Urteil des SozG Lüneburg vom 10.11.2004

SozG Lüneburg: handbuch, urlaub, fristlose kündigung, frachtführer, fahrzeug, werbung, abrechnung, subunternehmer, auftragsvergabe, sozialversicherung

Sozialgericht Lüneburg
Urteil vom 10.11.2004 (nicht rechtskräftig)
Sozialgericht Lüneburg S 14 RA 219/00
Der Bescheid der Beklagten vom 19.12.1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26.9.2000 wird
aufgehoben. Die Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers und der Beigeladenen.
Tatbestand:
Streitig ist ein Bescheid der Beklagten über die Nachzahlung von Sozialversicherungsbeiträgen.
Der Kläger ist der Insolvenzverwalter der Firma X., über deren Vermögen durch Beschluss des Amtsgerichts Y. am
20. Dezember 2000 das Insolvenzverfahren eröffnet wurde. Der Z. betrieb eine Vermittlungszentrale für Kurierdienste.
Er verfügte über keine eigenen Transportfahrzeuge. Er holte Transportaufträge ein und vermittelte diese per Funk an
die seiner Zentrale angeschlossenen Fahrer. Die für den Z. fahrenden Fahrer hatten mit diesem einen
Vermittlungsvertrag abgeschlossen, in dem sie sich verpflichteten, eine monatliche Gebühr für die Vermittlung von
Fahraufträgen zu entrichten. Zusätzlich hatten sie eine einmalige Einstandsgebühr zu zahlen sowie einen monatlichen
Betrag für Werbe- und Präsentkosten. Sofern sie über keine eigene Transportversicherung verfügten, wurde für sie
eine Sammeltransportversicherung durch den Z. abgeschlossen, dessen monatliche Prämie die Fahrer zu tragen
hatten.
Nach dem mit dem Z. abgeschlossenen Vertrag war den Fahrern Eigenwerbung bei Ticket-, Rechnungs- oder
Barkunden des Z. untersagt. Weiter heißt es in dem Vertrag: "Die dem Z. vertraglich angeschlossenen Kleintransport-
Subunternehmer und deren Fahrer, haben jegliche Werbung oder Tätigkeit, die einem Kurierdienst, Kurierservice
ähnlich ist, da sie im Auftrag von Z. fahren, zu unterlassen. Während der Laufzeit dieses Vertrages ist dem
Unternehmer untersagt, mit anderen Personen oder Firmen zusammen zu arbeiten, die gleiche oder ähnliche
Leistungen anbieten oder durchführen wie der Z ..."
Die Abrechnung der Fahrten erfolgte entweder vor Ort bar mit den jeweiligen Transportfahrern oder durch die
Einreichung von Tickets bei der Z. Zentrale. Diese übermittelte die sich aus den Abrechnungstickets ergebenden
Beträge für die geleisteten Fahrten an ein Rechenzentrum, das die Forderungen bei den jeweiligen Auftragsgebern
einzog und monatlich eine Gesamtsumme für die geleisteten Fahrten an den Z. auszahlte. Dieser wiederum zahlte
nach Abzug der Vermittlungsgebühr die Entgelte an die jeweiligen Fahrer aus. Das Rechenzentrum behielt für seine
Arbeit 7 % der Umsätze des einzelnen Fahrers ein.
Jeder Unternehmer und jeder Fahrer erhielt zu Beginn seiner Tätigkeit ein Handbuchs des AA., in dem Regeln für die
Zusammenarbeit niedergelegt waren. So finden sich im Kapitel "Allgemeines" u.a. folgenden Regelungen:
" 3.) Arbeitszeiten der Fahrer Um den angebotenen Dienst zu gewährleisten sind folgende Arbeitszeiten eingerichtet:
Kernarbeitszeit 8.00 Uhr bis 18.00 Uhr Dienst, früh ab 7.00 Uhr kurz bis 19.30 Uhr lang bis 21.00 Uhr" ... 4) Dienste In
der letzten Woche eines jeden Monats sind alle Dienste für den darauffolgenden Monat telefonisch oder persönlich bei
Frau AB. einzutragen ... 6.) Urlaub Urlaub ist generell 3 Monate vor Antritt anzumelden. Wegen der extremen
Nachfrage in der Vorweihnachtszeit sollte im Dezember auf Urlaub verzichtet werden.
6.1. Krankheiten Abwesenheit wegen Krankheit sind dem Z. mitzuteilen.
7. Neue Fahrer Wenn Unternehmer neue Fahrer einstellen, sind diese generell einzuarbeiten. Zu Beginn der
Einarbeitung ist der "Neue" dem Z. als Co-Fahrer zu melden und bei Aufnahme der selbständigen Arbeit dem Z.
persönlich vorzustellen ..."
Im Kapitel Funk- und Funkverkehr heißt es u.a:
"- Freimeldungen Fahrer, die ihren Dienst anfangen oder einen Auftrag ausgeführt haben, melden sich frei mit der
Angabe des Bezirks, in dem sie stehen ...Der Funker teilt dem Fahrer mit, an welcher Stelle in der Reihenfolge der
Freimeldungen er in dem genannten Bezirk steht.
- Auftragsvergabe Die Aufträge werden in der Reihenfolge ihres Eingangs beim Funker vergeben. Die Vergabe erfolgt
an den Fahrer, der als Erster in dem betroffenen Bezirk freisteht. Sollte dort kein Fahrer freistehen, kann der Auftrag
an freistehende Fahrer in anderen Bezirken vergeben werden oder allgemein ausgerufen werden. Den Anweisungen
des Funkers ist unbedingt zu folgen.
- Auftragsannahme und Bestätigung Die Bestätigung eines Auftrags per Funk verpflichtet den Fahrer und seinen
Unternehmer zur ordnungsgemäßen Erfüllung. Der Fahrer ist verpflichtet, den Auftrag persönlich, unverzüglich oder
gemäß Kundenaufgabe und vollständig auszuführen ..."
Weiter heißt es in dem Handbuch unter "Erscheinungsbild":
"1. Fahrer Lästig und peinlich für betroffene Fahrer ebenso wie für die Mitarbeiter der Zentrale sind Reklamationen von
Kunden wegen Mängel der - Körperpflege/Sauberkeit ... - Tätowierungen auf den Armen sind durch langärmelige
Hemden zu verdecken ... Verstöße gegen derartige Regeln können zu zeitweise oder in gravierenden Fällen zu
kompletter Sperrung führen.
2. Fahrzeuge Was für Fahrer gilt, gilt in ähnlichem Umfang für die Fahrzeuge:
- Die Fahrzeuge sind innen und außen in einem sauberen Zustand zu halten ... Auf keinen Fall dürfen Hunde oder
andere Tiere im Fahrzeug mitgeführt werden ..."
Im 2. Teil des Handbuchs "Nur für Unternehmer" wird zum Punkt "Werbung" ausgeführt: " Der Unternehmer ist
verpflichtet im Rahmen seiner Dienstleistungsfahrten und Kleintransporte nur die vom Z. entwickelten Schriftzüge,
Embleme, Belege und bereitgestellten Werbematerialien zu verwenden. Werbung auf den Fahrzeugen ist prinzipiell
nicht erlaubt; Ausnahme, nur wenn der Wagen mit "Z." Schriftzug ausgestattet ist, darf eine OPS-Werbung
angebracht werden. Eigenwerbungen des Unternehmers auf seinem Fahrzeug sind auf jeden Fall
zustimmungsbedürftig.
Eigenwerbung (z.B. Visitenkarten) des Unternehmers bei Kunden des AA. verstößt gegen den vertraglich vereinbarten
Konkurrenzausschluss. Der Unternehmer haftet auch für die Einhaltung des Konkurrenzausschlusses durch seine
Fahrer."
Die Beklagte führte am 8., 11., 14. und 15. Juli 1997 bei dem Z. eine Betriebsprüfung durch. Parallel dazu überprüfte
die LVA AC. verschiedene Unternehmen, die als Subunternehmer für den Z. tätig waren.
In einem Vermerk der Beklagten heißt es dazu: "Bei der Prüfung in den Räumlichkeiten des Steuerberaters AD.
wurden sämtliche Unterlagen (Verträge, Monatsrechnungen und Schriftverkehr) gesichtet und es wurden alle
Einzelkurierfahrer der Beitragsnachberechnung unterworfen. Die Ermittlung, wer als Subunternehmer mit eigenen
Fahrer eigenständig zu prüfen war bzw. noch zu prüfen sein wird, gestalteten sich äußerst schwierig und langwierig,
da zum Teil nur der Name des Subunternehmers und von diesem eingesetzte, weitere Fahrzeugnummern ersichtlich
waren. Teilweise mussten unter Einbindung des LAA AE. neue Betriebsnummern vergeben werden, bzw. in Erfahrung
gebracht werden.
Die Betriebsprüfung der Subunternehmer mit eigenen Fahrern wurde bzw. werden sowohl von der LVA als auch durch
uns durchgeführt. Daher wurde sich aus nachvollziehbaren Gründen mit den LVA-Kollegen auf die Verwendung einer
einheitlichen Bescheidversion geeignet, die bereits von der LVA für Subunternehmer verwendet wurde.
Alle Einzelpersonenunternehmer wurden in Anlehnung an das Urteil des LSG Berlin Az.: L 9 KR 8/94 (S 72 KR 93/91-
6 vom 17.8.1994) als SV-pflichtige Arbeitnehmer der Beitragsberechnung unterworfen, wobei die
Nettoauszahlungsbeträge ohne Mehrwertsteuer als Berechnungsgrundlage berücksichtigt wurden".
Am 19. Dezember 1997 erließ die Beklagte einen Bescheid über eine Beitragsforderung in Höhe von 3.051.240,02
DM. In ihrer Begründung führte die Beklagte aus, die zur Prüfung vorgelegten Unterlagen und geführten Gespräche
hätten darüber Aufschluss gegeben, dass es sich bei den freien Mitarbeitern oder Subunternehmern um sogenannte
"abhängige Selbständige" oder auch "Scheinselbständige" und somit um tatsächlich abhängig Beschäftigte gehandelt
hätten, die grundsätzlich als Nichtselbständige unter den Schutz der Sozialversicherung fielen. Für sie bestehe
insoweit Versicherungs- und Beitragspflicht in den betreffenden Zweigen der Sozialversicherung. Ob eine Person als
Arbeitnehmer oder als Selbständiger anzusehen sei, könne nur anhand von Indizien ermittelt werden. Über den
Bereich der Fahrer von Transportunternehmen, Kurierfahrern usw. sei zuletzt durch das Landessozialgericht Berlin
und Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 20. Mai 1996 entsprechend entschieden worden. Hiernach seien
unter Berücksichtigung des am Unternehmerrisiko orientierten Arbeitnehmerbegriffs, diese
Einzelpersonenunternehmer als Arbeitnehmer und damit auch als Beschäftigte im sozialversicherungsrechtlichen
Sinne anzusehen. Kennzeichnend sei dabei, dass die Einpersonenunternehmen kein eigenes Kapital einsetzten,
keine Mitarbeiter beschäftigten und nur einen Vertragspartner hätten. Insoweit verbliebe ihnen kein nennenswerter
unternehmerischer Spielraum. Auch die Benutzung des privaten Kfz zur Ausführung der Aufträge reiche zur
Begründung eines Unternehmerrisikos nicht aus. Zusammenfassend sei festzustellen, dass aufgrund der
Gesamtwürdigung aller Tatbestandsmerkmale in Verbindung mit den anerkannten Grundsätzen, die die ständige
Rechtsprechung in der Sozialversicherung und den angrenzenden Bereichen entwickelt habe, die Umstände
überwiegen würden, die für ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis sprächen. Wegen der weiteren Ausführungen der
Beklagten im Einzelnen wird auf Bl. 3 bis 6 der Verwaltungsakten Bezug genommen.
Gegen den Bescheid vom 19. Dezember 1997 legte der Z. Widerspruch ein. Er verwies darauf, dass die meisten von
der Beklagten in dem Bescheid aufgenommenen Fahrer keine Alleinunternehmer gewesen seien, teilweise seien sie
ihm auch völlig unbekannt, nie selbst gefahren oder hätten Umsätze mit eigenen Kunden gemacht.
Mit Widerspruchsbescheid vom 26. September 2000 wies die Beklagte den Widerspruch des AA. zurück. In ihrer
Begründung führte sie aus, ausreichende Sachverhaltsermittlungen seien während der Betriebsprüfung vorgenommen
worden. Im Rahmen der Betriebsprüfung seien durch die Mitarbeiter der Beklagten sämtliche Unterlagen der
Einzelkurierfahrer eingesehen worden. Die Befragungen einiger Kurierfahrer habe ergeben, dass diese ausschließlich
für den Z. tätig gewesen seien und als Vertragsgrundlage für die Tätigkeit ein Handbuch zu befolgen gehabt hätten.
Verstöße gegen diese Handbuch seien mit Sanktionen belegt worden. Es habe die Verpflichtung bestanden,
mindestens 4-mal im Monat Früh- oder Spätschichten zu verrichten. Aufträge hätten zwar abgelehnt werden können,
diese Möglichkeit sei aber in der Regel nicht genutzt worden, da die Gefahr bestanden habe, keine gut dotierten
Aufträge zu bekommen. Entscheidungsspielräume bzgl. der Preiskalkulation habe es nicht gegeben. Eigene Werbung
sei nicht erlaubt gewesen, über eigene Betriebsräume hätten die Fahrer nicht verfügt.
Nach den vorliegenden Unterlagen, insbesondere des Handbuchs des AA., habe die Zentrale des AA. die Pflege des
Erscheinungsbildes des Betriebes, die Akquisition von Neukunden, die Pflege bestehender Kunden, die
Entgegennahme von Aufträgen und die ausgewogene Vermittlung dieser Aufträge an alle Kurierfahrer übernommen.
Die Abrechnung der Fahrten seien wöchentlich in einer bestimmten Weise von den Fahrer vorzunehmen und in der
Zentrale des Z. einzureichen. Der Z. verpflichte die Fahrer, eine Transportversicherung abzuschließen. Die
Zusammenarbeit der Fahrer mit anderen Firmen, die gleich oder ähnliche Leistungen anbieten würden wie der Z., sei
untersagt. Zuwiderhandlungen hätten die fristlose Kündigung zur Folge.
Nach den vorliegenden vertraglichen Bestimmungen habe die Zentrale des AA. von den Fahrer ständige
Dienstbereitschaft erwartet, indem sie ihnen in den vorgegebenen Zeiträumen durch die Funkzentrale jederzeit die
auszuführenden Aufträge habe zuweisen können. Auch wenn die Fahrer grundsätzlich die Möglichkeit gehabt hätten,
Aufträge abzulehnen, sei in der Regel davon Abstand genommen worden, da wiederholt auftretende
Abwesenheitszeiten sich für die Fahrer bei der Vergabe der Aufträge und hinsichtlich der zum Z. bestehenden
Geschäftsbeziehungen negativ ausgewirkt hätten. Ständige Dienstbereitschaft sei ein starkes Indiz für eine abhängige
Beschäftigung. Auch hinsichtlich der Gestaltung der Tätigkeit sei den Fahrern aufgrund der vertraglichen Bindungen
zum Z. kein maßgebender Spielraum verblieben. Der wesentliche Inhalt der Tätigkeit sei vom Z. bestimmt worden.
Die eingehenden vertraglichen Regelungen über das Ordnungsverhalten der Fahrer seien in ihrer Intensität weit über
die Anforderungen an einen selbständigen Unternehmer hinausgegangen. Der hinreichender Grad persönlicher
Abhängigkeit der beim Z. tätigen Kurierfahrer zeige sich nicht nur daran, das diese dem Direktionsrecht hinsichtlich
Inhalt, Durchführung, Zeit, Dauer, Ort und der sonstigen Modalitäten der zu erbringenden Tätigkeit unterlegen hätten,
sondern ergebe sich auch aus der sehr detaillierten und den Freiraum für die Erbringung der geschuldeten Leistung
stark einschränkenden rechtlichen Vertragsgestaltung sowie der tatsächlichen Vertragsdurchführung.
Wegen der weiteren Einzelheiten der Ausführungen im Widerspruchsbescheid wird auf Bl. 289 bis 293 der
Verwaltungsakten verwiesen.
Am 23. Oktober 2000 hat der Z. Klage erhoben. Der Kläger hat nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens den
Rechtsstreit aufgenommen.
Er trägt vor, die Ermittlungen der Beklagten im Verwaltungsverfahren seien völlig unzureichend gewesen. Für ihre
Entscheidung habe die Beklagte in unzulässiger Weise Einzelfälle herausgefiltert und unzutreffende Rechtsfolgen
gezogen. Bei den dem Z. angeschlossenen Fahrern habe es sich um selbständige Unternehmer gehandelt. Der Z.
habe außer dem pauschalen monatlichen Beitrag pro Fahrzeug keine Erlöse aus den von den Einzelnunternehmern
getätigten Fahrten beansprucht oder überhaupt zu beanspruchen gehabt. Im Rahmen des pauschalen monatlichen
Beitrages pro gemeldeten Fahrzeug habe der Z. für seine Kunden die Dienstleistungen der Vermittlung der Fahrten
sowie der Durchführung der Abrechnung erbracht. Genau gesehen sei die tatsächliche Abwicklung so ausgestaltet
gewesen, dass sich die einzelnen Unternehmer des AA. bedienten, nicht aber sich der Z. der Fahrer bediente, schon
gar nicht auch nur ansatzweise als abhängige Beschäftigte.
Es habe ausschließlich im Interesse der Unternehmer selbst gelegen, durch die Registrierung beim Z. als
Vermittlungszentrale auch Aufträge über den Z. zu erhalten und zwar zusätzlich zu den eigenen sonstigen
Bemühungen bzw. den eigenen bisher bereits vorhandenen Kunden. Der Z. habe ausschließlich Aufträge an solche
Unternehmer vermittelt, die bereits vor Beginn des Vermittlungsverhältnisses selbständige Unternehmer gewesen
seien und sich auch als solche hätten ausweisen können. Der Z. jedenfalls sei durch die Vorlage der Gewerbescheine
von Beginn jedes Vermittlungsverhältnisses an davon ausgegangen, dass er es ausschließlich mit selbständig tätigen
Unternehmern zu tun habe.
Die Fahrer seien selbständige Unternehmer gewesen, die keinen Weisungen unterlegen haben. Der Z. habe weder die
Nutzung besonderer Fahrzeuge vorgeschrieben noch beansprucht, dass die Fahrzeuge eine besondere Lackierung
aufwiesen. Auch seien die Kurierfahrer in keinster Weise gehalten gewesen, besondere Anzüge oder Uniformen zu
tragen. Es habe diesbezüglich keinerlei Vorschriften gegeben, sondern lediglich aufgrund der Wahrung des guten
Rufes für die Vermittlung die Vorgabe, dass die Kurierfahrten in ordentlicher Kleidung mit ordentlichem Aussehen
durchgeführt werden sollten. Dies sei das berechtigte Interesse des AA. selbst gewesen.
Die Unternehmer hätten auch keine einheitlichen Schilder bzw. sonstige Aufkleber auf den Kurierfahrten benutzen
müssen. Die Unternehmer seien in keiner Weise verpflichtet gewesen, bestimmte Arbeitszeiten einzuhalten oder
Anordnungen für die zeitliche Einteilung der Arbeit zu befolgen. Es sei lediglich der Vermittlung dieser Kurierdienste
immanent, dass die Aufträge selbst, entsprechend den Wünschen der Kunden, sofort ausgeführt werden mussten. Es
sei vom Z. jedoch weder verlangt, noch sonst wie durchführbar, dass die Unternehmer sich zu bestimmten Zeiten nur
für den Z. zur Verfügung halten mussten. Dies habe es nicht gegeben. Die Unternehmer hätten sich vielmehr selbst
beim Z. gemeldet, wenn sie nicht für andere, eigene Kunden unterwegs gewesen seien oder aus sonstigen Gründen
Fahrten aufgrund der Vermittlung des AA. nicht ausführen wollten. Die Arbeitskraft der Unternehmer habe der Z.
jedenfalls für sich selbst überhaupt nicht in Anspruch genommen.
An den Einsatz der Kurierfahrer selbst habe der Z. nichts verdient, und zwar weder im Hinblick auf die Häufigkeit
eines Einsatzes, noch im Hinblick auf die Werthaltigkeit von Aufträgen. Der Z. habe jeweils für seine Tätigkeit
ausschließlich den einmaligen monatlichen pauschalen Beitrag pro Fahrzeug von 550,- DM erhalten. Die Arbeitskraft
sei auch nicht höchstpersönlich in Anspruch genommen worden. Den Unternehmern habe es freigestanden ein oder
mehrere Fahrzeuge zur Vermittlung zu melden. Die Unternehmer seien weder in den Betrieb des AA. eingegliedert
gewesen, noch sonst außerhalb ihres Gewerbes in eine fremde Arbeitsorganisation eingegliedert. Sie seien zudem
unabhängig vom Z. im Geschäftsverkehr aufgetreten mit eigenen Visitenkarten und eigenen Briefköpfen. Teilweise
habe sich der Z. auch einer abwerbenden Konkurrenz durch die Kurierfahrer erwehren müssen, teilweise habe er
versucht, durch entsprechende Verträge diese Konkurrenz, die er selbst vermittelt habe, zu unterbinden. Dieses sei
aber ausschließlich zu seinem eigenen Schutz geschehen. Eine Vielzahl der angeschriebenen Fahrer habe bestätigt,
dass sie auch Aufträge für andere Unternehmen ausgeführt hätten. Die Aussagen der Kurierfahrer wiesen eindeutig
auf eine Weisungsfreiheit hin. Den Fahrern sei eine Eigenwerbung möglich gewesen und viele Kurierfahrer hätten sich
ihren eigenen Kundenstamm aufbauen können.
Der Kläger beantragt,
den Bescheid der Beklagten vom 19. Dezember 1997 in der Gestalt des Widerspruchsbescheids vom 26. September
2000 aufzuheben.
Die Beklagte beantragt,
die Klage abzuweisen.
Zur Begründung verweist sie im Wesentlichen auf ihr Vorbringen in den Bescheiden und führt ergänzend aus, die
Würdigung der Gesamtverhältnisse der einzelnen Vertragsverhältnisse ließe das Bestehen einer selbständigen
Tätigkeit nicht erkennen. Das Handbuch des Betriebes, welches an die einzelnen Auftragnehmer herausgegeben
worden sei und die speziellen Arbeitsmethoden im Betrieb geregelt habe, lasse keinen Zweifel am Bestehen von
abhängigen Beschäftigungsverhältnissen zu.
Eine grundsätzliche Entscheidung für alle Fälle der Kurierdienste der Frachtführer sei aus ihrer Sicht wegen der
Differenziertheit der Einzelfällen nicht möglich, so dass sich die Entscheidung des Sozialgerichts Düsseldorf vom 13.
März 2003 nicht zwangsweise auf die hier vorliegenden Sachverhalte übertragen lasse.
Eine Überprüfung der Äußerungen der betroffenen Arbeitnehmer habe sich ergeben, dass insgesamt keine Angaben
gemacht worden seien, die auf eine Weisungsfreiheit der Beschäftigten hinweisen und somit Versicherungsfreiheit
nach sich ziehen würden. Im Gegenteil sei selbst von den Fahrer, die ermittelt worden seien und geantwortet hätten,
mitgeteilt worden, dass sie sich an das Handbuch der Arbeitgeberin zu halten hätten. Die Angaben über eigene Fahrer
seien ungenau erfolgt, Namen seien nur in Ausnahmefällen genannt worden. Weitere Auftraggeber seien ebenfalls in
den wenigsten Fällen vorhanden gewesen, Belege dazu seien nicht vorgelegt worden.
Grundsätzlich seien die einzelnen Umstände der Auftragnehmer zu prüfen. Von der Befragung aller Fahrer im
Verwaltungsverfahren sei abgesehen worden, weil im vorliegenden Fall ein konkretes Handbuch als Vertragsgrundlage
vorgelegt worden sei. Auf dieser Grundlage sei eine Beurteilung der Beschäftigungsverhältnisse allgemein möglich
gewesen, da die im Handbuch geregelten Vorschriften auf ein abhängiges Beschäftigungsverhältnis abstellten. In
diesem Zusammenhang könne auch bei den Fahrern, die inzwischen nicht mehr ermittelbar oder bereits verstorben
seien, davon ausgegangen werden, dass das Handbuch als Betriebsordnung Grundlage ihres Vertrages gewesen sei.
Im vorliegenden Fall habe wirtschaftliche Abhängigkeit, die im Verfahren auch durch die Fahrer bestätigt worden sei,
schon dadurch bestanden, dass die Betriebsordnung weitere Kunden für die einzelnen Fahrer untersagt hätte und viele
auch tatsächlich ausschließlich für die Klägerin tätig gewesen seien. Darüber hinaus seien die Fahrten für die Klägerin
allein in ihrem Auftrag und auf ihre Rechnung ausgeführt worden. In diesem Zusammenhang sei darauf zu verweisen,
dass die Rechtsprechung zum Sachverhalt der versicherungsrechtlichen Beurteilung von Kurierfahrern keineswegs die
Tendenz der selbständigen Tätigkeit aufweise. So sei durch das Landessozialgericht Schleswig-Holstein z.B. mit
Datum vom 20.11.2001 (Az.: L 1 KR 42/01) verkündet worden, dass Kurierfahrer in einem abhängigen
Beschäftigungsverhältnis stünden, soweit sie sich in Weisungsgebundenheit zum Auftraggeber befänden, ein
unternehmerisches Risiko nicht bestehe bzw. unternehmerisches Handeln nicht erkennbar sei und so insgesamt die
Indizien für eine abhängige Beschäftigung überwiegen würden.
Das Gericht hat Auskünfte der in dem Beitragsbescheid der Beklagten aufgeführten Fahrer eingeholt. Einige Fahrer
haben sich nicht ermitteln lassen, einige sind in der Zwischenzeit verstorben. Ein Teil der Fahrer hat trotz Erinnerung
die gerichtliche Anfrage unbeantwortet gelassen.
Das Gericht hat zum einen eine schriftliche Anfrage an diejenigen Fahrer gerichtet, die nach Angaben der
Beigeladenen zu 14.) weitere Fahrer beschäftigt hatten. Ein Teil dieser Fahrer hat die Angaben der Beigeladenen zu
14.) bestätigt und mitgeteilt, mehrere Kraftfahrzeuge im Einsatz gehabt sowie Angestellte beschäftigt zu haben. Ein
weiterer Teil der Befragten, hat angegeben, nur mit einem Kraftfahrzeug und alleine tätig gewesen zu sein. Einige
Fahrer haben angegeben, mehrere Auftraggeber gehabt zu haben, andere haben mitgeteilt, nur für den Z. tätig
gewesen zu sein.
Anschließend hat das Gericht einen Fragebogen an die anderen in dem Beitragsbescheid aufgeführten Fahrer
versandt. Die Frage, ob die Fahrer außer vom Z. noch von anderer Seite Aufträge erhalten haben, hat ungefähr die
Hälfte der befragten Fahrer bejaht. Auf die Frage, ob sie die Zeiten, in denen sie für den Z. fahren wollten, selbst
festlegen konnten oder die Zeiten in vorgegeben wurden, haben rund 75 % der Fahrer geantwortet, dass die Zeiten
von ihnen ganz oder teilweise selbst bestimmt werden konnten. Die Frage, ob sie selbst bestimmen konnten, wann
sie Urlaub machen wollten oder ob sie den Urlaub vorher mit dem Z. absprechen bzw. diesen genehmigen lassen
mussten, haben 82,7 % der antwortenden Fahrer dahingehend beantwortet, dass sie den Urlaub selbst bestimmen
oder in Abstimmung mit dem Z. selbst festlegen konnten.
Wegen der Einzelheiten der Befragungen wird auf die Akten verwiesen.
Die Beigeladene zu 14.) hat sich den Ausführungen des Klägers angeschlossen. Sie betont, sie habe immer darauf
geachtet, dass die Unternehmer zu Beginn ihrer Tätigkeit den Gewerbeschein vorgelegt hätten. Auf die
Betriebsführung der Unternehmer insbesondere darauf, ob diese sich eine Betriebsnummer besorgt hätten und ihre
Angestellten ordnungsgemäß angemeldet hätten, habe sie keinen Einfluss gehabt. Es haben den Unternehmern auch
völlig frei gestanden, eine eigene Transportversicherung abzuschließen oder sich der durch den Z. vermittelten
preisgünstigen Sammelversicherung anzuschließen. Das Handbuch des AA. habe die "Spielregeln" enthalten, die zur
Führung von ca. 130 Fahrzeugen organisatorisch notwendig gewesen seien.
Der Beigeladene zu 15.) vertritt ebenfalls die Auffassung, dass die dem Z. zugeordneten Fahrer eine selbständige
Tätigkeit ausgeübt haben. Sie hätten ihre Arbeitszeit frei gestalten, den Urlaub frei planen und das Recht zum Einsatz
eigener Mitarbeiter gehabt. Es sei ihnen eigener Werbung gestattet gewesen und sie hätten ein unternehmerisches
Risiko getragen.
Wegen der Einzelheiten der Ausführungen des Beigeladenen zu 15.) wird auf Bl. 1196 bis 1206 der Gerichtsakten
verwiesen.
Der Beigeladene zu 4.) trägt ebenfalls vor, dass es sich in seinem Rechtsverhältnis zum Z. nicht um ein
Angestelltenverhältnis gehandelt habe. Es sei selbständiger Unternehmer gewesen, der nicht nur für die AF. gefahren
sei, sondern auch andere Auftraggeber und Kunden gehabt habe. Er sei in seiner Arbeitszeitgestaltung frei gewesen
und habe allein entscheiden können, ob, wann und in welchem Umfang er habe tätig werden wollen. Er sei auch nicht
verpflichtet gewesen, eine bestimmte Auftragsmenge in einer bestimmten Zeit anzunehmen. Er habe tagtäglich frei
und eigenständig entscheiden können, welche Aufträge er annehme, ob für die AG., für einen anderen Auftraggeber
oder ob er an diesem Tag überhaupt nicht fahre, sondern stattdessen einen Bürotag bei sich einlege und Rechnungen
schreibe, seine Fahrzeuge warten oder sonstige Reparaturarbeiten an diesen ausführen lasse.
Wegen der Einzelheiten der Ausführungen des Beigeladenen zu 4.) wird auf Bl. 1274 bis 1276 der Gerichtsakten
verwiesen.
Die Beigeladenen zu 8.), 14.) und 15.) haben sich dem Antrag des Klägers angeschlossen.
Der Beigeladene zu 13.) beantragt, die Klage abzuweisen.
Die Verwaltungsakten der Beklagten haben vorgelegen und sind Gegenstand des Verfahrens gewesen. Wegen der
weiteren Einzelheiten des Sachverhalts, des Sachvortrags der Beteiligten sowie des Ergebnisses der
Beweisaufnahme wird auf den Inhalt der Prozess- und Beiakten ergänzend Bezug genommen.
Entscheidungsgründe:
Die Klage ist zulässig und begründet. Der Kläger ist nicht verpflichtet die mit den angefochtenen Bescheiden
geforderten Beiträge für die Kurierfahrer zu zahlen, weil diese nicht in einem sozialversicherungspflichtigen
Beschäftigungsverhältnis zu ihm gestanden haben.
Ein sozialversicherungsrechtliche Beschäftigungsverhältnis wird nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts
(BSG) im Wesentlichen durch die Merkmale der persönlichen Abhängigkeit (in Abgrenzung zur selbständigen
Tätigkeit) und der Freiwilligkeit (in Abgrenzung zu Tätigkeiten aufgrund gesetzlicher Verpflichtung) geprägt, wobei das
Merkmal der "Nicht-Selbständigkeit" durch eine Vielzahl von Kriterien konkretisiert wird, insbesondere das
Weisungsrecht des Dienstherrn hinsichtlich Arbeitszeit, Arbeitsort, Arbeitsfolge und Ausführung, die Eingliederung in
einen fremden Betrieb, die Pflicht, fremdbestimmte Arbeit persönlich zu verrichten und die Tragung des
wirtschaftlichen Risikos durch den Dienstherrn, aus denen ein Gesamtbild zu gewinnen ist (BSG Urteil vom 30.
Oktober 1997, 13 RJ 37/97).
Der besondere Schutzzweck der Sozialversicherung und ihre Natur als eine Einrichtung des öffentlichen Rechts
schließen es aus, über die rechtliche Einordnung allein nach dem Willen der Vertragsparteien, ihren Vereinbarungen
oder ihren Vorstellungen zu entscheiden (BSGE 51, 164, 167). Maßgeblich dafür, ob abhängige Beschäftigung oder
selbständige Tätigkeit vorliegt ist nach der Rechtsprechung des BSG vielmehr die tatsächliche Rechtsnatur der
Vertragsbeziehung bei Würdigung der gesamten Umstände, insbesondere auch der tatsächlichen Arbeitsleistung.
Jedoch gehört auch die Vertragsbezeichnung zu den tatsächlichen Umständen. Ihr kommt im Rahmen der
Gesamtwürdigung jedenfalls dann indizielle Bedeutung zu, wenn sie den festgestellten sonstigen tatsächlichen
Verhältnis nicht offensichtlich widerspricht und sie durch weitere Aspekte gestützt wird (BSG, Urteil vom 12. Februar
2004, B 12 KR 26/02 R).
Die Beklagte hat sich bei ihrer Entscheidung über die Versicherungspflicht der Kurierfahrer maßgeblich auf das
Handbuch des Z. gestützt. Diese an den Vorschriften in dem Handbuch orientierte Argumentation hat sie auch im
Hinblick auf die während des gerichtlichen Verfahrens eingeholten Aussagen der einzelnen Kurierfahrer nicht revidiert.
Hinsichtlich der nicht ermittelbaren oder verstorbenen Fahrer hat sie sogar ausdrücklich betont, es sei davon
auszugehen, dass auch diese sich, wie die anderen Fahrer, an das Handbuch gehalten hätten. Im Hinblick auf das
Handbuch als gemeinsame Vertragsgrundlage hat die Beklagte sogar ausdrücklich davon abgesehen, die Fahrer zu
befragen. Hiermit hat sie die formalen Grundlagen der vertraglichen Beziehungen der Fahrer mit dem Z. über die
tatsächlichen Verhältnisse gestellt, die nach der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts grundsätzlich
ausschlaggebend für die Beurteilung eines sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnisses sind.
Abgesehen davon, dass die Beklagte mit dieser fragwürdigen Argumentation die notwendige Sachverhaltsaufklärung
auf das Gericht verlagert hat, hat sie sich auch in Widerspruch zu ihrem eigenen Vorgehen bei der Beurteilung der
Kurierfahrer gesetzt. Denn obwohl für alle Kuriefahrer grundsätzlich die selben vertraglichen Bedingungen galten und
sie sich alle an das sog. Handbuch zu halten hatten, hat die Beklagte selbst eine Gruppe von Fahrern von der
Versicherungspflicht ausgenommen. Bei diesen Fahrern handelte es sich laut Vermerk der Beklagten um solche, die
eine Unternehmerstellung erkennen ließen, weil sie offensichtlich über eine Betriebsnummer verfügten und abhängig
beschäftigte Fahrer hatten. Offensichtlich hinderte die Vertragsgrundlage mit dem Z. und die einzuhaltenden Regeln
auch nach Einschätzung der Beklagten Kurierfahrer nicht daran, als selbständige Unternehmer tätig zu sein. Allein
entscheidend war für die Beklagte der Umstand, ob der jeweilige Kurierfahrer als Arbeitgeber auftrat oder nicht. Damit
räumte sie aber gleichzeitig ein, dass trotz der Einbindung in das Vertragswerk des AA. volles unternehmerisches
Handeln möglich war. Obwohl die Beklagte also selbst zwischen Unternehmern und abhängig Beschäftigten beim Z.
unterschied und diese Differenzierung offensichtlich von den tatsächlichen Verhältnissen abhängig machte,
verzichtete sie im Weiteren darauf, die tatsächlichen Verhältnisse der anderen Kurierfahrer zu überprüfen. Sie zog
lediglich eine schriftliche Zeugenaussage sowie einzelne Korrespondenz zwischen dem Z. und Fahrern bei.
Obwohl es also auch für die Beklagte erkennbar war und von ihr entsprechend gewürdigt wurde, dass bei gleicher
Vertragsgrundlage und abhängig von den tatsächlichen Verhältnissen die Kurierfahrer sowohl selbständige
Unternehmer als auch abhängig Beschäftigte sein konnten, und der Beklagten offensichtlich bewusst war, dass die
Beurteilung der Frage der Versicherungspflicht von einer Vielzahl von Einzelpunkten abhängt, verzichtete sie auf eine
Befragung der Kurierfahrer. Die Folge der unzureichenden Sachaufklärung im Verwaltungsverfahren war, dass von
Seiten des Gerichts die Ermittlungen durchgeführt werden mussten, für die der Beklagten der Verwaltungsaufwand zu
hoch erschien. Allerdings beharrte die Beklagte bis zuletzt auf ihrer Auffassung, dass ausschlaggebend für die
Beurteilung der Frage, ob ein sozialversicherungspflichtiges Beschäftigungsverhältnis vorlag oder nicht, das
Handbuch ist und dies, obwohl aus den Aussagen der Fahrer deutlich hervorging, dass die Bindungen an den Z. als
unterschiedlich stark empfunden wurden und die wirtschaftlichen Aktivitäten der einzelnen Fahrer sich unterschieden.
Das Gericht hat bei seiner Entscheidung sowohl die vertraglichen Grundlagen, als auch die schriftlichen Aussagen der
Kurierfahrer sowie die Aussagen der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung gewürdigt. Bei der Vielzahl der
betroffenen Fahrer ist es ausgeschlossen, jeden Einzelfall tatsächlich umfassend zu würdigen, zumal von einigen
Fahrern mit zumutbarem Aufwand keine Angaben zu erhalten waren. Dennoch ergab sich nach Überzeugung des
Gerichts durch die Gesamtschau der Aussagen und der vorliegenden Unterlagen ein aussagekräftiges Bild, das es
erlaubt, eine verallgemeinerungsfähige Beurteilung des Sachverhalts vorzunehmen.
Das Bundesarbeitsgericht hat in seiner Entscheidung vom 27. Juni 2001 (5 AZR 561/99) überzeugend ausgeführt,
dass die allgemeinen Grundsätze für die Beurteilung eines abhängigen Beschäftigungsverhältnis auch im Bereich
Transport und Verkehr gelten. Der Gesetzgeber habe, so das Bundesarbeitsgericht, den Frachtführer als
selbständigen Gewerbetreibenden und damit nicht als Arbeitnehmer eingeordnet, obwohl der Frachtführer schon von
Gesetzes wegen weitreichenden Weisungsrechten unterliege (§ 418 HGB neue Fassung; § 433 ff. HGB alte Fassung).
Unter Hinweis auf frühere Rechtsprechung führt das Gericht aus, dass der Frachtführer regelmäßig auch dann
selbständiger Gewerbetreibender ist, wenn die Zusammenarbeit mit seinem Auftraggeber auf einem auf Dauer
angelegten entsprechenden Rahmenvertrag beruht und das Fahrzeug sogar die Farben und das Firmenzeichen eines
anderen Unternehmers aufweist. Insofern sei, so das Bundesarbeitsgericht, die gesetzgeberische Wertung, wonach
Frachtführer Gewerbetreibende und damit Selbständige seien (§ 407 HGB neue Fassung; § 425 HGB alte Fassung) zu
Grunde zu legen. Im Einzelfall könne ein Arbeitsverhältnis zu bejahen sein, wenn Vereinbarungen getroffen und
praktiziert würden, die zur Folge hätten, dass der betreffende Fahrer in der Ausübung seiner Tätigkeit weniger frei sei
als ein Frachtführer im Sinne des HGB, er also nicht mehr im Wesentlichen frei seine Tätigkeit gestalten und seine
Arbeitszeit bestimmen könne. Wirtschaftliche Zwänge allein könnten die Arbeitnehmereigenschaft nicht begründen.
Unter Beachtung der typischen Einschränkungen, die aus der Frachtführertätigkeit an sich resultierten, können die für
den Z. fahrenden Kurier-Fahrer nicht als Arbeitnehmer angesehen werden.
Sie waren nicht persönlich abhängig und unterlagen keinem Weisungsrecht des Z. hinsichtlich Inhalt, Durchführung,
Zeit, Dauer und Ort ihrer Tätigkeit, welches über die Weisungsbefugnisse in einem freien Dienstverhältnis
hinausgingen. Die Fahrer waren in ihrer Arbeitszeitgestaltung grundsätzlich frei. Der Z. erwartete allerdings von den
Fahrern, dass sie sich für vier Tage im Monat für einen Dienst in der Früh- oder Spätschicht eintrugen. Dadurch sollte
sichergestellt werden, dass an allen Tagen zu bestimmten Zeiten in ausreichendem Umfang Fahrer vorhanden waren.
Welche Tage die Fahrer aussuchten, war grundsätzlich ihnen überlassen. Eine vertragliche Verpflichtung, an
bestimmten Tagen einen Dienst zu verrichten, bestand nach den vorliegenden Unterlagen nicht. Auch nach den
Aussagen der Fahrer konnten diese selbst bestimmen, für welche Tage sie sich eintrugen. In dieser Festlegung auf
bestimmte Tage, die von den Fahrer frei wählbar waren, kann nicht eine Bestimmung über die Arbeitszeit gesehen
werden. Der Beigeladenen zu 8.) hat zudem in der mündlichen Verhandlung ausgesagt, dass er sich nie für eine der
Schichten eingetragen habe, so dass auch diesbezüglich offensichtlich eine Wahlfreiheit bestand.
Bei der täglichen Arbeitszeit gab es keine Verpflichtung der Fahrer gegenüber dem Z., die nicht aus der Übernahme
bestimmter Aufträge resultierten. Aus den Antworten der befragten Fahrer geht hervor, dass diese in zeitlich sehr
unterschiedlichem Umfang für den Z. tätig waren. Dies allein spricht dafür, dass keine festen Arbeitszeiten
vorgegeben waren. Eine Vielzahl der befragten Fahrer gab zudem an, auch von anderer Seite Aufträge erhalten zu
haben. Darüber hinaus hat die überwiegende Mehrzahl der befragten Fahrer angegeben, selbst frei über ihre
Zeiteinteilung entschieden zu haben. Auch aus der Darstellung der Beigeladenen in der mündlichen Verhandlung geht
hervor, dass sie allein entscheiden konnten, ob, wann und in welchem Umfang sie für den Z. tätig werden wollten.
Nach den vertraglichen Vereinbarungen war der Z. nicht berechtigt, seinen Fahrern einseitig Aufträge zuzuweisen.
Auch tatsächlich erfolgte eine solche Zuweisung nicht. Die Fahrer konnten selbst entscheiden, ob sie sich zum Dienst
beim Z. meldeten und ihr Funkgerät anstellten oder nicht. Die Zeiten, in denen die Fahrer überhaupt für den Z. tätig
werden konnten, waren durch dessen Bürozeiten vorgegeben. Innerhalb dieser Zeiten war es den Fahrern jedoch
grundsätzlich selbst überlassen, ob sie Aufträge annahmen oder nicht.
Faktisch eingeschränkt wurde die Entscheidungsfreiheit durch wirtschaftliche Zwänge, die daraus resultierten, dass
die Fahrer ein gewisses Auftragsvolumen benötigten und demzufolge ihre Fahrbereitschaft an die Bürozeiten des AA.
anpassten. Eine gewisse Einschränkung der Dispositionsfreiheit resultierte auch aus dem Umstand, dass
offensichtlich diejenigen Fahrer, die bereitwillig Wochenenddienste oder ungeliebte Schichten übernahmen, bei der
Auftragsvergabe bevorzugt wurden. Die Auftragsvergabe außerhalb der vereinbarten Regeln und damit eine
Begünstigung bestimmter Fahrer war offensichtlich auch einer der Hauptkonfliktpunkte zwischen dem Z. und seinen
Fahrern. Dies ergibt sich aus einer Reihe der schriftlichen Aussagen und wurde noch einmal in der mündlichen
Verhandlung von den Beigeladenen bestätigt. Über die Art der Auftragsvergabe bestand die Möglichkeit einer
faktischen Steuerung, die über das hinausgeht, was nach den vertraglichen Vereinbarungen möglich war. Die
Bevorzugung von bestimmten Fahrer bzw. solcher Fahrer, die ihr gesamte Arbeitskraft dem Z. zur Verfügung stellten
und auch ansonsten wenig Schwierigkeiten machten, mag als ungerecht empfunden worden sein, ist nach Auffassung
des Gerichts jedoch kein überzeugendes Indiz für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses. Es
dürfte im wirtschaftlichen Verkehr nicht unüblich sein, dass bei einer Auftragsvergabe diejenigen bevorzugt werden,
die den Vorstellungen des Auftraggebers am weitesten entgegenkommen und ihm am zuverlässigsten und
unproblematischsten erscheinen.
Für eine Unternehmerstellung der Fahrer spricht auch der Umstand, dass sie selbst bestimmen konnten, wann sie
Urlaub machen wollten. Nach dem Handbuch des AA. sollte der Urlaub generell drei Monate vor Antritt angemeldet
werden. Eine Genehmigung des Urlaubs ist nicht vorgesehen. Die überwiegende Anzahl der Fahrer hat auf die
gerichtliche Anfrage hin mitgeteilt, dass sie selbst bestimmen konnten, wann sie Urlaub machten. Einige hatten,
entsprechend der Regelung im Handbuch darauf hingewiesen, dass der Urlaub mit dem Z. abzusprechen war. Um die
Organisation des Funk-Kurierdienstes aufrecht zu erhalten erscheint eine solche Vorgehensweise jedoch aus der
Sache gerechtfertigt und belegt nicht das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses.
Gegen die Annahme, die Fahrer seien Arbeitnehmer gewesen, lässt sich auch der Umstand anführen, dass die Fahrer
berechtigt waren, Mitarbeiter einzusetzen. Dessen war sich die Beklagten auch von Anfang an bewusst, da sie selbst
alle diejenigen Unternehmer von der Beitragspflicht ausnahm, für die sie weitere Fahrer festgestellt hatte. Wie sich
aus den Befragungen der Fahrer ergab, haben auch noch andere als die von Beklagten aussortierten Fahrer
Angestellte zeitweise oder dauerhaft beschäftigt. Hierbei handelte es sich teilweise um Familienangehörige, teilweise
aber auch um nicht verwandte Mitarbeiter, die möglicherweise nur geringfügig beschäftigt waren oder aus sonstigen
Gründen der Sozialversicherung nicht gemeldet worden waren. Ob die Fahrer von der Möglichkeit Gebrauch gemacht
haben, Mitarbeiter einzusetzen, oblag ihrer persönlichen Entscheidung und wurde maßgeblich dadurch bestimmt, ob
ausreichend Aufträge zur Verfügung standen. Dies lässt sich zumindest aus einem Teil der Aussage schlussfolgern.
Die Sorgfaltspflichten, die der Z. für die Durchführung der Transportaufträge verlangte, gehen nicht über das hinaus,
was von einem Frachtführer nach den gesetzlichen Vorschriften zu verlangen ist. Auch die Ansprüche, die der Z. an
das äußere Erscheinungsbild der Fahrer stellt, überschreiten nicht die Grenzen des dem Auftraggeber
zuzugestehenden Weisungsrechts. So hat das Bundesarbeitsgericht in dem bereits zitierten Urteil ausdrücklich darauf
hingewiesen, dass sogar ein einheitliches Erscheinungsbild der Fahrzeuge nicht für ein abhängiges
Beschäftigungsverhältnis angeführt werden kann. In einer früheren Entscheidung hatte das Bundesarbeitsgericht
bereits dargelegt, dass der Frachtfrührer nicht schon allein deshalb Arbeitnehmer ist, weil er vertraglich verpflichtet ist,
wie es bei Franchiseverträgen und ähnlichen Verträgen üblich ist, sich in einer bestimmten Weise zu kleiden (BAG
vom 30.9.1989, 5 AZR 363/97). Im Fall des AA. bestand nicht einmal die Verpflichtung, das Fahrzeug in bestimmten
Farben zu lackieren und das Logo des AA. auf dem Fahrzeug zu führen
Zutreffend weist das Bundesarbeitsgericht in seiner Entscheidung aus dem Jahre 2001 darauf hin, dass ein
Wettbewerbsverbot sowohl in einem Arbeitsverhältnis als auch in einem selbständigen Rechtsverhältnis vereinbart
werden kann. Als aussagekräftiges Indiz für das Vorliegen einer abhängigen Beschäftigung oder selbständigen
Tätigkeiten kann das Wettbewerbsverbot nicht herangezogen werden. Denn z.B. kann auch mit Handelsvertretern, die
nach den Vorschriften des HGB als Unternehmer definiert sind, ein entsprechendes Wettbewerbsverbot vereinbart
werden, und zwar auch für die Zeit nach Beendigung des Vertragsverhältnisses (§ 90 a Abs. 1 HGB). Als zulässige
Einschränkung des Wettbewerbs ist es daher anzusehen, wenn es den Fahrern untersagt war, die Kunden des AA. zu
eigenen Gunsten abzuwerben und mit diesen selber in vertragliche Beziehungen zu treten. Wie das
Landesarbeitsgericht Hamm in einer Entscheidung vom 9. September 1999 überzeugend ausführt (4 SA 714/99),
bestehen auch keine Bedenken gegen eine Wettbewerbsklausel, die es einem Frachtführer verbietet, für einen
anderen Paketdienst tätig zu werden.
Auch die Einschränkungen hinsichtlich der Preisgestaltung lassen sich nicht als überzeugendes Indiz gegen eine
Unternehmerstellung der Kurierfahrer anführen. Das Bundesarbeitsgericht weist in seiner Entscheidung vom 27. Juni
2001 zutreffend darauf hin, dass in der Bindung an eine Preisliste ein Anzeichen für eine persönliche Abhängigkeit
nicht zu sehen ist. Die Bestimmung der Leistung oder Gegenleistung durch eine Vertragspartei sei, so das BAG, auch
in anderen Rechtsverhältnissen zulässig und üblich. Davon abgesehen, hatten die Fahrer des AA. nach Aussagen der
beigeladenen Fahrer bei Fernfahrten durchaus die Möglichkeit individuelle Preisabsprachen zu treffen.
Für das Vorliegen einer selbständigen Tätigkeit ist der Umstand zu werten, dass die Kurierfahrer das Entgelt für die
geleisteten Fahrten ausschließlich für sich selbst beanspruchen konnten. Der Z. behielt nur die monatliche
Vermittlungsgebühr ein, das Rechenzentrum zog seine Provision in Höhe 7 % von den Entgelten ab. Das verbliebene
Entgelt wurde den Fahrern in vollem Umfang nach Abrechnung durch das Rechenzentrum vom Z. ausgezahlt. Die
Fahrer erhielten somit die volle Gegenleistung für die während eines Monats erledigten Frachtaufträge. Das Risiko des
Ausfalls von Entgelten trug das Rechenzentrum, das insoweit als Inkassounternehmern tätig war. Diese Art der
Abrechnung erklärt auch die Notwendigkeit, die Tickets für die Fahrten, die nicht bar abgerechnet wurden, an den Z.
weiterzuleiten, der die Ticketbeträge an das Rechenzentrum übermittelte. Eine Berichtspflicht oder Anzeigepflicht,
welche auf ein Arbeitsverhältnis hindeuten, kann in dieser Art der Abrechnung nicht gesehen werden.
Die Behauptung der Beklagten, aufgrund der zeitlichen Inanspruchnahme durch den Z. und dem Verbot für andere
vergleichbare Unternehmen tätig zu sein, hätten die Fahrzeuge der Fahrer nur für den Z. eingesetzt werden können,
ist nicht zutreffend. Aus den Befragungen der Fahrer wurde deutlich, dass viele der Fahrer tatsächlich für andere
Auftraggeber tätig waren. Sie hatten also offensichtlich die Möglichkeit ihre Arbeitszeit so einzuteilen, dass sie sowohl
Aufträge für den Z. als auch selbst erworbene Aufträge ausführen konnten. Insofern bestand also durchaus die
Möglichkeit, sich von dem Z. wirtschaftlich unabhängig zu machen ungeachtet des Umstands, dass die
wirtschaftliche Abhängigkeit kein einschlägiges Indiz für das Vorliegen eines abhängigen Beschäftigungsverhältnisses
ist.
Von einer ausschließlichen Bindung an den Z. kann weder von den vertraglichen Vorschriften, noch von den
faktischen Verhältnissen her ausgegangen werden. Es wurden von den Fahrer unterschiedliche Gründe dafür
angegeben, warum sie ausschließlich für den Z. tätig waren. Einige Fahrer teilten mit, aus Zeitmangel keine anderen
Aufträge gehabt zu haben. Andere führten eher private Gründe für diese Bindung an. Nur ein kleiner Teil der Fahrer
gab an, er habe auf weitere Auftragnehmer verzichtet, weil er von einem Verbot durch den Z. ausging oder eine
Diskriminierung befürchtete. Die Aussagen dieser einzelnen Fahrer rechtfertigen jedoch nicht den Schluss, dass
generell eine erzwungene Bindung an den Z. vorlag. Eine solche wurde auch faktisch von der überwiegenden Anzahl
der Fahrer nicht gesehen und ausweislich anderer Vertragspartner auch nicht beachtet.
Wie bereits das Sozialgericht Düsseldorf in seiner Entscheidung über einen Subunternehmer des AA. hat auch das
entscheidende Gericht im Ergebnis die Überzeugung gewonnen, dass es sich bei den Kurier-Fahrern um selbständige
Unternehmer gehandelt hat. Der gegenteiligen Einschätzung der Beklagten konnte nicht gefolgt werden. Abgesehen
davon, dass die den Fahrern durch die vertraglichen Bindungen aufgelegten Einschränkungen für die Annahme eines
abhängigen Beschäftigungsverhältnis nicht ausreichen, stellten sich die tatsächlichen Verhältnisse auch anders dar,
als von der Beklagten angenommen. Unter Beachtung der vertraglichen Bindungen und der tatsächlichen
Verhältnisse, soweit sie von Seiten des Gerichts zu ermitteln waren, überwiegen die Merkmale für eine selbständige
Tätigkeit eindeutig die Merkmale für eine abhängige Beschäftigung.
Die Kostenentscheidung beruht auf § 193 SGG. Bei ihr war zu berücksichtigen, dass das Klagebegehren erfolgreich
war.