 R 3542/05; Urt. v. 24. Februar 2012 - L 4 KR 352/11).
68 a) Nach den Ermittlungen des Gerichts tragen die Vorführer, Tutoren, Labor-
Vorführer und Betreuer von Kindergeburtstagen über ihr Einkommensrisiko hinaus
kein relevantes Unternehmensrisiko. Die Mitarbeiter der genannten Bereiche
hatten - über das Angebot ihrer Arbeitskraft hinaus - keinen entscheidenden
Einfluss auf die Zahl der Einsätze. Vielmehr befanden sie sich in einem Pool von
freien Mitarbeitern, auf den die Museumsverwaltung Zugriff hatte. Bestand aus
Sicht des Museums ein Bedarf, wurden entsprechende Mitarbeiter gesucht und
beauftragt.
69 Die Einsatzpläne wurden von der Klägerin erstellt. Nach Übernahme eines
Einsatzes hatten sie Anspruch auf Honorar unabhängig von der Zahl der
Teilnehmer bzw. Museumsbesucher. Auf den Erfolg der Tätigkeit (vgl. LSG
Nordrhein-Westfalen, Urt. v. 2.2.2006, L 16 KR 253/04) kam es nicht an. Der
Arbeitsaufwand stand in einem starren Verhältnis zum per festgelegter
Honorartabelle (Abstufung nach Schweregrad und Zeitaufwand) vereinbarten
Entgelt (LSG Baden-Württemberg, Urt. v. 17.12.1999, L 4 KR 2023/98), auch dies
spricht gegen ein Unternehmensrisiko. Kosten für betriebliche Investitionen trugen
sie nicht. Sie verfügten überdies über keine eigene Betriebsstätte und mussten ihre
Arbeitsmaterialien (z.B. für Labor-Vorführungen oder Kindergeburtstage) nicht
selbst anschaffen oder bereitstellen. Die Betroffenen setzten kein eigenes Kapital
ein und unterlagen nicht dem Zwang, einen Gewinn erwirtschaften zu müssen. Ihr
einziges (wirtschaftliches) Risiko bestand darin, bei mäßiger oder schlechter
Leistung und zu geringer Einsatzfreudigkeit keine weiteren Aufträge mehr zu
erhalten. Dieses Risiko trägt grundsätzlich aber auch ein abhängig beschäftigter
Mitarbeiter, als er sich dem Risiko einer Kündigung bei Schlechtleistung aussetzt.
Der einzige Unterschied besteht letztlich darin, dass der abhängig beschäftigte
Mitarbeiter arbeitsrechtlich besser geschützt ist (LSG Nordrhein-Westfalen, Urt. v.
6.9.2007, L 16 (14) R 102/05). Der Einsatz der Arbeitskraft alleine stellt kein
Unternehmensrisiko dar.
70 Zu einem typischen unternehmerischen Handeln gehört überdies Auftreten in
eigenem Namen, Werbung nach Außen und eigene Rechnungsstellung. Die
Honorarkräfte machten größtenteils keine Werbung für ihre Tätigkeit im Museum
und traten nicht selbstständig am Markt auf. Die Bewerbung der Angebote lief im
Wesentlichen über die Klägerin. Selbst wenn sie aber Gruppen anwarben (z.B.
Gestaltung eines Kindergeburtstages), so konnten sie diese Gruppen nicht frei und
„auf eigene Rechnung“ im Museum herumführen bzw. die Einrichtungen des
Museums zur Gestaltung des Kindergeburtstages nutzen. Auch hier lief die
gesamte Organisation und Abrechnung mit den Besuchern ausschließlich über
das Museum. Soweit der Geschäftsführer der Klägerin darauf hinweist, dass die
tatsächliche Praxis nicht präjudiziere, dass nicht prinzipiell andere Gestaltungen
möglich gewesen seien, spielt das für die Beurteilung im hiesigen Rechtsstreit
keine Rolle, da die tatsächlichen Verhältnisse zu beurteilen waren.
71 Neben einer bereits in hohem Maße bestehenden Eingliederung in die
Organisation der Klägerin fehlte es für die Gruppe der Tutoren, Vorführer, Labor-
Vorführer und Betreuer von Kindergeburtstagen damit auch an einem
Unternehmensrisiko.
72 b) Auch die Museumsführer trugen kein relevantes Unternehmensrisiko. Das
Fehlen des notwendigen Unternehmensrisikos der von den Bescheiden
betroffenen Museumsführer macht das Gericht v.a. an dem Umstand fest, dass die
beigeladenen Museumsführer nicht wie ein Unternehmer am Markt auftraten. Sie
waren nicht darauf angewiesen, Gruppen für die Führungen anzuwerben. Im
Gegenteil, selbst wenn sie welche angeworben haben sollten, war die
Durchführung der Organisation in Händen der Klägerin, die die Einsätze letztlich
„genehmigt“ und koordiniert sowie abgerechnet hat. Die Museumsführer waren in
keiner Weise am „Gewinn“ oder „Verlust“ (Stichwort: Ausfallhonorar) beteiligt. Eine
tatsächliche Tätigkeit auf eigene Rechnung und eigenes Risiko - z.B. Führungen
selbst angeworbener Gruppen auf eigene Rechnung - konnte nach den
Ermittlungen der erkennenden Kammer im Prüfzeitraum nicht festgestellt werden.
Die Ausführungen des Geschäftsführers der Klägerin, dass aus der tatsächlichen
Praxis nicht darauf geschlossen werden könne, dass derlei „Privatführungen“
grundsätzlich nicht möglich gewesen wären, vermag an der Einschätzung des
Gerichts nichts zu ändern. Zu prüfen waren die tatsächlichen Verhältnisse, diese
lassen ein Unternehmensrisiko insoweit nicht erkennen. Entscheidend war für das
Gericht weiterhin die Tatsache, dass der Erfolg der Führungen für den
Honoraranspruch der beigeladenen Museumsführer irrelevant war. Die Beigel. zu
12., 13. und 14. gaben an, dass sie das tabellarisch von der Klägerin festgelegte
Honorar unabhängig von der Zahl der zu führenden Besucher erhielten. Sogar
wenn eine Führung kurzfristig ausfiel, bestand der Honoraranspruch gegen die
Klägerin fort. Letztlich trug also die Klägerin das Entgeltrisiko und das Risiko des
Erfolges oder Misserfolges einer gebuchten Führung. Für die Höhe des
Honoraranspruchs spielte die Anzahl der Führungsteilnehmer keine Rolle. Die
Beigel. ... (Beigel. zu 12.) berichtete von einer Führung für nur 2 Personen. Für
einen „echten Unternehmer“ hätte eine solche Führung wohl ein Verlustgeschäft
bedeutet.
73 Kein echtes Unternehmensrisiko sieht das Gericht in dem Umstand, dass die
Museumsführer mit ungewissem Erfolg (also tatsächlicher Buchung) die
Führungen vorbereitet haben. Diesem Risiko sind nicht nur Selbstständige
ausgesetzt, sondern auch Aushilfen oder unständig Beschäftigte, deren Einsätze
auf Abruf und nach Bedarf erfolgen.
74 Das Gericht weist an dieser Stelle nochmals ausdrücklich darauf hin, dass im
hiesigen Verfahren nur die Verhältnisse bei der Klägerin zu beurteilen waren. Die
Beschäftigung von Museumsführern bei der Klägerin war zwar durch adäquate
inhaltliche Handlungsfreiheit geprägt, allerdings war der gesamte Ablauf einer
Führung von der Organisation bis zur Abrechnung mit der Besuchergruppe in
Händen der Museumsverwaltung. Darüber hinaus konnte das Gericht bei den
befragten Beigeladenen kein relevantes Unternehmensrisiko erkennen. Insoweit
waren die bei der Klägerin eingesetzten Museumsführer als abhängig Beschäftigte
zu qualifizieren.
75 4. Die in dem Änderungsbescheid vom 14.5.2012 festgesetzte Beitragsforderung
ist auch nicht der Höhe nach zu beanstanden. Die sog. „Übungsleiterpauschale“
nach § 3 Nr. 26 EStG wurde - soweit deren Voraussetzungen von der Klägerin
nachgewiesen wurden - zutreffend berücksichtigt. Die Beklagte war nicht zu
eigenen Ermittlungen verpflichtet, gem. § 8 der Beitragsverfahrensordnung (BVV)
hat der Arbeitgeber die entsprechenden Unterlagen zu den Entgeltunterlagen zu
nehmen und den Prüfern gem. § 10 Abs. 1 BVV vorzulegen. Soweit die
entsprechenden Erklärungen bei der Beklagten eingereicht wurden, wurden sie bei
der Beitragsberechnung berücksichtigt. Soweit die Klägerin die
Beitragsberechnung für die Beigel. zu 2. Frau ... bemängelt, kann das Gericht
keine Unrichtigkeit feststellen. Die Pauschale gem. § 3 Nr. 26 EStG wurde für das
Jahr 2008 korrekt abgezogen. Die angefochtenen Bescheide sind auch insoweit
rechtmäßig.
76 5. Die in den angefochtenen Bescheiden erhobenen Säumniszuschläge wurden
rechtmäßig festgesetzt.
77 Die Forderung von Säumniszuschlägen auch für die Vergangenheit beruht auf §
24 Abs. 1 SGB IV. Danach ist für Beiträge und Beitragsvorschüsse, die der
Zahlungspflichtige nicht bis zum Ablauf des Fälligkeitstages gezahlt hat, für jeden
angefangenen Monat ein Säumniszuschlag von 1 v.H. des rückständigen, auf
EUR 50,00 nach unten abgerundeten Betrags zu zahlen. Wird eine
Beitragsforderung durch Bescheid mit Wirkung für die Vergangenheit festgestellt,
ist nach § 24 Abs. 2 SGB IV ein darauf entfallender Säumniszuschlag nicht zu
erheben, soweit der Beitragsschuldner glaubhaft macht, dass er unverschuldet
keine Kenntnis von der Zahlungspflicht hatte.
78 Die Vertreter der Klägerin haben nicht glaubhaft gemacht, dass sie unverschuldet
Unkenntnis von der Zahlungspflicht hatten. Die Klägerin ist in der Rechtsform einer
Stiftung des öffentlichen Rechts organisiert und bildet damit einen Organisationstyp
einer öffentlich-rechtlichen juristischen Person. Wie bei juristischen Personen des
Privatrechts muss sich die Klägerin die Kenntnis ihrer Funktionsträger und deren
Organisationsverschulden bei der Kontrolle und Überwachung der Mitarbeiter
zurechnen lassen (LSG Nordrhein-Westfalen v. 17.10.2008, L 16 R 41/08).
79 Entgegen der Auffassung der Vertreter der Klägerin steht der unverschuldeten
Unkenntnis von der Zahlungspflicht sowohl fahrlässiges als auch vorsätzliches
Verhalten i.S. von § 276 BGB entgegen (BSG, Urt. v. 13.7.2010, B 13 R 67/09 R).
Das Gericht geht mit dem 13. Senat des BSG davon aus, dass sich aus der von
der Klägerin zitierten Rechtsprechung des 12. Senates des BSG eine Einengung
des Verschuldensmaßstabes auf Vorsatz nicht herleiten lässt (BSG, Urt. v.
9.11.2011, B 12 R 18/09 R; die umfassende Kasuistik des 13. Senates betrifft die
Verjährungsregelung in § 25 SGB IV). Es ist mithin eine konkret-individuelle
Betrachtung aller Umstände des Einzelfalles vorzunehmen (BSG, Urt. v. 1.7.2010,
B 13 R 67/09 R, juris Rn. 23).
80 Bedingter Vorsatz liegt vor, wenn ein rechtswidriger Erfolg für möglich gehalten und
billigend in Kauf genommen wird (BGH, Urt. v. 17.09.1985, VI ZR 73/84). Lediglich
bewusste Fahrlässigkeit liegt vor, wenn der rechtswidrige Erfolg zwar für möglich
gehalten wird, aber darauf vertraut wird, dass dieser nicht eintritt. Ein Rechtsirrtum
schließt den Vorsatz grundsätzlich aus, ist jedoch der Irrtum bei Anwendung der
erforderlichen Sorgfalt vermeidbar, so bleibt eine Haftung wegen Fahrlässigkeit
bestehen (BGH, Urt. v. 30.5.1972, VI ZR 6/71). Der Betreffende hat die Rechtslage
sorgfältig zu prüfen, soweit erforderlichen Rechtsrat einzuholen und die
höchstrichterliche Rechtsprechung sorgfältig zu beachten (BGH, Urt. v. 14.6.1994,
IX ZR 110/96). Fahrlässigkeit ist das Außerachtlassen der im Verkehr
erforderlichen Sorgfalt. Ein Verstoß gegen das Sorgfaltsverbot liegt vor, wenn nach
einem objektivierten Beurteilungsmaßstab der Handelnde in seiner konkreten Lage
den drohenden Erfolg seines Verhaltens voraussehen und vermeiden konnte
(BGH, Urt. v. 21.5.1996, VI ZR 161/95).
81 Das Gericht geht aufgrund der Auswertung der im Verwaltungsverfahren
beigezogenen Akten der Klägerin entgegen der Behauptungen in der mündlichen
Verhandlung vom 30.7.2013 davon aus, dass die Vertreter der Klägerin zumindest
grob fahrlässig gehandelt haben. Soweit vorgetragen wird, dass in bestem Wissen
gehandelt worden sei, widerspricht dieser Einlassung der Schriftverkehr der
Mitarbeiter der Klägerin mit der damals zur Beratung und Vertragsgestaltung
beauftragten Kanzlei ... Aus dem Schriftsatz vom 25.10.2004 (adressiert an den
Zeugen ... als Verwaltungsleiter) geht hervor, dass die Klägerin über die rechtlichen
Rahmenbedingung zur Beurteilung des sozialversicherungsrechtlichen Status
aufgeklärt wurde. Auf die problematische Abgrenzung zwischen abhängiger
Beschäftigung und selbstständiger Tätigkeit wurde hingewiesen. Im gleichen
Schriftsatz wurde auch auf die Möglichkeit des „Anfrageverfahrens nach § 7a SGB
IV“ verwiesen, um Klarheit bezüglich der Abgrenzung abhängige Beschäftigung -
selbstständige Tätigkeit zu erhalten. Insoweit geht die Kammer davon aus, dass
die Klägerin entgegen ihrer Behauptung um gesetzlich vorgesehene und rechtlich
verbindliche Klärungsmöglichkeit vor der Clearingstelle der DRV wusste. Trotz des
Hinweises des betreuenden Rechtsanwaltes wurden derartige Verfahren nicht
eingeleitet. Der damals von Seiten der Klägerin mit der Vertragsgestaltung betraute
Mitarbeiter, der Zeuge ...hat zwar angegeben, dass er sich nicht erinnern könne,
ob zur statusrechtlichen Klärung der Rahmenverträge ein
Statusfeststellungsverfahren gem. § 7 a SGB IV erwogen wurde und dass im Falle
der Empfehlung eines Verfahrens nach § 7a SGB IV ein solches durchgeführt
worden wäre. Dieser Aussage misst das Gericht jedoch in Anbetracht der
Auswertung der vorgelegten Unterlagen keine Bedeutung bei. Irrelevant für die
statusrechtliche Beurteilung der abgeschlossenen Rahmenverträge ist auch die
Tatsache, dass es im Jahre 1999 für zwei freie Mitarbeiter
Statusfeststellungsverfahren gegeben habe. Die sozialversicherungsrechtliche
Beurteilung gilt immer nur für das durchgeführte Verfahren und hat keine
Auswirkungen auf die Beschäftigung personenverschiedener Mitarbeiter (Pietrek
in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 7a SGB IV Rn. 28).
82 Ein Rechtsirrtum ist hier nicht gegeben. Zwar hat der Schuldner grundsätzlich nicht
für einen unverschuldeten Rechtsirrtum einzustehen, allerdings sind an den
Entlastungsbeweis strenge Anforderungen zu stellen. Der Schuldner hat sich
sorgfältig über die Rechtslage zu informieren und ggf. kundigen Rat einzuholen.
Dieser Rechtsrat wurde der Klägerin von der Kanzlei ...erteilt. Der im Verkehr
üblichen Sorgfalt hätte es entsprochen, wenn den Empfehlungen Folge geleistet
worden wäre. Das Verschulden der Mitarbeiter der Klägerin ist dieser damit
zuzurechnen (Segebrecht, in: jurisPK-SGB IV, 2. Aufl. 2011, § 24 SGB IV, Rn. 64).
83 Die Erhebung von Säumniszuschlägen erfolgte damit zu Recht, der Klägerin ist
das zumindest grob fahrlässige Verhalten ihrer Vertreter zuzurechnen.
IV.
84 Kostenentscheidung § 197a SGG
85 Die Kostenentscheidung beruht auf § 197a SGG i.V.m. §§ 154 Abs. 2; 162 Abs. 3
Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) und berücksichtigt das Unterliegen der
Klägerin. Da die Klägerin und die Beklagte nicht zu den in § 183 SGG genannten
Personen gehören, finden nach § 197a SGG die VwGO und das
Gerichtskostengesetz (GKG) Anwendung.
V.
86 Der Streitwert wird gem. §§ 63 Abs. 2 und 3 und 52 Abs. 1 GKG endgültig auf EUR
162.441,02 festgesetzt.