Urteil des SozG Mainz vom 20.07.2010

SozG Mainz: private krankenversicherung, ärztliche behandlung, zuschuss, vag, beitrag, prämie, hauptsache, rechtsgrundlage, versicherungspflicht, quelle

Sozialrecht
SG
Mainz
20.07.2010
S 10 AS 920/10 ER
Zuschuss zur privaten Krankenversicherung nach § 26 Abs. 2 Satz 1 Nr. 1 SGB II
Aufgrund einer Folgenabwägung, unter Berücksichtigung der Vorschrift des § 37 VVG, muss der
Hilfebedürftige in die Lage versetzt werden, zumindest die Erstprämie für seine private
Krankenversicherung leisten zu können, um einen ausreichenden Krankenversicherungsschutz zu
gewährleisten.
1. Der Antragsgegner wird im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller zusätzlich
zum zugesicherten Zuschuss für die Aufwendungen zur privaten Kranken- und Pflegeversicherung
einmalig weitere 164,57 € zu gewähren, um die erste Prämie bei Abschluss der privaten Kranken- und
Pflegeversicherung sicherzustellen. Im Übrigen wird der Antrag abgelehnt.
2. Der Antragsgegner hat die außergerichtlichen Kosten des Antragstellers zu 1/4 zu erstatten.
Gründe.
I
Der Antragsteller begehrt im vorliegenden Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes eine Verpflichtung
des Antragsgegners dahingehend, dass dieser die vollen Beiträge zu einer privaten Kranken- und
Pflegeversicherung übernimmt.
Der 1970 geborene Antragsteller ist polnischer Staatsangehöriger und ging vor Bezug von Leistungen
nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II) einer selbständigen Beschäftigung nach. Während
dieser Zeit war er weder kranken- noch pflegeversichert. Am 23.02.2010 beantragte er beim
Antragsgegner erstmalig Leistungen nach dem SGB II.
Mit Bescheid vom 17.03.2010 wurden dem Antragsteller vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den
Zeitraum 23.02. bis 31.08.2010 bewilligt. Ihm wurden monatlich insgesamt 701,53 € gewährt, wovon 359 €
auf Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts und 342,53 € auf Kosten der Unterkunft und Heizung
entfielen (für Februar anteilig). In dem Bescheid wurde ausgeführt, dass der Antragsteller bei der AOK
Rheinland-Pfalz in der Kranken- und Pflegeversicherung pflichtversichert sei.
Wegen einer Blinddarmoperation wurde der Antragsteller vom 10.03. bis 12.03.2010 stationär behandelt,
wobei Kosten i.H.v. 2.330,04 € anfielen.
Mit Schreiben vom 01.04.2010 informierte die AOK Rheinland-Pfalz den Antragsgegner darüber, dass
keine Versicherungspflicht vorliege und die Anmeldung daher storniert wurde. Dies wurde dem
Antragsteller mit Schreiben vom 13.04.2010 mitgeteilt. In einem Gespräch am 12.04.2010 war der
Antragsteller zuvor darüber informiert worden, dass er eine private Versicherung abschließen müsse, die
Beiträge aber nur bis zur Höhe der gesetzlichen Beiträge übernommen werden könnten.
Am 11.05.2010 beantragte der Antragsteller beim Antragsgegner die Übernahme des Beitrags zu einer
privaten Kranken- und Pflegeversicherung. Er legte ein Angebot der Debeka Krankenversicherungsverein
a.G. (Debeka) vom 05.05.2010 vor, wonach der Antragsteller in den Basistarifen BTNI für die
Krankenversicherung (290,62 € monatlich) und PVN (25,52 € monatlich) ab dem 01.05.2010 versichert
werden könne für insgesamt 316,14 € monatlich.
Mit Bescheid vom 20.05.2010 lehnte der Antragsgegner die Übernahme der Gesamtkosten für die private
Krankenversicherung (PKV) und private Pflegeversicherung sowie die Übernahme der
Krankenhauskosten ab. Für die private Versicherung könne nur ein Zuschuss i.H.v. 126,05 € für die
Krankenversicherung und i.H.v. 18,04 € für die Pflegeversicherung gewährt werden. Für die Übernahme
der Krankenhauskosten bestehe keine Rechtsgrundlage im SGB II.
Hiergegen hat der Antragsteller Widerspruch eingelegt, mit der Begründung, die höhenmäßige
Begrenzung nach § 26 Abs. 2 Nr. 1 SGB II i.V.m.§ 12 Abs. 1c S. 5 und 6 Versicherungsaufsichtsgesetz
(VAG) und dadurch entstehende Deckungslücke sei verfassungswidrig und gefährde das
Existenzminimum. Er berief sich auf insoweit einschlägige Rechtsprechung. Von den Krankenhauskosten
sei er freizustellen, da das Krankenhaus einen Erstattungsanspruch gegen den Sozialhilfeträger habe.
Hierfür verwies er auf Rechtsprechung des Bundessozialgerichts.
Mit Widerspruchsbescheid vom 22.06.2010 wies der Antragsgegner den Widerspruch zurück. Aufgrund
der eindeutigen Gesetzeslage, könne nur ein Zuschuss i.H.v. 126,05 € monatlich zur privaten
Krankenversicherung übernommen werden. Ein Ausgleich der beim Antragsteller entstehenden
Deckungslücke sei vom Gesetz nicht vorgesehen. Es sei zudem davon auszugehen, dass es sich bei dem
Angebot der Debeka noch nicht um den halbierten Basistarif handele. Eine Übernahme der monatlichen
25,52 € für die private Pflegeversicherung könne bei Abschluss des Versicherungsvertrages zugesagt
werden. Für die Übernahme der Krankenhauskosten bestehe keine Rechtsgrundlage im SGB II.
Hiergegen hat der Kläger am 28.06.2010 Klage erhoben (S 10 AS 911/10) und zugleich den vorliegenden
Antrag.
Zur Begründung beruft er sich im Wesentlichen auf seine Ausführungen im Vorverfahren und trägt
ergänzend vor,
laut Bescheinigung der Debeka vom 24.06.2010 sei der monatliche Betrag von 316,14 € bereits der
halbierte Basistarif. Der Antragsteller benötige zudem dringend ärztliche Behandlung aufgrund eines
akuten Bandscheibenvorfalls.
Der Antragsteller beantragt,
den Antragsgegner im Wege einer einstweiligen Anordnung zu verpflichten, dem Antragsteller die
Beiträge für eine private Kranken- und Pflegeversicherung in Höhe von derzeit zusammen 316,14 €
monatlich zu tragen, vorläufig für einen Zeitraum vom 28.06.2010 bis 31.12.2010.
Der Antragsgegner beantragt,
den Antrag abzulehnen.
Sie beruft sich auf ihr Vorbringen im Verwaltungsverfahren und die für sie verbindlichen fachlichen
Hinweise der Bundesagentur für Arbeit.
Zur Ergänzung des Sach- und Streitstands wird auf die Gerichtsakten des vorliegenden Verfahrens und
des Klageverfahrens verwiesen, sowie auf die Verwaltungsakte des Antragsgegners. Diese waren
Gegenstand der gerichtlichen Entscheidungsfindung.
II
Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung hat in dem aus dem Tenor ersichtlichen Umfang
Erfolg. Im Übrigen war er abzulehnen.
Gemäß den Vorschriften des § 86b Abs. 2 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) kann das Gericht der
Hauptsache, soweit nicht ein Fall des § 86b Abs. 1 SGG vorliegt, auf Antrag eine einstweilige Anordnung
in Bezug auf den Streitgegenstand treffen, wenn die Gefahr besteht, dass durch eine Veränderung des
bestehenden Zustandes die Verwirklichung eines Rechts des Antragstellers vereitelt oder wesentlich
erschwert werden könnte. Eine einstweilige Anordnung ist auch zur Regelung eines vorläufigen
Zustandes in Bezug auf ein streitiges Rechtsverhältnis zulässig, wenn eine solche Regelung zur
Abwendung wesentlicher Nachteile nötig erscheint (§ 86b Abs. 2 Satz 2 SGG). Demzufolge setzt die
Begründetheit eines Antrags nach § 86b Abs. 2 SGG das Bestehen eines Anordnungsgrundes und eines
Anordnungsanspruchs voraus. Ein Anordnungsgrund in diesem Sinne liegt dann vor, wenn eine
Eilbedürftigkeit der vorläufigen Regelung besteht. Dies ist immer dann gegeben, wenn ohne die
beantragte Regelung für den Antragsteller schwere, irreparable Nachteile drohen würden. Der
Anordnungsanspruch ist dann gegeben, wenn der geltend gemachte Anspruch materiell‑rechtlich nach
einer im Eilverfahren allein möglichen summarischen Prüfung der Sach‑ und Rechtslage bestehen würde.
Bei der Beeinträchtigung besonders hochrangiger Rechtsgüter hat jedoch eine intensive Prüfung
stattzufinden (Binder, in: HK-SGG, 3. Aufl. 2009, § 86b Rn 42). Eine Vorwegnahme der Hauptsache ist
grundsätzlich unzulässig, es sei denn das Gebot des effektiven Rechtsschutzes verlangt dies (Binder,
a.a.O., Rn 46).
Anordnungsanspruch und Anordnungsgrund sind gleichberechtigte Voraussetzungen, haben aber auch
Auswirkungen aufeinander. Je höher die Wahrscheinlichkeit des Erfolges in der Hauptsache, desto
geringer können die Anforderungen an den Anordnungsgrund sein, ohne dass jedoch auf diesen gänzlich
verzichtet werden könnte (Binder, a.a.O., Rn 45).
Kann im Rahmen des einstweiligen Rechtsschutzes die Prüfung nicht in der gebotenen Intensität
vorgenommen werden, ist aufgrund einer umfassenden Güter- und Folgenabwägung zu entscheiden
(Binder, a.a.O., Rn 5 u. 42).
An diesen Voraussetzungen gemessen, war es geboten im Rahmen einer umfassenden Güter- und
Folgenabwägung den Antragsgegner zu verpflichten dem Antragsteller die Mittel zur Verfügung zu stellen,
die er benötigt um zumindest die erste Prämie des PKV zu bezahlen.
Der Antragsteller ist z.Z.t weder kranken- noch pflegeversichert. Bis zum 31.12.2008 waren Bezieher von
Arbeitslosengeld II (Alg II) gemäß § 5 Abs. 1 Nr. 2a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) grundsätzlich
in der gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert. Davon ausgenommen waren allein diejenigen
Bezieher von Alg II, die auf ihren Antrag hin von der Versicherungspflicht befreit waren. Diese erhielten
nach § 26 Abs. 2 S. 1 SGB II in der Fassung des Gesetzes vom 21.03.2005 (BGBl. I, S. 818) eine
Zuschuss, der auf die Höhe des Beitrags begrenzt war, der in der gesetzlichen Krankenversicherung galt.
Eine dabei etwaig entstehende Deckungslücke wurde deswegen als gerechtfertigt angesehen, weil die
Betroffenen freiwillig aus der gesetzlichen Krankenversicherung ausgeschieden waren.
Seit dem 01.01.2009 sind gemäß § 5 Abs. 5a S. 1 SGB V Bezieher von Alg II nicht mehr in der
gesetzlichen Krankenversicherung pflichtversichert, wenn sie unmittelbar vor dem Bezug von Alg II privat
krankenversichert waren oder weder gesetzlich noch privat krankenversichert waren und zu den in § 5
Abs. 5 SGB V oder in § 6 Abs. 1 und 2 SGB V genannten Personen gehören oder bei Ausübung ihrer
beruflichen Tätigkeit im Inland gehört hätten (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz (GKV-WSG) vom
26.03.2007, BGBl. I, S. 378 ff.). Nach § 5 Abs. 5a S. 2 SGB V gilt dies nicht für Personen, die bereits am
31.12.2008 aufgrund des Alg II-Bezuges pflichtversichert waren.
Der Kläger ist demnach nicht pflichtversichert, da erst zum 23.02.2010 Bezieher von Alg II wurde und
davor als Selbständiger nach § 5 Abs. 5 SGB V nicht pflichtversichert war. Anhaltspunkte für eine
Familienversicherung nach § 10 SGB V sind nicht ersichtlich.
Seit dem GKV-WSG sind die privaten Krankenversicherer ab dem 01.01.2009 verpflichtet, einen Basistarif
anzubieten, dessen Leistungen vergleichbar sein müssen mit den Leistungen nach dem dritten Kapitel
des SGB V (§ 12 Abs. 1 a VAG). Der Beitrag darf nach § 12 Abs. 1c S. 1 VAG den Höchstbeitrag der
gesetzlichen Krankenversicherung nicht übersteigen. Nach § 12 Abs. 1c S. 4 VAG vermindert sich dieser
Beitrag um die Hälfte, wenn allein aufgrund der Zahlung dieses Beitrages Hilfebedürftigkeit i.S.d. des SGB
II oder Sozialgesetzbuch Zwälftes Buch (SGB XII) entsteht.
Nunmehr gilt für privat krankenversicherte Alg II-Bezieher nach § 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II n.F. § 12 Abs.
1c S. 5 und 6 VAG. Diese Vorschrift lautet:
"Besteht auch bei einem nach Satz 4 verminderten Beitrag Hilfebedürftigkeit im Sinne des Zweiten oder
des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch, beteiligt sich der zuständige Träger nach dem Zweiten oder
Zwölften Buch Sozialgesetzbuch auf Antrag des Versicherten im erforderlichen Umfang, soweit dadurch
Hilfebedürftigkeit vermieden wird. Besteht unabhängig von der Höhe des zu zahlenden Beitrags
Hilfebedürftigkeit nach dem Zweiten oder Zwölften Buch Sozialgesetzbuch, gilt Satz 4 entsprechend; der
zuständige Träger zahlt den Betrag, der auch für einen Bezieher von Arbeitslosengeld II in der
gesetzlichen Krankenversicherung zu tragen ist."
Im vorliegenden Verfahren beträgt der bereits halbierte Basistarif bei der Debeka 290,62 € für die
Krankenversicherung. Der nach § 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 SGB II mögliche Zuschuss ist aber der Höhe nach
aufgrund des § 12 Abs. 1c S. 6 VAG begrenzt auf die - vom Antragsgegner auch zugesicherten - 126,05 €.
Es entsteht folglich eine Deckungslücke. Diese ist unerheblich, wenn der Alg II-Empfänger über
ausreichend Einkommen verfügt, um diese Deckungslücke über die Absetzung nach § 11 Abs. 2 S. 1 Nr.
3a SGB II zu schließen. Alg II-Empfänger, die - wie der Antragsteller - über kein solches Einkommen
verfügen, sehen sich in der Lage, einen nicht unerheblichen Teil ihrer Regelleistung für die
Krankenversicherung aufwenden zu müssen.
Wie mit dieser Situation umzugehen ist, ist in der Rechtsprechung umstritten. Es wird einerseits vertreten,
dass die Regelungen nicht zu beanstanden sind (Urteil des Sozialgerichts (SG) Berlin vom 27.11.2009, S
37 AS 31127/09, zitiert nach juris). Andererseits wird vertreten, dass diese Deckungslücke im Wege einer
analogen Anwendung des § 26 Abs. 2 S. 1 Nr. 2 SGB II - wonach bei freiwillig gesetzlich Versicherten der
Beitrag voll übernommen wird - geschlossen werden müsse (Urt. des SG Stuttgart v. 14.01.2010, S 9 AS
5449/09; Urt. des SG Chemnitz v. 16.06.2010, S 3 AS 450/10; Urt. des SG Düsseldorf v. 12.04.2010, S 29
AS 547/10, alle zitiert nach juris) oder im Wege der verfassungskonformen Auslegung des § 26 Abs. 2
SGB II insgesamt (Urt. des Landessozialgerichts (LSG) für das Saarland v. 13.04.2010, L 9 AS 15/09,
zitiert nach juris).
Für Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes wird von einer Vielzahl von Gerichten das Vorliegen
eines Anordnungsgrundes verneint (vgl. SG Hildesheim, Beschluss v. 23.07.2009, S 43 AS 730/09 ER;
Beschl. des SG Dresden v. 18.09.2009, S 29 AS 4051/09 ER; Beschl. des LSG Berlin-Brandenburg v.
02.06.2010, L 10 AS 817/10 B ER; Beschl. des LSG Baden-Württemberg v. 22.03.2010, L 13 AS 919/10
ER-B; Beschl. des LSG Sachsen-Anhalt v. 14.04.2010, L 2 AS 16/10 B ER; Beschl. des LSG Hamburg v.
22.02.2010, L 5 AS 34/10 B ER; Beschl. des LSG für das Land Nordrhein-Westfalen v. 12.10.2009, L 7 B
197/09 AS; alle zitiert nach juris). Dies folge u.a. daraus, dass eine Kündigung gemäß § 206 Abs. 1 Satz 1
Versicherungsvertragsgesetz (VVG) bei solchen Versicherungen i.S.d. § 193 Abs. 3 S. 1 VVG
ausgeschlossen sei und daraus, dass auch bei Nichtabführung der geschuldeten Beiträge der
Krankenversicherungsschutz gewährleistet sei gemäß § 193 Abs. 6 und 7 VVG.
Dies soll grundsätzlich auch gelten, wenn der Alg II-Empfänger noch gar keinen Vertrag abgeschlossen
hat (Beschl. des LSG Berlin-Brandenburg v. 02.06.2010, a.a.O.), denn es besteht gemäß § 193 Abs. 5
VVG und § 12 Abs. 1b VAG sowie § 110 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Elftes Buch (SGB XI) ein
Kontrahierungszwang.
Andere Gerichte haben die Eilbedürftigkeit angenommen (Beschl. des LSG Niedersachsen-Bremen v.
03.12.2009, L 15 AS 1048/09 B ER; Beschl. des Hessischen LSG v. 15.12.2009, L 6 AS 368/09 B ER;
Beschl. des LSG Berlin-Brandenburg v. 18.01.2010, L 34 AS 2001/09 B ER).
Ob ein Anordnungsanspruch besteht, kann in diesem Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht
entschieden werden (vgl. auch Beschl. des LSG Hamburg, a.a.O. Rn 11; Beschl. des LSG Berlin-
Brandenburg v. 18.01.2010, a.a.O., Rn 5).
Es ist daher im Rahmen einer Folgenabwägung zu entscheiden. Dabei ist die Vorschrift des § 37 VVG zu
beachten. Danach kann der Versicherer vom Vertrag zurücktreten, wenn die erste Prämie nicht gezahlt
wurde (Abs. 1) bzw. ist im Versicherungsfall nicht zur Leistung verpflichtet, wenn diese erste Prämie nicht
gezahlt wurde (Abs. 2) (vgl. dazu Beschl. des LSG Berlin-Brandenburg v. 02.06.2010, a.a.O., Rn 15). Ist
diese Erstprämie gezahlt, greifen die Schutzmechanismen des § 193 VVG und der
Krankenversicherungsschutz ist nach Ansicht der Kammer ausreichend gewährleistet. Insoweit schließt
sich die Kammer der zitierten Rechtsprechung, die von einem fehlenden Anordnungsgrund ausgeht, an.
Der Antragsteller muss daher - aber auch nur - in die Lage versetzt werden, zumindest die Erstprämie voll
zu erbringen. Der Antragsgegner hat ausweislich des Widerspruchsbescheides vom 22.06.2010
zugesichert, bei Abschluss des vorgelegten Krankenversicherungsvertrages 25,52 € für die
Pflegeversicherung und 126,05 € für die Krankenversicherung an Zuschuss zu gewähren. Damit bleibt
eine Deckungslücke von 164,57 € (316,14 € Gesamtkosten - 151,57 € zugesicherter Zuschuss). Diese
Lücke hat der Antragsgegner einmalig zusätzlich auszugleichen, um die Zahlung der Erstprämie zu
gewährleisten. Eine weitere Verpflichtung war im Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes nicht
auszusprechen und der Antrag insoweit abzulehnen.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG und entspricht dem Ausgang des Verfahrens. Dabei hat
die Kammer auch die zu erwartenden Erfolgsaussichten in der Hauptsache berücksichtigt.